TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 05.07.1999, 96/16/0073

VwGH vom 05.07.1999, 96/16/0073

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, in der Beschwerdesache des J in E, Deutschland, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch u.a., Rechtsanwälte in Klagenfurt, Priesterhausgasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , GZ. 3/2/Sch-20/1/-/95, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei getrennt ausgefertigten Bescheiden vom stellte das Hauptzollamt Klagenfurt gemäß § 80 Abs. 1 und 3 ZollG 1988 fest, dass die für den Beschwerdeführer als Vormerknehmer bedingt entstandene Eingangsabgabenschuld für einen PKW der Marke VW Polo und einem PKW der Marke VW Golf, die sich beide in Deutschland im freien Verkehr befanden, im Sommer 1992 unbedingt geworden sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zur Entrichtung der Abgaben aufgefordert. In den Begründungen führte das Hauptzollamt aus, dass das jeweilige Beförderungsmittel vom Beschwerdeführer im Sommer 1992 im formlosen sicherstellungsfreien Vormerkverkehr in das österreichische Zollgebiet eingebracht worden sei. Anlässlich der Einreise habe der Beschwerdeführer beim österreichischen Grenzeintritt nicht erklärt, dass der PKW zur "Auslieferung" an den österreichischen Staatsangehörigen und Wohnsitzinländer A.T. bestimmt sei und an diesen in Österreich übergeben werden solle, was in weiterer Folge eingetreten sei. Die gemäß § 177 Abs. 1 ZollG für den Beschwerdeführer als Vormerknehmer zunächst bedingt entstandene Zollschuld sei beim Verlassen des Amtsplatzes gemäß § 177 Abs. 3 lit. e ZollG unbedingt geworden.

In seiner dagegen erstatteten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass der PKW Golf wieder nach Deutschland zurückgeführt und dort verkauft worden sei. Dieses Fahrzeug habe der Beschwerdeführer nicht gelenkt. Fahrer des Fahrzeuges sei zum Zeitpunkt des Grenzübertrittes D.H. gewesen. Der PKW Polo befinde sich seit der Einbringung in Gewahrsam der österreichischen Behörden. Der Beschwerdeführer gehe davon aus, dass das beschlagnahmte Fahrzeug bei der Veräußerung mindestens den Wert "des Bescheides" erziele und insofern der Erlös zur Zahlung der Abgabenschuld verwendet werden könne.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Hauptzollamt Klagenfurt die Berufung bezüglich des PKW Golf als unbegründet ab. Zur Tatfrage, wer den PKW Golf beim Grenzübertritt gelenkt habe, verwies das Hauptzollamt auf die Aussage des Beschwerdeführers vor dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg, wonach der Beschwerdeführer mit seinem PKW (dem Golf), D.H. aber mit dem PKW seiner Mutter nach Österreich gefahren sei. Anlässlich der Einreise mit dem in Deutschland zugelassenen PKW durch den im Zollausland wohnhaften Beschwerdeführer sei das Fahrzeug auf der Grundlage des § 93 Abs. 2 lit. a Z. 1 ZollG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 ZollG-DV zum eigenen Gebrauch des Beschwerdeführers abgefertigt worden. Erklärungen über den tatsächlichen Verwendungszweck seien jedoch unterblieben. Durch diese unvollständige Angabe sei die Zollschuld nach § 177 Abs. 3 lit. e ZollG unbedingt geworden. Aus dem Umstand der Rückbringung und des Verkaufes des Fahrzeuges in der BRD sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da für die Rückbringung einer Ware, für die die Zollschuld kraft Gesetzes entstanden sei, kein Erlöschungstatbestand vorliege.

Gleichfalls mit Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Klagenfurt vom wurde auch die Berufung hinsichtlich des PKW Polo als unbegründet abgewiesen. Die Behörde nahm als unstrittig an, dass das Fahrzeug zur Übergabe an den österreichischen Staatsbürger und Wohnsitzinländer A.T. bestimmt gewesen und diesem auch in österreichischem Zollgebiet übergeben worden sei. Auch daraus folgerte die Behörde, dass durch die unvollständigen Angaben die ursprünglich bedingt entstandene Zollschuld gemäß § 177 Abs. 3 lit. e ZollG unbedingt geworden sei. Die Beschlagnahme und eine mögliche Verwertung des Fahrzeuges habe keinen Einfluss auf die für den Beschwerdeführer entstandene Abgabenschuld.

Nach einem Vorlageantrag des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde die Berufungen mit dem angefochtenen Bescheid in der Hauptsache als unbegründet ab (nur hinsichtlich der Vorschreibung von Säumniszuschlägen war die Berufung erfolgreich). Die belangte Behörde folgerte zunächst aus dem Grundsatz der Zeitbezogenheit des materiellen Abgabenrechtes die weitere Anwendbarkeit des Zollgesetzes in der vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union geltenden Fassung. Sie legt in Bezug auf die Feststellung der Entstehung der bedingten und unbedingten Zollschuld hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Beförderungsmittel ihrer Entscheidung jeweils denselben Sachverhalt zugrunde wie das Zollamt Klagenfurt den angefochtenen Nachforderungsbescheiden. Sie schloss sich auch den rechtlichen Erwägungen der Abgabenbehörde erster Instanz an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt erachtet, dass nicht festgestellt werde, dass die für den Beschwerdeführer als Begünstigten bedingt entstandene Eingangsabgabenschuld für die beiden PKW's unbedingt geworden sei. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und

die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass auf Sachverhalte, in denen die Zollschuld schon vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union entstanden ist, noch die für den Zeitraum vor dem Beitritt Österreichs geltende Rechtslage anzuwenden ist (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0512, m.w.N.).

Strittig ist hinsichtlich des PKW Golf die Tatfrage, ob der Beschwerdeführer oder D.H. das Fahrzeug beim Grenzübertritt gelenkt hätte. Wenn sich die belangte Behörde bei ihrer diesbezüglichen Tatsachenfeststellung auf die Erstaussage des Beschwerdeführers vor dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg bei seiner Vernehmung vom stützt, wonach D.H. mit dem Golf seiner Mutter gefahren sei, und andererseits die Rechtsanwälte des D.H. ausdrücklich erklärt haben, dass der Beschwerdeführer den PKW selbst gelenkt habe, so kann den Behörden einer Unschlüssigkeit ihrer Beweiswürdigung nicht vorgeworfen werden, zumal der Beschwerdeführer weder in der Berufung noch im Vorlageantrag irgendwelche Beweise für seine nunmehrige Darstellung angeboten hat.

Hinsichtlich des PKW Polo, bezüglich dessen festgestellt wurde, dass das Fahrzeug zur Auslieferung an den österreichischen Staatsangehörigen und Wohnsitzinländer A.T. bestimmt war, an diesen übergeben werden sollte und dass dies auch tatsächlich erfolgt sei, behauptete der Beschwerdeführer in der Berufung, das Fahrzeug sei "seit der Einbringung" in Gewahrsam der österreichischen Behörden. Aus dem Akt ergibt sich zwar hinsichtlich dieses Fahrzeuges eine Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes Klagenfurt vom bzw. schon zuvor, dass das Fahrzeug im Rahmen eines gerichtlichen Strafverfahrens vor dem Landesgericht Klagenfurt in Verwahrung war. Kein Hinweis findet sich jedoch aus dem Akt, insbesondere nicht aus den umfangreichen Vernehmungsprotokollen mit dem Beschwerdeführer, dass das Fahrzeug bereits beim Grenzübertritt durch den Beschwerdeführer am Amtsplatz dem Beschwerdeführer behördlicherseits abgenommen worden wäre. Vielmehr hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er und D.H. den PKW Polo sowie einen weiteren PKW Audi nach Österreich gebracht hätten, sich in Österreich bei einer Telefonzelle mit dem Empfänger A.T. getroffen hätten und die Fahrzeuge hinter dem Haus der Eltern des A.T. abgestellt hätten. Der Beschwerdeführer und D.H. seien sodann per Bahn nach Deutschland zurückgereist. Auch insofern erweist sich die Feststellung der Behörde, dass das Fahrzeug nicht nur an A.T. übergeben werden sollte, sondern dass dies auch tatsächlich erfolgt sei, nicht als unschlüssig, zumal der Beschwerdeführer seine in der Berufung aufgestellte Behauptung, das Fahrzeug befinde sich "seit der Einbringung" in Gewahrsam der österreichischen Behörden, weder näher präzisiert noch durch irgendein Beweismittel belegt hat.

Ausgehend von diesem Sachverhalt hat der Beschwerdeführer die in seiner Gewahrsam befindlichen Beförderungsmittel bei seiner Einreise nach Österreich nicht gestellt. Gemäß § 177 Abs. 1 des hier anzuwendenden Zollgesetzes 1988 (BGBl. Nr. 644/1988 idF vor der Novelle BGBl. Nr. 463/1992) entsteht bei Waren, die als vorgemerkt gelten, für den Vormerknehmer die Zollschuld bedingt in der Höhe des auf die Vormerkware entfallenen Zolles. Vormerknehmer ist gemäß § 66 Abs. 3 ZollG der durch den Vormerkverkehr Begünstigte, das ist, zumal § 48 Abs. 1 ZollG die Stellungspflicht dem Gewahrsamsträger auferlegt, der Benützer im Zeitpunkt der Einbringung in das Zollgebiet (hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0092). Gemäß § 177 Abs. 3 lit. e ZollG wird die bedingte Zollschuld im Zeitpunkt der Ausfolgung der Waren, wenn die Waren infolge unrichtiger oder unvollständiger Angaben zum Vormerkverkehr zugelassen wurden, unbedingt. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Zollgesetznovelle 1968 (wiedergegeben bei Mathes-Meinl, Kommentar zum Zollgesetz13 zu § 177 ZollG) soll der Tatbestand der lit. e jene Fälle erfassen, in denen eine Ware nur deshalb zum Vormerkverkehr zugelassen wird, weil der Verfügungsberechtigte unrichtige oder unvollständige Angaben macht; dies gilt vor allem für das formlose Vormerkverfahren mit Beförderungsmitteln, wo häufig inländische Wohnsitze und dergleichen dem Zollamt verschwiegen werden.

Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer verschwiegen, dass die Fahrzeuge zum inländischen Käufer gebracht wird und im Inland verbleiben soll, sodass die Voraussetzungen des formlosen Eingangsvormerksverkehrs nicht vorlagen.

Wenn das Grenzeintrittszollamt aufgrund des ausländischen Kennzeichens das Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 lit. a Z. 1 ZollG annimmt und das ausländische unverzollte Beförderungsmittel zum formlosen Vormerkverkehr abfertigt, indem es den Benützer des Beförderungsmittels ohne weitere Abfertigungshandlungen passieren lässt, hat dies die zollschuldrechtliche Wirkung, dass die gemäß § 177 Abs. 1 ZollG bedingt entstandene Zollschuld nach Abs. 3 lit. e dieser Gesetzesstelle im Zeitpunkt der Ausfolgung (hier: Verlassen des Amtsplatzes) unbedingt wird (hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0277).

Sowohl die bedingte als auch die unbedingte Zollschuld gemäß § 177 ZG entstehen kraft Gesetzes, wofür auch § 80 Abs. 1 ZG 1955 spricht (siehe die Nachweise bei Mathes-Meinl a.a.O., zu § 80 ZG 1988; insofern, was insbesondere die amtswegige Zollabrechnung betrifft, wenn die Vormerkware nicht innerhalb der Rückbringungsfrist gestellt wurde, ist durch § 80 Abs. 3 ZG 1988 sogar noch eine Verdeutlichung eingetreten).

Dass die Zollschuld kraft Gesetzes entstanden ist, ist von wesentlicher Bedeutung für die Verjährungsfrage. Vorauszuschicken ist, dass die Zollschuld im vorliegenden Fall schon vor dem Beitritt Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften entstanden ist. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des EuGH zum zeitlichen Geltungsbereich (vgl. das Urteil vom in der Rechtssache C-261/96, Slg. 1997, I-6177) schon wiederholt ausgesprochen, dass dafür noch die vor dem Beitritt geltende Rechtslage anzuwenden ist (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0512, und die dort angeführte Vorjudikatur, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Mit Rücksicht darauf, dass nach Anhang VI Punkt 9 des Vertrages über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union, BGBl. Nr. 45/1995, Österreich in Fällen der vor dem Beitritt entstandenen Zollschuld berechtigt ist, die Nacherhebung nach seinen Vorschriften und zu seinen Gunsten vorzunehmen, sind auf den Beschwerdefall die materiellen und Verfahrensbestimmungen des ZollG 1988 weiterhin anwendbar, sofern nicht anderes ausdrücklich geregelt ist (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/16/0018).

Mit Art. VIII Z. 15 in BGBl Nr. 651/1994 wurde § 207 Abs. 2 erster Satz BAO neu gefasst. Danach beträgt die Verjährungsfrist bei Verbrauchssteuern drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben und bei Beiträgen fünf Jahre. Nach den Gesetzeserläuterungen ist die Bestimmung auf Abgabenansprüche anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten des Vertrages über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union entstanden sind. Die BAO trifft keine ausdrückliche Regelung, welche Verjährungsbestimmungen für die vor dem Inkrafttreten des genannten Vertrages entstandenen Abgabenansprüche anzuwenden sind.

Mit traten auch die Regelungen des ZollR-DG in Kraft.

Gemäß § 1 Abs. 1 ZollR-DG ist das Zollrecht der Europäischen Gemeinschaften im Anwendungsbereich nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes durchzuführen.

Gemäß § 74 Abs. 2 ZollR-DG beträgt die Verjährungsfrist bei Eingangs- und Ausgangsabgaben drei Jahre ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld. Bei hinterzogenen Eingangs- und Ausgangsabgaben beträgt diese Frist zehn Jahre, bei Einfuhr- und Ausfuhrabgaben jedoch nur dann, wenn die Zollbehörden infolge eines ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgenden Finanzvergehens die Abgabenschuld binnen drei Jahren ab ihrem Entstehen nicht oder nicht genau ermitteln können. Die Verjährungsfrist bei anderen Geldleistungen bestimmt sich nach den allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften.

In den Erläuterungen zum ZollR-DG heißt es:

"Da es sich um Verordnungsrecht handelt, wird es mit dem Wirksamwerden des Beitritts auch in Österreich unmittelbar anwendbar und bedarf keiner innerstaatlichen Rechtssetzung. Die Verordnung überlässt jedoch verschiedene Regelungen den Mitgliedstaaten und dafür ist zur Erzielung einer verfassungskonformen Vollziehung die Erlassung entsprechender gesetzlicher Vorschriften notwendig. Diese sind Gegenstand des vorliegenden Entwurfes."

In den genannten Erläuterungen heißt es weiters:

"Der Abschnitt D enthält unter jeweiliger Bezugnahme auf Bestimmungen des Zollkodex jene eingangs erwähnten Bestimmungen, die der Regelung durch die Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Soweit es sich dabei um Zuständigkeitsregelungen handelt, ... Im Übrigen wurde bei der Abfassung dieses Abschnittes getrachtet, nur dort in bestehende Regelungen einzugreifen, wo dies durch das Gemeinschaftsrecht geboten ist."

Das ZollR-DG regelt somit die Durchführung des seit in Österreich anzuwendenden Zollrechts der EG, greift aber - wie in den Erläuterungen ausdrücklich hingewiesen - nicht in das vor dem Beitritt bestandene autonome Zollrecht ein, falls dies nicht durch das Gemeinschaftsrecht geboten wäre. Ein solches Gebot des Eingriffes des Gemeinschaftsrechtes in die Verjährungsbestimmungen der vor dem Beitritt entstandenen Abgabenschuldigkeiten ist in keiner Weise ersichtlich, weil die Nacherhebung dieser Zollschuld zugunsten des Bundes erfolgt und ausserhalb der Kompetenzen und Interessen der Europäischen Gemeinschaften liegt.

Die Übergangsbestimmungen des Abschnittes H § 122 Abs. 2 ZollR-DG lauten in der Stammfassung (BGBl. Nr. 659/1994):

"Für die Vorschreibung (buchmäßige Erfassung und Mitteilung) und Einhebung einer vor dem Beitritt entstandenen Zollschuld gilt ab dem Beitritt das Zollrecht (§ 2), für den Erlass oder die Erstattung jedoch nur hinsichtlich der Fristen."

Der Begriff Vorschreibung ist in den Verfahrensgesetzen nicht näher definiert und erfasst im Fall einer sehr weiten Auslegung beinahe den gesamten Verfahrens- und materiellen Rechtsbereich (unter anderem letztlich auch die Frage, wer eine vor dem Beitritt entstandene Abgabenschuldigkeit vorzuschreiben habe - es bestand i kein Zweifel, dass insofern nach der alten Rechtslage vorzugehen war). Bei der Interpretation des Begriffes Vorschreibung im § 122 Abs. 2 ZollR-DG war daher auf die Gesetzesmaterialien zurückzugreifen. Danach war es die erkennbare Absicht des Gesetzgebers den Begriff Vorschreibung, eng zu sehen und innerhalb der durch den Klammerausdruck des § 122 Abs. 2 ZollR-DG näher bezeichneten Bereiche - buchmäßige Erfassung und Mitteilung - zu halten. Jedenfalls bestand kein Grund für die Annahme, die Anwendung der Neuregelung der Verjährungsbestimmungen des § 74 Abs. 2 ZollR-DG wäre durch das Gemeinschaftsrecht auch für die vor dem Beitritt entstandenen Abgabenschuldigkeiten geboten.

Es waren daher nach dieser Rechtslage ab für die nach dem Beitritt entstandenen Eingangsabgaben die Verjährungsbestimmungen des § 74 Abs. 2 ZollR-DG, für vor dem Beitritt entstandenen Eingangsabgaben aber die vor dem in Kraft gestandenen Verjährungsbestimmungen anzuwenden. Dafür sprach auch die nach "altem" Recht unbekannte Unterscheidung in Eingangs- und Ausgangsabgaben einerseits und andererseits in Einfuhr- und Ausfuhrabgaben im § 74 Abs. 2 ZollR-DG. Das ZollG 1988 kannte nur die Begriffe Eingangs- bzw. Ausgangsabgaben und nicht die Begriffe Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und es war nicht verständlich, warum die ins ZollR-DG übernommene Terminologie des Zollkodex auch im Anwendungsbereich des ZollG 1988 und damit unterschiedliche Verjährungenfristen für den Zoll und die sonstigen Eingangs- bzw. Ausgangsabgaben gelten sollten.

Mit der ZollR-DG Novelle BGBl. Nr. 13/1998 wurde der § 122 Abs. 2 neu formuliert. Er lautet nunmehr:

"Für die Vorschreibung (buchmäßige Erfassung, Mitteilung, Verjährung, Fristen und Modalitäten für die Entrichtung) und Einhebung einer vor dem Beitritt entstandenen Zollschuld gilt ab dem Beitritt das Zollrecht (§ 2), für Erlass-, Erstattungs-, Vergütungs- oder Nichterhebungsmaßnahmen nach den Bestimmungen des ZollG 1988 jedoch nur hinsichtlich der Fristen."

Ab dieser im Bundesgesetzblatt am verlautbarten Gesetzesänderung umfasst der Begriff "Vorschreibung" nach § 122 Abs. 2 ZollR-DG auch die Verjährung. Daher gilt ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung in dieser Fassung § 74 Abs. 2 ZollR-DG auch für die vor dem Beitritt entstandenen Abgabenschuldigkeiten.

Auf den vorliegenden Fall findet aber noch § 207 Abs. 2 erster Satz BAO in der Fassung vor Inkrafttreten des BG BGBl. Nr. 651/1994 Anwendung. Danach beträgt die Verjährungsfrist bei Zöllen und sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben, soweit die Abgabenschuld nicht kraft Gesetzes entstanden ist, ein Jahr, bei den Verbrauchsteuern drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben (einschließlich der Zölle und sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben, soweit die Abgabenschuld kraft Gesetzes entstanden ist) und bei Beiträgen fünf Jahre. Da die Fahrzeuge "im Sommer", also jedenfalls im Jahre 1992 ins Zollgebiet eingebracht wurden, war im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Bescheide die fünfjährige Frist noch im Laufen.

Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am