VwGH vom 12.09.2006, 2003/03/0035
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MP in T, Italien, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 11-JGW-365/1- 2003, betreffend Anerkennung der Gleichwertigkeit einer Jagdprüfung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, die "Gleichwertigkeit (seiner) in der Republik Italien sowie im Bundesland Tirol erbrachten Nachweise (seiner) jagdlichen Eignung auch für Kärnten anzuerkennen", ab. Diesem Antrag hatte der Beschwerdeführer Kopien folgender Unterlagen beigelegt: seines von der Provinz Udine, Ausschuss der Provinz für Jagdangelegenheiten, ausgestellten Befähigungsscheines zur Jagdausübung, seines vom Polizeipräsidium Udine ausgestellten Waffenscheines für ein zweischüssiges Jagdgewehr und seiner von der Bezirkshauptmannschaft Lienz ausgestellten Tiroler Jagdkarte. Mit dem erwähnten Befähigungsschein der Provinz Udine wird vom Präsidenten des Ausschusses der Provinz für Jagdangelegenheiten bestätigt, dass der Beschwerdeführer den Kurs laut Artikel 5 Regionalgesetz vom , Nr 14 besucht hat ("... ha frequentato il corso ...").
Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer zur Vorlage seines italienischen Originalprüfungszeugnisses auf und gab ihm Gelegenheit, zur Äußerung der Kärntner Jägerschaft Stellung zu nehmen, wonach aus den von ihm vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe, dass eine im Sinne des § 37 Abs 7 lit c Kärntner Jagdgesetz 2000 (K-JG) gleichwertige Prüfung abgelegt worden sei. Daraufhin gab der Beschwerdeführer folgende, mit datierte Stellungnahme ab:
"Aufgrund des vorgelegten Befähigungsnachweises des Ausschusses für Jagdangelegenheiten der Provinz Udine, des vorgelegten persönlichen Waffenscheins und der Tiroler Jagdkarte für die Jahre 1997 bis 2001 ist evident, dass Herr M P die für die Jagdausübung erforderliche Verlässlichkeit und die jagdliche Eignung iSd § 37 K-JG besitzt und, dass der Bewerber eine mindestens gleichwertige 'Prüfung' abgelegt hat. Eine an den Grundfreiheiten des EWR bzw. der EU orientierte Auslegung des § 37 Abs. 7 K-JG gebietet diese extensive Interpretation des Begriffs 'Prüfung', zumal es in der Provinz Udine bzw. der Republik Italien gar keine andere Möglichkeit des Erwerbs der Befähigung zur Jagdausübung gibt. Herr M P wiederholt daher sein Ersuchen, den vorgelegten Befähigungsschein zur Jagdausübung bzw. den vorgelegten persönlichen Waffenschein als gleichwertige Prüfung iSd zitierten Gesetzes anzuerkennen."
Die belangte Behörde begründete den - den Antrag des Beschwerdeführers abweisenden - angefochtenen Bescheid nach Wiedergabe des § 37 Abs 6 und 7 K-JG wie folgt:
"Den zitierten Bestimmungen ist zu entnehmen, dass der Bewerber eine mindestens gleichwertige Prüfung in einem anderen Bundesland oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Europäischen Union zum Nachweis der jagdlichen Eignung abgelegt haben muss, damit die Gleichwertigkeit der Prüfung anerkannt werden kann. Eine Anerkennung des vorgelegten Befähigungsscheines zur Jagdausübung bzw. des vorgelegten persönlichen Waffenscheines als gleichwertige Prüfung ist gesetzlich nicht vorgesehen und war der Antrag (...) abzuweisen."
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 37 Abs 6 Kärntner Jagdgesetz 2000 (K-JG), LGBl Nr 21/2000 idF LGBl Nr 72/2001, hat der Bewerber bei erstmaliger Bewerbung um eine Jagdkarte den Nachweis der jagdlichen Eignung sowie der ausreichenden Kenntnisse des Kärntner Jagdgesetzes und des Kärntner Naturschutzrechtes durch die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung vor der vom Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft bestellten Prüfungskommission zu erbringen (Jagdprüfung). Gemäß § 37 Abs 7 lit c K-JG gilt der Nachweis der jagdlichen Eignung auch als erbracht, wenn
"c) der Bewerber eine mindestens gleichwertige Prüfung in einem anderen Bundesland oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Europäischen Union zum Nachweis der jagdlichen Eignung abgelegt und die Landesregierung nach Anhörung der Kärntner Jägerschaft die Gleichwertigkeit der Prüfung anerkannt und der Bewerber der Bezirksverwaltungsbehörde gegenüber schriftlich bestätigt, dass er über ausreichende Kenntnisse des Kärntner Jagd- und Naturschutzrechtes sowie über Grundkenntnisse der Ersten Hilfe verfügt".
Der Beschwerdeführer hat einen seitens der Provinz Udine ausgestellten Befähigungsschein zur Jagdausübung vorgelegt, in welchem allerdings nicht die Ablegung einer Jagdprüfung, sondern lediglich der Besuch eines Kurses bestätigt wird. Aus der vorgelegten Urkunde ergibt sich nicht, welche Kenntnisse im Rahmen des Kurses vermittelt wurden bzw welche Eignung für die Ablegung einer (allenfalls) den Kurs abschließenden Prüfung erforderlich war. Dass er etwa in Tirol eine Jagdprüfung abgelegt hätte, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt. Bei der Bestimmung des Ausmaßes der Mitwirkungspflicht darf die Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers weder überspannt noch so aufgefasst werden, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Hat die Partei nicht nur ganz allgemeine, sondern konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich oder unschlüssig sind, so hat sie die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung ihres Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens ermöglichen, zu beurteilen, ob die von der Partei aufgestellten Behauptungen zutreffen. Die Formulierung des Interesses und das Vorbringen dafür erforderlicher Behauptungen muss als Sache der Partei angesehen werden; Sache der Behörde hingegen ist es, von sich aus von der Partei Informationen zum Beweis der von dieser behaupteten Tatsachen zu verlangen (vgl die Erkenntnisse vom , Zl 2002/05/0772, und , Zl 97/10/0149, und die dort zitierte Rechtsprechung). Haben Sachverhaltselemente ihre Wurzel im Ausland, so kann die Mitwirkungspflicht der Partei gegenüber der Pflicht zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes stärker in den Vordergrund treten als dies bei inlandsbezogenen Sachverhalten der Fall ist (vgl die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 E 177 ff zu § 39 AVG zitierte Rechtsprechung). In Bezug auf ausländisches Recht gilt der Grundsatz "iura novit curia" nicht, sodass dieses in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei aber auch hier die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich ist, soweit nach dem oben Gesagten eine Mitwirkungspflicht besteht.
Da sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen nicht ergibt, dass er - über den dort bestätigten Kursbesuch hinaus - eine Jagdprüfung abgelegt hat und sich auch aus dem im Befähigungsschein der Provinz Udine zitierten Art 5 des Regionalgesetzes der Region Friaul Julisch Venetien vom nicht zwingend ergibt, dass eine Jagdprüfung abgelegt werden musste und welche allfälligen Prüfungsgegenstände diese beinhaltet hätte, wäre es im vorliegenden Fall am Beschwerdeführer gelegen, das von der Behörde geforderte Prüfungszeugnis vorzulegen oder ein konkretes Vorbringen hinsichtlich der Ablegung einer solchen Prüfung zu erstatten. Indem die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Vorlage des Originalprüfungszeugnisses aufforderte und ihm die oben erwähnte Äußerung der Kärntner Jägerschaft (wonach die Ablegung einer gleichwertigen Prüfung aus den von ihm vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe) zur Stellungnahme übermittelte, musste für den Beschwerdeführer klar sein, dass für die Erledigung seines Ansuchens die Vorlage weiterer Unterlagen erforderlich war.
Er hat jedoch weder ein - auf seine Gleichwertigkeit hin erst zu prüfendes - Jagdprüfungszeugnis vorgelegt noch ein Vorbringen dahin erstattet, dass er eine solche Prüfung abgelegt und den in Rede stehenden Kurs nicht bloß "besucht", sondern eben auch mit einer Prüfung abgeschlossen habe. Ausgehend davon war die belangte Behörde - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht zu weiteren amtswegigen Ermittlungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Ausstellung der vom Beschwerdeführer vorgelegten ausländischen Unterlagen verpflichtet.
Auch daraus, dass für den Beschwerdeführer eine Tiroler Jagdkarte ausgestellt wurde, ist für ihn im Hinblick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Erlangung von Jagdkarten im Bundesland Tirol (vgl den bis zum geltenden § 28 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl Nr 60 idF LGBl Nr 68/1993, insbesondere dessen Abs 8) nichts zu gewinnen.
Nicht gefolgt kann dem Beschwerdeführer schließlich darin werden, dass die Abweisung seines Ansuchens gemäß § 37 Abs 7 lit c K-JG eine Verletzung des Art 12 des EG-Vertrages bedeute. Art 12 Abs 1 EGV verbietet "in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit". Das Diskriminierungsverbot gilt nur im Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechtes, sodass es sich nicht auf alle Angelegenheiten innerstaatlicher Normsetzung erstreckt. Der EuGH legt Art 12 EGV dahin aus, dass eine Berufung auf das Diskriminierungsverbot dann ausscheide, wenn keine "gemeinschaftsrechtlich geregelte Situation" vorliegt, insbesondere dann, wenn in einem Bereich überhaupt keine Gemeinschaftsregelung gilt (vgl Kucsko-Stadlmayer in Mayer, Kommentar zu EU- und EG-Vertrag, Rz 45 zu Art 12 EGV; Holoubek in Schwarze, EU-Kommentar (2000) Rz 28 f zu Art 12 EGV).
Im Hinblick auf Befähigungsnachweise liegen zwar mehrere gemeinschaftsrechtliche Regelungen vor (vgl die Richtlinie 89/48/EWG vom über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, sowie die Richtlinie 92/51/EWG vom über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise). Diese Richtlinien beziehen sich jedoch - wie von der Europäischen Kommission in einer Anfragebeantwortung vom , ABl Nr C 297 vom , S 117, festgehalten wurde - ausschließlich auf berufliche Befähigungsnachweise. Sie gelten nicht für Jagdscheine, bei denen es sich um Bescheinigungen handelt, die die Ausübung einer Freizeittätigkeit gestatten. Auch sonst beinhaltet das Gemeinschaftsrecht keine Bestimmungen über Prüfungen für Jäger zur Erlangung eines Jagdscheines.
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, dass die Ausübung der Jagd durch ihn im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehe und es ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten auch keine Hinweise darauf. Es ist daher nicht erkennbar, dass es im vorliegenden Fall zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes oder anderer gemeinschaftsrechtlicher Regelungen kommen könnte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am