VwGH vom 21.12.1998, 96/17/0098
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde vormals der R AG, vertreten durch D, Rechtsanwalt in S, nunmehr des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der R AG, gegen den Bescheid der Oesterreichischen Nationalbank vom , Zl. RECHT 2/64a/1996, betreffend Verpflichtung einer Korrespondenzbank zur devisenrechtlichen Offenlegung hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei, die belangte Behörde vertreten durch C & S, Partnerschaft von Rechtsanwälten in P, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom wurde die C-AG "gemäß § 20 Abs. 1 des Devisengesetzes, BGBl. Nr. 162/1946 i.d.g.F., aufgefordert,
1. binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides der Oesterreichischen Nationalbank sämtliche devisenwirtschaftlich erheblichen Handelsbücher und Belege, soweit sie die aus der beigeschlossenen Liste ersichtlichen Zahlungen betreffen, vorzulegen bzw. der Oesterreichischen Nationalbank die Einsicht in diese Unterlagen in den Geschäftsräumen der C-AG, zu gewähren und
2. aufgrund einer noch zu ergehenden formlosen Aufforderung über die in Z. 1 angeführten Handelsbücher sowie die darin aufgezeichneten, in Z. 1 genannten Geschäfte Auskunft zu erteilen."
Die belangte Behörde berief sich dabei darauf, daß es ihre Aufgabe sei, die Einhaltung der Vorschriften des Devisengesetzes zu überwachen. Gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. könne sie aufgrund dieser Bestimmung auch von jedermann Auskünfte und Meldungen über devisenwirtschaftliche Umstände, Geschäfte und Handlungen und die Vorlage von Büchern und sonstigen Belegen verlangen, soweit dies unter anderem für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes erforderlich sei. Diesem Kontrollrecht stehe eine entsprechende Verpflichtung des zur Auskunftserteilung Aufgeforderten gegenüber. Dem stehe auch das Bankgeheimnis nicht entgegen. Die beschwerdeführende Partei sei aufgrund "diverser devisenrechtlicher Bewilligungen ... zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte und Handlungen berechtigt". Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Devisengesetz habe die belangte Behörde zu prüfen, ob von der beschwerdeführenden Partei die devisenrechtlichen Bestimmungen "sowie die mit der Bewilligungserteilung verbundenen Auflagen" eingehalten würden. Die beschwerdeführende Partei habe die in der dem Bescheid beigeschlossenen, erwähnten Liste angeführten Beträge an die C-AG überwiesen bzw. von dieser die dort genannten Beträge erhalten. Eine Auskunftseinholung bei der beschwerdeführenden Partei sei bisher nicht möglich gewesen. Um die "gesetzlich gebotene Prüfung durchführen zu können", sei es notwendig, daß die belangte Behörde die Geschäftspartner um Vorlage aller mit der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang stehenden devisenrechtlich relevanten Geschäftsunterlagen, soweit sie die in Rede stehenden Zahlungen betreffe, ersuche. Anstelle der Urkundenvorlage genüge es, wenn der Auskunftspflichtige der belangten Behörde in seinen Geschäftsräumen Einsicht in die Unterlagen gewähre und die entsprechenden Auskünfte erteile.
In der bereits mehrfach erwähnten Beilage dieses Bescheides sind Überweisungen von der beschwerdeführenden Partei an die C-AG bzw. Überweisungen an die C-AG an die beschwerdeführende Partei jeweils mit Datum (betreffend den Zeitraum zwischen bis zum ) und Betrag (in US $ bzw. DM) angeführt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Wahrung des Bankgeheimnisses und auf Beschränkung der Auskunftserteilung nach Maßgabe des Devisengesetzes verletzt und beantragt Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die
beschwerdeführende Partei hierauf repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten hat die C-AG gegen den an sie gerichteten Bescheid keinen Rechtsbehelf ergriffen. Die beschwerdeführende Partei bringt - im Einklang mit dem Akteninhalt - vor, daß ihr der Bescheid vom nicht zugestellt wurde; sie habe vom Inhalt aber seit dem "in groben Zügen" Kenntnis.
Ist einer Partei - wie hier der beschwerdeführenden - gegenüber ein Bescheid nicht erlassen worden, kann sie durch ihn in der Regel in ihren Rechten auch nicht verletzt worden sein (vgl. hiezu etwa nur Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 88, mwN). § 26 Abs. 2 erster Satz VwGG trägt Ausnahmefällen Rechnung; gemäß dieser Bestimmung kann die Beschwerde auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Im Hinblick auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist § 26 Abs. 2 VwGG verfassungskonform dahin auszulegen, daß im Mehrparteienverfahren zwar der Formalakt der Zustellung oder Verkündung des Bescheides dem Beschwerdeführer gegenüber unterlassen wurde, der betreffende Bescheid aber seinem Inhalt nach in die Rechtssphäre der übergangenen Partei eingreift, also Rechtsverletzungsmöglichkeit besteht. § 26 Abs. 2 VwGG erlaubt für Mehrparteienverfahren die "verfrühte Erhebung" einer zulässigen Beschwerde, beseitigt aber nicht andere Prozeßvoraussetzungen, wie etwa die der Rechtsverletzungsmöglichkeit.
Die beschwerdeführende Partei hat in diesem Sinne auch vorgebracht, in ihrem Recht auf Wahrung des Bankgeheimnisses durch den Bescheid der belangten Behörde vom verletzt worden zu sein.
§ 38 Abs. 1 BWG regelt das Bankgeheimnis wie folgt:
"(1) Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 75 Abs. 3 anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Werden Organe von Behörden sowie der Oesterreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs. 2 entbunden werden dürfen. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt."
Entgegen der in der Gegenschrift der belangten Behörde zum Ausdruck kommenden Ansicht kann jedoch eine Rechtsverletzung und daher die Beschwerdelegitimation aufgrund des auch der beschwerdeführenden Partei als Bank zustehenden Rechts auf Wahrung des Bankgeheimnisses nicht ausgeschlossen werden. Die belangte Behörde geht in der Gegenschrift selbst zutreffend davon aus, daß die Interessenssphäre der beschwerdeführenden Partei durch den bekämpften Bescheid "mittelbar betroffen" ist. Sie hat die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ihren Kunden gegenüber wahrzunehmen. Vor allem aber ist zu beachten, daß die belangte Behörde im bekämpften Bescheid die Einsicht in die Unterlagen der C-AG ausdrücklich mit dem Hinweis auf die beschwerdeführende Partei (und das Devisengesetz) begehrte, der Geheimnisherr der Behörde also bereits zur Zeit ihrer Entscheidung bekannt war. In diesem Fall erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit einer Verletzung in dem behaupteten Recht nicht für ausgeschlossen, die Beschwerdelegitimation daher für gegeben.
Die Beschwerde ist indes nicht berechtigt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0297, mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, rechtfertigt die Auskunftspflicht nach § 20 Devisengesetz eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses im Rahmen der devisenrechtlichen Aufgaben der belangten Behörde. Die von der beschwerdeführenden Partei gegen die in dem erwähnten Erkenntnis zum Ausdruck kommende Rechtsansicht vorgetragenen Argumente vermögen nicht zu überzeugen, hat sich doch der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis bereits mit ihnen auseinandergesetzt.
Soweit die beschwerdeführende Partei aber geltend macht, die mit dem bekämpften Bescheid angestrebte Durchbrechung des Bankgeheimnisses würde sich auf Schillingkonten beziehen und damit den vom Devisengesetz her gegebenen Rahmen sprengen, steht dies mit dem Akteninhalt nicht in Einklang. Danach handelt es sich nämlich um Überweisungen von in US $ bzw. DM lautenden Beträgen von der beschwerdeführenden Partei an die C-AG bzw. von dieser an die beschwerdeführende Partei; daß derartige Geschäftsvorgänge nicht von der bescheidmäßig ausgesprochenen devisenrechtlichen Auskunftspflicht für die angegebenen Zeiträume umfaßt gewesen wären, ist nicht erkennbar. Ebensowenig läßt sich aus dem im Beschwerdefall gegebenen Sachverhalt ein Mißbrauch der auf § 20 Devisengesetz gestützten Befugnis der belangten Behörde entnehmen.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die belangte Behörde gemäß § 72 Abs. 3 Nationalbankgesetz von deren Entrichtung befreit ist.
Wien, am