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VwGH vom 26.01.1998, 96/17/0302

VwGH vom 26.01.1998, 96/17/0302

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. L, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/14/00267/96, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung eines Einspruches, jeweils in Sachen Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Am wurde dem Beschwerdeführer die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom zugestellt, in der ihm zur Last gelegt wurde, an einem näher bezeichneten Zeitpunkt ein näher bezeichnetes Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein zu sorgen, weil der Parkschein gefehlt habe; der Beschwerdeführer habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

1.2. Mit einem mit datierten und am bei der Erstbehörde eingelangten Schreiben erhob der Beschwerdeführer Einspruch gegen die oben erwähnte Strafverfügung. Zugleich stellte er den Antrag auf Wiedereinsetzung "in die Einspruchsfrist", da er die Strafverfügung einer Mitarbeiterin in seiner Kanzlei zum Fristvormerk ausgehändigt, diese den Fristvormerk jedoch nicht vorgenommen habe. Die Frist zur Erhebung des Einspruches sei daher versäumt worden. Den Beschwerdeführer treffe jedoch kein vorwerfbares Verschulden, da seine Mitarbeiterin seit November 1994 stets verläßlich und fehlerlos in seinem Auftrag Fristvormerke wahrgenommen und durchgeführt habe. Davon habe er sich bei regelmäßigen und zusätzlich stichprobenweisen Kontrollen überzeugen können. Am , dem Tag des Einlangens der Strafverfügung, habe die Mitarbeiterin aufgrund der überraschenden und unvorhergesehenen Verhinderung des Beschwerdeführers sowie wegen eines näher umschriebenen "ganz außergewöhnlichen Termin- und Tätigkeitsanfalles" den Fristvormerk für den Einspruch übersehen. Der Beschwerdeführer habe ab dem in der Folge einen "mehr als dreiwöchigen Urlaub" angetreten.

1.3. Mit dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom (zugestellt dem Beschwerdeführer am ) wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie der Einspruch gegen die Strafverfügung zurückgewiesen. Eine konkrete Zeitangabe über den Wegfall des Hindernisses im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG sei dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu entnehmen. Dabei handle es sich um kein verbesserungsfähiges Formgebrechen, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag ebenso wie der als verspätet anzusehende Einspruch zurückzuweisen gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer seine mit datierte und am selben Tag bei der Erstbehörde eingelangte Berufung. In dieser wiederholte er sein bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung erstattetes Vorbringen, ohne dieses sachlich in irgendeiner Weise zu ergänzen.

1.4. Mit dem Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid "in beiden Punkten".

Ein Wiedereinsetzungsbegehren, das keine Angaben zu dem im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG rechtserheblichen Zeitpunkt, mit dem das behauptete Hindernis weggefallen sei und von welchem an die Rechtzeitigkeit des Begehrens zu beurteilen gewesen wäre, enthalte, sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Da weder der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom noch die an die belangte Behörde gerichtete Berufung Angaben über den Zeitpunkt, zu dem das für den Berufungswerber bestandene Hindernis weggefallen sei, enthielten, könne die Rechtzeitigkeit der Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages nicht beurteilt werden. Aus dem Vorbringen, daß der Beschwerdeführer ab dem einen mehr als dreiwöchigen Urlaub angetreten habe, lasse sich in dieser Richtung nichts weiter entnehmen.

1.5. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. In dieser beantragt sie, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft.

Nach Abs. 2 der zitierten Bestimmung muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

2.2. Der Beschwerdeführer bringt auch vor dem Gerichtshof vor, daß seine zuverlässige Kanzleikraft infolge der von ihm näher dargelegten Ereignisse auf die Eintragung des von ihm gesetzten Fristvormerkes vergessen habe. Demzufolge sei die rechtzeitige Erhebung des Einspruches unterblieben. Diesem Vorbringen ist demnach zu entnehmen, daß bei ordnungsgemäßem Vorgehen der Kanzleikraft der Einspruch rechtzeitig, das heißt also innerhalb der Einspruchsfrist von zwei Wochen, erhoben worden wäre. Daraus folgt aber weiters, daß der am angetretene dreiwöchige Urlaub des Beschwerdeführers - bei ordnungsgemäßer Vorgangsweise der Kanzleimitarbeiterin - keinen Einfluß auf die rechtzeitige Erhebung des Einspruches gehabt hat.

Die belangte Behörde hat daher - aufgrund des gleichbleibenden Vorbringens des Beschwerdeführers auch im Verwaltungsverfahren - zu Recht angenommen, daß eine Angabe darüber, wann das Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG (§ 24 VStG) weggefallen ist, nicht gemacht wurde.

2.3. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, daß ein (konkreter) Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses im erwähnten Sinn von ihm nicht angegeben wurde. Er verweist aber darauf, daß die Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung am abgelaufen sei. Daher habe er, selbst wenn das Hindernis bereits am weggefallen sei, mit seinem Schriftsatz vom die Frist des § 71 Abs. 2 AVG jedenfalls eingehalten.

Ein Grundgedanke der Regelung des § 71 AVG - wie etwa auch des § 46 VwGG oder der Regelung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den § 146 ff ZPO - ist, daß über die Zulässigkeit der Nachholung der versäumten Prozeßhandlung unverzüglich entschieden werden können soll. Daher hat etwa die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgesprochen, daß der Wiedereinsetzungswerber alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen hat und eine Auswechslung des Grundes im Berufungsverfahren unzulässig ist (vgl. nur die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 681, unter 2 und 7 zitierte Rechtsprechung). Demzufolge hat der Wiedereinsetzungswerber grundsätzlich alle zur Beurteilung der Zulässigkeit der Wiedereinsetzung notwendigen Angaben im Wiedereinsetzungsantrag zu erstatten. Dazu zählt gemäß § 71 Abs. 2 AVG auch die genaue Angabe des Zeitpunktes des Wegfalls des Hindernisses. Dabei ist - wie der Verwaltungsgerichtshof dies bereits ausgedrückt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/03/0096) - die Frist zur Erhebung eines Antrages auf Wiedereinsetzung nach dem Zeitpunkt des Wegfalles des der Einhaltung der versäumten Frist entgegenstehenden Hindernisses und nicht nach dem Zeitpunkt des Ablaufes der Frist zur Vornahme der versäumten Prozeßhandlung zu berechnen.

Der Beschwerdeführer vermeint nun, daß der Hinweis auf das Ablaufen der Einspruchsfrist zusammen mit der Frist des § 71 Abs. 2 AVG ausreiche. Er übersieht jedoch dabei, daß ein Wiedereinsetzungsantrag nur dann zulässig ist, wenn tatsächlich eine Frist versäumt wurde (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, aaO, 672 unter 9a zu § 71 AVG angegebene hg. Rechtsprechung. Zur Beurteilung, ob überhaupt eine Frist versäumt wurde und ob daher der gestellte Wiedereinsetzungsantrag zulässig ist, bedarf es aber einer genauen Angabe des Zeitpunktes des Wegfalls des Hindernisses im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG. Diese Angabe ist daher auch dann unerläßlich, wenn - wie im Beschwerdefall - der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Berücksichtigung der Frist des § 71 Abs. 2 AVG und der Frist zur Setzung der versäumten Prozeßhandlung (Einspruch gegen die Strafverfügung) "rechtzeitig" gewesen wäre.

Ein dem Wiedereinsetzungsantrag anhaftender Mangel über die Rechtzeitigkeit im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG ist aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes inhaltlicher Natur und nicht im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähig (vgl. nur VwSlg. 10.205/A).

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.