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VwGH vom 12.11.1997, 96/16/0287

VwGH vom 12.11.1997, 96/16/0287

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der W GmbH in W, vertreten durch Dr. Rudolf Beck, Rechtsanwalt in Mödling, Freiheitsplatz 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-1469/96, betreffend Stempelgebühr und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Beschwerdeführerin für insgesamt 122 in fünf Eingaben beim Magistrat der Stadt Wien am eingereichte Ansuchen um Kontingenterlaubnisse für den Güterfernverkehr gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 GebG die Gebühr in der Höhe von S 14.640,-- vor. Neben der Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG in der Höhe von S 6.300,-- wurde eine weitere Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 2 GebG festgesetzt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid vom erhobene Berufung als unbegründet ab und ließ die Erhöhung nach § 9 Abs. 2 GebG auf. Dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe in fünf Anträgen für das erste Halbjahr 1996 für fünf Staaten um Kontingenterlaubnisse für den Güterfernverkehr angesucht. Die Beschwerdeführerin habe sich bei der Antragstellung der gesetzlich vorgesehenen Vordrucke bedient und konkret die Art sowie die Anzahl der Kontingenterlaubnisse angeführt. Die Gebührenpflicht sei für Eingaben entsprechend der Anzahl der in ihnen enthaltenen Begehren gegeben. Es sei unbeachtlich, ob und auf welche Weise die behördliche Erledigung erfolge. Die Festsetzung einer Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG sei zwingend als objektive Rechtsfolge des Unterbleibens der vorschriftsmäßigen Entrichtung der Gebühr in Stempelmarken vorgesehen. Die im Ermessen der Behörde liegende Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG sei aufzulassen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtentrichtung der Gebühr für jede begehrte Kontingenterlaubnis und in ihrem Recht auf Nichtentrichtung der Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Anzahl der in den fünf Eingaben gestellten Ansuchen um Kontingenterlaubnisse für den Güterfernverkehr strittig. Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, daß für jeden von der Beschwerdeführerin im Bewerbungsverfahren nach § 6 der Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung (KVV), BGBl. Nr. 974/1994, unter Verwendung eines bestimmten Formulars begehrten Erlaubnisschein ein eigenes gebührenpflichtiges Ansuchen vorliege.

Werden in einer Eingabe mehrere Ansuchen gestellt, so ist gemäß § 12 Abs. 1 GebG für jedes Ansuchen die Eingabengebühr zu entrichten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Sinn dieser Gesetzesvorschrift, eine Umgehung der Gebührenpflicht durch subjektive Kumulierung von verschiedenen Anträgen in einer Eingabe zu verhindern, wobei eine Kumulierung mehrerer Anträge anzunehmen ist, wenn in ein und demselben Schriftstück mehrere Amtshandlungen begehrt werden, die untereinander in keinem Zusammenhang stehen. Von einer Umgehung der Gebührenpflicht durch subjektive Kumulierung verschiedener Anträge kann keinesfalls gesprochen werden, wenn ein Gesetz ausdrücklich vorsieht, daß Berechtigungen derselben Art in einem Ansuchen begehrt werden können. In einem solchen Fall unterstellt schon das Gesetz, daß die Begehren untereinander in einem Zusammenhang stehen (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/15/0050).

Bei der Vergabe von Kontingenterlaubnisscheinen ist zwischen dem Anmeldungsverfahren (§ 5 KVV) und dem Bewerbungsverfahren (§ 6 KVV) zu unterscheiden. Nach dem Anmeldungsverfahren erwirbt der Transportunternehmer bei fristgerechter Geltendmachung Anspruch auf 95 % der im Beobachtungszeitraum erteilten Kontingenterlaubnisse. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens gelangen jene Kontingenterlaubnisse unter den Bewerbern zur Aufteilung, die infolge von Kontingentaufstockungen, Vergaben gemäß § 7 KVV, von nicht erfolgten Anmeldungen gemäß § 5 Abs. 2 KVV sowie auf Grund von Zurücklegungen zur Verfügung stehen. Die Behörde hat die zu vergebenden Kontingenterlaubnisse zu gleichen Teilen unter allen Bewerbern aufzuteilen, jedoch erhält jeder Unternehmer höchstens die von ihm beantragte Zahl von Kontingenterlaubnissen. Entfällt auf den einzelnen Bewerber weniger als eine Kontingenterlaubnis, so sind die Kontingenterlaubnisse einzeln an die Bewerber in der Reihenfolge des Einlanges der Bewerbung bei der Behörde zu vergeben. Jeder Unternehmer kann sich schriftlich unter Verwendung eines Formulars bei der zuständigen Vergabebehörde um Kontingenterlaubnisse bewerben. Für jeden Staat ist ein gesondertes Formular zu verwenden. Das vom Bewerber zu verwendende Formular ist im Anhang zur KVV abgedruckt.

Der Bewerber ist im Bewerbungsverfahren nach § 6 KVV gebunden, um Erteilung aller seiner benötigten Kontingenterlaubnisse für einen Staat mit diesem Formular anzusuchen. Nach den genannten Bestimmungen ist somit ausdrücklich vorgesehen, daß Erlaubnisscheine nach § 6 Abs. 1 KVV für einen Staat zusammengefaßt in einem einzigen Formular zu beantragen sind. Die Antragstellung auf Erteilung einer näher bezeichneten Zahl von Erlaubnisscheinen in einer einzigen formulargebundenen Eingabe gründet sich somit auf eine Rechtsgrundlage und nicht auf eine subjektive Kumulierung verschiedener Anträge in einer Eingabe. Es liegt somit nicht im Belieben der Bewerber - zur Vermeidung der Gebührenpflicht - das Begehren auf eine bestimmte Anzahl von Kontingenterlaubnisse für einen Staat in einer formulargebundenen Eingabe zu stellen, sondern es ist im Gegenteil die einheitliche Antragstellung durch § 6 KVV zwingend vorgesehen.

Das Gebührengesetz knüpft insbesondere im Bereich der Stempelgebühren an formale Kriterien an. Sieht daher eine Rechtsgrundlage eine Antragstellung für eine Mehrzahl von Erlaubnisscheinen in einer Eingabe vor, dann ist die Gebührenpflicht - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nur für ein einziges Ansuchen um Erteilung von Erlaubnisscheinen bis zu der im Formular angeführten Anzahl gegeben. Dies verkannte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid.

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach nur dann mehrere gebührenpflichtige Ansuchen vorliegen, wenn in einem Schriftsatz mehrere selbständige Amtshandlungen begehrt werden (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/15/0106). Die Gebührenpflicht der Eingabe ergibt sich nämlich - wie bereits dargestellt - entsprechend der in der Eingabe enthaltenen Ansuchen. Die durch die Schrift veranlaßten Amtshandlungen sind ein Hinweis darauf, ob die Eingabe mehrere Ansuchen enthält (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0006-0010).

Kommen nach der Vergabe von Kontingenterlaubnissen im Anmeldungsverfahren solche auch im Bewerbungsverfahren zur Verteilung, dann erfolgt diese nach einem gesetzlich geregelten Verfahren. Hinsichtlich der zur Verteilung gelangenden Kontingenterlaubnisscheine wird eine Verteilungsentscheidung für alle Bewerber solcher Erlaubnisscheine für einen Staat getroffen und diese Bewerber erhalten ohne weitere formelle Entscheidung entweder die ihnen zugefallene Anzahl oder aber auch keine Erlaubnisscheine. Die von allen Bewerbern begehrte Amtshandlung ist die Zuteilung von Kontingenterlaubnisscheinen eines Staates bis zu dem in den Formularen jeweils angeführten Höchstausmaß. Es kommt zu keiner gesonderten Prüfung und Entscheidung über jeden einzelnen im Formular angeführten vom Bewerber begehrten Erlaubnisschein, sondern zur Verteilung vorhandener Erlaubnisscheine in einem bestimmten Ausmaß an jeden Bewerber. Es besteht somit ein sachlicher Zusammenhang zwischen den begehrten Erlaubnisscheinen, der dadurch zum Ausdruck kommt, daß nur eine Amtshandlung hinsichtlich aller Erlaubnisscheinbegehren eines Bewerbers für einen Staat, nicht aber für jeden begehrten Erlaubnisschein gesondert vorgenommen wird. Daraus folgt, daß nur ein Ansuchen vorliegt.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die belangte Behörde die Rechtslage verkannte und den angefochtenen Bescheid - mit dem sowohl die Stempelgebühren als auch die im Falle der Nichtentrichtung sich aus dem Gesetz zwingend ergebende Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG vorgeschrieben wurde - mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete. Der angefochtene Bescheid war daher daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.