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VwGH vom 20.10.1999, 99/03/0340

VwGH vom 20.10.1999, 99/03/0340

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der AM in Innsbruck, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 22, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-1999/16/042-2, betreffend Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit, ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, obwohl ihr "zuvor der Führerschein gemäß § 39 FSG wegen Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift vorläufig abgenommen und nicht wieder ausgefolgt worden war".

Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 39 Abs. 5 Führerscheingesetz - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997

idF BGBl. I Nr. 94/1998, verletzt. Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß "§ 37 Abs 1 FSG und § Abs 3 Zif 2 FSG" (offenbar gemeint: § 37 Abs. 1 FSG und § 37 Abs. 3 Z. 2 FSG) eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: sieben Tage) verhängt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf S 2.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt wurden. Weiters wurde ausgesprochen:

"Statt den Worten 'Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift' wird eingefügt 'Alkotestverweigerung', nach dem Wort zuvor wird eingefügt 'am um 19.50 Uhr', als Tatzeit wird eingefügt das Wort 'ca.' zwischen den Worten 'um' und '07.00 Uhr'. Der Strafrahmen lautet § 37 Abs. 1 Führerscheingesetz."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 37 FSG lautet auszugsweise:

"(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, ...

...

(3) Eine Mindeststrafe von 5.000 S ist zu verhängen für das Lenken


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1.
...
2.
eines Kraftfahrzeuges, obwohl der Führerschein gemäß § 39 wegen Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtmittel vorläufig abgenommen wurde, oder
3. ...
..."
§ 39 Abs. 1 FSG bestimmt:
"Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht haben einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, oder bei dem ein Alkohol des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder mehr oder ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr festgestellt wurde oder der eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 begangen hat, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, in Betrieb genommen hat oder es in Betrieb zu nehmen versucht. Ebenso können ..."
Nach § 39 Abs. 5 FSG ist das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkerberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines unzulässig.
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe den Spruch unzulässigerweise abgeändert und sohin ihre Ermächtigung zur Entscheidung in der Sache überschritten. Im erstinstanzlichen Verfahren "entsprach der Vorwurf der Tatbegehung die Führerscheinabnahme 'wegen Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift' ". Diesen Tatvorwurf habe die belangte Behörde "auf 'wegen Alkoholtestverweigerung' " abgeändert.
Die Beschwerdeführerin ist damit nicht im Recht.
Nach dem zufolge des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer in dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
"Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Das bedeutet für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens, dass die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt, sodass sie ihn nicht für eine Tat schuldig sprechen darf, die ihm im Verfahren vor der ersten Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 94/09/0035, und die dort angegebene hg. Rechtsprechung). Es ist also entscheidend, ob Identität der Tat vorliegt oder nicht.
Wie sich aus der wiedergegebenen Rechtslage ergibt, ist (allein) § 39 Abs. 5 FSG die Verwaltungsvorschrift, die im Sinne des § 44a Z. 2 VStG durch die Tat verletzt worden ist. Davon ging die belangte Behörde zutreffend - und von der Beschwerdeführerin unbekämpft - auch aus. Nach § 39 Abs. 5 FSG wird aber nicht nach dem Grund der vorläufigen Abnahme des Führerscheines differenziert; dieser ist daher auch kein für die Tat wesentliches Tatbestandselement. Die hier zu lösende Frage der Identität der Tat ist nämlich allein vor dem Hintergrund der verletzten Verwaltungsvorschrift nach § 44a Z. 2 VStG zu beurteilen und nicht auch vor jenem der verhängten Strafe und der (dabei) angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z. 3 VStG. Es ist nämlich rechtlich (nur) geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11466/A).
Da es sich also bei dem in Frage stehenden Spruchelement um eine für die nach § 44a Z. 1 VStG erforderliche Konkretisierung der Tat überflüssige Formulierung handelt, hat die belangte Behörde, anders als die Beschwerdeführerin meint, ihre Ermächtigung zur Entscheidung "in der Sache" nicht überschritten.
Die Beschwerdeführerin bringt noch weiters vor, die Tatzeit sei von der ersten Instanz mit "um 7.00 Uhr" angeführt worden. Die belangte Behörde habe die Tatzeit auf "um ca. 7.00 Uhr" geändert.
Wenn die Beschwerdeführerin daraus den Schluss zieht, das erstinstanzliche Straferkenntnis habe offensichtlich nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG entsprochen, weshalb die belangte Behörde ihre Ermächtigung zur Entscheidung "in der Sache" (auch aus diesem Grund) überschritten habe, so ist sie ebenfalls nicht im Recht. Ist es doch nach den obigen Ausführungen zur Ermächtigung des § 66 Abs. 4 AVG der Berufungsbehörde im Verwaltungsstrafverfahren nur verwehrt, eine Auswechslung der Tat vorzunehmen, nicht aber den Tatvorwurf zu konkretisieren. Derart geht auch der Beschwerdehinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/04/0080, fehl, weil dieses Erkenntnis den Fall einer Auswechslung der Tat betraf.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde, einen Abspruch des Berichters über diesen Antrag entbehrlich macht.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am