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VwGH vom 21.01.1998, 96/16/0126

VwGH vom 21.01.1998, 96/16/0126

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des AR in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien VI, Gumpendorferstraße 14, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. MD-VfR-R 6/96, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Bordellbetriebes, der - nach einem in den Akten erliegenden Mietvertrag vom - in Räumlichkeiten in Wien, A-Straße 228, bestehend aus einem Vorraum, einem Lokalraum, drei Zimmern und zwei WC-Anlagen, ausgeübt wird. Bei einer abgabenbehördlichen Erhebung vom wurden folgende Verkaufspreise von Getränken festgestellt: "Stifterl" S 80,--,

Piccolo-Sekt S 280,-- und S 300,--, Sekt 0,5 l S 880,--, Sekt 0,75 l S 1.240,-- und S 1.380,--, Champagner S 1.960,-- und S 3.600,--, Bier 0,33 l S 60,--, Spirituosen 2 cl S 60,-- und S 70,--, Cocktails S 280,--, Mineralwasser 0,25 l S 40,--, alkoholfreie Getränke 0,2 l S 40,--, Kaffee S 40,--.

Am wurde im Unternehmen des Beschwerdeführers eine Getränkesteuerprüfung über die Zeit vom bis Juni 1994 durchgeführt. Vom Beschwerdeführer wurden keine Aufzeichnungen vorgelegt. Der Prüfer schätzte die monatlichen Getränkeumsätze unter Bezugnahme auf den von Gernot G im selben Gemeindebezirk geführten Bordellbetrieb unter Zurechnung eines Sicherheitszuschlages von 10 v.H. hinsichtlich alkoholischer Getränke mit S 76.000,-- und hinsichtlich alkoholfreier Getränke mit monatlich S 1.000,--. Der steuerliche Vertreter vertrat im Zuge der Prüfung die Auffassung, die Getränke würden nicht zum Verkauf angeboten; vielmehr handle es sich dabei um Geschenke an die Gäste.

Bei einer weiteren hinsichtlich der Monate Juli bis Dezember 1994 vorgenommenen Prüfung wurden vom Beschwerdeführer ebenfalls keine Aufzeichnungen vorgelegt. Der Prüfer schätzte die Getränkeumsätze wie bei der vorhergehenden Prüfung.

Mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer Getränkesteuer für die Zeit vom bis sowie ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 10 v.H. der Abgabe vorgeschrieben. In der Begründung des Bescheides wurde unter anderem darauf hingewiesen, daß im Lokal eine Preisliste der Getränke aufliege.

In der Begründung gegen diesen Bescheid wurde unter anderem ausgeführt, es sei im Lokal eine Hinweistafel folgenden Inhalts angebracht: "Sie zahlen nicht das Getränk, sondern nur die Unterhaltung". Es sei weder dem Beschwerdeführer noch seinem steuerlichen Vertreter bekannt gewesen, daß eine Preisliste aufliege. Nicht der Beschwerdeführer, sondern die Prostituierten hätten diese Preisliste erstellt. Im übrigen würden die Getränke nicht mit dem Beschwerdeführer abgerechnet. Sein Einkommen resultiere aus der Zurverfügungstellung der Separees. Die gratis verabreichten Getränke hätten überdies nur einen Wert von nicht mehr als einem Fünftel der geschätzten Bemessungsgrundlage.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wurde die Bemessungsgrundlage hinsichtlich der Monate Juli bis Dezember 1994 geringfügig vermindert. In der Begründung wurde von der belangten Behörde unter anderem ausgeführt, die Behauptung, es werde nicht für Getränke, sondern für "erotische Gespräche" bezahlt, sei deswegen unglaubwürdig, weil bei der Feststellung durch ein Revisionsorgan völlig unterschiedliche Preise zwischen S 40,-- und S 3.600,-- festgestellt worden seien. Es komme nicht darauf an, ob die Prostituierten die Getränke verwalteten oder mit dem Beschwerdeführer abrechneten. Die Ausübung der Prostitution sei im Namen und auf Rechnung des Beschwerdeführers erfolgt. Es seien ihm daher sämtliche Leistungen zuzurechnen, die in diesem Zusammenhang erbracht werden. Hinsichtlich der Höhe der vorgenommenen Schätzung wurde ausgeführt, als Schätzungsmethode sei im Hinblick auf die Verweigerung einer Mitwirkung an der Abgabenerhebung nur ein äußerer Betriebsvergleich in Betracht gekommen. Der Verspätungszuschlag sei mit 10 % festzusetzen gewesen, weil ohne das Tätigwerden der Abgabenbehörde die Gefahr bestanden hätte, daß der Abgabengläubiger seinen Anspruch verliere. Überdies sei mit der Abgabenfestsetzung ein erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden gewesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltiche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtete sich in seinem Recht, keine Getränkesteuer für sein "Prostituiertenlokal" vorgeschrieben zu erhalten, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 des bis einschließlich 1991 anzuwendenden Getränkesteuergesetz für Wien 1971, LGBl. 2, unterlag die entgeltliche Abgabe von Getränken einer Steuer. Nach § 1 der Wiener Getränkesteuerverordnung 1992, LGBl. Nr. 6, unterliegt unter anderem die entgeltliche Lieferung von Getränken einer Steuer. Steuerpflichtig ist der Unternehmer, das ist derjenige, auf dessen Namen und Rechnung die Abgabe bzw. Lieferung der Getränke erfolgt (vgl. § 5 Getränkesteuergesetz 1971 bzw. § 5 Wiener Getränkesteuerverordnung 1992).

Vom Beschwerdeführer wird nicht in Abrede gestellt, daß der beschwerdegegenständliche Bordellbetrieb auf seine Rechnung geführt wird. Dies steht auch im Einklang mit dem in den Akten befindlichen Mietvertrag über die Betriebsräumlichkeiten. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, die Getränke seien nicht auf seine Rechnung abgegeben worden, steht mit der Lebenserfahrung nicht im Einklang. Der Beschwerdeführer, der keinerlei Aufzeichnungen über sein Unternehmen geführt hat, hat seine Behauptung nicht näher präzisiert; insbesondere hat er nicht dargestellt, auf welche Weise von den einzelnen Prostituierten im Rahmen des von ihm geführten Bordellbetriebes für Einkauf und Lagerhaltung der jeweiligen Getränke gesorgt worden sein sollte. Wenn die belangte Behörde dabei zu der Auffassung gelangte, daß die Getränke auf Rechnung des Beschwerdeführers vertrieben wurden, so erscheint dies damit schlüssig.

Unzutreffend ist die Beschwerdebehauptung, die Lieferung von Getränken sei unentgeltlich erfolgt. Wenn sich dabei der Beschwerdeführer auf eine im Lokal angebrachte Tafel beruft, wonach nicht für die Getränke, sondern für die Unterhaltung bezahlt würde, so ist dies völlig unerheblich. Tatsächlich wurden dem Erhebungsergebnis zufolge Getränke im Lokal gegen ein - auf Grund einer aufliegenden Liste bestimmtes - Entgelt abgegeben, wodurch der steuerpflichtige Tatbestand jeweils erfüllt wurde. Der Zweck des Besuches des einzelnen Gastes in dem Bordellbetrieb ist entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung nicht von Bedeutung.

Der Vorwurf des Beschwerdeführers, es hätte eine Schätzung im Sinne des § 145 Abs. 1 Wiener Abgabenordnung "erst nach erfolgloser Beweisaufnahme" erfolgen dürfen, ist im Hinblick auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer jede Mitwirkung an der Feststellung der in Rede stehenden Abgaben verweigert hat, nicht verständlich. Welche Beweise die Abgabenbehörde hätte aufnehmen sollen, wird vom Beschwerdeführer überdies nicht dargestellt. Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer hätte keine Möglichkeit gehabt, zur Schätzung Stellung zu nehmen, ist im Hinblick auf die von seinem Vertreter unterfertigte Niederschrift über das Prüfungsergebnis unrichtig.

Daß in dem Entgelt für Getränke ein "Bedienungsgeld", das nach § 3 Abs. 3 der Wiener Getränkesteuerverordnung nicht zum Entgelt gehört, enthalten war, stellt ein im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliches neues Vorbringen dar. Die bloße Behauptung, die Schätzung sei um das Fünffache überhöht, wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren durch keine Sachverhaltsangaben - etwa durch Angaben zum Wareneinkauf und dgl. - präzisiert. Wenn die belangte Behörde demgegenüber durch Vornahme eines äußeren Betriebsvergleichs zur Bemessung der Getränkesteuer gelangte, so kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Hinsichtlich des festgesetzten Verspätungszuschlages geht der Beschwerdeführer selbst davon aus, daß der Höchstsatz von 10 % bei einer Neigung des Abgabepflichtigen zur Mißachtung seiner abgabenrechtlichen Pflichten gerechtfertigt ist. Gerade dies ist aber beim Beschwerdeführer der Fall, der sich durch mehrere Jahre geweigert hat, die monatlich fällig werdende Getränkesteuer zu entrichten. Die Ermessensentscheidung betreffend die Verhängung des Verspätungszuschlages im Höchstausmaß wurde von der belangten Behörde zwar knapp, aber schlüssig begründet.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.