VwGH vom 19.12.1996, 96/16/0145
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der M-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 3-1/M 40/1/1996/So, betreffend Zollvergütung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte mit einer Eingabe vom beim Zollamt Wels die Zollvergütung nach § 45 ZollG 1988 für Zoll und Außenhandelsförderungsbeitrag.
Mit Bescheid des Zollamtes Wels vom wurde der Beschwerdeführerin "die Zollvergütung nach Maßgabe der Anlage zu diesem Bescheid, vorbehaltlich der Feststellung der wirtschaftspolitischen Voraussetzungen und vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses eines allfälligen Prüfungsverfahrens", bewilligt. Nach der Anlage dieses Bescheides, die im Spruchteil ausdrücklich als "Bestandteil" des Bescheides bezeichnet wurde, galt die Bewilligung in den Fällen, in denen die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen dem und dem erfolgte.
Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung durch Organe des Hauptzollamtes Linz wurde von der Beschwerdeführerin mit einer Eingabe vom unter Hinweis auf den Prüfungsbericht um Auszahlung der Erstattungsbeträge ersucht.
In der Folge erließ das Hauptzollamt Linz am einen Bescheid, nach dem im Zeitraum von 1989 bis in der Einfuhr entrichtete und in der Ausfuhr erhobene Außenhandelsförderungsbeiträge in Höhe von S 983.635,-- erstattet wurden. Das Mehrbegehren, den Außenhandelsförderungsbeitrag für 1988 zu erstatten, wurde abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung der Vergütung nach § 45 ZollG sei es, daß innerhalb eines bestimmten Zeitraumes Waren des freien Verkehrs aus dem Zollgebiet ausgeführt worden waren, für deren Herstellung die verzollten Waren oder diesen gleichartige Waren verwendet worden waren. Das bedeute, daß zum Tatbestand einerseits die Verzollung des Vormaterials gehört habe, und andererseits die Ausfuhr des Erzeugnisses gehört habe. Die Erstattung der Außenhandelsförderungsbeiträge für 1988 wurde von der Behörde als verjährt angesehen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht "auf Bewilligung einer Zollvergütung im Sinne des § 45 ZollG, auf Anerkennung der Verbindlichkeit eines rechtskräftigen Bescheids und auf Nichtannahme einer (nicht vorliegenden) Verjährung aufgrund der §§ 207 ff BAO" verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 45 Abs. 1 des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden ZollG 1988 lautete:
"(1) Wenn die Voraussetzungen des § 89 Abs. 1 gegeben sind, ist auf Antrag zu bewilligen, daß der Zoll für in der Einfuhr verzollte Waren dem seinerzeitigen Empfänger (§ 52 Abs. 2 lit. b) zu vergüten ist, wenn er nachweist, daß innerhalb eines bestimmten Zeitraumes Waren des freien Verkehrs aus dem Zollgebiet ausgeführt worden sind, für deren Herstellung die verzollten Waren oder diesen gleichartige Waren (§ 1 Abs. 1 Z. 2 des Wertzollgesetzes 1980, BGBl. Nr. 221) verwendet wurden, die er beigestellt hat."
Dazu bestimmt § 2 Abs. 5 des Außenhandelsförderungs-Beitragsgesetzes 1984 folgendes:
"(5) Wird nach § 45 des Zollgesetzes 1988 eine Zollvergütung gewährt, so ist der bei der Ausfuhr der Waren zu erhebende Außenhandelsförderungsbeitrag insoweit nicht zu erheben oder, wenn er schon erhoben wurde, zu erstatten, als er den Betrag übersteigt, der in einem vergleichbaren aktiven Veredelungsverkehr zu entrichten gewesen wäre."
Erledigungen einer Abgabenbehörde sind gemäß § 92 Abs. 1 BAO als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben oder abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen. Als Grundlage für die Festsetzung der Abgaben sind gemäß § 185 BAO gesonderte Feststellungen vorzunehmen, soweit dies in den §§ 186 bis 189 BAO oder in den Abgabenvorschriften - vgl. dazu insbesondere § 29 ZollG 1988 - angeordnet ist.
Mit einem (rechtskräftigen) Bescheid ist grundsätzlich die Wirkung verbunden, daß über die den Gegenstand des Bescheides bildende Sache entschieden wird und daß der Abspruch über die Sache auch für die Behörde - von den im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen abgesehen - verbindlich, unwiederholbar, unwiderrufbar und unabänderbar ist. Die Bescheidwirkungen treten unabhängig davon ein, ob die Bescheide richtig sind oder nicht (vgl. insbesondere Stoll, BAO-Kommentar, 943).
Im Beschwerdefall hat das Zollamt Wels mit dem - in Rechtskraft erwachsenen - Bescheid vom ausdrücklich die Zollvergütung für die Fälle bewilligt, in denen die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen dem und dem erfolgte. Nach dem eindeutigen Inhalt dieses Bescheides wurde somit entgegen der in der Gegenschrift von der belangten Behörde vertretenen Meinung nicht (allein) über die Bewilligung eines bestimmten Verfahrens abgesprochen; Sache dieses Bescheides war vielmehr die Zuerkennung der Zollvergütung, wobei lediglich die Feststellung der Höhe des Vergütungsbetrages "einem positiven Ergebnis eines allfälligen Prüfungsverfahrens" vorbehalten wurde. Zur Klarstellung ist dabei zu verweisen, daß auch bei Erlassung eines derartigen Grundlagenbescheides die Frage einer allfälligen Verjährung zu beachten ist, weil die Erlassung gesonderter Bescheide hinsichtlich von Eingangsabgaben - anders als hinsichtlich von Abgaben anderer Art - gemäß § 29 Abs. 3 ZollG 1988 nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr zulässig ist.
Da somit die in Rede stehende Zollvergütung der Beschwerdeführerin durch den Bescheid des Zollamtes Wels mit Rechtskraftwirkung auch für die Fälle zuerkannt worden ist, in denen die Einfuhr oder Ausfuhr zwischen dem und dem erfolgte, erweist sich die Verweigerung der Zollerstattung mit dem von diesem Bescheid des Zollamtes Wels abgeleiteten Bescheid des Hauptzollamtes Linz als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf die Frage einzugehen, inwieweit eine Prüfung der von der Beschwerdeführerin jeweils eingereichten Sammelanmeldungen nach § 52a Abs. 2 ZollG 1988 eine Unterbrechungshandlung i.S.d. § 209 Abs. 1 BAO darstellte.
Die Kosten waren der Beschwerdeführerin nur im beantragten Ausmaß zuzusprechen.