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VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391

VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des M in W, geboren 1969, vertreten durch Dr. Wilfried Seist, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 200.814/1- VI/17/99, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages wegen entschiedener Sache (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein aus Bagdad stammender Staatsangehöriger des Irak, reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am einen Asylantrag. Als fluchtauslösendes Ereignis gab der Beschwerdeführer, der schon davor aus verschiedenen Gründen ins Blickfeld der Behörden geraten und zweimal wegen einer (ihm unterstellten) oppositionellen Haltung verhaftet worden sei, im Wesentlichen an, Anfang 1997 habe ihm ein ehemaliger Schulkollege eine Audiokassette mit regimekritischen Liedern und eine Zeichnung von vier Schweinen - diese hätten beim Falten des Blattes in bestimmter Weise das Portrait des Saddam Hussein ergeben - überlassen. Im Juni 1997 habe er eine Kopie der Kassette und der Zeichnung einem anderen Freund weitergegeben. Ein weiterer Freund, den der Beschwerdeführer seit seiner Kindheit kenne, habe ihm am die beglaubigte Kopie eines gegen ihn am selben Tag erlassenen Haftbefehles übergeben. In diesem Haftbefehl sei zwar der Grund angeführt gewesen, doch habe der Beschwerdeführer mit den "angegebenen Paragraphen und Zahlen" nichts anfangen können. Der Vater dieses Freundes, ein Richter des Gerichtes, von dem der Haftbefehl stamme, habe ihm aber ausrichten lassen, er solle "aus politischen Gründen sofort verschwinden". Er sei davon ausgegangen, dass der Haftbefehl gegen ihn wegen der erwähnten - vom Beschwerdeführer dem Bundesasylamt vorgelegten - Gegenstände ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer, über den bereits "ein dicker Akt" angelegt worden sei, habe nun befürchtet, hingerichtet zu werden.

Das Bundesasylamt hielt dieses Vorbringen - nämlich, dass gegen den Beschwerdeführer "aufgrund des Besitzes regimekritischer Materialien ein Haftbefehl erlassen worden ist" - aus näher dargestellten Gründen für nicht glaubwürdig und wies den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Die dagegen erhobene Berufung wies der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom als verspätet zurück. Ein Wiedereinsetzungsantrag blieb erfolglos.

Der Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom neuerlich einen Asylantrag. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass zwischenzeitlich "Nachfluchtgründe" eingetreten seien, die ihm "bestätigt" hätten, dass er bei "einer Rückkehr in den Irak jedenfalls wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus den in der GFK angeführten Gründen haben müsste". Sein Vater habe nämlich gegen Bestechung Kopien aus seinem Akt von der Generaldirektion für Sicherheit erhalten und dem Beschwerdeführer über einen in Libyen aufhältigen Bruder gesandt. Daraus gehe hervor, dass der Beschwerdeführer wegen "Aktivitäten gegen die Partei und die Revolution" verurteilt und sein Vermögen beschlagnahmt worden sei. Sein Vater sei auch von der Sicherheitsdirektion vorgeladen und über den Aufenthalt des Beschwerdeführers befragt worden. Nach den Informationen seines Vaters seien Freunde von ihm auch hingerichtet worden. Weiters machte der Beschwerdeführer mit eingehender Begründung geltend, dass ihm auch wegen der illegalen Ausreise und dem unerlaubten Auslandsaufenthalt bei einer Rückkehr in den Irak Verfolgung drohe.

Bei seiner Vernehmung vor dem Bundesasylamt am gab der Beschwerdeführer unter anderem an, seine Gründe für den zweiten Asylantrag seien "die gleichen, wie bei meinem ersten Asylantrag und jetzt habe ich aber Beweismittel erhalten, die mein Vorbringen ergänzen und beweisen sollen". In diesem Sinne legte der Beschwerdeführer (samt beglaubigter Übersetzungen) unter anderem die Kopien von Schreiben des Präsidiums der Republik vom an das Finanzministerium über die Beschlagnahme seines Eigentums und vom über die Ausschreibung des Beschwerdeführers zur Festnahme sowie einen Brief seines Bruders aus Libyen vom , in dem mitgeteilt werde, dass der Vater des Beschwerdeführers seinetwegen mehrmals eingesperrt worden sei und der Beschwerdeführer gesucht werde, und schließlich einen Brief des Vaters an den erwähnten Bruder vor.

Mit Bescheid vom wies das Bundesaslyamt diesen zweiten Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache (im Wesentlichen) mit folgender Begründung zurück:

"Die Begründung Ihres neuerlichen Asylantrages reicht nicht aus, einen neuen, gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen.

Von den vorgelegten Schriftstücken sind in diesem Verfahren nur die lediglich in Kopie vorhandenen Schreiben über die angebliche Beschlagnahme Ihres Eigentums, datiert mit (Anlage 1 im Akt), und über Ihre Ausschreibung zur Festnahme, datiert mit (Anlage 2), maßgeblich.

Grundsätzlich beziehen sich diese beiden Kopien sowie auch die anderen vorgelegten Schriftstücke und Briefe von Angehörigen auf einen Sachverhalt, der auch schon zum Zeitpunkt der Entscheidung über Ihren ersten Antrag gegeben und bereits Gegenstand Ihres ersten Asylverfahrens war. Die lediglich in Kopie vorgelegten Schreiben weisen eine derart schlechte Qualität auf, dass eine Beurteilung auf die Authentizität überhaupt nicht möglich ist. Alleine schon aus dem Inhalt der 'Dokumente' bestehen aber erhebliche Zweifel daran, dass es sich um Kopien von Originalschreiben der Generaldirektion für Sicherheit handelt. So sind zwar in beiden Kopien Ihr Name unter Angabe der Adresse angeführt, nicht aber Ihr Geburtsdatum. Überdies weisen beide Schreiben unterschiedliche Aktenzahlen auf, auch der Festnahmeauftrag vom trägt eine andere Zahl als jener der von Ihnen bereits in Ihrem ersten Verfahren vorgelegte. Es ist aber nicht anzunehmen, dass von der Sicherheitsdirektion in Bagdad unter verschiedenen Aktenzahlen, ohne in den Schreiben Ihr Geburtsdatum anzuführen, gefahndet wird. Dies umso mehr, als der angebliche Festnahmeauftrag vom an die 'Grenzübergänge und Direktionen sämtlicher Provinzen' ergangen sein soll. Die Feststellung der Identität einer Person ohne Angabe des Geburtsdatums ist aber auch im Irak nicht möglich.

Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den 'Dokumenten' um minderwertige Kopien handelt und weitere Ungereimtheiten in diesen Unterlagen vorhanden sind, ist davon auszugehen, dass es sich hiebei um Falsifikate handelt, die zum Zwecke der Unterstützung eines neuen Asylantrages beschafft worden sind.

Auch die vorgelegten Briefe von Ihrem Vater und Ihrem Bruder sind nicht geeignet, ein von Ihren eigenen Aussagen unabhängiges Bescheinigungsmittel zu konstituieren. Es muss jedenfalls davon ausgegangen werden, dass Sie zwecks Übermittlung der nunmehr vorgelegten Schreiben mit Ihren Angehörigen Kontakt aufgenommen und ihnen mitgeteilt haben, welche Schreiben Sie zu welchen Sachverhalt benötigen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut eines Briefes von Ihrem Bruder an Sie (Brief vom , "Wie

von Dir verlangt, habe ich Dir ... geschickt.").

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die vorgelegten Unterlagen Ihr Vorbringen in der Gesamtheit bestätigen und kann daher von der erkennenden Behörde kein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt werden.

Auch soweit Sie vorbringen, dass durch Ihren längeren Auslandsaufenthalt und durch die illegale Ausreise Nachfluchtgründe entstanden seien, so sind Sie darauf hinzuweisen, dass beides auch schon im Zeitpunkt der Entscheidung über Ihren ersten Asylantrag gegeben war und daher auch keinen neuen Sachverhalt zu begründen vermag."

Rechtlich folgerte das Bundesasylamt, aufgrund der Tatsache, dass "kein maßgeblicher neuer Sachverhalt festgestellt werden konnte", sei der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde zunächst kritisiert, dass die Erstbehörde bei der Frage, ob entschiedene Sache vorliege, die "Glaubhaftigkeit des Vorbringens" geprüft habe. Das wäre "vielmehr (nur) Aufgabe eines meritorischen Verfahrens gem. § 7 AsylG". Im Übrigen entgegnete der Beschwerdeführer, es sei nicht richtig, dass sich "der wesentliche Sachverhalt gegenüber dem rechtskräftigen früheren Bescheid nicht geändert hätte: Sowohl die Beschlagnahme meines Eigentums, datiert mit , als auch der Festnahmebefehl gegen mich, datiert mit , wurden nach Rechtskraft des ersten Bescheides (vom ) wirksam. Es sind dies zwar Konsequenzen des Sachverhaltes, den ich im früheren Verfahren vorgebracht habe, (sie) bilden aber dennoch für sich einen neuen Tatbestand."

Diese Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.

Die belangte Behörde traf die - auf eine in diesem Sinn in der Berufungsverhandlung wiederholte Aussage des Beschwerdeführers gegründete - "Feststellung", der Beschwerdeführer stütze seinen zweiten Asylantrag auf die gleichen Gründe wie seinen ersten Asylantrag. Dem entsprechend ging die belangte Behörde im Weiteren davon aus, der Beschwerdeführer habe im zweiten Asylverfahren kein "mit neuen Beweismitteln unterlegtes Vorbringen dergestalt erstattet, dass durch Hinzutreten neuer, gefährlicherer Umstände eine wesentliche Sachverhaltsänderung gegenüber dem letzten zu dieser Frage festgestellten Sachverhalt (im Bescheid des Bundesasylamtes vom ) eingetreten sei." Unter Bezugnahme auf die zwei Schreiben des Präsidiums der Republik führte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang Folgendes aus:

"Wenn mit diesen beiden Urkunden bewiesen werden soll, 'dass gegen den Berufungswerber eine Verurteilung erfolgt ist und nicht bloß, wie im ersten Verfahren vorgelegt, ein Haftbefehl ausgestellt wurde' (Verhandlungsprotokoll, Seite 5), kann aber im Zusammenhalt mit den amtsbekannten Verhältnissen im Irak keine Rede sein von einem Hinzutreten neuer, gefährlicherer Umstände:

Würde man nämlich den im ersten Verfahren behaupteten Sachverhalt als wahr und den damals schon (in angeblich beglaubigter Kopie) vorgelegten Haftbefehl als echt fingieren, hätte der Berufungswerber mit hoher Wahrscheinlichkeit mit den gleichen Sanktionen zu rechnen gehabt, wie nunmehr mit den neuen Urkunden bewiesen werden soll. Ist es doch durch seine Aussage erwiesen, dass die Kausalität in beiden Asylverfahren ident ist (Verhandlungsprotokoll, Seite 3 und 5), woraus zu schließen ist, dass aufgrund der extrem harten Vorgangsweise der irakischen Behörden auch kein Unterschied gemacht wird, ob eine Verurteilung vorliegt oder bloß ein Haftbefehl, soll doch der dem Haftbefehl zugrunde gelegene Sachverhalt zur gegenständlichen Verurteilung geführt haben. Insofern ist es also belanglos, dass zwischenzeitlich ein Urteil vorliegen soll. Der Berufungswerber hatte jedenfalls bereits seinen ersten Asylantrag unter anderem damit begründet, dass er Angst gehabt hätte, hingerichtet zu

werden. ... Darin, ob dem Berufungswerber wegen dieser beiden

Tatbestände (Besitz der Tonbandkassette mit regimekritischen Liedern und des beleidigenden Bildes des irakischen Präsidenten) ein Strafverfahren wegen regierungskritischer Aktivitäten 'nur' gedroht habe oder bereits abgeschlossen sei, können aber - unter dem Blickwinkel der amtsbekannten Verhältnisse im Irak - keine für ihn gefährlicheren Konsequenzen erblickt werden, zumal beim Irak kein Maßstab wie sonst bei einem durchschnittlichem Rechtsstaat angelegt werden kann."

Darüber hinaus vertrat die belangte Behörde auch die Auffassung, es könne "nicht festgestellt werden, dass seit der letzten materiellen Entscheidung (Bescheid des Bundesasylamtes vom ) eine Verurteilung des Berufungswerbers durch ein irakisches Gericht erfolgte bzw. ein Festnahmeauftrag erlassen und zur Untermauerung dieses Vorbringens im gegenständlichen Asylverfahren echte Urkunden vorgelegt worden seien." Im Rahmen der diesbezüglichen Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, "nicht zuletzt aufgrund des ausdrücklichen Vorbringens in der Verhandlung" seien nur die zwei Schreiben des Präsidiums der Republik betreffend "Beschlagnahme der Eigentümer" und betreffend "Festnahme" maßgeblich. Diese Urkunden könnten nicht als echt qualifiziert werden. Die belangte Behörde schloss sich insoweit der Argumentation im erstinstanzlichen Bescheid an, wonach "die lediglich in Kopie vorgelegten Schreiben eine derart schlechte Qualität aufweisen, dass eine Beurteilung der Authentizität überhaupt nicht möglich" sei. Die Erstbehörde sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich "bei den 'Dokumenten' um minderwertige Kopien handelt und weitere Ungereimtheiten in den Unterlagen vorhanden sind.". Außerdem habe der Beschwerdeführer gar nicht bestritten, dass derartige Kopien in Bagdad käuflich zu erwerben seien. Dass diese Urkunden "praktisch von jeder Person" hergestellt werden könnten, bedürfe keiner näheren Erläuterung. Von der Vorlage tauglicher Beweismittel könne somit keine Rede sein. Die belangte Behörde habe aber auch "berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers als Person", weil er eine Urkunde mit einer handschriftlichen Ausbesserung vorgelegt und (im angefochtenen Bescheid beispielsweise erwähnte) widersprüchliche Aussagen getätigt habe.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 68 Abs. 1 AVG und des § 44 Abs. 5 AsylG sowie zu diesen Bestimmungen von der Rechtsprechung entwickelter Rechtssätze fallbezogen, dass gegenüber dem im Bescheid vom festgestellten Sachverhalt keine wesentliche Änderung eingetreten sei, weil jedenfalls keine neuen, gefährlicheren Umstände hinzugetreten seien. Es habe auch von keinem glaubwürdigen Kern des Vorbringens ausgegangen werden können, weil nur bedenkliche Urkunden vorgelegt worden seien. Die "übrigen Nachfluchtgründe" (gemeint: eine Verfolgungsgefahr wegen der illegalen Ausreise und dem Auslandsaufenthalt) seien schon während des ersten Asylverfahrens vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt sich so deuten, dass die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers einerseits dahin beurteilte, ihm sei (mangels Behauptung maßgeblicher gefahrenerhöhender Umstände) eine relevante Sachverhaltsänderung nicht zu entnehmen, und andererseits dahin würdigte, es weise (insbesondere mangels unbedenklicher Urkunden als Beweismittel) keinen "glaubwürdigen Kern" auf.

Die Beschwerde hält dem ersten Begründungsteil entgegen, seit dem rechtskräftig erledigten ersten Asylverfahren habe sich die Situation insofern geändert, als der Beschwerdeführer mittlerweile im Irak in einem Staatssicherheitsprozess verurteilt, aufgrund dieser Verurteilung die Enteignung angeordnet, sein Vermögen beschlagnahmt und ein weiterer, an die "Direktionen sämtlicher Provinzen" und an die Grenzkontrollstellen übermittelter Haftbefehl ausgestellt worden sei. Im Zuge dieser Vorgänge sei der Vater des Beschwerdeführers durch die Sicherheitsdirektion Bagdad einer Befragung über den Verbleib des Beschwerdeführers unterzogen worden und es sollen sogar Freunde des Beschwerdeführers Hinrichtungen zum Opfer gefallen sein. Entgegen der Meinung der belangten Behörde sei jemand, gegen den bereits eine Verurteilung vorliege, seiner "strafweisen Einkerkerung oder Hinrichtung bereits um einiges nähergerückt" als jemand, dem sein Prozess noch bevorstehe. Selbst im Irak bestehe vor einer Verurteilung immerhin noch die Möglichkeit, "irgendwie - und sei es über Beziehungen oder Bestechung - einen Freispruch zu erwirken" oder sich der Verfolgung durch Flucht zu entziehen. Angesichts einer bevorstehenden Hinrichtung sei auch der "Zeitfaktor" ganz wesentlich, weil immer noch die Hoffnung auf eine Lagebesserung bestehe und gerade im Irak - so die Beschwerde aus damaliger Sicht (Juli 2002) - in den nächsten ein bis zwei Jahren ein erzwungener Regimewechsel bevorstehen dürfte. Im Übrigen seien bereits konkrete, durch die Verurteilung bedingte Nachteile eingetreten, indem der Beschwerdeführer "komplett" enteignet und die Suche nach ihm intensiviert worden sei.

Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer im Recht:

1.1. Gemäß § 23 AsylG (in der hier maßgeblichen Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) findet auf Asylverfahren, soweit nicht anderes bestimmt wird, das AVG Anwendung. Nach dem die Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens betreffenden § 69 Abs. 1 Z 2 AVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) oder neu hervorgekommene Beweismittel - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/20/0467).

1.2. In diesem Zusammenhang ist voranzustellen, dass die belangte Behörde nicht angenommen hat, die vom Beschwerdeführer zur Begründung seines zweiten Asylantrages vor allem ins Treffen geführte gerichtliche Verurteilung sei schon vor der rechtskräftigen Beendigung des ersten Asylverfahrens erfolgt und diesbezüglich wäre nur eine Wiederaufnahme in Betracht gekommen. Auch wenn der Beschwerdeführer insoweit konkrete Zeitangaben unterlassen hat, dürfte die belangte Behörde somit das Vorbringen in der Berufungsverhandlung, wonach die Verurteilung "in der Zwischenzeit" (im Sinne von: nach der Beendigung des ersten Verfahrens) erfolgt sei, zugrundegelegt haben. Ebenfalls bereits an dieser Stelle ist anzumerken, dass die Aussage des Beschwerdeführers, beide Asylanträge würden auf "die gleichen Gründe" gestützt, zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob entschiedene Sache vorliegt, schon deshalb nicht wesentlich beiträgt, weil im Zusammenhang mit dem übrigen Vorbringen erkennbar nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass auch die im zweiten Verfahren behaupteten Verfolgungsmaßnahmen aus dem Vorwurf des Besitzes von regimekritischem Material resultieren.

2.1. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/20/0315, mit weiteren Nachweisen).

2.2. Nach der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 5 AsylG (in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) begründen abweisliche Bescheide aufgrund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, sowie des Asylgesetzes 1991 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache. Erkennbares Ziel dieser Bestimmung ist es, dass das Inkrafttreten des AsylG nicht zum Anlass genommen werden soll, unter bloßer Berufung auf die geänderte Rechtslage rechtskräftig erledigte Asylverfahren neu aufzurollen. Ein nach den früheren Asylgesetzen ergangener "abweislicher" Bescheid führt demnach dann zur Zurückweisung des neuerlichen Asylantrages, wenn er dieselbe Partei betrifft und keine relevanten Sachverhaltsänderungen vorliegen; mit anderen Worten, ein solcher Bescheid steht - nach der hier anzuwendenden Rechtslage - einer inhaltlichen Erledigung eines neuerlichen Asylantrages derselben Partei nur bei einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0480).

2.3. Es ist daher das - im erstinstanzlichen Verfahren über den gegenständlichen Zweitantrag erstattete - Vorbringen zu Tatsachen, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Verfahrens eingetreten sind, auf das Vorliegen von relevanten Sachverhaltsänderungen zu prüfen, wobei dies an dem im Vorbescheid - das ist hier der Bescheid des Bundesasylamtes vom - angenommenen Sachverhalt zu messen ist (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0480, mit weiteren Nachweisen). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann.

2.4. Das hat die belangte Behörde verkannt, weil sie bei dieser Beurteilung nicht von der mangelnden Glaubwürdigkeit des im ersten Verfahren behaupteten Sachverhaltes und den darauf gegründeten negativen Feststellungen im Vorbescheid ausgegangen ist, sondern hypothetisch die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt hat ("Würde man nämlich den im ersten Verfahren behaupteten Sachverhalt als wahr und den damals schon (in angeblich beglaubigter Kopie) vorgelegten Haftbefehl als echt

fingieren, hätte ... mit den gleichen Sanktionen zu rechnen

gehabt, wie nunmehr mit den neuen Urkunden bewiesen werden soll."). Gemessen daran, dass die vom Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren behaupteten Fluchtgründe für nicht glaubhaft erachtet wurden, stellen die dem Vorbringen im gegenständlichen Asylantrag zufolge nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Verfahrens vorgenommenen Verfolgungshandlungen (Verurteilung durch ein irakisches Gericht im Zusammenhang mit dem Besitz regimekritischen Materials, Beschlagnahme des Vermögens, Fahndungsmaßnahmen) - falls feststellbar (dazu unten Punkt 3.) - aber jedenfalls Sachverhaltsänderungen, deren asylrechtliche Relevanz von der belangten Behörde nicht in Frage gestellt wurde, dar. Soweit die Zurückweisung des Asylantrages auf die gegenteilige Annahme gestützt wurde, erweist sie sich - außer in Bezug auf die bereits während des ersten Verfahrens gegebene Verfolgungsgefahr wegen illegaler Ausreise und dem Auslandsaufenthalt - somit als verfehlt.

2.5. Der von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang für maßgeblich erachteten Frage, ob die nunmehr behaupteten Verfolgungshandlungen im Verhältnis zu den im ersten Verfahren geltend gemachten Maßnahmen eine "Gefahrenvergrößerung" darstellen, kam unter den vorliegenden Umständen keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Das hätte allenfalls dann eine Rolle spielen können, wenn der erste Asylantrag trotz Wahrunterstellung der vorgetragenen Fluchtgründe - etwa aus rechtlichen Erwägungen, wegen des Bestehens einer inländischen Schutzalternative oder wegen der Annahme von Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 1991 (vgl. dazu das schon mehrfach erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0480) - abgewiesen worden wäre. Allerdings ist anzumerken, dass auch den diesbezüglichen Überlegungen der belangten Behörde, die in der Beschwerde zutreffend kritisiert werden, nicht hätte gefolgt werden können. Sowohl unter dem Gesichtspunkt der Eingriffsnähe als auch der Eingriffsintensität ließe sich in Bezug auf die befürchteten Strafsanktionen (hier nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers: seine Hinrichtung) nicht sagen, es mache keinen Unterschied, ob nur ein Haftbefehl erlassen worden sei oder bereits eine gerichtliche Verurteilung vorliege. Bei einem Gerichtsurteil handelt es sich im Verhältnis zu einem im strafrechtlichen Vorverfahren erlassenen Haftbefehl nicht nur um die Fortsetzung gleichartiger Verfolgungshandlungen, die als bloße zeitliche Weiterführung schon bisher gesetzter Maßnahmen angesehen werden könnte. Nach dem Vorliegen eines Urteiles ist vielmehr die Gefahr des Vollzuges der verhängten Strafe entscheidend vergrößert, kommen doch ein Freispruch oder eine Verfahrenseinstellung nicht mehr in Betracht und üblicherweise werden - wie hier auch behauptet - die Fahndungsmaßnahmen intensiviert. Ist eine Strafverfolgungsmaßnahme als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren (das hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall, wie erwähnt, nicht in Frage gestellt), dann könnten daher die (erweisbare) Beendigung des Strafverfahrens und das Vorliegen eines Strafurteiles gegenüber den bloß im Zuge des strafrechtlichen Vorverfahrens zur Ergreifung des Verdächtigen gesetzten Maßnahmen - auch bei deren Wahrunterstellung im Vorbescheid - eine wesentliche Sachverhaltsänderung darstellen. Entgegen der vor allem mit dem Hinweis auf die "extrem harte Vorgangsweise der irakischen Behörden" begründeten Ansicht der belangten Behörde hätten diese Überlegungen auch auf die - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (April/Mai 2002) damals noch gegebenen - Verhältnisse im Irak unter dem Regime des Saddam Hussein zugetroffen. Die Beschwerde hat in diesem Zusammenhang - aus den oben wiedergegebenen Gründen -

zutreffend aufgezeigt, dass auch unter den damaligen Gegebenheiten im Irak das Vorliegen eines Gerichtsurteiles im Verhältnis zu einem Haftbefehl (insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht) eine maßgebliche Gefahrenvergrößerung in Bezug auf die Strafvollstreckung bewirkt hätte.

3.1. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung aber auch auf beweiswürdigende Überlegungen gestützt. Dem tritt die Beschwerde zunächst mit dem schon in der Berufung vorgetragenen Einwand entgegen, für die Beurteilung, ob entschiedene Sache vorliege, sei es "nicht erforderlich, die Glaubhaftigkeit des Vorbringens zu überprüfen. Dies wäre vielmehr Aufgabe eines meritorischen Verfahrens gemäß § 7 AsylG (Unabhängiger Bundesasylsenat, Zl. 205.136/0-VIII/22/98)."

3.2. Diese Auffassung widerspricht allerdings der - jedenfalls in Bezug auf wiederholte Asylanträge - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 98/20/0467, und daran anschließend das den in der Beschwerde zitierten Bescheid aufhebende Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0173, sowie aus jüngerer Zeit das bereits mehrfach genannte Erkenntnis Zl. 2002/20/0315, das weitere Hinweise auf Vorjudikatur enthält). Danach muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.

3.3. In diesem Sinne hat sich die belangte Behörde grundsätzlich zu Recht beweiswürdigend mit der Echtheit und dem Inhalt der vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente auseinandergesetzt. Sie ist dabei zu dem Schluss gekommen, die Urkunden könnten nicht als echt qualifiziert werden.

3.4. Dieser Einschätzung tritt die Beschwerde mit gewichtigen Argumenten, die sich detailliert mit den Überlegungen der belangten Behörde auseinander setzen, entgegen und sie zeigt im Ergebnis eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung auf. Die belangte Behörde hat die Qualität der Kopien als derart minderwertig angesehen, dass "eine Beurteilung der Authentizität überhaupt nicht möglich ist". Ihre Schlussfolgerung, es handle sich um nicht echte Urkunden, sondern um "Falsifikate", beruht auf der (eigenständigen) Beurteilung ihres Inhaltes. Eine solche Einschätzung in Bezug auf die zweifelsfrei überprüfungswürdigen Urkunden lässt sich in tragfähiger Weise - ohne entsprechende Kenntnisse der diesbezüglichen Behördenmodalitäten - jedoch nicht allein mit dem Fehlen des Geburtsdatums und der Unterschiedlichkeit der Aktenzahlen rechtfertigen. Gleiches gilt für die Annahme, derartige Urkunden seien in Bagdad käuflich zu erwerben, weil sich daraus - ohne Feststehen ihrer Unechtheit - fallbezogen noch nicht ergibt, dass die vorgelegten Dokumente auf diese Art beschafft wurden. Für eine nachvollziehbare Würdigung der vom Beschwerdeführer vorgelegten behördlichen Schreiben hätte es vielmehr zunächst einer fachmännischen Beurteilung ihrer Echtheit und ihres Inhaltes bedurft, was die belangte Behörde nicht erkannt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/20/0168, mit weiteren Nachweisen). Schon deshalb hat sie ihre - vor allem auf die "Bedenklichkeit" der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden gestützte - Auffassung, dem Vorbringen fehle ein glaubhafter Kern, nicht nachvollziehbar begründet. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang noch zu bemängeln, dass sich die belangte Behörde bei der Würdigung jener Umstände, die sie für die "Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers als Person" als ausschlaggebend angesehen hat, mit seinen jeweiligen Rechtfertigungen und Erklärungsversuchen, die auch von der Beschwerde ins Treffen geführt werden, im angefochtenen Bescheid nicht auseinander gesetzt hat.

4. Der angefochtene Bescheid war somit aus den dargestellten Gründen wegen (der prävalierenden) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

5. Der Kostenzuspruch beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am