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VwGH vom 18.09.2000, 96/17/0094

VwGH vom 18.09.2000, 96/17/0094

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über den Antrag des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , Gz 16 Cg 287/95a-6, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.16-39/95-2, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes (weitere Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens: 1.) D,

2.) Stadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 67 VwGG wird festgestellt, dass der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.16-39/95-2, rechtswidrig ist.

Begründung

Beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz ist zur AZ 16 Cg 287/95a ein Rechtsstreit zwischen D als Kläger und der Stadt Graz als beklagter Partei anhängig, in dem der Kläger von der beklagten Partei aus dem Titel der Amtshaftung die Bezahlung eines Betrages von S 5.863,20 s.A. mit der Begründung begehrt, gegen ihn sei zu Unrecht ein Verfahren wegen der Übertretung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes durchgeführt worden; erst durch den bereits im Spruch erwähnten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates sei die Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Straferkenntnisses festgestellt worden. Der Kläger habe sich im Verwaltungsstrafverfahren selbst vertreten und mache nunmehr die Kosten dieser Vertretung im Amtshaftungsverfahren geltend.

Die beklagte Partei bestritt das Klagevorbringen und beantragte die kostenpflichtige Klagsabweisung; der vom Unabhängigen Verwaltungssenat angenommene Kundmachungsmangel betreffend die Verordnung über die gebührenpflichtige Kurzparkzone liege nicht vor bzw. bewirke nicht jeder Verstoß gegen Kundmachungsvorschriften die Rechtswidrigkeit der Verordnung.

Aus Anlass dieses Rechtsstreites stellte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz mit Schreiben vom gemäß § 11 Abs. 1 AHG und § 65 VwGG beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die Rechtswidrigkeit des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.16-39/45-2, feststellen.

Diesem Bescheid lag die Berufung des D gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom zu Grunde. Mit diesem Straferkenntnis war dem Berufungswerber zur Last gelegt worden, er habe am in einer näher angeführten Zeit sein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz an einem näher umschriebenen Ort ohne Parkschein geparkt, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, die Parkgebühr bei Beginn des Parkens des Kraftfahrzeuges durch einen gültigen Parkschein zu entrichten. Er habe dadurch die vorgeschriebene Parkgebühr hinterzogen und gegen die Bestimmungen des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979, LGBl. Nr. 21/1979 in der geltenden Fassung iVm den §§ 2 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1979 in der geltenden Fassung verstoßen; wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt und der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verhalten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat gab der Berufung Folge, behob das erstinstanzliche Straferkenntnis und stellte das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.

Zum Tatzeitpunkt sei am Tatort die Kurzparkzonenverordnung des Grazer Stadtsenates vom "in Geltung" gestanden. Diese flächendeckend verordnete Kurzparkzone sei am durch Aufstellung der entsprechenden Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z. 13d und Z. 13e StVO an allen Ein- und Ausfahrtsstraßen in diese Zone kundgemacht worden. Als Verkehrszeichen seien zumindest bis zum unter anderem auf zweibeinigen Stehern in ca. 0,60 m Höhe montierte Vorschriftszeichen in Verwendung gestanden, welche "teilweise", so etwa im Bereich der Kreuzung Schlöglgasse-Reitschulgasse, sowie an der Einfahrt in die Bürgergasse von der Hofgasse kommend neben der Domkirche auf gelb schraffierten Sperrflächen "auf der Fahrbahn aufgestellt" worden seien. Die als Aufstellungsort dienenden Sperrflächen seien "seitens der belangten Behörde nicht verordnet" worden.

Anlass für die Art der Aufstellung sei gewesen, dass der Gehsteig teilweise für die Aufstellung zu schmal sei und daher überall dort, wo die niedrigen und relativ breiten Tafeln auf dem vorbeiführenden Gehsteig eine Behinderung für die Fußgänger darstellen könnten, die Verkehrszeichen auf den eigens dafür, quasi als "Abstellplatz" geschaffenen Sperrflächen montiert wurden.

Weitere Feststellungen wurden vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht getroffen.

In rechtlicher Hinsicht ging der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass Sperrflächen im Sinn des § 55 Abs. 4 StVO Teile der Fahrbahn seien; gemäß § 48 Abs. 2 und Abs. 5 StVO seien jedoch Straßenverkehrszeichen auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen. Weil Sperrflächen Teile der Fahrbahn seien, folge daraus, dass die Verordnung betreffend die flächendeckende Kurzparkzone an mehreren Einfahrtsstraßen nicht gehörig kundgemacht worden sei, da die entsprechenden Vorschriftszeichen in gesetzwidriger Weise auf der Fahrbahn aufgestellt worden seien. Dies ziehe nach sich, dass die Verordnung zur Gänze als nicht gehörig kundgemacht anzusehen und daher auch nicht anzuwenden sei. Ein Verstoß gegen die Verordnung sei daher nicht strafbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 idF BGBl. Nr. 518/1994, gilt als Straße im Sinne dieses Bundesgesetzes eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen. Die Fahrbahn ist nach Z. 2 leg. cit. der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße.

Straßenverkehrszeichen sind nach § 48 Abs. 1 leg. cit. als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können; im Verlauf derselben Straße sind womöglich Straßenverkehrszeichen mit gleichen Abmessungen zu verwenden.

Abs. 2 der zuletzt zitierten Bestimmung ordnet an, dass Straßenverkehrszeichen auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen sind, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Die zusätzliche Anbringung an anderen Stellen ist zulässig (die Regelung für Autobahnen kommt hier nicht in Betracht). § 48 Abs. 5 StVO ordnet an, dass der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,60 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2,20 m, bei Anbringung oberhalb der Fahrbahn nicht weniger als 4,50 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 5,50 m betragen darf, sofern sich aus den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bei einzelnen Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt. Bei seitlicher Anbringung darf der seitliche Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand im Ortsgebiet nicht weniger als 0,30 m und nur in Ausnahmefällen mehr als zwei Meter, auf Freilandstraßen nur in Ausnahmefällen weniger als ein Meter und mehr als 2,50 m betragen.

Nach § 55 Abs. 1 StVO können zur Sicherung, Leitung und Ordnung des fließenden und des ruhenden Verkehrs auf der Straße Bodenmarkierungen angebracht werden; sie können als Längsmarkierungen, Quermarkierungen, Richtungspfeile, Schraffen, Schriftzeichen, Symbole udgl. ausgeführt werden. Sperrflächen sind nach Abs. 4 leg. cit. als schräge, parallele Linien (Schraffen), die durch nicht unterbrochene Linien begrenzt sind, auszuführen.

Sperrflächen dürfen nach § 9 Abs. 1 StVO nicht befahren werden.

Wie sich den erwähnten Bestimmungen des § 48 StVO entnehmen lässt, ist bei der Anbringung von Straßenverkehrszeichen zu beachten, dass diese von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können; der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass dies bei der Anbringung auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn der Fall ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 75/96 = VfSlg 14.588, betreffend die Kurzparkzonenverordnung des Grazer Stadtsenates vom ; vgl. weiters das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/18/0007 = VwSlg 13.415/A). Der Gesetzgeber geht weiters davon aus, dass diese Voraussetzungen bei Einhaltung der im § 48 Abs. 5 StVO angegebenen Abstände in der Regel gegeben sein werden; Ausnahmefälle, bei denen die hier vorgegebenen Abstände im Hinblick auf den übergeordneten Gesichtspunkt der Erkennbarkeit nicht einzuhalten sind, werden vom Gesetzgeber in diesem Zusammenhang aber erwähnt.

Der Straßenverkehrsordnung liegt insgesamt weiters der Gedanke zu Grunde, die mit der Benützung der Straße verbundenen Gefahren für die Verkehrsteilnehmer möglichst gering zu halten. Auch dieser Gesichtspunkt ist bei der Aufstellung von Straßenverkehrszeichen zu beachten.

Im hier zu beurteilenden Fall waren die vom Unabhängigen Verwaltungssenat beschriebenen Verkehrszeichen auf Sperrflächen angebracht; dies sei nach Ansicht des Verwaltungssenates unzulässig.

Der Unabhängige Verwaltungssenat ging bei der rechtlichen Beurteilung nicht davon aus, die hier in Betracht kommenden Straßenverkehrszeichen seien von den Lenkern herannahender Fahrzeuge etwa nicht leicht und rechtzeitig zu erkennen; auch ist von der Aufstellung auf der rechten Straßenseite auszugehen. Die insoweit nicht näher ausgeführte Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates könnte sich daher (nur) auf die Nichteinhaltung des im § 48 Abs. 5 vorgesehenen seitlichen (Mindest)abstandes zwischen dem Fahrbahnrand und dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand des Straßenverkehrszeichens stützen. Dieser Mindestabstand darf jedoch in Ausnahmefällen nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes auf Freilandstraßen unterschritten werden.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschreitung des Mindestabstandes im Ortsgebiet dann zulässig, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Anbringung des Straßenverkehrszeichens (insbesondere die leichte Erkennbarkeit für die Lenker herannahender Fahrzeuge) gegeben ist und eine andere Anbringung - wie im Beschwerdefall - zu einer Behinderung für andere Verkehrsteilnehmer und damit zu einer Beeinträchtigung von deren Sicherheit führen könnte. Dass eine andere Anbringung im Beschwerdefall möglich gewesen wäre, wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat ebenso wenig festgestellt wie, dass die befürchtete Behinderung der Fußgänger nicht eingetreten wäre. Es kann nach den hier zu Grunde zu legenden Feststellungen aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Anbringung der Verkehrszeichen eine Gefährdung des Fahrzeugverkehrs mit sich bringen würde, weshalb die rechtlichen Auswirkungen des Umstandes, dass die "als Aufstellungsort dienenden Sperrflächen ... seitens der belangten Behörde nicht verordnet" wurden, keiner weiteren Erörterung bedarf.

Aus den dargelegten Gründen war gemäß § 67 VwGG iVm § 11 Abs. 1 AHG die Rechtswidrigkeit des Bescheides (zur Gänze) festzustellen.

Daran ändern auch die Ausführungen der mitbeteiligten Partei D in seiner Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat nichts, da dieser im hier zu beurteilenden Bescheid nicht Feststellungen über das Vorliegen einer Ladetätigkeit getroffen hat (vgl. grundsätzlich zur Abgabenpflicht in Halte- und Parkverboten das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0300; vgl. weiters zur Relevanz der Durchführung einer Ladetätigkeit § 1 Abs. 3 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes sowie zum Begriff der Ladetätigkeit nach der Straßenverkehrsordnung näher das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 98/02/0057, 0058, mwN).

Wien, am