VwGH vom 14.12.1994, 94/03/0138
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des J in F, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 11/72-2/1994, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens vom , zugestellt am , in welchem er aufgefordert worden sei, bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug am um 13.08 Uhr auf der B 169 Zillertal-Bundesstraße im Gemeindegebiet von Uderns in Fahrtrichtung talauswärts gelenkt hat, die verlangte Auskunft zu erteilen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG 1967 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge gegeben. Die belangte Behörde änderte den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses jedoch dahin ab, daß die Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer und somit als dem zur Vertretung nach außen Berufenen der B-Ges.m.b.H. als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen KFZs vorgeworfen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgenommene Abänderung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses. Es gehe nicht an, daß er durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B-Ges.m.b.H. wegen der Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Verantwortung gezogen werde, wenn ihm doch die Tatbegehung im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides noch als Zulassungsbesitzer vorgeworfen worden sei. Die belangte Behörde sei zu einer solchen Modifikation des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht berechtigt gewesen.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Berufungsbehörde berechtigt, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0009).
Auch wenn die Lenkeranfrage iSd § 103 Abs. 2 KFG 1967 nicht an den handelsrechtlichen Geschäftsführer einer Ges.m.b.H., sondern an die Ges.m.b.H. ergangen ist, ist der Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich. Der Beschwerdeführer kann daher durch den Einwand, die Aufforderung sei nicht an ihn ergangen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen.
Sofern der Beschwerdeführer vorbringt, seine vor Erlassung des Straferkenntnisses eingebrachte Stellungnahme vom , in der er darlegte, daß nicht er, sondern die B-Ges.m.b.H. Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges sei und er nur für deren kaufmännischen Bereich zuständig sei, sei von der Erstbehörde nicht beachtet worden, ist zu entgegnen, daß Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht der erstinstanzliche Bescheid, sondern die angefochtene Berufungserledigung ist. Dieser angefochtene Bescheid geht aber auf die genannten Einwendungen des Beschwerdeführers ein.
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt der Beschwerdeführer, daß er nie zum Vorwurf befragt worden sei, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der B-Ges.m.b.H. eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen zu haben. Wäre ihm eine entsprechende Gelegenheit gegeben worden, hätte er darauf aufmerksam machen können, daß er "im Rahmen des Betriebes nur für den kaufmännischen Bereich und nicht für den Fuhrpark zuständig sei". Ein Verfahrensmangel sei auch darin zu erblicken, daß die belangte Behörde nicht dargelegt habe, warum sie von den drei Geschäftsführern gerade ihn zur Verantwortung gezogen habe.
Darauf ist zu erwidern, daß bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person jeder aus diesem Personenkreis, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich ist. Ist daher bei einer juristischen Person keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG erfolgt, so ist jeder zur Vertretung nach außen Berufene der juristischen Person für die Beantwortung einer Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 zuständig und für die Nichterteilung der Auskunft strafrechtlich verantwortlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/03/0032). Damit ein zur Vertretung nach außen Berufener einer juristischen Person für eine von ihm nicht erteilte Auskunft im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich ist, muß bereits zur Tatzeit für die Erteilung solcher Auskünfte ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sein, was aber voraussetzt, daß ein aus der Zeit vor der Begehung der dem zur Vertretung nach außen Berufenen angelastete Übertretung stammender Zustimmungsnachweis iSd § 9 Abs. 4 VStG eines derartigen verantwortlichen Beauftragten vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/18/0112). Da auch in der Beschwerde nicht behauptet wird, daß ein Nachweis über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Leitung des Fuhrparkes vorgelegen sei, kann dieses Vorbringen eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht aufzeigen.
Eine Begründung, warum mit dem angefochtenen Bescheid aus dem Kreis der handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführer bestraft worden ist, braucht der angefochtene Bescheid nicht zu enthalten, zumal er nicht darüber abspricht, ob allenfalls auch die anderen handelsrechtlichen Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich sind.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Verschuldensfrage anlangt, ist zunächst darauf zu verweisen, daß es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handelt, bei welchem die Bescheinigungspflicht für das Nichtvorliegen eines Verschuldens den Beschuldigten trifft.
Dem Verwaltungsstrafakt, insbesondere einem der Anzeige beigeschlossenen Radarlichtbild, ist zu entnehmen, daß mit dem hier gegenständlichen PKW am um 13.08 Uhr im Ortsgebiet von Uderns die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wurde. Unbestritten ist, daß die Bezirkshauptmannschaft Schwaz mit Schreiben vom die B-Ges.m.b.H. als Zulassungsbesitzerin dieses PKWs gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Bekanntgabe des Lenkers zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitung aufforderte. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, daß der gegenständliche PKW auf die B-Ges.m.b.H. zugelassen ist und daß er handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin ist.
Bei dieser Sachlage erweist sich - wie die belangte Behörde richtig feststellte - die Auskunft vom mit dem Wortlaut "hier muß es sich um einen Irrtum handeln, da das genannte Fahrzeug zu dieser Zeit in Salzburg war", als nicht der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 entsprechend. Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, er habe vor Erteilung der Auskunft vom in die schriftlichen Aufzeichnungen der B-Ges.m.b.H. über den Aufenthalt des Fahrzeuges Einsicht genommen und sich auf diese Aufzeichnungen verlassen müssen, es wäre ihm gar nicht möglich gewesen, eine andere Auskunft zu erteilen, so zeigt er nicht auf, warum er dieses Vorbringen - es handelt sich um gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerungen - nicht bereits im Verwaltungsverfahren erstattet hat. Hinsichtlich der Verschuldensfrage ergibt sich aber auch aus diesem Vorbringen nicht, daß der Beschwerdeführer die ordnungsgemäße Führung der genannten Aufzeichnungen sichergestellt hätte.
Da es somit der Beschwerde nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.