VwGH vom 19.08.1997, 96/16/0151

VwGH vom 19.08.1997, 96/16/0151

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der E-GesellschaftmbH in B, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt, B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 145-5/96, betreffend Gesellschaftsteuer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der Beschwerdeführerin ist die H-GmbH zu 100 % beteiligt. Im Wege einer Kontrollmitteilung der Großbetriebsprüfungstelle Feldkirch vom erlangte das Finanzamt Feldkirch (im folgenden kurz: FA) davon Kenntnis, daß zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Gesellschafterin am ein Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag abgeschlossen worden war, was dazu geführt hatte, daß der von der Beschwerdeführerin in den Wirtschaftsjahren 1990 und 1991 erzielte Verlust von der Gesellschafterin übernommen worden war. Das FA stellte daraufhin weiters fest, daß auch für die Wirtschaftsjahre 1992 und 1993 von der Gesellschafterin der Beschwerdeführerin deren Verlust übernommen worden war.

Daraufhin setze das FA für diese Verlustübernahmen mit vier Bescheiden vom Gesellschaftsteuer fest und erhob Verspätungszuschläge.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit den Argumenten, es sei keine Vermögensminderung eingetreten, weil das Gesellschaftsvermögen der Beschwerdeführerin und ihrer Gesellschafterin eine Einheit darstelle; eine allenfalls notwendige Kapitalzufuhr bei der Mutter (= Gesellschafterin der Beschwerdeführerin) würde dort ohnehin zu einer Gesellschaftsteuervorschreibung führen; Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens seien nicht gegeben gewesen, weil die Bilanzen aller Jahre beim FA aufgelegen seien; die Verspätungszuschläge seien nicht gerechtfertigt, weil keine gesetzliche Bestimmung eine Meldung an das Finanzamt anordne.

Gegen die daraufhin ergangenen, jeweils abweislichen Berufungsvorentscheidungen des FA stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht Anträge auf die Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufungen als unbegründet ab (änderte die angefochtenen Bescheide lediglich betreffend die jetzt nicht mehr beschwerdegegenständlichen Verspätungszuschläge) und vertrat unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/15/0138, Slg. NF. 5885/F, die Auffassung, die vorgenommenen Verlustübernahmen aufgrund des Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrages vom seien gesellschaftsteuerpflichtig gemäß § 2 Z. 2 KVG. Diese Bestimmung enthalte nur eine demonstrative Aufzählung der Tatbestände. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens sei gar nicht erfolgt, sondern seien die Leistungen innerhalb der offenen Verjährungsfrist der Besteuerung unterzogen worden. Die der Gesellschaftsteuer unterliegenden Vorgänge hätten gemäß § 4 KVG idF vor der Nov. BGBl. Nr. 629/1994 angemeldet werden müssen; die Darstellung der Verlustübernahmen in den Bilanzen gegenüber der Körperschaftsteuerstelle des FA habe dafür nicht ausgereicht.

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Frage der Gesellschaftsteuerpflicht von Verlustübernahmen sei erst ab anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß Verlustübernahmen, zu denen die Muttergesellschaft aufgrund eines Gewinnabführungs- und Verlustübernahmsvertrages verpflichtet sei, keine Kapitalzufuhr gemäß § 2 KVG darstellt; weiters in ihrem Recht darauf, daß keine Wiederaufnahme des Verfahrens hätte stattfinden dürfen, weil keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien, die es gerechtfertigt hätten, in die Rechtskraft der Veranlagungsbescheide einzugreifen.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangte Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 2 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gelleschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt.

Mit der Frage, ob die Übernahme eines Verlustes bei einer Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages gesellschaftsteuerpflichtig gemäß § 2 Z. 2 KVG ist, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zu beschäftigen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/16/0089; , Zl. 91/15/0037; , Zl. 86/15/0001, Slg. 6267/F; , Zl. 83/15/0138, Slg. 5885/F; , Zl. 3649/80, Slg. 5644/F, und vom , Zl. 1217/63). Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei die Gesellschaftsteuerpflicht nach der zitierten Gesetzesstelle grundsätzlich bejaht und nur dort verneint, wo die Obergesellschaft mit ihrer Zuwendung lediglich den Aufwand für Leistungen ersetzt, die die Organgesellschaft für sie erbrachte (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/15/0138). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß es ohne Belang ist, ob dem zu deckenden Verlust eine Vermögenseinbuße entspricht oder ob es sich lediglich um einen sogenannten "Buchverlust" handelt (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntis Zl. 83/15/0138.

Mit Rücksicht auf diese Rechtsprechung, auf deren Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, erweist sich die von der belangten Behörde vorgenommene Subsumierung des Vorganges unter § 2 Z. 2 KVG als richtig.

Was den Beschwerdepunkt "Wiederaufnahme" betrifft ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, daß in den vorliegenden Fällen überhaupt keine Wiederaufnahme von Gesellschaftsteuerverfahren erfolgte. In ihrem Recht darauf, daß eine Wiederaufnahme nicht hätte erfolgen dürfen, kann die Beschwerdeführerin daher von vornherein nicht verletzt worden sein.

Was schließlich die ins Treffen geführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes anlangt, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, daß wegen der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften Gemeinschaftsrecht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Österreich erst betreffend abgabenrechtlich relevante Sachverhalte von Bedeutung sind, die sich ab dem verwirklicht haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/15/0023, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der angefochtene Bescheid erweist sich demnach in jeder Richtung als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Mit Rücksicht auf die durch die oben angeführte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.