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VwGH vom 18.10.1994, 94/04/0101

VwGH vom 18.10.1994, 94/04/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 316.107/1-III/A/2a/94, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom . Darin wird ausgeführt, mit Schreiben vom , eingelangt am , sei die Einschreiterin erstmalig in Kenntnis davon gesetzt worden, daß ihre beiden Berufungen angeblich zu spät eingebracht worden seien. Es werde daher innerhalb offener Frist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Am habe die Einschreiterin den Bescheid vom an den ausgewiesenen Rechtsanwalt Dr. G "gefaxt". Auf diesem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten sei links oben ein Eingangsstempel mit dem Datum angebracht. Die in der Kanzlei Dr. G für die Eintragung der Rechtsmittelfristen zuständige Kanzleileiterin habe bei der Kalendierung des Rechtsmittels übersehen, daß der Eingangsstempel mit dem Datum nicht von der Einschreiterin herrühre, sondern von einer Zentralstelle der X-Gesellschaft m.b.H., genannt "B". Dadurch, daß die Kanzleileiterin der Meinung gewesen sei, daß der auf dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten eingebrachte Eingangsstempel direkt von der Einschreiterin herrühre, sei es zur falschen Kalendierung des Rechtsmittels und dadurch in weiterer Folge zur verspäteten Einbringung gekommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Instanzenzug den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall hätten dem Rechtsanwalt bei entsprechender Aufmerksamkeit bei der Verfassung der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom auf dem bei seiner Rechtsanwaltskanzlei vorliegenden Einlaufstück zwei Datumsstempel mit unterschiedlicher Datumsangabe auffallen müssen. Diese Ungereimtheit hätte er in Zusammenarbeit mit seinen Kanzleiangestellten aufklären müssen, wodurch es zu einer rechtzeitigen Berufung bzw. zu einem rechtzeitigen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gekommen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid "in den gesetzlichen gewährleisteten Rechten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG ff verletzt". In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wird im wesentlichen ausgeführt, auf dem übermittelten Bescheid befände sich kein zweiter Datumsstempel. Wie die belangte Behörde zu diesen Feststellungen gelangt sei, sei vollkommen unklar. Der Bescheid sei direkt bei der X-Gesellschaft m.b.H. eingegangen. Übernahmsscheine lägen daher beim "Beklagtenvertreter" nicht vor. Die Ausführungen über die Säumnisse des damaligen Rechtsanwaltsanwärters Mag. T seien vollkommen verfehlt.

Schon mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Diese Frist ist bei verspäteter Einbringung eines Rechtsmittels ab Kenntnis der Verspätung zu berechnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/06/0056, nur Rechtssatz in Slg. N.F. Nr. 11.109/A). Von einer solchen Kenntnis ist allerdings - was die belangte Behörde an sich zutreffend erkannte - bereits auszugehen, sobald die Partei (bzw. deren Vertreter) die Verspätung des Rechtsmittels bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und mußte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0084, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung). Daß nun im Zeitpunkt der Unterfertigung der Berufung bei Einhaltung dieser gehörigen Aufmerksamkeit der Ablauf der Berufungsfrist erkannt werden konnte und mußte, stützte die belangte Behörde auf das in der Rechtsanwaltskanzlei vorliegende Einlaufstück mit (angeblich) zwei Datumsstempeln unterschiedlicher Datumsangaben. Diese von der Behörde getroffene Feststellung vermag aber, was in der Beschwerde zutreffend gerügt wird und in der Gegenschrift der belangten Behörde auch unwidersprochen bleibt, in der Aktenlage keine Deckung zu finden.

Die belangte Behörde belastete damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Fundstelle(n):
TAAAE-55090