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VwGH vom 17.12.1990, 90/19/0469

VwGH vom 17.12.1990, 90/19/0469

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63-L 24/89/Str., betreffend Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften (mitbeteiligte Partei: Karl L.), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

I.

1. Unter dem Datum erließ das magistratische Bezirksamt für den 11. Bezirk gegenüber der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei ein Straferkenntnis, dessen Spruch wie folgt lautet:

"I. Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der

K. Genossenschaft m.b.H. im Standort Wien, W-Gasse, zu verantworten, daß diese Genossenschaft beim Betrieb ihrer gewerblichen Betriebsanlage

A. in Wien, S.-Straße, Auflagen des rechtskräftigen Bescheides über die Genehmigung dieser Betriebsanlage insoferne nicht eingehalten hat, als am folgende Mängel bestanden:

1. Die elektrische Anlage wurde nicht gemäß § 12 ÖVE - E 5, Teil 1/1981, durch einen befugten Fachmann wenigstens alle zwei Jahre überprüft und über diese Überprüfungen kein Überprüfungsbefund auf verrechenbarer Drucksorte VD 390 oder auf inhaltlich Gleichwertigem erstellt, da lediglich ein Überprüfungsbefund vom und ein Überprüfungsbefund vom , betreffend die Kühlanlage, erstellt worden war.

2. Die Sicherheitsanlage der Kälteanlage wurde nicht mindestens alle zwei Monate auf Betriebssicherheit nachweislich überprüft, da die letzte nachweisliche Überprüfung am durchgeführt wurde.

3. Die einwandfreie Funktion der Sicherheitsleuchten wurde nicht einmal monatlich überprüft und es wurden hierüber keine Aufzeichnungen geführt.

4. Die Notausgangstüren vom Verkaufsraum ins Stiegenhaus und vom Lager in den Hof (zwischen Garderobe und Milchkühlraum) waren nicht als Notausgänge im Sinne der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 218/1983, eingerichtet und erhalten, da die Notausgangstür vom Verkaufsraum ins Stiegenhaus durch folgende Lagerungen: ein Einkaufswagen mit Zwiebel- und Kartoffelsäcken, ca. 15 Pakete Blumenerde und 6 Kartons mit Pfirsichdosen und die Notausgangstüre vom Lager in den Hof (zwischen Garderobe und Milchkühlraum) durch folgende Lagerungen: ca. 45 Behältertrommeln Dixan, ca. 50 Behältertrommeln OMO, zwei Container Mineralwasser (Radlberger) sowie einen Einkaufswagen mit Kaffeefiltern, verstellt waren. Beide Notausgangstüren waren überdies zwar aus betrieblichen Gründen versperrt, jedoch war nicht durch geeignete Vorkehrungen dafür gesorgt, daß sie sich, während sich Arbeitnehmer im Raum aufhielten, jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffnen ließen, da lediglich Schlüssel in einem Schlüsselkästchen neben den Türen bereitgehalten wurden.

B. in Wien, W.-Straße, Auflagen eines rechtskräftigen Bescheides über die Genehmigung der Änderung dieser Betriebsanlage insoferne nicht eingehalten hat, als am folgende Mängel bestanden:

5. Es wurden im Bereich des Stiegenaufganges von den Garderoberäumen im Keller keine Sicherheitsleuchten der Sicherheitsbeleuchtung angebracht.

6. Die Türe vom Kälteaggregateraum in den Vorraum war nicht brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 ausgeführt, da sie als Holzrahmen mit in den Rahmen eingesetzter Holzplatte ausgeführt war.

7. Die Türe vom 'Lager Anlieferung' (Einstellraum) war nicht als Notausgang im Sinne der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 218/1983, bezeichnet.

8. Die Breite des Hauptverkehrsweges zwischen der Gemüseinsel und den Regalen - Richtung W.-Straße - war durch Verkaufsständer mit Obst auf weniger als 1,8 m, nämlich auf 1,6 mm, eingeengt und die Breite der Nebenverkehrswege im Bereich zwischen den Regalen anschließend an die Feinkost war auf weniger als 1,2 m, nämlich auf 1,05 m, durch einen Gitterkorb (Inhalt Holland-Herzerln) und auf 0,96 m durch Kartons (Inhalt Weinbrand) eingeengt.

Sie haben hiedurch insgesamt acht Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit (zu 1.) Pkt. 3, (zu 2.) Pkt. 30, (zu 3.) Pkt. 32, (zu 4.) Pkt. 15 des Bescheides vom , MBA 11 - Ba 10786/1/83, und in Verbindung mit (zu 5.) Pkt. 2, (zu 6.) Pkt. 5, (zu 7.) Pkt. 6 und (zu 8.) Pkt. 9 und 10 des Bescheides vom , MBA 11 - Ba 5383/2/87, in Verbindung mit § 370 Abs. 2 GewO 1973, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

zu 1.: 3.000,-- 18 Stunden § 367

zu 2.: 3.000,-- 18 Stunden Z. 26

zu 3.: 2.000,-- 12 Stunden GewO 1973

zu 4.: 5.000,-- 30 Stunden

zu 5.: 2.000,-- 12 Stunden

zu 6.: 3.000,-- 18 Stunden

zu 7.: 1.000,-- 6 Stunden

zu 8.: 2.000,-- 12 Stunden

insges.21.000,-- 5 Tage, 6 Stunden

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 2.100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 50,-- angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

S 23.100,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

2. Aufgrund der dagegen von der mitbeteiligten Partei rechtzeitig eingebrachten Berufung behob der Landeshauptmann von Wien (die belangte Behörde) gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 das erstinstanzliche Straferkenntnis und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 ein.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus:

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers (§ 39 GewO 1973), sei nicht hinsichtlich aller bei der Ausübung eines Gewerbes begangenen Verwaltungsübertretungen, sondern nur hinsichtlich der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften gegeben. Dem Begriff "gewerberechtlichen Vorschriften" komme ein Inhalt zu, der dem Begriff "Gewerbe" nach dem Stand und der Systematik der Gesetzgebung vom innewohne. Zu den gewerberechtlichen Vorschriften zählten demnach die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 und die darauf gegründeten Verordnungen und Bescheide (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11160/A). Mit dem Bescheid des magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk vom , MBA 11-Ba 10.786/1/83, sei die Betriebsanlage in Wien, S.-Straße, und mit dem Bescheid desselben magistratischen Bezirksamtes vom , MBA 11-Ba 5.383/2/87, die Betriebsanlage in Wien, W.-Straße, unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen gewerbebehördlich genehmigt worden. Die Auflagen dieser Bescheide, deren Nichteinhaltung der mitbeteiligten Partei in den Punkten 1) bis

8) des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet worden sei, dienten vorwiegend dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der in diesen Betriebsanlagen beschäftigten Arbeitnehmer. Sohin sei davon auszugehen, daß diese Auflagen keine gewerberechtlichen, sondern dem Schutz der Arbeitnehmer dienende Vorschriften darstellten und sich demzufolge auf § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz gründeten. Es sei daher verfehlt gewesen, die Nichteinhaltung dieser Vorschriften dem gewerberechtlichen Geschäftsführer der K. Genossenschaft m.b.H. anzulasten. Für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften seien nämlich nach § 31 Arbeitnehmerschutzgesetz die Arbeitgeber und die Bevollmächtigten der Arbeitgeber strafrechtlich verantwortlich. Der Mitbeteiligte gehöre nicht dem Vorstand der K.

Genossenschaft m.b.H. an und sei daher nicht zur Vertretung der Arbeitgeberin nach außen berechtigt. Es fänden sich auch keine Anhaltspunkte, daß er zum verantwortlichen Beauftragten der Arbeitgeberin gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1950 bestellt gewesen sei. Schließlich könne den Akten auch nicht entnommen werden, daß der Mitbeteiligte Bevollmächtigter der Arbeitgeberin sei. Bei dieser Sachlage sei er für die ihm angelasteten Übertretungen nicht verantwortlich, weshalb das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren hierüber einzustellen gewesen sei.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 9 Abs. 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974, BGBl. Nr. 143, gestützte, und inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus den genannten Gründen aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde eingebracht.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerde vor, daß die Vorschreibung der Auflagen, deren Nichterfüllung der mitbeteiligten Partei mit dem Straferkenntnis vom zur Last gelegt worden ist, ausdrücklich sowohl auf § 77 GewO 1973 als auch auf § 27 des Arbeitnehmerschutzgesetzes gestützt worden sei. Diese Auflagen dienten nicht nur dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer, sondern auch dem Schutz der Kunden, wie sich aus der Bezugnahme auf § 77 GewO ergebe. Auch in inhaltlicher Hinsicht könne kein Zweifel bestehen, daß z.B. ein ordnungsgemäßer Zustand der elektrischen Anlage, die Einhaltung von Brandschutzmaßnahmen sowie das Freihalten der Notausgänge und Hauptverkehrswege dem Schutz der in der Verkaufsstelle anwesenden Kunden in gleicher Weise diene wie dem Schutz der Arbeitnehmer. Die belangte Behörde sei daher zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich um keine gewerberechtlichen Auflagen und somit um keine nach der Gewerbeordnung zu ahndenden Übertretungen handle.

1.2. Demgegenüber hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (bekräftigt in ihrer Gegenschrift) argumentiert, daß die besagten Auflagen deshalb keine gewerberechtlichen seien, weil sie vorwiegend dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der in den betreffenden Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer dienten. Da bei diesen Auflagen als Zweck der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer den Schutz der Kunden oder der Nachbarn des Gewerbebetriebes überwiege, sei es verfehlt, die Nichteinhaltung dieser Vorschriften - die sich auf § 27 Abs. 5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes gründeten - dem gewerberechtlichen Geschäftsführer anzulasten.

2. Mit der belangten Behörde ist davon auszugehen, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde gegenüber für die Einhaltung (nur) der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist (§ 39 Abs. 1 GewO 1973); über diesen sind - sofern seine Bestellung angezeigt oder genehmigt wurde - Geld- und Arreststrafen zu verhängen (§ 370 Abs. 2 leg. cit.).

Nicht zu folgen vermag der Gerichtshof der Meinung der belangten Behörde, es handle sich bei den hier in Rede stehenden Auflagen um solche nach § 27 Abs. 5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 (ASchG). Dieser Deutung stehen zum einen die insoweit unmißverständlichen Anordnungen der rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigungsbescheide vom und vom entgegen, denen zufolge die jeweiligen Bescheidauflagen ausdrücklich auf "§ 77 GewO 1973 und § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes" gestützt worden sind; zum anderen verbietet sich diese Auslegung, weil vorliegendenfalls die Voraussetzungen des § 27 Abs. 5 ASchG nicht vorliegen, besteht doch nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür, daß es sich bei den genannten Auflagen um unbedingt notwendige Maßnahmen handle, die von der Behörde NACH rechtskräftig erteilter Betriebsbewilligung hätten aufgetragen werden müssen.

Den von der Gewerbebehörde ausdrücklich in Anspruch genommenen gesetzlichen Grundlagen entsprechend handelt es sich bei den Auflagen vielmehr um "bestimmte geeignete Auflagen" zur Vermeidung von nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973, also um solche, bei deren Einhaltung zu erwarten ist, daß Gefährdungen für das Leben oder die Gesundheit u.a. der Nachbarn oder der Kunden, welche die Betriebsanlage aufsuchen, oder Gefährdungen des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte der Nachbarn vermieden werden (§ 77 Abs. 1 GewO 1973). Gleichzeitig aber sind diese Auflagen solche, die als zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer notwendig von der Gewerbebehörde im Sinne des § 27 Abs. 2 zweiter Satz ASchG vorgeschrieben worden sind.

Die unter Gebrauchnahme dieser Normen bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen dienen somit GLEICHERMASSEN den schutzwürdigen Interessen des im § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 umschriebenen Personenkreises wie den im § 27 Abs. 2 zweiter Satz ASchG genannten Interessen der Arbeitnehmer. Die betreffenden, diese Auflagen enthaltenden Bescheide vom und vom sind demnach SOWOHL gewerberechtliche ALS AUCH arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften. Für eine - von der belangten Behörde vertretene - Differenzierung dahingehend, daß bei gleichzeitiger und gleichrangiger Heranziehung des § 77 Abs. 1 GewO 1973 und des § 27 Abs. 2 zweiter Satz ASchG je nachdem, ob dieser oder jener Schutzzweck der Auflage überwiegt, entweder (nur) eine gewerberechtliche oder (nur) eine arbeitnehmerschutzrechtliche Norm vorliegt, bietet das Gesetz keine Grundlage.

Rechtserheblich ist allein, ob die jeweilige Auflage beiden der genannten schutzwürdigen Interessen dient. Ist dies wie im Beschwerdefall zu bejahen, so ist für die Einhaltung der Auflagen sowohl der gewerberechtliche Geschäftsführer (nach den Vorschriften der GewO 1973) als auch der Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigter (nach den Vorschriften des ASchG) verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

3. Mit diesem Ergebnis ist allerdings für die Beschwerde nichts gewonnen. Die vorliegende Amtsbeschwerde stützt sich auf § 9 Abs. 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 - ArbIG 1974. Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz leg. cit. regelt dieses Bundesgesetz die Wahrnehmung des gesetzlichen Schutzes der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit durch die Arbeitsinspektion. Nach § 2 Abs. 1 ArbIG 1974 ist die Arbeitsinspektion die zur Wahrnehmung des gesetzlichen Schutzes der Arbeitnehmer berufene Behörde. Sie hat durch ihre Tätigkeit dazu beizutragen, daß durch geeignete Maßnahmen ein möglichst wirksamer Arbeitnehmerschutz erreicht wird. Zu diesem Zweck hat die Arbeitsinspektion vor allem durch ihre Organe (Arbeitsinspektoren) die Einhaltung der dem Schutz der Arbeitnehmer dienenden gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Verfügungen zu überwachen, insbesondere soweit diese betreffen (Z. 1) den Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit der Arbeitnehmer.

Das der Beschwerde zugrunde gelegene und mit dem bekämpften Bescheid eingestellte Strafverfahren gegen die mitbeteiligte Partei wurde durch eine auf § 6 Abs. 2 ArbIG 1974 gegründete Anzeige des zuständigen Arbeitsinspektorates in Gang gesetzt, in der bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde beantragt wurde, binnen zwei Wochen das Strafverfahren einzuleiten und "den Verantwortlichen" mit (im einzelnen bezifferten) Geldstrafen zu belegen. Vor dem Hintergrund der vorstehend wiedergegebenen Bestimmungen des ArbIG 1974 über seinen Geltungsbereich und die Aufgaben der Arbeitsinspektion konnte unter dem in der erwähnten Anzeige genannten "Verantwortlichen" rechtens nur der nach den arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche gemeint sein, denn nur dieser kommt unter dem hier allein maßgeblichen Gesichtspunkt des Schutzes der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit als Adressat des staatlichen Strafanspruches in Betracht. Dies aber ist gemäß § 31 Abs. 2 ASchG der Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigter, NICHT jedoch der gewerberechtliche Geschäftsführer. Dem entsprechend kann - in Einklang mit dem Gesetz - das Arbeitsinspektorat und letztlich der Bundesminister für Arbeit und Soziales (im Wege der Amtsbeschwerde gemäß § 9 Abs. 2 ArbIG 1974) lediglich die verwaltungsstrafrechtliche Haftung der im § 31 Abs. 2 ASchG Genannten geltend machen; die Bestrafung des gewerberechtlichen Geschäftsführers zu verlangen, ist ihnen hingegen - da jener nur unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der nach den gewerberechtlichen Vorschriften geschützten Rechtsgüter zur Verantwortung gezogen werden kann, was außerhalb ihrer Ingerenz liegt - verwehrt.

Die in der Beschwerde behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides liegt somit nicht vor.

4.1. Unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde, daß die belangte Behörde keine Ermittlungen zu der Frage angestellt habe, ob die mitbeteiligte Partei für die Einhaltung der in Rede stehenden Auflagen als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1950 oder als Bevollmächtigter haftbar gemacht werden könne. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid diesbezüglich nur festgestellt, den Akten könne nicht entnommen werden, daß der Mitbeteiligte zum verantwortlichen Beauftragten oder zum Bevollmächtigten der Arbeitgeberin bestellt worden sei. Damit sei die belangte Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen; mit der vorerwähnten Feststellung hätte sie sich nicht begnügen dürfen, zumal diese Frage im Verfahren erster Instanz keine Rolle gespielt habe und die Erstbehörde daher keinen Anlaß gehabt habe, entsprechende Erhebungen durchzuführen.

4.2. Dieses Vorbringen ist berechtigt. Die belangte Behörde wäre in Beachtung der Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 37 AVG 1950) und der Amtswegigkeit des Verfahrens (§ 39 Abs. 2 leg. cit.) gehalten gewesen, die Frage, ob die mitbeteiligte Partei allenfalls als verantwortlicher Beauftragter i.S. des § 9 Abs. 2 VStG 1950 oder als Bevollmächtigter der K. Genossenschaft m.b.H. i.S. des § 31 Abs. 2 ASchG wegen Nichtbeachtung der besagten Auflagen verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen hätte werden können, von sich aus zu klären. Zutreffend weist der Beschwerdeführer dazu darauf hin, daß insoweit ein Hinweis auf den Akteninhalt, aus dem sich keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben hätten, nicht zielführend sei, da diese Frage im erstinstanzlichen Verfahren keine Rolle gespielt habe. Dazu kommt, daß auch für die mitbeteiligte Partei kein Anlaß bestand, in ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis oder im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens diesen Fragenkreis in ihre Argumentation einzubeziehen. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß - entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - die Gegenschrift kein geeigneter Platz ist, um im angefochtenen Bescheid Versäumtes nachzuholen. In diesem Sinne kann die Bemerkung, es sei bei der belangten Behörde aufgrund zahlreicher gegen den Mitbeteiligten geführter Verwaltungsstrafverfahren bekannt (bzw. offenkundig), daß der Genannte nicht Bevollmächtigter der genannten Genossenschaft sei, keine Berücksichtigung finden. Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde, hätte sie die ihr obliegende Ermittlungs- und Feststellungspflicht nicht außer acht gelassen, zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, ist der gerügte Mangel wesentlich.

Den vorstehenden Erwägungen steht nicht entgegen, daß die mitbeteiligte Partei im erstinstanzlichen Bescheid als gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wurde und zuvor auch die Aufforderung zur Rechtfertigung an sie als gewerberechtlicher Geschäftsführer ergangen ist, da der Umstand, ob der Beschuldigte die Tat in der bezeichneten Eigenschaft oder als verantwortlicher Beauftragter oder als Bevollmächtigter zu verantworten hat, nicht Sachverhaltselement der ihm angelasteten Tat, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigter angesprochenen Person betreffendes Merkmal ist (vgl. in diesem Zusammenhang das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 12.375/A, und das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 7680/A).

5. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben ist (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG).