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VwGH vom 25.09.1997, 96/16/0053

VwGH vom 25.09.1997, 96/16/0053

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der W Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. Gerhard Kucher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, St. Veiter Straße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 3/2/W-20/1/2/95, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Zollamt Klagenfurt entnahm am im Zuge einer Eingangsabfertigung bei der Beschwerdeführerin einer aus Italien stammenden Warensendung (2400 Flaschen, a 0,75 l, in 200 Kartons, die in der schriftlichen Anmeldung als "Qualitätswein weiß", in der Rechnung als "Frizzante" bezeichnet waren) eine Probe in Gestalt einer Flasche, reihte die Ware vorläufig antragsgemäß in die Waren-Nr. 2204 21 110 A9 (anderer Wein, mit einem Alkoholgehalt in Volumenteilen von 18 % Vol. oder weniger, in Flaschen, Weißwein) ein, fertigte die Ware durch Verzollung zum freien Verkehr ab und veranlaßte eine Untersuchung der gezogenen Probe durch die Technische Untersuchungsanstalt bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im folgenden kurz: TUA).

Am wiederholte sich dieser Vorgang betreffend eine ebenfalls aus Italien kommende Sendung von 3024 Flaschen, a 0,75 l, in 252 Kartons eines anderen Herstellers. Auch diese Sendung war in der Anmeldung als "Qualitätswein weiß" bezeichnet.

Im ersten Fall ergab die Untersuchung durch die TUA das Vorliegen von Schaumwein mit einem Kohlensäureüberdruck bei 20 Grad C von 4,0 bar, im zweiten Fall von 3,3 bar.

In beiden Fällen war mangels Parteiantrags bei der Zollabfertigung keine zusätzliche Musterprobe gezogen worden.

Nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse der TUA wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis darauf, daß die Waren zufolge des Überdrucks jeweils als Schaumwein in die Warennummer 2204 10 000 B7 einzureihen wären, zur Stellungnahme aufgefordert.

Daraufhin legte die Beschwerdeführerin dem Zollamt zu beiden Fällen Untersuchungszeugnisse der Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, vom 31. März bzw. vor, worin der Kohlensäureüberdruck bei 20 Grad C mit 2,6 bzw. 2,3 bar attestiert war. Die Beschwerdeführerin äußerte in diesem Zusammenhang die Meinung, die bei der Zollabfertigung gezogenen Muster hätten fehlerhafte, "oxydativ" gewordene Flaschen betroffen; möglicherweise wäre es durch weitere Gärung in den Flaschen zu einem Überdruck gekommen.

Mit Vorhalten vom 19. April und forderte das Zollamt die Beschwerdeführerin u.a. auf, einen Nachweis dafür zu erbringen, daß die von der Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, geprüften Flaschen aus den verzollten Sendungen stammten.

Ein solcher Beweis wurde in der Folge nicht erbracht. Insbesondere ergab eine Niederschrift vom , daß auch buchhaltungsmäßig nicht festgestellt werden konnte, aus welcher Sendung jene Proben stammten, die die Beschwerdeführerin der genannten Bundesanstalt zur Untersuchung eingesandt hatte.

Mit dem Untersuchungsergebnis der Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, konfrontiert, vertrat die TUA die Auffassung, eine Nachgärung könne für den Überdruck im vorliegenden Fall deshalb nicht verantwortlich sein, weil eine solche Nachgärung den Wein getrübt hätte; in beiden erhobenen Befunden hingegen seien die Waren aber als "klar" beschrieben worden. Die Bundesanstalt habe überdies keinen "gesamten Überdruck", der sich aus den Partikulardrucken der im Kopfraum (der Flasche) befindlichen Gase zusammensetze, angegeben. Für die Einreihung in den Zolltarif sei aber gemäß der Anm 1 zur Unternummer 2204 10 der gesamte Überdruck maßgebend. Die von der Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, angegebenen Werte widerlegten daher nicht, daß der maßgebliche Gesamtüberdruck über 3 bar betragen habe.

Das Hauptzollamt Klagenfurt reihte in weiterer Folge mit Bescheid vom im Rahmen einer endgültigen Festsetzung der Eingangsabgaben die betreffenden Waren als Schaumwein in die Warennummer 2204 10 000 B7 ein und berechnete die Eingangsabgaben neu.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin und warf der Abgabenbehörde u.a. vor, die gesamte Lieferung auf Grund von jeweils nur einer Warenprobe als Schaumwein behandelt zu haben. Ein Rückschluß von lediglich einer Flasche pro Lieferung auf die Gesamtmenge sei statistisch nicht möglich und auch nicht ausreichend begründbar.

Auch eine im Berufungsverfahren nochmals durchgeführte Überprüfung der Lagerbuchhaltung der Beschwerdeführerin erbrachte keinen Nachweis betreffend die Frage, ob der Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, tatsächlich Flaschen übersandt wurden, die aus den gegenständlichen Lieferungen stammten.

Die belangte Behörde wies die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, daß mangels entsprechender Parteianträge keine weiteren Muster zu ziehen gewesen wären. Gemäß § 57 ZollG 1988 seien aber die gezogenen Proben für die Beurteilung der Gesamtmenge maßgeblich.

In der Sachfrage folgte die belangte Behörde dem Untersuchungsergebnis der TUA und erachtete den Beweis für die Behauptung der Beschwerdeführerin, auch die der Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, übersandten Proben stammten aus den beiden beschwerdegegenständlichen Sendungen, für nicht mehr erbringbar. Die Buchhaltung der Beschwerdeführerin werde - wie die Überprüfung ergeben habe - so geführt, daß eine körperliche Identitätsfeststellung der Lagerbestände nicht möglich sei; insbesondere sei nicht auszuschließen, daß die an die Bundesanstalt für Weinbau, Eisenstadt, eingesandten Flaschen aus Warenbeständen stammten, die schon vor den verfahrensgegenständlichen Waren nach Österreich eingeführt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung von Zoll und Schaumweinsteuer und auf fehlerfreie Ermessensübung verletzt, wobei sie im Kern ihrer Argumentation die Meinung vertritt, die Behörde hätte sich nicht mit einer einzigen Stichprobe pro Warensendung begnügen dürfen. Die Beschwerdeführerin habe zwar keinen formellen Antrag auf weitere Probenziehungen gestellt, jedoch durch ihr umfangreiches Vorbringen in erster und zweiter Instanz unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß ihr die Ziehung einer Probe als verläßliches Beurteilungskriterium nicht ausreichend erschienen sei. Die Behörde hätte daher auf "Verlangen des Anmelders" weitere Probenziehungen vornehmen müssen. Ausdrücklich formulierte die Beschwerdeführerin den Beschwerdepunkt abschließend noch dahin, daß sie sich in ihrem subjektiven Recht "auf Überprüfung der Gesamtheit der angemeldeten Waren" verletzt erachtet.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, worin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 56 Abs. 8 und 57 (des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden) ZollG 1988 lauten:

"§ 56. ... (8) Bei der Beschau kann sich das Zollamt auf Stichproben beschränken, wenn aus diesen für die ganze Sendung auf das Vorhandensein der für das Zollverfahren maßgebenden Merkmale geschlossen werden kann. Eine Beschränkung auf Stichproben ist nicht mehr zulässig, wenn bei der stichprobenweisen Beschau eine Unrichtigkeit festgestellt wird, die für die Freigabe (Ausfolgung) der Waren oder die Festsetzung des Zolles von Bedeutung ist.

§ 57. Wenn die Beschau nach § 56 Abs. 8 auf Stichproben beschränkt oder sonstige Ermittlungen der Masse, der Menge, des Ursprungs oder der Art und Beschaffenheit der angemeldeten Waren nur für Teilmengen vorgenommen wurden, gilt das Ergebnis der Beschau und der sonstigen Ermittlungen für die Gesamtheit der angemeldeten Waren. Auf Verlangen des Anmelders sind jedoch weitere Waren zu beschauen, wenn er geltend macht, daß die Ergebnisse der stichprobenweisen Beschau auf den Rest der Waren nicht zutreffen."

Dazu ergibt sich aus den EBzRV, 533 Bl. z. d. sten. Prot.

Nr XVIII GP, 39 folgender Wille des Gesetzgebers:

"In Anlehnung an das EG-Zollrecht soll im neuen § 57 die Rechtsfolge einer stichprobenweisen Beschau klargestellt werden. Dadurch soll verhindert werden, daß die notwendige Abfertigungsbeschleunigung durch behauptete Verfahrensmängel unwirksam gemacht wird" (vgl. dazu jetzt Art. 68-70, insbesondere 71 Abs. 1 ZK).

Indem die Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich einräumt, seinerzeit im Rahmen der stichprobenweisen Beschau keinen Antrag auf Ziehung weiterer Proben gestellt zu haben, hat sie sich einerseits selbst für das weitere Verfahren in Beweisschwierigkeiten gebracht und andererseits rechtlich die Anordnung des Gesetzes hinzunehmen, daß eben das Ergebnis der stichprobenweisen Beschau für die Gesamtheit der angemeldeten Waren zu gelten hat (vgl. dazu auch die oben schon zitierte Bestimmung des Art. 70 Abs. 1 ZK). Die Sicherung der für die Geltendmachung seiner Rechte nach Gesetz oder Vertrag notwendigen Beweise ist vielmehr ausschließlich Sache des Anmelders. Die Beschwerdeführerin kann daher jetzt nicht mehr mit Erfolg geltend machen, daß jene Untersuchungsergebnisse, zu welchen die TUA auf Grund der zollamtlich gezogenen Proben gelangt ist, für die Gesamtheit der Lieferungen unmaßgeblich wären. Es wäre vielmehr Sache der Beschwerdeführerin, die gemäß § 56 Abs. 4 ZollG 1988 die Entnahme der Muster zu besorgen hatte, selbst gewesen, im Rahmen der amtlichen Probenziehung Bedenken dahingehend anzumelden, ob jeweils eine Flasche allein ausreicht, repräsentative Untersuchungsgrundlage für Mengen von 2400 bzw. 3024 Flaschen darzustellen. Nur im Wege einer solchen, bereits im Rahmen der zollamtlichen Beschau vorzunehmenden Antragstellung wäre der vom Gesetz beabsichtigte Zweck der Abfertigungsbeschleunigung nicht in Frage gestellt worden. Die nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin in einer rechtswidrigen Unterlassung weiterer Probenziehungen gelegene Mangelhaftigkeit des Verfahrens haftet dem angefochtenen Bescheid somit nicht an. Würde man es nämlich zulassen, daß eine Partei erst nach der durchgeführten stichprobenartigen Beschau mit dem Argument, die gezogenen Proben wären nicht repräsentativ für die Gesamtmenge, den Vorgang einer nur stichprobenweisen Beschau in Frage stellen könnte, dann wäre der vom Gesetz ausdrücklich beabsichtigte Beschleunigungseffekt vereitelt.

Da die Beschwerde darüberhinaus auch keine Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde gestützt auf das Gutachten der TUA vorgenommenen Beweiswürdigung aufzeigt und weil schließlich in der Vornahme einer stichprobenweisen Beschau (Probenziehung) je eine Flasche wie im vorliegenden Fall auch keine fehlerhafte Ermessensübung erkennbar ist, weil Warenproben nur in dem unbedingt notwendigen Umfang zu entnehmen sind (vgl. VfSlg. 8471), war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Fundstelle(n):
QAAAE-54511