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VwGH vom 26.06.2002, 99/04/0150

VwGH vom 26.06.2002, 99/04/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der M in Wien, vertreten durch Dr. Norbert Lehner und Dr. Alfred Steinbuch, Rechtsanwälte in 2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom , Zl. 306.617/1-III/A/9/99, betreffend Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/04/0174, verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren erging der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid, mit dem (neuerlich) im Instanzenzug in Ansehung der Gastgewerbebetriebsanlage der mitbeteiligten Partei gemäß § 79 GewO 1994 vorgeschrieben wurde, dass der Gastgarten vom 15. Juni bis einschließlich 15. September jeweils von 08.00 Uhr bis 23.00 Uhr und während des übrigen Jahres von 08.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden darf.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, im fortgesetzten Verfahren habe auf Grund der dem seinerzeitigen Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden Pläne festgestellt werden können, dass der Gastgarten auf eine Länge von ca. 10 m an die Schöffergasse anschließe. Bei einem Augenschein am sei festgestellt worden, dass dieser auch plangemäß ausgeführt worden sei.

Abschließend heißt es in der Begründung, im gegenständlichen Fall zeige sich, dass der Gastgarten "an öffentlichen Grund" angrenze und auch die sonstigen Merkmale des § 148 Abs. 1 GewO 1994 projektgemäß aufweise.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 148 Abs. 1 GewO 1994 in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 16/1998 bestimmt:

"(1) Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 8 bis 22 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23 Uhr, betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 9 bis 22 Uhr betrieben werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen. Im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder ihrer Änderung, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt, der die Voraussetzungen des ersten oder zweiten Satzes erfüllt, dürfen in Ansehung des Gastgartens keine Auflagen für den Lärmschutz vorgeschrieben werden und ist auch die Versagung der Genehmigung dieses Gastgartens aus Gründen des mit seinem Betrieb ursächlich im Zusammenhang stehenden Lärms unzulässig."

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt im Vorbringen, es könne von einem Angrenzen an eine öffentliche Verkehrsfläche im gegenständlichen Fall keinesfalls gesprochen werden, weil der Gastgarten zur Schöffergasse nicht auf eine Länge von 10 m angrenzt, sondern auf eine Länge von 8,4 m abgegrenzt sei. Die Abgrenzung des Gastgartens stelle sich in der Natur so dar, dass zwischen der Schöffergasse und dem Gastgarten ein Sockel an der nördlichen Begrenzung von 80 cm, an der südlichen Begrenzung von 70 cm gegeben sei, auf diesem Sockel eine massive Holzwand von 2,5 m errichtet sei, die als Plakatwand diene. Anschließend an diese 8,4 m lange Holzwand mit Sockel schließe ein Einfahrtstor an, welches bereits die Nachbarliegenschaft betreffe. An dieses Einfahrtstor anschließend sei wiederum ein Sockel errichtet, auf den eine Abzäunung stehe.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung von Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, Ergänzungsband, Anm. 2 zu § 148, wonach Eingrenzungen durch Zaun, Hecke oder Mauer definitionsgemäß zu einem Gastgarten zählen. Auch wenn daher eine derartige Eingrenzung vorliegt, ändert dies nichts daran, dass der Gastgarten an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber schon im Hinblick auf den nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen gegebenen Begriffsinhalt eines "Gastgartens" nicht zu finden, dass eine auf einem Sockel errichtete massive Holzwand von 2,5 m noch als eine solche zum Gastgarten zählende "Eingrenzung" für einen an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzenden Gastgarten angesehen werden kann. Vielmehr liegt diesfalls bereits ein - durch eine selbständige bauliche Einrichtung von der öffentlichen Verkehrsfläche getrennter - sonstiger Gastgarten nach § 148 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 vor.

Die belangte Behörde beschränkte sich in dieser Frage auf die oben wiedergegeben Begründungsdarlegungen, ohne näher dazulegen wie der Gastgarten "an die Schöffergasse anschließt". Auch findet der dabei angesprochene Augenschein am keinen Niederschlag in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten.

Durch diese Begründungslücke ist der Verwaltungsgerichtshof aber auch an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am