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VwGH vom 14.11.1996, 96/16/0099

VwGH vom 14.11.1996, 96/16/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der H in B, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 112/1-9/Mü-1996, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Abgabenerklärung vom wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin ein Erwerbsvorgang über das Grundstück EZ 197, Grundbuch B, angezeigt. Danach habe die Beschwerdeführerin die genannte Liegenschaft von Brigitte V. auf Grund eines Kaufanbotes vom bzw. dessen Annahme vom erworben. In einem Begleitschreiben wurde ausgeführt, über das Zustandekommen des Kaufvertrages sei ein Verfahren beim Kreisgericht Ried im Innkreis anhängig. Brigitte V. bestreite das gültige Zustandekommen des Kaufvertrages. Der Abgabenerklärung war das schriftliche Kaufanbot der Brigitte V. vom angeschlossen.

Darin wurde wörtlich ausgeführt:

"Dieses Kaufanbot erfolgt zu nachstehenden Bedingungen:


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a)
Kaufpreis für die Liegenschaft S 2,100.000,-- sowie
S 400.000,-- zuzüglich USt für Inventar. Kaufpreiszahlung durch treuhändige Hinterlegung beim Schriftenverfasser zur allfälligen Lastenfreistellung.
b)
Übergabe der Liegenschaft unmittelbar nach Vertragsunterfertigung
c)
Regelung der bestehenden Mietverhältnisse (Vollmachtserteilung durch Frau V. an RA Dr. N. zur Räumungsklage)
d)
Fragen allfälliger Haftung (ASVG, BAO,§ 1409 ABGB) werden entweder durch Bezahlung entsprechender Verbindlichkeiten und hierüber zu erbringender Nachweise oder im Wege der Treuhandabwicklung gelöst.
e)
Kosten der Vertragserrichtung zu Lasten der Käuferin, Kosten der Verfahren zur Beendigung der Bestandsverhältnisse je zur Hälfte Verkäuferin und Käuferin."

Nach dem ebenfalls der Abgabenerklärung angeschlossenen Schriftstück vom nahm die Beschwerdeführerin das Anbot zu den darin genannten Bedingungen an.

Als zu dem in Rede stehenden Vorgang keine weiteren Mitteilungen beim zuständigen Finanzamt einlangten, wurde schließlich der Beschwerdeführerin mit vorläufigem Bescheid vom Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 2,100.000,-- vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid wurde mit der Begründung Berufung erhoben, daß das Rechtsgeschäft nicht zustande gekommen sei. Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Bescheid vom wurde die Berufung als verspätet zurückgewiesen.

In einem Schreiben vom wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin ausgeführt, die Verkäuferin Brigitte V. habe nach der Annahme des Kaufanbotes behauptet, es sei zusätzlich zu dem im Anbot enthaltenen Kaufpreis noch eine Schwarzgeldzahlung von S 600.000,-- vereinbart gewesen. Eine Klage der Beschwerdeführerin auf Zuhaltung des Kaufvertrages sei vom Kreisgericht (nunmehr Landesgericht) Ried im Innkreis mit Urteil vom , 2 Cg n3/90, mit der Begründung abgewiesen worden, es sei die von Brigitte V. behauptete Schwarzgeldvereinbarung tatsächlich getroffen worden, weshalb die Klage auf Zuhaltung des Kaufvertrages mit einem Kaufpreis von S 2,100.000,-- zuzüglich S 400.000,-- und Umsatzsteuer für Inventar nicht gerechtfertigt sei. Dieses Urteil sei vom Oberlandesgericht Linz bestätigt worden. In der Folge hätten die Parteien einvernehmlich (zumindest stillschweigend) eine Aufhebung des Kaufvertrages vereinbart, ohne einen Antrag nach § 11 GrEStG zu stellen. Es werde ersucht, den vorläufigen Grunderwerbsteuerbescheid vom zu beheben.

Nach dem dem Finanzamt vorgelegten Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom , 2 Cg n3/90, gelangte das Gericht nach einem umfangreichen Beweisverfahren zu der Auffassung, daß zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über die Liegenschaft zu einem Preis von insgesamt

S 3,100.000,-- zustande gekommen sei. Soweit im Vertrag ein Kaufpreis von (nur) S 2,500.000,-- festgelegt worden sei, handle es sich um ein nichtiges Scheingeschäft, auf dessen Erfüllung nicht geklagt werden könne.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin legte in der Folge dem Finanzamt ein an ihn gerichtetes Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Manfred P., des Vertreters der Brigitte V. im angeführten Rechtsstreit, vor, wonach beide Parteien nach rechtskräftiger Abweisung des Klagebegehrens der Beschwerdeführerin dieses Urteil akzeptiert und offenbar so verstanden hätten, daß damit ein allenfalls mündlich abgeschlossener Kaufvertrag aufgehoben bzw. gegenstandslos sei. Dr. P. könne bestätigen, daß dem Urteil praktisch die Wirkung einer Vertragsaufhebung zugekommen sei.

Mit Bescheid vom wurde das als Antrag im Sinne des § 11 GrEStG angesehene Ansuchen vom abgewiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz im Juni 1991 ergangen sei. Der Antrag nach § 11 GrEStG wäre daher bis Ende 1992 einzubringen gewesen. Mit Bescheid vom wurde die Grunderwerbsteuer endgültig unter Einbeziehung der "Schwarzgeldzahlung" von S 600.000,-- festgesetzt.

In der Berufung gegen diese beiden Bescheide wurde die Auffassung vertreten, beide Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens häten nach Ergehen des Urteiles des Oberlandesgerichtes Linz die Möglichkeit gehabt, die Zuhaltung des Kaufvertrages (mit einem Kaufpreis von S 2,700.000,--) zu verlangen. Brigitte V. sei in der Folge dadurch vom Kaufvertrag zurückgetreten, daß sie die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom weiterverkauft habe. Sie habe damit ihr Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung der Vertragsbestimmungen durch die Vertragspartnerin (die Beschwerdeführerin) ausgeübt. Die Frist für den Nichtfestsetzungsantrag habe damit mit Ende 1995 geendet. Der Berufung war die Ablichtung eines Kaufvertrages vom zwischen Brigitte V. und dem Käufer Robert D. über 70/100 der gegenständlichen Liegenschaft angeschlossen.

In einem Schreiben des Finanzamtes vom wurde Brigitte V. vorgehalten, daß sie mit Kaufvertrag vom 30/100 der Liegenschaft an Christian E. und mit Kaufvertrag vom 70/100 an Robert D. verkauft habe. Brigitte V. gab daraufhin an, sie habe der Beschwerdeführerin ein Anbot gemacht. Es sei jedoch kein Vertrag zustandegekommen, weil sich die Beschwerdeführerin nicht an die mündliche Abmachung gehalten habe. Nach Austragung des Streites bei Gericht sei es nicht notwendig gewesen, die Beschwerdeführerin über ihr weiteres Vorgehen zu verständigen.

Nach Abweisung der Berufung durch eine Berufungsvorentscheidung wurde im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei von Brigitte V. über die beiden Kaufverträge nicht unterrichtet worden. Der Beschwerdeführerin seien diese Vorgänge erst durch Einsichtnahme ins Grundbuch bekannt geworden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung sowohl gegen die Abweisung des Antrages gemäß § 11 GrEStG alte Fassung als auch gegen den endgültigen Grunderwerbsteuerbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Unter ausführlichem Hinweis auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Kreisgerichtes Ried im Innkreis gelangte die belangte Behörde zu der Auffassung, daß ein Kaufvertrag mit einem Gesamtkaufpreis von S 3,100.000,-- rechtswirksam zustande gekommen sei. Tatsächlich sei es aber nicht zur Unterfertigung einer verbücherungsfähigen Urkunde sowie zur Übergabe des Kaufobjektes gekommen. Aus dem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens gelangte die belangte Behörde weiters zu der Auffassung, daß der Kaufvertrag mit Rechtskraft des angeführten Urteils aufgehoben worden sei. Der Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer sei daher verspätet gestellt worden.

Gegen diesen Bescheid wurde insoweit, als damit die Berufung gegen den Bescheid vom abgewiesen wurde, Beschwerde aus dem Grund einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit erhoben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sowohl nach der ausdrücklichen Bezeichnung des "Anfechtungsgegenstandes" als auch nach dem gesamten übrigen Inhalt der Beschwerdeschrift wird vor dem Verwaltungsgerichtshof allein die im Instanzenzug ergangene Abweisung eines als Antrag im Sinne des § 11 GrEStG 1987 (nunmehr § 17 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 682/1994) angesehenen Ansuchens, nicht aber die (endgültige) Festsetzung von Grunderwerbsteuer aus dem Anlaß eines Erwerbsvorganges auf Grund des Anbots vom und dessen Annahme vom bekämpft.

Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde anhängig, so entsteht die Steuerschuld nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Die Vorschriften des § 11 (nunmehr § 17) GrEStG 1987 über die Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer setzen voraus, daß die Steuerschuld bereits nach § 8 GrEStG 1987 entstanden ist (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 83/16/0074, und vom , Zl. 88/16/0030). Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges dabei insbesondere vom Eintritt einer Bedingung abhängig, so kann die Steuerschuld vor ihrem Eintritt nicht entstehen. Wenn die Grunderwerbsteuer dessen ungeachtet festgesetzt wurde, so kann diese Festsetzung mangels Vorliegens der in § 11 GrEStG 1987 normierten Voraussetzungen durch eine Maßnahme nach dieser Gesetzesstelle nicht mehr beseitigt werden (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom , Zl. 88/16/0030).

Im Beschwerdefall erfolgte das Kaufanbot vom unter der ausdrücklichen Anführung mehrerer - aufschiebender - Bedingungen. Die Annahmeerklärung vom verwies auf diese Bedingungen. Auch wenn sich einzelne dieser Bedingungen auf das Verfügungsgeschäft (die Übereignung) bezogen, so war das durch Anbot und Annahme zustandegekommene Verpflichtungsgeschäft zweifellos vom Eintritt mehrerer aufschiebender Bedingungen, insbesondere von der Regelung der Mietverhältnisse im erworbenen Gebäude abhängig. Aus der im Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis enthaltenen Sachverhaltsdarstellung ist ersichtlich, daß die von Dr. N. eingebrachten Räumungsklagen bestritten wurden und damit erfolglos geblieben sind. Weiters wurde die Lösung von Ansprüchen aus der Haftung des Betriebsnachfolgers ausdrücklich zur Bedingung gemacht, ohne daß den Akten des Verwaltungsverfahrens der Eintritt dieser Bedingung entnommen werden kann. Daraus folgt aber, daß die Steuerschuld im Beschwerdefall für den durch Kaufanbot und Annahme verwirklichten Erwerbsvorgang mangels Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen nicht entstanden ist. Die Voraussetzungen für eine Abänderung der Grunderwerbsteuerfestsetzung nach den Bestimmungen des § 17 GrEStG 1987 lagen damit nicht vor. Im Ergebnis erweist sich somit der angefochtene Bescheid, mit dem letztlich ein Antrag nach § 17 GrEStG 1987 abgewiesen wurde, als dem Gesetz entsprechend, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Da die Rechtslage durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt ist, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.