VwGH vom 03.12.1990, 90/19/0436
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5-212 Sche 34/4-90, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. (S-GesmbH) mit dem Standort in Graz am Sonntag, den , in einem bestimmten Hotel in Wien vier namentlich genannte Arbeitnehmer beschäftigt, obwohl Arbeitnehmern in jeder Kalenderwoche eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen habe, zu gewähren sei. Er habe dadurch § 3 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes verletzt. Gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. wurden über ihn Geldstrafen von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) pro Übertretung, insgesamt S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen vier Tage) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erhebt zunächst den Vorwurf der "Ausschaltung des gewählten Vertreters", weil seit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz für den keine Zustellungen mehr an seinen Vertreter Dr. D. ergangen seien. Auch das Straferkenntnis erster Instanz und der angefochtene Bescheid seien Dr. D. nicht zugestellt worden. Dem ist zu erwidern, daß Dr. D. nicht der einzige Bevollmächtigte war, dessen sich der Beschwerdeführer zur Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren bediente. So wies sich Mag. W. am vor der Behörde erster Instanz mit einer ordnungsgemäßen Vollmacht als Vertreter des Beschwerdeführers aus und trat auch noch im Berufungsverfahren als solcher durch die Erstattung eines Schriftsatzes vom in Erscheinung. Da den Behörden im Verwaltungsstrafverfahren niemals mitgeteilt worden war, daß das Vollmachtsverhältnis des Beschwerdeführers mit Mag. W. erloschen sei (dies wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet), durfte die belangte Behörde vom aufrechten Bestand dieses Vollmachtsverhältnisses ausgehen und insbesondere auch dem Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid zu Handen dieses Vertreters zustellen. Da ein Rechtsanspruch der Partei, daß im Falle der Bestellung mehrerer Bevollmächtigter alle dem Verfahren beizuziehen seien, aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden kann, liegt die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vor.
Einen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde keine konkreten Tatsachenfeststellungen, "warum es sich nicht um eine messeähnliche Veranstaltung gehandelt haben soll", getroffen habe, obwohl er während des gesamten Vorbringens vorgebracht habe, "daß es sich um eine messeähnliche Veranstaltung handelt, daß andere Unternehmen beteiligt waren, wie z.B. die Firma 'Wohnkunst K.B.' und daß es sich um eine Werbeveranstaltung gehandelt hat". Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, daß Arbeitnehmer gemäß § 17 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 413/1990 auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe mit bestimmten, im Gesetz näher umschriebenen Arbeiten beschäftigt werden dürfen, wenn Messen oder messeähnliche Veranstaltungen durchgeführt werden. Als messeähnliche Veranstaltungen gelten gemäß § 17 Abs. 4 leg. cit. Veranstaltungen, die nur einmal oder jedenfalls ohne Regelmäßigkeit durchgeführt werden oder die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von bestimmten Gewerbezweigen oder Regionen darstellen sollen (Handwerksausstellungen, Leistungsschauen u.dgl.), bei welchen der Informationszweck gegenüber der Absicht des Warenvertriebs überwiegt, jedoch - gemäß § 17 Abs. 5 leg. cit. - nur dann, wenn infolge der großen Zahl der Aussteller und Besucher die Organisation der Durchführung von den Ausstellern nicht selbst bewältigt werden kann und die Veranstaltungen außerhalb jener Betriebsstätten durchgeführt werden, in denen der normale Geschäftsbetrieb der Aussteller stattfindet. Die einen Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren treffende Mitwirkungspflicht hätte es erfordert, daß sich der Beschwerdeführer - will er den Ausnahmetatbestand des § 17 Abs. 1 leg. cit. für sich in Anspruch nehmen - nicht bloß auf das in der Beschwerde dargestellte allgemeine Vorbringen hätte beschränken dürfen, sondern konkrete Behauptungen unter Anbietung entsprechender Beweise über das Vorliegen aller nach den Absätzen 4 und 5 des § 17 leg. cit. für messeähnliche Veranstaltungen notwendigen Tatbestandselemente und über die Art der von den Arbeitnehmern verrichteten Tätigkeiten (§ 17 Abs. 1 Z. 1-5 leg. cit.) aufzustellen gehabt hätte. Dem ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nicht nachgekommen, fehlt doch insbesondere jegliche Behauptung dahin, daß infolge der großen Zahl der Aussteller und Besucher die Organisation der Durchführung der Veranstaltung von den Ausstellern nicht selbst zu bewältigen war und hat der Beschwerdeführer auch die Art der von den Arbeitnehmern verrichteten Tätigkeiten nicht näher dargelegt. Schon aus diesem Grunde erweist sich die vom Beschwerdeführer erhobene Verfahrensrüge als nicht berechtigt.
Soweit der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde bekämpft, daß die Tätigkeit der Arbeitnehmer der S-GesmbH zuzurechnen sei, übersieht er, daß er in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis eingeräumt hat, "daß
die befragten Arbeitnehmer bei der S .... GesmbH beschäftigt
waren und sind" (der Ausdruck "befragte Arbeitnehmer" bezieht sich auf die in der Begründung des Straferkenntnisses erster Instanz erwähnte Befragung der Arbeitnehmer durch das Arbeitsinspektorat). Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie davon ausging, daß die angeführten Arbeitnehmer im Tatzeitpunkt für die S-GesmbH tätig waren.
Gegen die Strafbemessung wendet der Beschwerdeführer ein, daß die belangte Behörde zu Unrecht als erschwerend gewertet habe, daß der Beschwerdeführer "eine Vielzahl von Verwaltungsübertretungen begangen hat". Mit diesem Vorbringen ist er im Recht. Die Wendung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß als erschwerend der Umstand gewertet werde, daß der Beschwerdeführer "eine Vielzahl von Verwaltungsübertretungen begangen hat", könnte dahin verstanden werden, daß dem Beschwerdeführer die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen im Sinne des § 33 Z. 1 StGB als erschwerend angelastet wird, was allerdings im Hinblick auf das in § 22 VStG 1950 verankerte Kumulationsprinzip nicht zulässig wäre (vgl. etwa Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Auflage, Seite 617 f, und die dort zitierte Judikatur). Andererseits könnten mit dieser Wendung auch die - im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten - Vorverurteilungen des Beschwerdeführers gemeint sein. Da diese nach der Aktenlage aber erst nach Begehung der dem Beschwerdefall zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen ergingen, hätten sie nicht als erschwerend gewertet werden dürfen (vgl. das denselben Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/19/0245). Damit ist für den Beschwerdeführer jedoch noch nichts gewonnen: Unter Berücksichtigung des nicht unbeträchtlichen Unrechts- und Schuldgehaltes der Verwaltungsübertretungen und angesichts des Strafrahmens des § 27 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes, der die Verhängung einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,-- vorsieht, kann auch bei Wegfall des vom Beschwerdeführer bekämpften Erschwerungsgrundes nicht gesagt werden, daß die belangte Behörde - anders als in dem dem oben genannten Erkenntnis zugrundeliegenden Beschwerdefall - mit der Festsetzung der ohnedies nahe der Untergrenze gelegenen Geldstrafen ihren Ermessensspielraum überschritten hätte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.