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VwGH 16.04.2004, 2003/01/0032

VwGH 16.04.2004, 2003/01/0032

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
StbG 1985 §10;
RS 1
Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 AVG ist klar, dass eine auf ihn gestützte Zurückweisung nur bei solchen schriftlichen Anbringen in Frage kommt, die mit Mängeln behaftet sind. Ein Mangel kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Begriff des Formmangels im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, auch im Fehlen von Unterlagen gelegen sein, deren Anschluss an eine Eingabe das Gesetz ausdrücklich vorschreibt (HInweis: E , Zl. 2000/17/0135). Existiert eine derartige gesetzliche Anordnung nicht, dann kann die unterlassene Beibringung von Unterlagen, deren die Behörde bedarf und die sie sich nicht selbst beschaffen kann, allenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung bei der Sachentscheidung Berücksichtigung finden. In einem solchen Fall liegt jedoch kein "Mangel" im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vor, weshalb weder die Erteilung eines Verbesserungsauftrages noch - nach fruchtlosem Verstreichen der zu Unrecht gesetzten Frist - die Zurückweisung des Anbringens in Frage kommt (vgl. die insoweit auch nach der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 maßgeblichen E , Zl. 88/10/0014, und , Zl. 92/08/0015; Hinweis:

VfSlg 13047/1992, und Fuss, Welche Mängel eines schriftlichen Anbringens sind verbesserungsfähig?, ZfV 2000/522, 229). [hier: Vorlage von Geburtsurkunde und Führungszeugnis des Heimatstaates (je mit den "erforderlichen diplomatschen Beglaubgigungen") mit dem Verleihungsantrag nach StbG 1985]

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des SA in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 2.11.A/599-01/14, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem bei der belangten Behörde am eingelangten Antrag begehrte der Beschwerdeführer, ein 1965 geborener Staatsangehöriger von Bangladesch, die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Er sei seit dem im Bundesgebiet dem Meldegesetz entsprechend gemeldet und aufhältig und erfülle die Verleihungsvoraussetzungen "des § 10 StGB". Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten waren dem Antrag diverse Unterlagen, ua. eine Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, angeschlossen.

Mit Schreiben vom und vom wurde der Beschwerdeführer jeweils ersucht, persönlich beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vorzusprechen und seinen Reisepass sowie Strafregisterauskünfte aus seinem Heimatstaat und denjenigen Staaten, in denen er sich länger als sechs Monate aufgehalten habe, mitzubringen. Da diese Schreiben erfolglos blieben, erging mit neuerlich eine im Wesentlichen gleich lautende Aufforderung an den Beschwerdeführer. Ergänzend wurde er darauf hingewiesen, dass alle Originaldokumente aus seinem Heimatstaat mit einer diplomatischen Beglaubigung von der Österreichischen Botschaft in Bangladesch oder von der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch in Bonn vorzulegen seien; werde die diplomatische Beglaubigung von der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch in Bonn ausgestellt, so sei noch zusätzlich eine Legalisation vom Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheit in Wien erforderlich. Die vorgelegte Geburtsurkunde werde daher im Original mit der Auflage zurückgestellt, die erforderlichen Beglaubigungen zu besorgen.

Einlangend per brachte der Beschwerdeführer ein polizeiliches Führungszeugnis samt beglaubigter Übersetzung zur Vorlage. Mit Note vom wurde dem Beschwerdeführer dieses Führungszeugnis mit dem Ersuchen rückübermittelt, dieses ebenfalls - wie die am zurückgestellte Geburtsurkunde - mit einer diplomatischen Beglaubigung versehen zu lassen, da für alle Originaldokumente aus dem Heimatstaat des Beschwerdeführers eine diplomatische Beglaubigung erforderlich sei. Nachdem die Identität des Beschwerdeführers durch die Vorlage beglaubigter Urkunden geklärt sein müsse, werde diesem gemäß § 39 AVG "nochmals eine Frist von zwei Monaten gewährt, die erforderlichen Unterlagen beizubringen".

Am sprach der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde persönlich vor. Gemäß der darüber aufgenommenen Niederschrift ersuchte er "um neuerliche Fristerstreckung für die Beibringung der geforderten Unterlagen einschließlich der diplomatischen Beglaubigung bis ". Hierauf erging mit erneut ein Schreiben an den Beschwerdeführer, in dem er darauf hingewiesen wurde, dass ihm letztmalig eine Frist von einem Monat für die Beibringung der Geburtsurkunde und des Führungszeugnisses aus seinem Heimatstaat mit der jeweiligen erforderlichen diplomatischen Beglaubigung gewährt werde; sollte er diese Frist "bis zum " nicht einhalten, werde sein Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 13 AVG 1950 zurückgewiesen werden.

Unter Bezugnahme auf die letztgenannte Aufforderung brachte der Beschwerdeführer, einlangend mit , eine "diplomatisch beglaubigte Geburtsurkunde" sowie einen "diplomatisch beglaubigten Staatsangehörigkeitsnachweis", jeweils samt beglaubigter Übersetzung, zur Vorlage. Hinsichtlich des Führungszeugnisses wies er darauf hin, dass dieses nicht fristgerecht von der bangladesischen Botschaft in Berlin mit den beiden vorgelegten Urkunden rückübermittelt worden sei; es werde nach Erhalt unverzüglich nachgereicht werden.

Mit Schreiben vom stellte die belangte Behörde die Geburtsurkunde und den Staatsangehörigkeitsnachweis mit dem Auftrag zurück, diese "beim Außenamt (Legalisierungsbüro)" überbeglaubigen zu lassen. Für die neuerliche Vorlage der Geburtsurkunde und des Führungszeugnisses von Bangladesch "mit der jeweiligen erforderlichen diplomatischen Beglaubigung" werde letztmalig eine Frist von vier Wochen ab Übernahme des Schreibens gewährt. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden, werde das Ansuchen um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 zurückgewiesen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde - nach Ablauf der zuletzt gesetzten vierwöchigen Frist - den Verleihungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich sprach sie aus, dass ein weiterer Fristerstreckungsantrag vom - darin hatte der Beschwerdeführer ersucht, die Frist zur Vorlage der überbeglaubigten Urkunden um zwei Monate zu erstrecken - abgewiesen werde (Spruchpunkt II.). Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer mehrfach aufgefordert worden sei, die "unbedingt notwendigen Unterlagen" vorzulegen, dass ihm bereits zweimal eine Frist von vier Wochen eingeräumt und die Zurückweisung angedroht worden sei und dass er zur Vorlage der Unterlagen über ein Jahr Zeit gehabt habe. Durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen Parteien sei zuzumuten, dass Anbringen bereits bei Antragstellung mängelfrei seien. Da der gegenständliche Antrag bereits bei seiner Stellung mangelhaft gewesen sei und der Beschwerdeführer diese Mängel noch nicht behoben habe, sei der Verleihungsantrag zurückzuweisen gewesen. Angesichts der bereits ursprünglich gegebenen Mangelhaftigkeit des Verleihungsantrages und der zur Behebung der Mängel offen stehenden Zeitspanne bestehe überdies keine Veranlassung, dem neuerlichen Fristerstreckungsantrag zu entsprechen, zumal dem Beschwerdeführer nach Beschaffung der erforderlichen Unterlagen jederzeit die Möglichkeit offen stehe, einen neuen Antrag zu stellen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat den Verleihungsantrag des Beschwerdeführers gestützt auf § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen, weil er die "unbedingt notwendigen Unterlagen" trotz mehrmaliger Fristsetzung nicht vorgelegt habe. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, welche Unterlagen die belangte Behörde im Auge hatte:

Es sind dies die Geburtsurkunde und das Führungszeugnis aus dem Heimatstaat des Beschwerdeführers, jeweils versehen mit den "erforderlichen diplomatischen Beglaubigungen". Der zuletzt im Schreiben vom angesprochene Reisepass ist dagegen nicht mehr Thema; nach den Beschwerdebehauptungen wurde er vom Beschwerdeführer vorgelegt.

Gemäß der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftliche Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird.

Schon nach dem Wortlaut der eben dargestellten Norm ist klar, dass eine auf sie gestützte Zurückweisung nur bei solchen schriftlichen Anbringen in Frage kommt, die mit Mängeln behaftet sind. Ein Mangel kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Begriff des Formmangels im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, auch im Fehlen von Unterlagen gelegen sein, deren Anschluss an eine Eingabe das Gesetz ausdrücklich vorschreibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0135). Existiert eine derartige gesetzliche Anordnung nicht, dann kann die unterlassene Beibringung von Unterlagen, deren die Behörde bedarf und die sie sich nicht selbst beschaffen kann, allenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung bei der Sachentscheidung Berücksichtigung finden. In einem solchen Fall liegt jedoch kein "Mangel" im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vor, weshalb weder die Erteilung eines Verbesserungsauftrages noch - nach fruchtlosem Verstreichen der zu Unrecht gesetzten Frist - die Zurückweisung des Anbringens in Frage kommt (vgl. die insoweit auch nach der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 maßgeblichen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/10/0014, und vom , Zl. 92/08/0015; vgl. auch VfSlg. 13047/1992, und Fuss, Welche Mängel eines schriftlichen Anbringens sind verbesserungsfähig?, ZfV 2000/522, 229).

Im vorliegenden Fall geht es (siehe oben) um Geburtsurkunde und Führungszeugnis des Heimatstaates, je mit den "erforderlichen diplomatischen Beglaubigungen". Weder dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 noch der hiezu ergangenen Staatsbürgerschaftsverordnung 1985 ist indes zu entnehmen, dass (bereits) dem Verleihungsantrag diese Urkunden (im Besonderen: in der von der belangten Behörde geforderten Form) angeschlossen sein müssten. Nach dem Gesagten unterlag die belangte Behörde daher insofern einem Rechtsirrtum, als sie eine von Anfang an gegebene Mangelhaftigkeit des Verleihungsantrages im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG annahm. Der gegenständlich bekämpfte Zurückweisungsbescheid ist im Hinblick darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
StbG 1985 §10;
Schlagworte
Formerfordernisse
Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung der
Wertung einzelner Beweismittel
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2004:2003010032.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAE-54775