VwGH vom 24.01.2000, 96/17/0241

VwGH vom 24.01.2000, 96/17/0241

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8 - K 385/1992 - 4, betreffend Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom (zugestellt am ) wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur Errichtung eines näher bezeichneten eingeschossigen Einfamilienwohnhauses mit ausgebautem Dachgeschoß an einem näher angeführten Ort in Graz erteilt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Der Stadtsenat der Stadt Graz schrieb mit Bescheid vom hieraufhin der Beschwerdeführerin einen Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 31.565,-- vor. Dieser Bescheid wurde auf § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, idF LGBl. Nr. 14/1989 und die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 25/1989, gestützt. Die Behörde ging hiebei von einem Kellergeschoß im Ausmaß von 163,9 m2, einem Erdgeschoß in einem Ausmaß von 161,2 m2 und einem Dachgeschoß im Ausmaß von 145,0 m2 aus.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde - nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und nachfolgendem Vorlageantrag - die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes; sie erachtet sich erkennbar durch die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Anwendung des § 6a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989. Sie geht dabei von der - unbestrittenen - Tatsache aus, dass das verfahrensgegenständliche Wohnhaus auf der Basis einer Widmungsbewilligung aus dem Jahr 1931 im Einklang mit dem Flächenwidmungsplan errichtet wurde. Die Anknüpfung des Aufschließungsbeitrages an die Baubewilligung durch die erwähnte Novelle bedeute nicht, dass ein Aufschließungsbeitrag hätte vorgeschrieben werden können, eine derartige Vorschreibung wäre ein "Rechtsbruch".

§ 6a Steiermärkische Bauordnung 1968 idF LGBl. Nr. 14/1989 lautete:

"(1) Die Baubehörde hat gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung einen Aufschließungsbeitrag für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke vorzuschreiben. Dieser Beitrag, der für die Errichtung der Fahrbahn und der Straßenbeleuchtung sowie für die Oberflächenentwässerung zu verwenden ist, wird zur Hälfte mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig. Die zweite Hälfte des Beitrages wird mit Rechtskraft der Benützungsbewilligung oder einer Teilbenützungsbewilligung fällig. Der Aufschließungsbeitrag wird jedoch zur Gänze mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig, wenn die Aufschließung des Grundstückes zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist.

(2) Der Aufschließungsbeitrag darf für dasselbe Gebäude nur einmal vorgeschrieben werden. Im Falle von Um- und Zubauten oder bei Vorliegen mehrerer Baubewilligungen ist ein Ergänzungsbeitrag entsprechend der Vergrößerung der Geschoßfläche (Abs. 3) vorzuschreiben. Ein vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entrichteter Aufschließungsbeitrag ist der Aufschließungsbeitragsvorschreibung nach diesem Gesetz anzurechnen.

(3) Der Aufschließungsbeitrag errechnet sich aus dem Produkt von Einheitssatz je m2 und der ermittelten Geschoßfläche. Bei der Ermittlung der Geschoßfläche ist die verbaute Fläche heranzuziehen. Dabei wird das Erdgeschoß zur Gänze, die übrigen Geschosse sowie der Keller und bewohnbare Dachgeschosse zur Hälfte berechnet. Für Nebengebäude (Garagen, Ställe, Scheunen udgl.) ist ebenfalls nur die Hälfte der Geschoßfläche heranzuziehen.

(4) Die Höhe des Einheitssatzes je m2 hat die Landesregierung durch Verordnung festzulegen und der laufenden Kostenentwicklung anzupassen. Dieser Festsetzung sind die Kosten einer regelprofilmäßigen Straßenaufschließung des Baulandes mit einer mittelschwer befestigten, dauernd staubfreien und maximal sechs Meter breiten Fahrbahn einschließlich der Entwässerungs- und Beleuchtungsanlagen zu Grunde zu legen.

(5) Mit Zustimmung der Gemeinde erbrachte Eigenleistungen sind auf den Aufschließungsbeitrag anzurechnen.

(6) Abgabepflichtig ist der Bauwerber, der Eigentümer des Grundstückes zur Zeit der Erteilung der Baubewilligung haftet solidarisch. Wird das Grundstück nach der Erteilung der Baubewilligung veräußert, so haftet der neue Eigentümer für den allfällig noch offenen Betrag.

(7) Diese Aufschließungsbeiträge dürfen als Interessentenbeiträge nur für die Herstellung von Fahrbahn, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung im Bauland verwendet werden. Sie sind ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinn des § 6 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 und des § 14 Abs. 1 Z. 14 sowie Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes 1985."

Nach Art. II Abs. 1 der zitierten Novelle zur Bauordnung 1988 trat dieses Gesetz - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - mit dem seiner Kundmachung folgenden Monatsersten - das war im Hinblick auf die Ausgabe und Versendung des Landesgesetzblattes für die Steiermark am der - in Kraft.

Wie die Beschwerdeführerin zutreffend erkannt hat, wurde das System der Abgabenvorschreibung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 durch die Novelle LGBl. Nr. 14/1989 dahingehend geändert, dass nicht mehr wie nach der bis zum geltenden Fassung die erstmalige Widmungsbewilligung die Tatbestandsvoraussetzung für die Abgabenvorschreibung bildete, sondern dass nach dem nunmehr geltenden System die Erteilung der Baubewilligung der Anknüpfungspunkt für die Abgabenvorschreibung wurde.

Mit Erkenntnis vom , Zlen. G 1268/95 u.a. = VfSlg 14.779, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass er keine Bedenken gegen eine derartige Anknüpfung habe; die Änderung bzw. Erweiterung des Steuergegenstandes sei nicht verfassungswidrig. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher in der Anwendung der oben zitierten Bestimmungen des § 6a der Steiermärkischen Bauordnung idF der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 auf den Beschwerdefall keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides erblicken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0232).

Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die Heranziehung der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom über die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages, LGBl. Nr. 25/1989. Diese am in Kraft getretene Verordnung hätte nicht auf die mit Bescheid vom (zugestellt am ) erteilte Baubewilligung angewendet werden dürfen.

Mit der erwähnten Verordnung LGBl. Nr. 25/1989 wurde die Höhe des Einheitssatzes je m2 zur Errechnung des Aufschließungsbeitrages mit S 100,-- festgesetzt (§ 1) und ausgesprochen, dass die Verordnung mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft trete (§ 2).

Die Verordnung erging in Ausführung des § 6a Abs. 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 idF der Novelle LGBl. Nr. 14/1989. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der Beschwerdeführerin, eine Beitragsvorschreibung hätte allenfalls nach den Kriterien der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 130/1974 (in der Höhe von S 15.840,--) berechnet werden dürfen, nicht. Unbestritten war nämlich zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung an die Beschwerdeführerin bereits die Bauordnung idF der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 in Kraft. Schon deshalb verbietet sich die Anwendung einer nicht mehr bestehenden Rechtslage.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Steuertatbestand erst bei Verwirklichung der Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen, bei deren konkretem Vorliegen bestimmte Rechtsfolgen (Abgabenschuld und Abgabenanspruch) eintreten sollen, verwirklicht (vgl. nur das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0105, mwN). Verwirklicht waren diese Voraussetzungen mit der Rechtskraft der Baubewilligung. Lediglich die Höhe des Einheitssatzes war durch Verordnung festzulegen. Diese Festlegung erfolgte durch die Verordnung Landesgesetzblatt Nr. 25/1989. Die Absicht des Verordnungsgebers bestand darin, mit dem Eintritt der Änderung der Gesetzeslage die Höhe des Einheitssatzes festzulegen und die Vorschreibung von Abgaben, die ab der Änderung der Gesetzeslage verwirklicht wurden, zu ermöglichen. Ungeachtet des Zeitpunktes des Inkrafttretens der Verordnung hat die Verordnung ihren zeitlichen Anwendungsbereich daher mit dem Eintritt der Änderung der Rechtslage festgelegt. Die Verordnung entspricht insofern auch der Absicht des Gesetzgebers, als dieser die Festlegung eines Einheitssatzes durch die Verordnung mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Rechtslage ermöglichen wollte.

Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, dass die belangte Behörde von einer verbauten Fläche von 315,65 m2 als Grundlage für die Berechnung des Aufschließungsbeitrages ausgegangen sei. Aus der genehmigten Baubeschreibung sei eine Fläche von 143,20 m2 zu entnehmen; es sei nicht nachvollziehbar, warum es der Bauwerber in der Hand hätte, durch Einfügen eines willkürlichen Ausmaßes der verbauten Fläche in die Baubeschreibung einen entsprechend niedrigeren Aufschließungsbeitrag zu entrichten, wenn gleichzeitig feststehe, dass die Baubeschreibung von 143,20 m2 genehmigt worden sei, das Ausmaß von 143,20 m2 dabei jedoch vom zuständigen Bearbeiter durchgestrichen worden sei.

Die belangte Behörde hat dem entgegen bereits im bekämpften Bescheid auf die Flächenberechnung verwiesen, die anhand des auf Grund des Ergebnisses der Augenscheinsverhandlung vom genehmigten Austauscheinreichplanes erfolgt sei; der Verwaltungsgerichtshof sieht im Beschwerdefall keinen Grund, bei der Berechnung nicht von diesem Plan auszugehen. Die rechnerische Richtigkeit des sich daraus ergebenden Betrages wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am