VwGH vom 19.11.1990, 90/19/0481
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissärin Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ge 43.338/5-1990/Pan/Dg, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe in seinem Betrieb beschäftigte, namentlich genannte Arbeitnehmer am auf einer näher angeführten Baustelle zu Zimmereiarbeiten (Anbringen der Sparrenaufdoppelung) herangezogen, ohne die gesetzlich geforderten Sicherheitsmaßnahmen gegen ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten getroffen zu haben, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954, im folgenden kurz: BauVO) begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
§ 43 der BauVO lautet auszugsweise:
"(1) Arbeiten auf Dächern, wie Dachdecker-, Spengler-, Bauglaser- oder Anstreicherarbeiten sowie Arbeiten an Blitzschutzanlagen dürfen erst nach Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden.
.............
(4) Sind beim Bauwerk geeignete Gerüste vorhanden, müssen
diese, sofern sie nicht auch als Arbeitsgerüste für
Dacharbeiten geeignet sind, als Schutzgerüste für Dacharbeiten
ausgebildet werden; der Belag der Schutzgerüste muß sich etwa
in Höhe des Dachsaumes befinden. Diese Geräte dürfen erst nach
Beendigung der Dacharbeiten entfernt werden.
............"
Soweit der Beschwerdeführer vermeint, das ihm zur Last gelegte Verhalten sei nicht der Vorschrift des § 43 Abs. 1 BauVO subsumierbar, da es sich um keine Arbeiten "auf Dächern" gehandelt habe, ist ihm nicht beizupflichten. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , Zl. 86/08/0249, die Rechtsansicht vertreten, daß auch die "Errichtung" eines Blechdaches dieser Vorschrift zu unterstellen ist, wobei es damals um die Verlegung von Trapezflächen "auf Stahlträgern" ging. Ein "fertiges" Dach wurde somit nicht vorausgesetzt. Im vorliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer das im Verwaltungsverfahren ihm vorgeworfene Verhalten insoweit näher umschrieben, als seine Arbeitnehmer (Zimmerer) mit dem "Aufnageln von Dachlatten auf die Sparrenlage der Dachkonstruktion" beschäftigt gewesen seien. Im Lichte des zitierten hg. Erkenntnisses vom sind diese Arbeiten unter die Vorschrift des § 43 Abs. 1 BauVO subsumierbar, zumal es sich bei der dort enthaltenen Aufzählung der Art der Arbeiten um eine demonstrative (arg.: "wie") handelt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers waren die erwähnten Tätigkeiten nicht der Vorschrift des § 62, näherhin den Absätzen 1 und 2, der BauVO zu unterstellen. Der Abs. 1 dieses Paragraphen spricht allgemein von der "Montage und Demontage von Metall- und Holzbauwerken", ohne - sohin anders als § 43 Abs. 1 leg. cit.- speziell auf "Arbeiten auf dem Dach" Bezug zu nehmen. Absatz 2 behandelt Sicherungsmaßnahmen "gegen Umstürzen" beim Aufstellen von Fachwerkbauten, Dach- und ähnlichen Konstruktionen.
Ausgehend davon war der Beschwerdeführer verpflichtet, vor Inangriffnahme der erwähnten Arbeiten die im § 43 Abs. 1 BauVO angeführten Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen. Insofern vermag er sich lediglich auf ein Schutzgerüst zu berufen, welches seiner Behauptung nach der (allgemeinen) Vorschrift des § 19 Abs. 5 BauVO für Schutzgerüste entsprochen habe. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß im gegebenen Zusammenhang die spezielle Vorschrift des § 43 Abs. 4 BauVO zu beachten war, wonach (das Vorhandensein eines Arbeitsgerüstes für Dacharbeiten wird nicht behauptet) sich der Belag des Schutzgerüstes etwa in Höhe des Dachsaumes befinden hätte müssen, was auch nach der Beschwerde nicht der Fall war. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde auf Grund der obigen Darlegungen auch nicht verpflichtet, Feststellungen zu treffen, ob eine "gefährliche Arbeitsstelle" im Sinne des § 7 vorgelegen sei. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom , Zl. 86/08/0249, zum Ausdruck gebracht, daß im Zusammenhang mit § 43 Abs. 1 BauVO der § 7 leg. cit. regelt, "welche" Sicherheitsmaßnahmen dabei im einzelnen durchzuführen seien. Wurde dieser Vorschrift allerdings durch die Errichtung eines Schutzgerüstes Rechnung getragen, so war im Anwendungsbereich des § 43 Abs. 1 BauVO die Regelung des § 43 Abs. 4 leg. cit. zu beachten.
Soweit sich der Beschwerdeführer im übrigen auf einen "Rechtsirrtum" bzw. "Tatbildirrtum" beruft, ist darauf nicht näher einzugehen, weil es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.