VwGH vom 21.01.1998, 96/16/0057
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der K-KG in W, vertreten durch Dr. Herbert Mayer, Rechtsanwalt in Wien IV, Prinz-Eugen-Straße 4, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. MD-VfR-K 38/95, betreffend Haftung für Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem "Mietvertrag" vom vermietete die Beschwerdeführerin die Geschäftsräume in Wien, K.-Gasse 7, an die S. GmbH. Das Mietverhältnis begann nach der Vertragsurkunde am . Nach Punkt 4. der Vertragsurkunde bestand der Mietgegenstand aus zwei Gasträumen, Küche und WC-Anlage. Nach diesem Vertragspunkt durfte der Mietgegenstand nur zum Betrieb einer Gaststätte verwendet werden. In § 12 der Vertragsurkunde wurden folgende Inventargegenstände angeführt: 3 Tische, 3 Sitzecken, 3 Bar-Hocker, 3 Spiegel, 3 Wandlampen, 1 Wanduhr, 1 Kompl. Schankpult mit Kühlung, 1 Kaffeemaschine,
1 Kaffeemühle, 1 Biermixautomat, 1 Eiskasten, 1 Gasherd, 1 Abwasch, 1 Grill, 4 Lampen, 3 Tische, 6 Sessel, 1 Regal.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung für Getränkesteuer der Steuerschuldnerin S. GmbH für die Zeit vom Jänner 1993 bis September 1993 samt Nebengebühren im Betrag von S 21.824,-- herangezogen. Die Abgabenbehörde verwies in der Begründung auf § 4 des Wiener Getränkesteuergesetzes, wonach der Verpächter für Steuerbeträge haftet, die auf die Betriebsführung des Pächters entfallen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe an der angeführten Adresse niemals einen Gastwirtschaftsbetrieb geführt. Die Beschwerdeführerin habe mit der S. GmbH lediglich einen Mietvertrag abgeschlossen, wobei Einrichtungsgegenstände mitvermietet worden seien.
Die gegen den Haftungsbescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, deswegen, weil nach Einstellung des Betriebes durch die N. GmbH zum der Bestandvertrag mit der S. GmbH abgeschlossen und die Betriebsform eines Kaffeehauses (Espresso) beibehalten worden sei, müsse das Vorhandensein eines Kundenstockes bejaht werden. Das Fehlen einer Gewerbeberechtigung sei ohne Bedeutung, weil die Bedarfsprüfung bei Gast- und Schankgewerben seit 1974 weggefallen sei. Dazu komme, daß der Bestandnehmer nur einen Gaststättenbetrieb führen durfte, was das Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung und Fortführung eines solchen Betriebes zeige.
Nach dem Inhalt der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, nicht zur Haftung von Getränkesteuer der S. GmbH herangezogen zu werden.
Die belangte Behörde verfaßte eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Eine Unternehmenspacht im Sinne der Haftungsbestimmung des § 4 Wiener Getränkesteuergesetz 1992, LBGl. Nr. 3, liegt in der Regel vor, wenn tatsächlich ein lebendiges Unternehmen (im weitesten Sinn) Gegenstand des Bestandvertrages ist. Neben den Räumen muß dem Bestandnehmer in der Regel auch das beigestellt werden, was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens und dessen wirtschaftlichen Fortbestand gehört. Bei Gastronomieunternehmen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der tragenden Unternehmensgrundlagen Lokal- und Geschäftseinrichtung davon auszugehen, daß der Erwerber in der Lage sein muß, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung einen dem vorangegangenen gleichwertigen Gewerbebetrieb fortzuführen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0066, mit weiteren Hinweisen).
Im Beschwerdefall wurden neben den Geschäftsräumlichkeiten die Einrichtigungsgegenstände des in Rede stehenden Gastronomieunternehmens in Bestand gegeben. Mit diesem Bestandgegenstand wurde dem Bestandnehmer ermöglicht, den vom bisherigen Bestandnehmer, der N. GmbH, angeführten Espressobetrieb unverändert fortzusetzen. Nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin selbst wurden die Einrichtungsgegenstände anläßlich der am erfolgten Räumung durch die vorherige Bestandnehmerin an die Beschwerdeführerin übergeben. Der Betrieb des Espressos wurde von der S. GmbH unmittelbar, nämlich mit , fortgesetzt. Da somit der Betrieb am selben Standort ohne Unterbrechung fortgesetzt wurde, ist die belangte Behörde auch zu Recht vom Vorhandensein eines Kundenstockes ausgegangen (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0066). Demgegenüber steht der Umstand, daß in der vorliegenden Vertragsurkunde eine Betriebspflicht nicht (ausdrücklich) vereinbart worden ist, der Annahme einer Unternehmenspacht nicht entgegen. Wenn somit die belangte Behörde bei der erforderlichen Betrachtung der Gesamtheit der vorliegenden Umstände zu der Auffassung gelangt ist, bei dem zwischen der Beschwerdeführerin und der S. GmbH bestandenen Rechtsverhältnis habe es sich um ein Pachtverhältnis gehandelt, so erscheint diese Folgerung zutreffend.
Die erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Auffassung, die Abgabenbehörde müsse zur Auslegung des Vertragswillens die Vertragsparteien darüber einvernehmen, ist schon deswegen unzutreffend, weil nach § 914 ABGB nicht zu erforschen ist, welchen subjektiven Willen die erklärende Partei hatte, sondern vielmehr, wie der andere Vertragsteil die Erklärung verstehen mußte (vgl. z.B. die Erkenntnisse je vom , Zl. 92/16/0159 und 92/16/0160).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.