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VwGH vom 20.06.1991, 90/19/0321

VwGH vom 20.06.1991, 90/19/0321

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

90/19/0322

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. VII/2a-V-1166/18/3-90, und vom , Zl. VII/2a-V-1166/18/4-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsruhegesetzes und Bescheidberichtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei Straferkenntnissen vom 10. und sprach die Bezirkshauptmannschaft Mödling aus, der nunmehrige Beschwerdeführer habe als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. A Ges.m.b.H. mit dem Sitz in Perchtoldsdorf in den Filialen in Wien, X-Straße, und in Wien, Y-Straße, jeweils am um 15,05 Uhr bzw. 17,30 Uhr insgesamt im ersten Fall 50 und im zweiten Fall 11 (namentlich genannte) Arbeitnehmer beschäftigt, obwohl diese Verkaufsstellen bereits am nach 13,00 Uhr offengehalten worden seien. Dadurch habe der Beschwerdeführer jeweils Verwaltungsübertretungen nach § 27 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes (ARG) begangen. Es wurden deshalb über ihn gemäß § 27 Abs. 1 ARG Geldstrafen von S 2.000,-- je Arbeitnehmer (insgesamt S 122.000,--), Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen je Arbeitnehmer (sohin insgesamt 122 Tage) verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von insgesamt S 12.200,-- verpflichtet (§ 64 VStG 1950).

Der dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung gab der Landeshauptmann von Niederösterreich (die belangte Behörde) mit Bescheid vom gemäß § 51 VStG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 teilweise Folge und setzte die verhängten Geldstrafen auf S 1.000,-- je Arbeitnehmer, zusammen S 61.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je einem Tag, zusammen 61 Tagen), herab. Gleichzeitig gab die belangte Behörde den gegen dieselben Bescheide gemäß § 9 Abs. 1 ArbIG 1974 eingebrachten Berufungen der Arbeitsinspektorate für den 2. und 6. Aufsichtsbezirk gemäß § 51 VStG 1950 iVm § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge.

Mit Bescheid vom änderte die belangte Behörde von Amts wegen gemäß § 52 a Abs. 1 VStG 1950 ihren Bescheid vom dahin gehend ab, daß sie dem Spruch des Bescheides unter Punkt I folgendes hinzufügte:

"Der Bestrafte hat gemäß § 64 Abs. 2 VStG 1950 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der verhängten Geldstrafen, d.s. S 6.100,--, zu bezahlen."

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht "nicht bestraft werden zu können, wenn hiefür die gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen", verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 3 Abs. 2 ARG hat die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13,00 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens Samstag um 15,00 Uhr zu beginnen.

Gemäß § 1 der Arbeitszeitruhegesetz-Verordnung - ARG-VO, BGBl. Nr. 149/1984, dürfen Arbeitnehmer während der Wochenend- und Feiertagsruhe nur die in der Anlage angeführten Tätigkeiten während der jeweils angeführten Zeiträume ausüben. Zufolge der mit "Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe (Ausnahmekatalog)" überschriebenen Anlage zu § 1 ARG-VO, näherhin deren Abschnitt XVII. Handel, Z. 1, Verkaufstätigkeiten an Samstagen, dürfen Arbeitnehmer an Samstagen alle Tätigkeiten in Verkaufsstellen im Sinne des § 1 Abs. 1 bis 3 des Ladenschlußgesetzes, BGBl. Nr. 156/1958, ausüben, soweit die jeweils geltenden Ladenschlußvorschriften ein Offenhalten dieser Verkaufsstellen vorsehen.

Nach Z. 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom , LGBl. Nr. 38, mit der eine Sonderregelung für den Ladenschluß an den letzten drei Samstagen vor dem getroffen wurde, durften im Jahre 1988 - abweichend von der Regelung des § 16 Abs. 1 der Wiener Ladenschlußverordnung - die Verkaufsstellen für den Kleinverkauf von anderen Waren als Lebensmitteln nur an den letzten drei Samstagen vor dem 24. Dezember bis 18,00 Uhr offengehalten werden. (Gemäß § 16 Abs. 1 der Wiener Ladenschlußverordnung, LGBl. Nr. 21/1965, dürfen die Verkaufsstellen für den Kleinverkauf von anderen Waren als Lebensmitteln an den letzten vier Samstagen vor dem 24. Dezember bis 18,00 Uhr offengehalten werden.)

Der Beschwerdeführer macht zunächst unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, er habe auf Grund von Aussendungen des Handelsverbandes, Verband österreichischer Mittel- und Großbetriebe in Wien, vor dem davon ausgehen können, daß die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom , LGBl. Nr. 38, gesetzwidrig sei. Es könne ihm daher für die allfällige Übertretung des § 3 Abs. 2 ARG kein Verschulden zur Last gelegt und somit gegen ihn auch keine Strafe verhängt werden.

Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0263, in einem die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom , LGBl. Nr. 38, betreffenden Fall, dem ebenfalls das Offenhalten einer Verkaufsstelle am zugrunde lag, hinsichtlich des im wesentlichen übereinstimmenden Einwandes des Vorliegens eines Schuldausschließungsgrundes ausgesprochen, daß ein Rechtsirrtum (Verbotsirrtum) nach § 5 Abs. 2 VStG 1950 "Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat", voraussetzt. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe die besagte Verordnung als gesetzwidrig erachten dürfen, liegt auf einer anderen Ebene; sie kann jedenfalls nicht als Vorbringen dahin gehend gewertet werden, er habe von dieser Verordnung keine Kenntnis gehabt. Da sohin ein Rechtsirrtum auf seiten des Beschwerdeführers nicht dargetan wurde, kann ihm insoweit ein Schuldausschließungsgrund nicht zugute gehalten werden.

Für rechtswidrig hält der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid auch deshalb, weil seiner Meinung nach die belangte Behörde im vorliegenden Fall das Kumulationsprinzip des § 22 VStG 1950 zu Unrecht angewendet habe. Auch wenn mehrere Arbeitnehmer von der Anordnung des Offenhaltens betroffen gewesen seien, so sei deren gemeinsame Beschäftigung am von einem einheitlichen Willensentschluß (Gesamtvorsatz) getragen gewesen. In § 3 Abs. 2 ARG werde der Beginn der Wochenendruhe für alle und nicht für jeden einzelnen Arbeitnehmer festgelegt, sodaß die Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung nicht in der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers, sondern in der Beschäftigung aller Arbeitnehmer bestehe.

Auch in diesem Punkt gleicht das Vorbringen des Beschwerdeführers im wesentlichen dem Beschwerdevorbringen, über das mit dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom abzusprechen war. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit diesem Erkenntnis den Einwand des Beschwerdeführers, er hätte nicht wegen mehrerer Übertretungen, sondern wenn überhaupt nur wegen einer einzigen, als fortgesetztes Delikt zu qualifizierenden Übertretung schuldig erkannt werden dürfen, als unrichtig verworfen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Beschwerdeausführungen nicht veranlaßt, im gegenständlichen Fall von seiner bisherigen Rechtsansicht abzugehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird der Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 2 VwGG in diesem Punkt auf die ausführliche Begründung des zitierten Erkenntnisses verwiesen.

Zum Berichtigungsbescheid enthält die Beschwerde überhaupt kein Vorbringen. Es bestand keine Anlaß, auf die Beschwerde insoweit näher einzugehen.

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.