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VwGH vom 20.03.1996, 94/03/0045

VwGH vom 20.03.1996, 94/03/0045

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des Paragleitclub T in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. I/7-L-P-373/0-6, betreffend Bewilligung von Außenabflügen gemäß § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den an sie gerichteten Antrag des Beschwerdeführers vom auf Erteilung einer Bewilligung zur Durchführung von Außenabflügen mit Paragleitern vom Grundstück Nr. xxx/1 in der Gemeinde Lilienfeld gemäß § 9 Abs. 4 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957 (LFG), ab. Zur Begründung des Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt: Der Beschwerdeführer habe dem Antrag auf Durchführung von Außenabflügen eine Benützungsvereinbarung für das Grundstück Nr. xxx/1 mit der S-GesmbH (Pächterin des Grundstückes) beigelegt. Der Eigentümer des Grundstückes, das Zisterzienserstift Lilienfeld, habe im Verwaltungsverfahren schriftlich bekanntgegeben, daß er die Zustimmung zur Durchführung der beantragten Außenabflüge (und Außenlandungen) verweigere. Er habe weiters vorgebracht, daß ihm als Pächterin nur die Stadtgemeinde Lilienfeld bekannt sei; weder die Stadtgemeinde Lilienfeld noch die S-GesmbH wären aber berechtigt, ohne Zustimmung des Grundeigentümers Vereinbarungen über die Benutzung des Grundstückes für Außenabflüge zu treffen. Der Beschwerdeführer habe, nachdem ihm Parteiengehör gewährt worden war, vorgebracht, die S-GesmbH sei in sämtliche Pacht- und Bestandsverhältnisse zwischen dem Stift Lilienfeld und der Stadt Lilienfeld eingetreten; im übrigen werde es deshalb nicht zu einem nachteiligen Eingriff in das Eigentum des Stiftes Lilienfeld kommen, weil nicht ein regelmäßiger Flugbetrieb beabsichtigt sei. Der Beschwerdeführer habe auch den von der Stadtgemeinde Lilienfeld abgeschlossenen Unterbestandsvertrag vorgelegt. Für die belangte Behörde stehe aufgrund des Ermittlungsverfahrens fest, daß der Grundeigentümer die Zustimmung zur beantragten Benutzung verweigert habe. Aus den von dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergebe sich die Befugnis des Pächters zur Erteilung einer derartigen Zustimmung nicht. Gemäß § 9 Abs. 4 des Luftfahrtgesetzes sei die Außenlandung oder der Außenabflug nur zulässig, wenn der über das betroffene Grundstück Verfügungsberechtigte mit der Benutzung einverstanden sei. Da somit die Voraussetzungen für die beantragten Außenabflüge nach dem Luftfahrtgesetz nicht vorlägen, habe der Antrag abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 11 Abs. 1 LFG definiert Luftfahrzeuge als Fahrzeuge, die sich zur Fortbewegung von Personen oder Sachen in der Luft ohne mechanische Verbindung mit der Erde eignen, gleichgültig, ob sie schwerer als Luft (z.B. Flugzeuge, Segelflugzeuge, Schwingenflugzeuge, Hubschrauber, Tragschrauber und Fallschirme) oder leichter als Luft (z.B. Luftschiffe und Freiballone) sind.

Solcherart unterliegt es keinem Zweifel, daß auch Paragleitschirme als Luftfahrzeuge im Sinne des § 11 Abs. 1 LFG anzusehen sind.

§ 9 LFG lautet:

"Außenlandungen und Außenabflüge

(1) Zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen dürfen, soweit nicht in den Abs. 2 bis 4 und in § 10 etwas anderes bestimmt ist, nur Flugplätze (§ 58) benützt werden.

(2) Für Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) ist, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt.

(3) Außenabflüge und Außenlandungen von Militärluftfahrzeugen sind zulässig, wenn öffentliche Interessen, die das Interesse am Außenabflug beziehungsweise an der Außenlandung überwiegen, nicht entgegenstehen.

(4) Wenn es sich um die Benützung einer Landfläche handelt, ist die Außenlandung oder der Außenabflug gemäß Abs. 2 oder 3 außerdem nur zulässig, wenn der über das Grundstück Verfügungsberechtigte mit der Benützung einverstanden ist.

(5) Für Fallschirmabsprünge außerhalb von Flugplätzen gelten die Bestimmungen des Abs. 2 bis 4 sinngemäß."

§ 10 LFG lautet:

"Nichtbewilligungspflichtige Außenlandungen und Außenabflüge

(1) Die Bestimmungen des § 9 gelten nicht

a) für unvorhergesehene, aus Sicherheitsgründen erforderliche oder durch Mangel an Triebkraft oder Auftriebskraft erzwungene Außenlandungen (Notlandungen) und für der Eigenrettung dienende Fallschirmabsprünge,

b) für Landungen und Abflüge im Zuge von Rettungs- oder Katastropheneinsätzen sowie bei Unfallsuntersuchungen gemäß § 137 Abs. 1,

c) für Außenlandungen von Segelflugzeugen und Freiballonen.

(2) ...

(3) ...

(4) ..."

Aus dem Wortlaut des § 9 LFG (Abs. 2 und Abs. 4) ergibt sich, daß für Außenabflüge (und Außenlandungen) eines Zivilluftfahrzeuges außerhalb eines Flugplatzes einerseits eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich ist, andererseits aber der Außenabflug (die Außenlandung) nur zulässig ist, wenn zudem der über das betroffene Grundstück Verfügungsberechtigte mit der Benützung einverstanden ist. Die Bewilligung durch den Landeshauptmann ist zu erteilen, wenn überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

Die genannte Regelung des § 9 LFG läßt erkennen, daß die Zustimmung des über das betroffene Grundstück Verfügungsberechtigten nicht Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung durch den Landeshauptmann gemäß § 9 Abs. 2 LFG ist. Das Gesetz geht vielmehr davon aus, daß trotz erteilter Bewilligung durch den Landeshauptmann der Außenabflug (die Außenlandung) nur dann in nicht rechtswidriger Weise durchgeführt wird, wenn zusätzlich das Einverständnis des Verfügungsberechtigten über das betroffene Grundstück vorliegt (vgl. Halbmayer/Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht, § 9 LFG, Seiten 26 b und 26 d). Im Gegensatz dazu regelt § 10 LFG bestimmte Fälle nicht bewilligungspflichtiger Außenabflüge und Außenlandungen; in diesen Fällen hat der über das Grundstück Verfügungsberechtigte die Pflicht, den Außenabflug (die Außenlandung) zu dulden (vgl. nochmals Halbmayer/Wiesenwasser, § 9 LFG, Seite 26 d).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Einverständniserklärung des über das betroffene Grundstück Verfügungsberechtigten nicht Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung gemäß § 9 Abs. 2 LFG ist. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die beantragte Bewilligung ausschließlich wegen des Fehlens der Zustimmung im Sinne des § 9 Abs. 4 LFG versagt und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.