VwGH vom 20.09.2006, 2003/01/0502
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der Bundesministerin für Inneres gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-B-00-015, betreffend § 67a Abs. 1 Z 2 AVG (mitbeteiligte Partei: J, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. C des bekämpften Bescheides richtet, als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen weitere Spruchpunkte des bekämpften Bescheides richtet (Spruchpunkte I. D, I. F, III. und IV.), abgelehnt.
Begründung
Am Abend des kam es zu einem groß angelegten Gendarmerieeinsatz im Haus Nr. 3 der Außenstelle des Bundesasylamtes Traiskirchen (Flüchtlingslager), von dem u.a. der Mitbeteiligte betroffen war.
In seiner an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde
"gemäß §§ 67a Abs. 1 Z. 2 AVG und 88, 89 SPG" stellte der
Mitbeteiligte den Antrag,
"a) die ... Konfinierung ...
b) die Fesselung ...
c) die ... unter Verwendung gebrauchter Gummihandschuhe und
coram publico, unter teilweiser Entkleidung und Nachschau auch in seiner Unterwäsche, vorgenommene Personsdurchsuchung ...
d) die erfolgten körperlichen Misshandlungen (Einsatz von Schlagstöcken, Stoß in die Küche) sowie
e) die erfolgte Identitätsfeststellung und Anfertigung von Lichtbildern ... für rechtswidrig zu erklären, sowie
f) die Verletzung (des Mitbeteiligten) im Recht auf Inkenntnissetzung über Anlass und Zweck des Einschreitens, sowie
g) die Verletzung (des Mitbeteiligten) im Recht auf Verständigung von der Möglichkeit zur Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes, sowie
h) die Rechtswidrigkeit der Verweigerung der Erfüllung jeglicher persönlicher Bedürfnisse (Wasseraufnahme, Aufsuchen der Toilette) während der gesamten Amtshandlung, sowie
i) die Verletzung (des Mitbeteiligten) im Recht auf unvoreingenommene und höfliche Behandlungfestzustellen ".
In weiterer Folge beantragte der Mitbeteiligte hinsichtlich der (erkennbar) behaupteten Richtlinienverletzungen - die von der belangten Behörde als Dienstaufsichtsbehörde befasste Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hatte es unterlassen, eine Mitteilung nach § 89 Abs. 2 SPG zu erstatten - die Entscheidung der belangten Behörde gemäß § 89 Abs. 4 SPG.
Die belangte Behörde blieb zunächst zur Gänze säumig, sodass der Beschwerdeführer mit am überreichtem Schriftsatz die zur hg. Zl. 2001/01/0336 protokollierte Säumnisbeschwerde erhob.
Mit hg. Verfügung vom forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Mit Verfügung vom wurde die Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides bis verlängert.
Nachdem die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom das Entscheidungsverlangen des Mitbeteiligten nach § 89 Abs. 4 SPG zurückgewiesen hatte (vgl. hiezu und zur nachfolgenden Aufhebung dieses Bescheides das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/01/0578), entschied sie mit Bescheid vom wie folgt:
"I.
Der Beschwerdeführer (Mitbeteiligter) ist dadurch, dass am Abend des im Zuge eines gemeinsamen Einsatzes verschiedener Einheiten der Bundesgendarmerie, Organen der Sicherheitsdirektion für das Bundesland NÖ, mit dem Ziel, teils namentlich bekannter, teils nur einem verdeckten Ermittler optisch erinnerlicher, des organisierten bandenmäßigen Suchtgiftstraßenverkaufs Verdächtiger habhaft zu werden
A) er zuerst in seiner Unterkunft im Zimmer Nr. 9, dann auf dem Korridor, zuletzt in der im ersten Stock gelegenen Küche über Stunden bis etwa 24.00 Uhr angehalten wurde, in seinem gemäß Art. 1 PersFrG und Art. 5 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit,
B) ihm im Verlauf der Amtshandlung am Korridor grundlos eine Plastikeinweghandfessel angelegt und diese erst am Schluss der Amtshandlung abgenommen wurde, in seinem gemäß Art. 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden,
C) er ohne Vorliegen eines Verdachtgrundes am Korridor einer eingehenden Visitierung unterzogen wurde, in seinem gemäß § 139 Abs. 2 StPO und § 40 Abs. 2 SPG einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, nur begründet einer Durchsuchung seiner Kleidung unterworfen zu werden,
D) von ihm mit einer Polaroidkamera zum Zweck der Einsichtnahme und Auswertung durch einen verdeckten Ermittler ein Lichtbild angefertigt wurde, in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, nur in dem vom § 35 Abs. 2 SPG normierten Umfang an der Identitätsfeststellung mitwirken zu müssen,
E) ihm weder der Grund noch der Zweck der Amtshandlung bekannt gegeben und ihm nicht mitgeteilt wurde, dass er einen Angehörigen, eine Person seines Vertrauens oder einen Rechtsbeistand verständigen könne, in seinen gemäß Art. 4 Abs. 6 und 7 PersFrG und Art. 5 Abs. 2 EMRK verfassungsgesetzlich und in seinen gemäß § 178 StPO und § 30 Abs. 1 SPG einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten,
F) ihm für die Gesamtdauer der Amtshandlung die Aufnahme von Wasser und das Aufsuchen eines WC nicht gestattet wurde, in seinem gemäß Art. 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden
verletzt worden.
II.
Die Beschwerde des ... (Mitbeteiligten) wird hinsichtlich der Behauptung
G) er sei von den Beamten nach der Visitierung am Korridor mit Schlagstöcken zum Haftraum (= Küche) getrieben, dort hochgehoben und 'hineingeschossen' worden,
H) er sei auf Grund seiner Hautfarbe und Herkunft diskriminierend behandelt worden
gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.
III.
Gemäß § 79a AVG i.V.m. § 1 AufwandersatzVO UVS, BGBl. 1995/850, und § 52 Abs. 1 VwGG ist der Bund (der Bundesminister für Inneres) als Rechtsträger der belangten Behörde schuldig, dem (Mitbeteiligten) die mit EUR 8.248,27 bestimmten, zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV.
Gemäß § 38 AVG wird die Entscheidung über die Höhe des Anteils des Beschwerdeführers am Ersatz des Verhandlungsaufwandes, den er dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde zu leisten hat, bis zur Rechtskraft der Entscheidungen über die von allen von der Amtshandlung am Betroffenen als rechtswidrig in Beschwerde gezogenen Verwaltungsakte ausgesetzt."
Die belangte Behörde ging, auf das Wesentliche zusammengefasst, von nachstehendem Sachverhalt aus:
Nach den Erkenntnissen eines verdeckten Ermittlers seien etwa 20 vorwiegend im Flüchtlingslager Traiskirchen untergebrachte Schwarzafrikaner verdächtig gewesen, von einem Stützpunkt (Cafe A.) aus im Bereich des Bahnhofs Traiskirchen an Passanten Suchtgift zu verkaufen. Nur sechs dieser bandenmäßig organisierten Kriminellen seien vor Beginn der Amtshandlung namentlich bekannt und antragsgemäß vom Landesgericht Wiener Neustadt zur Verhaftung ausgeschrieben gewesen. Alle Verdächtigen hätten mit einem Einsatz verschiedener Gendarmerieeinheiten nach einem Suchtgiftscheinkauf festgenommen und die namentlich nicht bekannten Suchtgifthändler dabei durch das optische Erinnerungsvermögen des verdeckten Ermittlers herausgefunden werden sollen. Tatsächlich seien zunächst nur drei Festnahmen gelungen und es habe der Schwerpunkt der Amtshandlung ins Flüchtlingslager verlegt werden müssen. Dabei habe es die Einsatzleitung verabsäumt, das weitere Einschreiten rechtlich abzusichern und dafür einen entsprechend erweiterten Gerichtsauftrag einzuholen.
Um aus den im Flüchtlingslager im Haus 3 untergebrachten etwa 60 Schwarzafrikanern die restlichen Tatverdächtigen herauszufiltern und um das Beiseiteschaffen von Suchtgift zu verhindern, seien von den Beamten im Parterre und im ersten Stock die Türen besetzt, diese annähernd gleichzeitig geöffnet und die angetroffenen Personen aufgefordert worden, jede Ortsveränderung bis auf Weiteres zu unterlassen. Dieser Anordnung sei durchgehend widerspruchslos Folge geleistet worden. Nach und nach seien die betroffenen Personen auf den Gang befohlen, dort visitiert, mit einer Sofortbildkamera fotografiert, mit vorbereiteten Einweghandfesseln geschlossen, in eine zum Haftraum umfunktionierte Küche überstellt und bewacht worden. Während ihrer Anhaltung in der Küche seien dem verdeckten Ermittler die Lichtbilder gezeigt worden. Danach habe man die von ihm als unverdächtig bezeichneten Personen von ihren Fesseln befreit und in ihre Zimmer entlassen, wo einige von ihnen Spuren einer Nachschau während ihrer Abwesenheit festgestellt hätten.
Der Mitbeteiligte habe etwa eine Stunde (an anderer Stelle ist von einer etwa halbstündigen Wartezeit die Rede) in dem Zimmer, in dem er angetroffen worden sei (Nr. 9), warten müssen. Während dieser Zeit seien ihm die Erfüllung seiner persönlichen Bedürfnisse (Wassertrinken, Aufsuchen der Toilette) und Fragen nach dem Grund der Amtshandlung nicht gestattet gewesen. Er sei dann auf den Korridor zitiert und dort einer "übergenauen Visitierung" unterzogen worden. In der Folge sei er gemäß der grundsätzlich beschlossenen Vorgangsweise fotografiert und für die Dauer der weiteren Amtshandlung mit einer Einweghandfessel geschlossen worden. Danach habe man ihn - ohne Einsatz von Schlagstöcken und ohne körperliche Misshandlungen - in die Küche überstellt, wo er zusammen mit etwa 30 männlichen Schwarzafrikanern mehrere Stunden lang - noch immer in Unkenntnis über den Grund der Amtshandlung - die Auswertung des von ihm angefertigten Lichtbildes und der von ihm aufgenommenen Daten habe abwarten müssen. Gegen 24.00 Uhr, nach der Abnahme der Handfesseln, sei er entlassen worden.
Die Verhaftung des Mitbeteiligten und seine Fesselung seien - so die belangte Behörde rechtlich - nicht notwendig gewesen, auch die Personsdurchsuchung und die Anfertigung eines Lichtbildes des Mitbeteiligten müssten als "überschießend" bewertet werden. Insgesamt sei daher - von einer Wiedergabe der weiteren rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde wird hier abgesehen - spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen die Spruchpunkte I. C, I. D, I. F, III. und IV. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Zu 1.:
1. Vorweg ist zur Beschwerdelegitimation der Amtsbeschwerdeführerin Stellung zu nehmen. Diese wurde in ihrer Beschwerde mit § 91 Abs. 1 Z 1 SPG begründet, wonach der Bundesminister für Inneres gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden gemäß den §§ 88 und 89 SPG sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Betroffenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann. Der Mitbeteiligte bringt in seiner Gegenschrift dazu vor, der bekämpfte Bescheid bzw. einzelner seiner Spruchteile stelle(n) keine Entscheidung über eine Beschwerde gemäß den §§ 88 und 89 SPG dar, weshalb die vorliegende Beschwerde (gemeint: jedenfalls teilweise) zurückzuweisen sei. Dem ist wie folgt zu entgegnen:
Beschwerden nach § 88 SPG sind solche, die sich auf Verwaltungsakte im Bereich der Sicherheitsverwaltung im Sinn des § 2 Abs. 2 SPG beziehen. Zur Sicherheitsverwaltung gehört insbesondere die in § 3 SPG näher umschriebene Sicherheitspolizei, nicht jedoch Behördenhandeln im Dienste der Strafjustiz (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2002/01/0252). Strafprozessualen Zwecken dienendes Tätigwerden schließt freilich nicht aus, dass einer Amtshandlung auch eine sicherheitspolizeiliche Komponente innewohnt, was etwa dann anzunehmen wäre, wenn das fragliche Organhandeln insgesamt die Wahrnehmung einer sicherheitspolizeilichen Aufgabe im Sinn des zweiten Teils des SPG (vgl. insbesondere die Aufgaben nach § 20 leg. cit.) erkennen ließe (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/01/0596).
Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles sind die Aufgaben nach § 22 Abs. 3 und nach § 24 Abs. 1 Z 1 SPG in Betracht zu ziehen. Diese Bestimmungen lauten wie folgt:
"Vorbeugender Schutz von Rechtsgütern
§ 22. (1) ...
(2) ...
(3) Nach einem gefährlichen Angriff haben die Sicherheitsbehörden, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO; die §§ 57 und 58 sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt.
(4) ...
...
Fahndung
§ 24. (1) Den Sicherheitsbehörden obliegt die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Menschen, nach dem gesucht wird (Personenfahndung), weil
1. eine Anordnung zur Festnahme nach Art. 4 Abs. 1, 2 oder 4 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, besteht;
..."
Der gegenständliche Einsatz im Flüchtlingslager diente festgestelltermaßen zunächst der Suche nach jenen drei Personen, für die bereits ein Haftbefehl des Landesgerichtes Wiener Neustadt existierte, deren Festnahme im Bereich des Cafe A. bzw. im Bereich des Bahnhofs Traiskirchen jedoch nicht hatte bewerkstelligt werden können. Des Weiteren ging es darum, die restlichen, namentlich noch nicht bekannten Tatverdächtigen (Personen, die lediglich einem verdeckten Ermittler "optisch" als Suchtgifthändler bekannt waren) "herauszufiltern". Aus rechtlicher Sicht war damit einerseits eine Fahndungsaufgabe im Sinn des § 24 Abs. 1 Z 1 SPG zu vollziehen, andererseits war es im Sinn des § 22 Abs. 3 leg. cit. erforderlich, nach einem gefährlichen Angriff (Suchtgifthandel) die Identität der "dafür Verantwortlichen" zu klären, um weiteren gefährlichen Angriffen (weiterem Suchtgifthandel) vorzubeugen (zum letzten Kriterium vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, A. 12. zu § 22). Davon, dass bereits "ein bestimmter Mensch" der strafbaren Handlung verdächtig gewesen sei, in welchem Fall nach dem letzten Satz des § 22 Abs. 3 SPG grundsätzlich nur die Bestimmungen der StPO gegolten hätten, kann keine Rede sein, waren die Tatverdächtigen, deren Identifizierung durch einen verdeckten Ermittler noch bevorstand, doch noch in keiner Weise individualisiert (insofern anders der Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/01/0139, zu Grunde lag). Im Ergebnis wurden die einschreitenden Beamten daher nicht nur im Dienste der Strafjustiz tätig (illustrativ zur "Doppelfunktionalität" im gegebenen Zusammenhang die ErläutRV zu § 24 SPG, 148 BlgNR 18. GP 37), sondern stellen sich ihre im Rahmen des Einsatzes durchgeführten Handlungen auch als sicherheitspolizeiliche Maßnahmen dar, weshalb die Entscheidung über die gegen diese Maßnahmen erhobene Beschwerde als eine solche über eine Beschwerde nach § 88 SPG zu qualifizieren ist. (Dass sie sich ungeachtet der vorangegangenen Entscheidung der belangten Behörde vom , mit der das Entscheidungsverlangen des Mitbeteiligten nach § 89 Abs. 4 SPG zurückgewiesen worden war, überdies punktuell als Entscheidung nach § 89 SPG darstellt, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.) Allfällige "überschießende" Handlungen der Beamten vermögen daran, dass der bekämpfte Bescheid unter dem Blickwinkel des § 88 SPG zu betrachten ist, nichts zu ändern. Konsequenz eines derartigen "Überschießens" ist die Rechtwidrigkeit einzelner Akte des Gesamtgeschehens, dass derartige Akte gänzlich außerhalb des gegenständlichen Einsatzes gelegen wären, weshalb ihnen der erwähnte sicherheitspolizeiliche Charakter fehle, kann indes nicht erkannt werden.
2. Nach dem Gesagten ist die Beschwerdelegitimation der Amtsbeschwerdeführerin zu bejahen. Was freilich den im Folgenden näher erörterten Spruchpunkt I. C des bekämpften Bescheides anlangt, so erweist sich die Beschwerde allerdings als nicht berechtigt.
2.1. Mit dem genannten Spruchpunkt hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Mitbeteiligte in seinem gemäß § 139 Abs. 2 StPO und § 40 Abs. 2 SPG einfachgesetzlich gewährleisteten Recht, nur begründet einer Durchsuchung seiner Kleider unterworfen zu werden, verletzt worden sei.
Der Amtsbeschwerde ist zuzugestehen, dass die belangte Behörde nicht die Verletzung bestimmter Rechte festzustellen, sondern schlichtweg über die Rechtmäßigkeit des zu beurteilenden Verwaltungsaktes an sich abzusprechen gehabt hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0542). Dass sie mit ihrem Ausspruch die beim Mitbeteiligten vorgenommene Personsdurchsuchung für rechtswidrig erklären wollte, steht indes zweifelsfrei fest. Insofern wird die im eben angesprochenen Erkenntnis zu Tage getretene Problematik (Verkennung des Prüfungsumfanges durch die belangte Behörde) nicht schlagend und es erweist sich der verfehlt gefasste Spruchpunkt einer korrigierenden Interpretation zugänglich.
2.2. Die belangte Behörde erklärte die Personsdurchsuchung des Mitbeteiligten - im Sinn des eben dargestellten Verständnisses - erkennbar deshalb für rechtswidrig, weil er ohne Vorliegen eines Verdachtsgrundes "einer eingehenden Visitierung" unterzogen worden sei. In der Amtsbeschwerde wird dazu ausgeführt, dass der bekämpfte Bescheid für die dieser Beurteilung zu Grunde liegende Feststellung einer "übergenauen Visitierung" des Mitbeteiligten keine nähere Begründung biete. Ein entsprechender Verfahrensmangel wäre jedoch nicht wesentlich; einerseits ist unbestritten, dass zumindest eine oberflächliche Personsdurchsuchung stattfand (davon spricht die Amtsbeschwerde ausdrücklich), andererseits vermögen die in der Amtsbeschwerde vorgetragenen Argumente für die Rechtmäßigkeit einer Personsdurchsuchung an sich, wie sogleich darzulegen sein wird, nicht zu überzeugen, sodass sich von daher die Rechtswidrigerklärung dieses Verwaltungsaktes (ohne dass es auf die Intensität der Personsdurchsuchung ankäme) jedenfalls im Ergebnis als richtig erweist.
2.3. Die beschwerdeführende Bundesministerin sieht eine Deckung für die beim Mitbeteiligten vorgenommene Personsdurchsuchung zunächst in § 24 iVm § 139 Abs. 2 StPO. Gemäß der letztgenannten Bestimmung ist gegen Personen, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Besitz von Gegenständen spricht, deren Besitz oder Besichtigung für eine bestimmte Untersuchung von Bedeutung sein kann, oder die eines Verbrechens oder Vergehens verdächtig oder sonst übel berüchtigt sind, (auch) die Durchsuchung der Person und ihrer Kleidung zulässig. Im Hinblick darauf, dass mehrere Haftbefehle zu vollziehen und etwa 20 Drogendealer auszuforschen gewesen seien, die sich wahrscheinlich im fraglichen Objekt (Haus Nr. 3) befunden hätten, sowie auf Grund wiederholter Suchtgiftfunde in diesem Objekt in der Vergangenheit habe - so die Amtsbeschwerde - eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass die in diesem Objekt aufhältigen Personen im Besitz von Gegenständen (Drogen) seien, deren Besitz oder Besichtigung für eine bestimmte Untersuchung von Bedeutung sein könne, bzw. seien die dort aufhältigen Personen eines Verbrechens oder Vergehens verdächtig gewesen.
Dieser allgemeinen Beurteilung, die nicht konkret auf den Mitbeteiligten eingeht, kann nicht zugestimmt werden. Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit bzw. eine ausreichende Verdachtslage hätten vielmehr vorausgesetzt, dass der Mitbeteiligte mit den gesuchten Personen in irgendeiner Verbindung gestanden wäre oder dass die wiederholten Suchtgiftfunde näher mit seiner Person (z.B. Suchtgiftfund an seiner Schlafstelle) in Beziehung zu bringen gewesen wären. Derartiges bringt die Beschwerde jedoch nicht vor, weshalb ein Fall des § 139 Abs. 2 StPO nicht erkennbar ist. Hinzu kommt, dass eine Personsdurchsuchung nach § 139 Abs. 2 SPG grundsätzlich eines richterlichen Befehls bedurft hätte. Ein solcher wäre, wie sich aus § 24 StPO ergibt, nur dann entbehrlich gewesen, wenn das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden konnte und die Personsdurchsuchung keinen Aufschub gestattete (Hauer/Keplinger, Kommentar2, B. 10. zu § 139 StPO). Davon kann vorliegend indes keine Rede sein, ist doch im Sinn der Ausführungen der belangten Behörde (die Einsatzleitung habe es verabsäumt, das weitere Einschreiten rechtlich abzusichern und dafür einen entsprechend erweiterten Gerichtsauftrag einzuholen) nicht zu sehen, wieso bei Verlagerung des Einsatzes in das Flüchtlingslager ein Kontakt mit dem zuständigen Untersuchungsrichter nicht möglich gewesen sein soll. Die Überlegung in der Amtsbeschwerde, nach der Identitätsfeststellung und vor der Personsdurchsuchung des Mitbeteiligten habe das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden können, greift insofern zu kurz, zumal der Mitbeteiligte gemäß der schon von vornherein festgelegten "standartisierten" Vorgangsweise (die daher mit dem Untersuchungsrichter hätte abgeklärt werden können) behandelt wurde.
Die Beschwerdeführerin stützt sich weiter auf § 40 Abs. 2 SPG. Demnach sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (außerdem) ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff im Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht. Vergleichbar den obigen Ausführungen zu § 139 Abs. 2 StPO stellt sich auch vor dem Hintergrund dieser Befugnisnorm die Frage, welche "bestimmten Tatsachen" die Annahme rechtfertigten, gerade der Mitbeteiligte habe mit einem entsprechenden gefährlichen Angriff im Zusammenhang gestanden und zudem einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgehe. Die Beschwerde vermag diese Frage nicht zu beantworten, sodass auch unter dem Blickwinkel des § 40 Abs. 2 SPG nicht zu sehen ist, weshalb die beim Mitbeteiligten vorgenommene Personsdurchsuchung rechtmäßig gewesen sein sollte. Insgesamt kann der zutreffenden Beurteilung der belangten Behörde, es habe kein Verdachtsgrund vorgelegen, nicht entgegengetreten werden.
2.4. Die beschwerdeführende Bundesministerin beruft sich auch darauf, dass die belangte Behörde infolge Versäumung der ihr mit hg. Verfügung vom verlängerten Nachfrist zur Erlassung des bekämpften Bescheides nicht mehr zuständig gewesen sei.
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 752/76 (Slg. Nr. 9274/A) hat der Verwaltungsgerichtshof zur Wahrnehmung der Unzuständigkeit der Behörde wegen verspäteter Bescheidnachholung im Zuge eines Säumnisbeschwerdeverfahrens ausgeführt:
"Es entspricht der klaren Absicht des Gesetzgebers dort, wo einmal eine nach den Art. 132 B-VG und § 27 VwGG 1965 qualifizierte Säumnis eingetreten ist, durch die Gestaltung der Bestimmungen über die Säumnisbeschwerde die Fällung einer Sachentscheidung, gleichgültig welchen Inhalts, in der kürzestmöglichen Frist herbeizuführen; je früher dieses Ziel, auf welchem Weg immer (durch die Behörde oder den Verwaltungsgerichtshof), erreicht wird, desto mehr wird dieser Absicht genügt. Der erste und zeitlich kürzeste Weg, den der Gesetzgeber vorsieht, ist der der Nachholung des Bescheides durch die Behörde bis zum Ablauf der nach § 36 Abs. 2 VwGG 1965 zu setzenden Frist. Ihr kommt, was das Ziel einer ehesten Beseitigung der Säumnis betrifft, die Nachholung nach Ablauf dieser Frist (aber immerhin noch vor Sachentscheidung durch den Gerichtshof) am nächsten. Auch damit hat die Partei zunächst den von ihr mit ihrer Säumnisbeschwerde verfolgten Anspruch auf Entscheidung durchgesetzt, wenn dabei auch eine gesetzliche Bestimmung (dass an sich nur mehr der Verwaltungsgerichtshof im Umfang der Säumnisbeschwerde hätte erkennen dürfen) verletzt wurde. Diese Gesetzesverletzung wie jede andere allenfalls unterlaufene geltend zu machen oder nicht geltend zu machen, muss aber weiterhin der freien Disposition der Partei ebenso überlassen sein, wie ihr die Entscheidung darüber überlassen ist, ob sie die mögliche Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den nachgeholten Bescheid überhaupt erhebt oder nicht erhebt. Tut sie dies, so hat sie das volle Recht, durch Bezeichnung ihrer Beschwerdepunkte eine auf diese Punkte beschränkte Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zu veranlassen. Geradezu gegen den Sinn der eben hier dargestellten Konstruktion der Säumnisbeschwerde nach österreichischem Recht aber verstößt es, wenn der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass einer solchen Beschwerde, ohne auf das, was die Partei von ihm allein entschieden haben will, einzugehen, dasjenige beseitigt, um das die Partei ab der Erhebung der Säumnisbeschwerde (manchmal auch schon in einem vorangegangenen Verfahren nach § 73 Abs. 2 AVG 1950) gekämpft hatte, nämlich die endlich über ihren Anspruch ergangene Sachentscheidung. Das kann weder Sinn des § 41 Abs. 1 VwGG 1965 noch der bestehenden Institutionen der Säumnisbeschwerde sein."
Diese Ausführungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass es bei der von der vorangegangenen Säumigkeit der Behörde betroffenen Partei liegen solle, ob sie den Eintritt einer Unzuständigkeit wegen verspäteter Bescheiderlassung releviert oder nicht (so auch Aichlreiter in ZfV 2002/1144). Führt man diesen Gedanken weiter, so wäre einem Amtsbeschwerdeführer, der wie im Fall des hier einschlägigen § 91 SPG nur zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde legitimiert ist (Hauer/Keplinger, Kommentar3, A. 2. zu § 91), die Geltendmachung der gegenständlich in Frage stehenden Unzuständigkeit verwehrt. Im Anwendungsbereich des § 91 SPG spricht ein weiteres Argument für dieses Ergebnis. Die ErläutRV zur genannten Bestimmung (148 BlgNR 18. GP 54) begründen die mit dieser Bestimmung konstituierte Amtsbeschwerdebefugnis des Bundesministers für Inneres wie folgt:
"Da es sich beim Sicherheitspolizeigesetz insgesamt um eine Materie handelt, bei der es in weiten Teilen an höchstgerichtlicher Judikatur mangelt, ist dem Bundesminister für Inneres eine umfassende Möglichkeit der Erhebung einer Amtsbeschwerde eingeräumt worden."
§ 91 SPG soll also dem Mangel höchstgerichtlicher Judikatur im Bereich der Sicherheitspolizei abhelfen. In diesem Sinn formuliert auch der Einführungserlass des Bundesministeriums für Inneres zum SPG vom , Zl. 94.762/15-GD/93, wie folgt (wiedergegeben bei Hauer/Keplinger, Kommentar3, B. 2. zu § 91):
"Mit dem SPG wird dem Bundesminister für Inneres für den gesamten Bereich der Sicherheitsverwaltung die Möglichkeit eröffnet, gegen Entscheidungen der UVS an den Verwaltungsgerichtshof Amtsbeschwerde zu erheben.
Beschwerdegegenstand ist die Rechtswidrigkeit eines UVS-Bescheides, nicht die Beweiswürdigung. Eine solche Rechtswidrigkeit kann zugunsten wie zuungunsten des Betroffenen geltend gemacht werden. Abgesehen vom Zweck der Geltendmachung von Rechtsverstößen durch UVS-Bescheide gibt das Instrument der Amtsbeschwerde auch eine Handhabe gegen stark divergierende Judikaturen verschiedener UVS. Dieser Möglichkeit wird mit Rücksicht darauf, dass die - in weiten Teilen des Bundes unmittelbar vollzogene - Sicherheitsverwaltung ein Interesse an bundesweit einheitlichen Richtlinien hat, Bedeutung zukommen."
Insgesamt ist damit - wenngleich dem zitierten Einführungserlass naturgemäß keine normative Wirkung zukommen kann - klar, dass das Instrument der Amtsbeschwerde nach § 91 SPG tendenziell der Wahrnehmung spezifischer Rechtswidrigkeiten im Bereich der Sicherheitsverwaltung dienen soll. Die hier in Rede stehende Unzuständigkeit der belangten Behörde infolge Ablaufs der ihr zur Nachholung des versäumten Bescheides zur Verfügung stehenden (verlängerten) Frist nach § 36 Abs. 2 VwGG ist keine solche Rechtswidrigkeit. In Anknüpfung an das zuvor Gesagte spricht daher nichts dafür, dass der Amtsbeschwerdeführer nach § 91 SPG der von der behördlichen Säumnis betroffenen Partei das Ergebnis ihrer Beschwerde nach Art. 132 B-VG - den letztlich ergangenen Bescheid - allein im Hinblick auf seine verspätete Erlassung wieder "aus der Hand schlagen" können soll. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Amtsbeschwerdeführer nach § 91 SPG eine Unzuständigkeit der belangten Behörde, die allein darauf beruht, dass sie den bekämpften Bescheid erst nach Ablauf der ihr nach § 36 Abs. 2 VwGG offen stehenden Frist erlassen hat, nicht mit Erfolg aufgreifen kann. Angesichts dessen - und unter Bedachtnahme auf die obigen Erwägungen zu den Punkten 2.1. bis 2.3. - war die Beschwerde im Umfang ihrer Behandlung (soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. C des bekämpften Bescheides richtet) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Zu 2.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit sich die Beschwerde über die Bekämpfung von Spruchpunkt I. C hinaus auf weitere Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides bezieht, wirft sie - insbesondere im Hinblick auf die zu 1. erfolgten Klarstellungen - keine für die Entscheidung des Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor, zumal die im Einzelnen vorgenommene Prüfung des Beschwerdefalles - auch in beweismäßiger Hinsicht - keine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung durch die belangte Behörde ergeben hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde in dem im Spruch zu 2. angeführten Umfang abzulehnen.
Wien, am