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VwGH vom 11.08.2005, 2003/02/0170

VwGH vom 11.08.2005, 2003/02/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des BS in A, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer und Mag. Johannes Mühllechner, Rechtsanwälte in Linz, Graben 21/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-109042/11/Ki/An, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe sich am um 00.36 Uhr an einem näher genannten Ort geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht (dazu) aufgefordert worden sei, weil er wegen der bei ihm festgestellten Alkoholisierungsmerkmale, wie deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft, gerötete Augenbindehäute, verdächtig gewesen sei, einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW vermutlich an einem näher genannten Ort am um

22.46 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

Er habe dadurch § 5 Abs. 2 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. b StVO verletzt, weshalb über ihn eine (von der belangten Behörde herabgesetzte) Geldstrafe in Höhe von EUR 1.162.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrenvorschriften ein, er habe die Beischaffung des Unfallsaktes der Bundespolizeidirektion Linz beantragt. Ferner habe er die Einvernahme der Zeugin J. N. (Taxilenkerin) und von näher genannten Polizeibeamten beantragt. Die Einvernahme der drei Zeugen sei nicht erfolgt. Auch sei der Akt nicht beigeschafft worden. Der Beschwerdeführer habe allerdings im Verfahren vor der belangten Behörde eine Kopie dieses Aktes vorgelegt. Aus dem Akt der Bundespolizeidirektion Linz ergebe sich eindeutig, dass der Beschwerdeführer am weder einen Verkehrunfall verursacht habe, noch habe ein Verdacht bestanden, dass der Beschwerdeführer sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe lediglich durch einen spitzen Stein, der aus der Einfriedung am Parkplatz an einem näher genannten Ort in Linz herausgeragt sei, den Reifen seines PKWs beschädigt, sodass aus dem Reifen die Luft ausgegangen sei. Der Beschwerdeführer sei mit dem PKW nicht mehr weitergefahren, sondern habe diesen am Parkplatz stehen lassen. Die Taxilenkerin J. N. habe den Beschwerdeführer dann mit ihrem Taxi vom Parkplatz in Linz direkt nach Hause gebracht. Die Taxilenkerin habe nach Ausforschung und Anhaltung durch die Linzer Polizei erklärt, dass beim Beschwerdeführer kein durch Alkohol beeinträchtigter Zustand vorgelegen sei und sie auch keinerlei Alkoholgeruch im Taxi wahrgenommen habe. All dies habe sich vor dem "gewaltsamen Eindringen" von Gendarmeriebeamten in das Haus des Beschwerdeführers ereignet. Es ergebe sich dieser Sachverhalt eindeutig aus dem Unfallakt der Bundespolizeidirektion Linz. Die Beamten der Bundespolizeidirektion Linz hätten auch keinerlei Meldung weitergegeben, dass der Beschwerdeführer verdächtig sei, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen PKW gelenkt zu haben.

Der Beschwerdeführer vermag mit diesen Ausführungen schon deshalb nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels aufzuzeigen, weil er gegenüber den einschreitenden Gendarmeriebeamten zugab, sein Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls gelenkt zu haben und überdies die dargelegten Alkoholisierungsmerkmale zum Zeitpunkt der Befragung durch die Gendarmeriebeamten aufwies. Es kam nämlich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Ablegung einer Atemalkoholkontrolle nicht darauf an, ob der Taxilenkerin anlässlich der nach dem Unfall erfolgten Fahrt zum Haus des Beschwerdeführers auffiel, ob sich der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der unterbliebenen Beischaffung des Unfallaktes der Bundespolizeidirektion Linz fehlt es schon im Hinblick auf die durch den Beschwerdeführer selbst erfolgte Vorlage einer Kopie dieses Aktes an die belangte Behörde im Zuge des Berufungsverfahrens an Relevanz. Weshalb darüber hinaus die gerügte unterbliebene Zeugeneinvernahme von näher genannten Polizeibeamten wesentlich sein sollte, vermag der Beschwerdeführer nicht einsichtig darzulegen.

Selbst wenn der ursprüngliche Anlass des Einschreitens der Gendarmeriebeamten der Verdacht des Verursachens eines Verkehrsunfalls mit Sachsschaden durch den Beschwerdeführer und die in weiterer Folge angenommene Fahrerflucht war, so kam es hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO insbesondere darauf an, dass die einschreitenden Gendarmeriebeamten im Zeitpunkt der von ihnen durchgeführten Amtshandlung aufgrund der näheren Tatumstände den begründeten Verdacht hatten, dass der Beschwerdeführer in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe. Dies war jedoch aufgrund des Bejahens des Lenkens eines Fahrzeugs durch den Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Verkehrunfalls und aufgrund der Wahrnehmung von deutlichen Alkoholisierungsmerkmalen durch die einschreitenden Gendarmeriebeamten im Zeitpunkt der Befragung des Beschwerdeführers (vgl. auch das Geständnis des Beschwerdeführers im Zuge seiner Aussage anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, dass er vor Eintreffen der Gendarmeriebeamten gemeinsam mit seiner Gattin alkoholische Getränke konsumiert habe, wozu bemerkt wird, dass mit der Behauptung eines "Nachtrunkes" die Vornahme einer Atemluftprobe nicht verweigert werden darf; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/02/0049) der Fall.

Soweit sich der Beschwerdeführer in weitwendigen Ausführungen gegen die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Ablegung eines Alkomattests wegen behaupteter Verletzung des Hausrechtes (behauptetes "gewaltsames Eindringen" in das Haus des Beschwerdeführers, welches nach Aussage der als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten lediglich im Öffnen der nicht verschlossenen Haustüre und Betreten des Hauses des Beschwerdeführers bestanden habe) wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sogar eine allfällige Rechtswidrigkeit des Eindringens von Gendarmeriebeamten in die Wohnung eines Kraftfahrzeug-Lenkers diesen nicht berechtigt, die dort von ihm verlangte Atemluftprobe zu verweigern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/03/0117, m.w.N.).

Es trifft auch nicht zu, dass der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde geradezu polemisch behauptet - im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Ablegung eines Atemalkoholtestes zur Zustimmung zu einer "Deportation" an einen unbekannten Ort aufgefordert worden sei. Vielmehr sagten die als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten übereinstimend aus, der Beschwerdeführer sei aufgefordert worden, zum "nächstgelegenen Alkomaten" mitzukommen. Unbestritten ist, dass die genaue Bezeichnung dieser nächstgelegenen Dienststelle, bei der ein solcher Test durchgeführt werden sollte, offen blieb.

Nach der hg. Rechtsprechung kann der Begriff der "nächstgelegenen" Dienststelle im § 5 Abs. 4 StVO nicht wörtlich genommen werden. Vielmehr braucht einer Aufforderung im Sinne des § 5 Abs. 4 StVO nur dann nicht Folge geleistet zu werden, wenn die Aufforderung in Ansehung einer erheblich weiter entfernten Dienststelle (als der nächstgelegenen) erfolgt. Dabei kommt es - unter dem Blickwinkel, dass die Einschränkung der persönlichen Freiheit des zu Untersuchenden möglichst gering gehalten werden soll - darauf an, dass der Rahmen der Zumutbarkeit für den Probanden nicht überschritten wird (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/03/0269, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer führte im Zuge seiner Einvernahme anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde selbst aus, dass er nicht "ausdrücklich den Alkotest verweigert" habe. Wenn die Beamten ein "Röhrchen" mitgehabt hätten, hätte er den Test durchgeführt. Er habe sich "nur" geweigert mitzukommen. Auch der als Zeuge einvernommene Gr. Insp. M. P. sagte vor der belangten Behörde aus, dass der Beschwerdeführer, nachdem ihm vom Zeugen erklärt worden sei, sie müssten zum nächstgelegenen Alkomaten fahren, mitgeteilt habe, dass er nicht mitfahre. An anderer Stelle führte der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde u.a. aus: "Nachdem ich schon ins Bett gehen wollte und mir überdies keiner Schuld bewusst war, habe ich erklärt, dass ich nicht mitkommen würde. Die Debatte mit den Gendarmeriebeamten zog sich dann ca. 20 Minuten hin, sie haben mich immer wieder aufgefordert, ich sollte mitkommen, ich habe dieser Aufforderung nicht Folge geleistet."

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer zu Recht ein Mitfahren im Lichte der vorzitierten Judikatur verweigert hätte, sind nicht hervorgekommen, zumal sich der Beschwerdeführer während der Amtshandlung, die zur Aufforderung zur Ablegung eines Atemalkoholtestes führte, - wie dargestellt - schlechthin weigerte, mit den Gendarmeriebeamten mitzufahren.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 5 Abs. 4 StVO in der Fassung der 19. StVO-Novelle als eine Ausformung der Bestimmung des § 5 Abs. 2 leg. cit. anzusehen und stellt die Weigerung, sich zum Zwecke der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle (bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet) bringen zu lassen, im Ergebnis eine Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt dar. Eine derartige Weigerung verletzt § 5 Abs. 2 leg. cit., sodass die bloße Anführung dieser Norm als übertretene Verwaltungsvorschrift nicht dem § 44a Z. 2 VStG widerspricht (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/03/0238, m.w.N.).

Es ist für den Verwaltungsgerichtshof - entgegen den Beschwerdebehauptungen - auch nicht zu ersehen, weshalb der Tatvorwurf unvollständig, unrichtig und unzutreffend sein soll und nicht dem "Konkretisierungsgebot im Sinne des § 44a VStG" entspricht.

Dem Vorbringen, dem Beschwerdeführer sei gemäß § 5 Abs. 2 VStG zuzubilligen, dass er "erwiesenermaßen unverschuldet" das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht habe einsehen können, ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen der StVO (und des KFG) für Lenker von Kraftfahrzeugen nicht als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. das zit. hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/02/0049, m.w.N.). Ferner kam es weder auf die Kenntnis des Beschwerdeführers, dass kein Unfall und auch keine Fahrerflucht vorgelegen habe, noch darauf an, dass die Behörde den Beschwerdeführer nicht wegen einer Übertretung nach § 5 StVO "verfolgt" habe. Aber auch der allgemeine Hinweis, der Beschwerdeführer habe eine "ungerechtfertigte Deportation verweigert", vermag im Lichte der vorstehenden Ausführungen über die zum Tatzeitpunkt erfolgte Weigerung des Beschwerdeführers, mit den Gendarmeriebeamten mitzufahren, dessen Verhalten nicht zu rechtfertigen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am