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VwGH 02.04.1990, 90/19/0078

VwGH 02.04.1990, 90/19/0078

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VwRallg;
RS 1
Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert es, seine Verantwortung nicht darauf zu beschränken, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterläßt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0398/64 E VwSlg 7400 A/1968 RS 2
Normen
AVG §19 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a litb;
RS 2
Wird in der dem Besch zugestellten Ladung der ihm zur Last gelegte Sachverhalt umschrieben, so wird damit dem Erfordernis des § 19 Abs 2 AVG entsprochen. Es besteht keine Notwendigkeit, dem Besch darüber hinaus die Subsumtion der ihm angelasteten Übertretungen in einer dem § 44 a lit b VStG entsprechenden Weise zur Kenntnis zu bringen. Dies ist auch nicht für eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG erforderlich (Hinweis E , 87/18/0029).
Normen
RS 3
Für die Einhaltung der Schutzbestimmungen des KJBG 1948 ist, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person ist, gem § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich veranwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (Hinweis E , 88/08/0005), im Falle einer GmbH also deren handelsrechtlicher Geschäftsführer.
Normen
VStG §9 Abs1 idF 1983/176;
VStG §9 Abs2 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
RS 4
Um von einem verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG sprechen zu können, ist gemäß Abs 4 dessen nachweisliche Zustimmung zu seiner Bestellung erforderlich. Diese Bestellung wirkt erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird. Erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen (Hinweis E , 84/10/0115, VwSlg 11596 A/1984). Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/18/0073 E VS VwSlg 12375 A/1987 RS 4
Normen
RS 5
Das zum Tatbestand der Verwaltungsübertretungen nach § 17 Abs 1, § 18 Abs 1 und § 19 Abs 1 KJBG 1948 weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG, bei denen der Besch glaubhaft machen muß, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Dazu bedarf es der Darlegung, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (Hinweis E , 88/08/0005).

Entscheidungstext

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom , Zl. 5-212 Sche 20/18-89, betreffend Übertretungen des KJBG

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz erließ gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis vom (Spruchteile gemäß § 44a lit. a, b und c VStG 1950):

"Sie haben im Hotel Z, Wien, X-Straße, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der 'T-GmbH' am Standort Graz, H-Gasse, lt. Strafantrag des Arbeitsinspektorates Graz vom , wie anläßlich einer Überprüfung am und am festgestellt werden konnte,

1.) am die drei Jugendlichen a) A, geb. , b) B, geb. und c) K, geb. , im Rahmen der Ausstellung beschäftigt,

2.) am die Jugendlichen a) P, geb. , b) C, geb. , c) A und d) B um 20.30 Uhr mit Verpackungsarbeiten beschäftigt gehabt,

obwohl Jugendliche sonntags bzw. nach 20.00 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen und

3.) den Jugendlichen a) A und b) B durch ihre Beschäftigung am Sonntag und Montag, die ihnen zustehende 43 stündige Wochenfreizeit, in die der Sonntag zu fallen hat, nicht gewährt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) § 18 Abs. 1 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz, BGBl. 1948/146 i.d.g.F.

2.) § 17 Abs. 1 leg. cit. 3.) § 19 Abs. 1 leg. cit. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie zugunsten der Stadt Graz, folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von S 5.000,-- pro Übertretung, insgesamt .... S 45.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzarrest von sieben Tagen pro Übertretung, insgesamt .... 63 Tage, gemäß § 30 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz, BGBl. 1987/599."

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge gegeben "und das Strafausmaß auf 2.000,-- S je Verwaltungsübertretung - d.s. 18.000,-- S (18 Tage) - vermindert".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß aus der Formulierung "(18 Tage)" im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, ob damit 18 Tage Primärarrest, 18 Tage Ersatzfreiheitsstrafe oder in Anlehnung an das Strafgesetzbuch 18 Tagessätze gemeint seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß bei verständiger Gesamtbetrachtung des Spruchinhaltes des angefochtenen Bescheides im Zusammenhalt mit den des erstinstanzlichen Bescheides keine Zweifel daran bestehen können, daß mit dem Klammerausdruck die Gesamtdauer der - herabgesetzten - Ersatzfreiheitsstrafe umschrieben wird, wobei auf jede der für die neun Übertretungen verhängten Geldstrafen von S 2.000,-- eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen entfällt.

Wenn der Beschwerdeführer ferner bemängelt, daß die Geburtsdaten der "angeblichen" Jugendlichen A und B weder im erstinstanzlichen Straferkenntnis noch im angefochtenen Bescheid enthalten seien, so übersieht er, daß diese Daten im Spruch des insoweit von der belangten Behörde übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit "" bzw. "" angegeben wurden. Da die genannten Personen somit zur Tatzeit das 18 Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie zu diesem Zeitpunkt noch als Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 KJBG gegolten haben könnten, steht ihre Qualifiaktion als Jugendliche gemäß § 3 Z. 1 leg. cit. außer Zweifel.

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde seinem Einwand, die Jugendliche K stehe in keinem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis zur "T-GmbH", nicht nachgegangen sei. Mit diesem Vorbringen vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Aufgrund der vom Arbeitsinspektorat anläßlich der Überprüfung getroffenen Feststellung, daß die genannte Jugendliche am im Rahmen einer von der T-GmbH durchgeführten Ausstellung beschäftigt war, konnte die belangte Behörde vom Bestehen eines Dienstverhältnisses zwischen dieser Gesellschaft und der Jugendlichen ausgehen. Mit der durch keinerlei Beweisanbot gestützten bloßen Behauptung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, daß K in keinem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zur angeführten Gesellschaft stehe, wurde der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren nicht gerecht. Diese Verpflichtung hätte es erfordert, den Erhebungsergebnissen konkrete, über eine bloße Bestreitung hinausgehende Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Da der Beschwerdeführer dies unterlassen hat, bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführte (vgl. n.v.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 86/02/0147, 87/02/0063).

Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Verfahren fehle es an der "notwendigen einleitenden Verfügung", weil in der Ladung (des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung vor der erstinstanzlichen Behörde am ) nicht angeführt worden sei, welche Gesetzesbestimmungen er übertreten habe, ist unbegründet. In der dem Beschwerdeführer am zugestellten Ladung vom wurde mit der Umschreibung des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Sachverhaltes dem Erfordernis des § 19 Abs. 2 AVG 1950 nach Angabe des Gegenstandes der Amtshandlung entsprochen. Es bestand keine Notwendigkeit, dem Beschwerdeführer darüber hinaus die Subsumtion der ihm angelasteten Übertretungen in einer dem § 44a lit. b VStG 1950 entsprechenden Weise zur Kenntnis zu bringen. Dies ist auch nicht für eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 erforderlich (vgl. n.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/18/0029).

Schließlich wendet der Beschwerdeführer ein, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, sein Vorbringen, nicht er, sondern die Personalchefin des Unternehmens, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer er sei, sei für die Arbeitseinteilung zuständig gewesen, durch Vernehmung dieser Personalchefin zu überprüfen. Auch diesem Beschwerdevorbringen muß der Erfolg versagt bleiben, weil damit kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt wird. Für die Einhaltung der Schutzbestimmungen des KJBG ist nämlich, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person ist, gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (vgl. n.v.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/08/0005), im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung also deren handelsrechtlicher Geschäftsführer. Von dieser ihn als solchen treffenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit hätte den Beschwerdeführer die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 befreien können. Auf eine derartige Bestellung könnte sich der Beschwerdeführer aber nur dann berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der ihm angelasteten Übertretungen stammender - Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten eingelangt wäre (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 12.375/A), was jedoch weder aus der Aktenlage hervorgeht noch vom Beschwerdeführer behauptet wurde. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich um sogenannte Ungehorsamsdelikte, bei denen der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 glaubhaft hätte machen müssen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Dazu hätte es der Darlegung bedurft, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/08/0005). Der Beschwerdeführer hat das Bestehen eines solcherart wirksamen Kontrollsystems nicht einmal behauptet, so daß ihn das oben skizzierte Vorbringen nicht von seiner Verantwortung zu entlasten vermag.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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Normen
AVG §19 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
KJBG 1948 §17 Abs1;
KJBG 1948 §18 Abs1;
KJBG 1948 §19 Abs1;
VStG §25 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a litb;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §9 Abs1 idF 1983/176;
VStG §9 Abs2 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VwRallg;
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime
Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190078.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAE-54456