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VwGH vom 20.12.2002, 99/02/0210

VwGH vom 20.12.2002, 99/02/0210

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

99/02/0209 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des JR in N, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, Am Hauptplatz 12/II, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/VA/1218/1999-Mag.Fl/S, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes "mangels Arbeitslosigkeit abgelehnt".

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer Bürgermeister der Marktgemeinde N. sei und ein monatliches Bruttoentgelt von S 31.207,-- erhalte; das ergebe ein monatliches Nettoentgelt von S 20.980,59 gemäß § 6 des Steiermärkischen Gemeinde-Bezügegesetzes (kurz: Stmk. GBezG), LGBl. Nr. 72/1997, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 13/1999. Da das monatliche Einkommen des Beschwerdeführers deutlich über dem im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Betrag (für 1999 betrage dieser S 3.899,--) liege, liege Arbeitslosigkeit nicht vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Berufung von der belangten Behörde nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass § 35 der (Stmk.) Gemeindeordnung, wonach die vom Beschwerdeführer ausgeübte Funktion ein Ehrenamt sei, ersatzlos gestrichen worden sei (vgl. Art. VIII des Steiermärkischen Bezügereformgesetzes, LGBl. Nr. 72/1997) und die Regelung der Bezüge von Organen von steirischen Gemeinden aktuell durch das Steiermärkische Gemeinde-Bezügegesetz (vgl. Art. VI des vorzitierten Steiermärkischen Bezügereformgesetzes) erfolgt sei. Es sei daher durch die geänderte Rechtslage eine andere Betrachtungsweise als 1995 zulässig bzw. notwendig. Im § 4 des Stmk. GBezG sei festgehalten, dass neben den zwölf Monatsbezügen noch ein Anspruch auf Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) bestehe, was für eine Aufwandsentschädigung absolut untypisch sei, weil der Geldleistung kein Zeitraum gegenüber stehe, in dem ein Aufwand entstehen könne. Wesentlich stärker spreche noch § 18 des Stmk. GBezG dagegen, dass es sich beim Bezug um eine Aufwandsentschädigung handle. Dieser regle nämlich die Vergütung von Aufwendungen und bestimme, dass den Organen die Vergütung der tatsächlichen, mit der Geschäftsführung verbundenen Auslagen gebühre. Es sei nicht anzunehmen, dass der Landesgesetzgeber Bezüge als Aufwandsentschädigung den Gemeindeorganen pauschal zubillige und im gleichen Gesetz bestimme, dass die tatsächlichen Aufwendungen noch gesondert zu vergüten seien. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei daher als Beschäftigung im Sinne des § 12 AlVG anzusehen und Arbeitslosigkeit zu verneinen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei zuletzt als technischer Angestellter von 1967 bis bei einem näher genannten Unternehmen beschäftigt gewesen. Dieses Dienstverhältnis sei im Hinblick auf sein Alter (er sei damals im 60. Lebensjahr gestanden) mit dem Argument, für jüngere Arbeitnehmer "Platz zu machen", gelöst worden. Seit sei der Beschwerdeführer arbeitslos. Der Beschwerdeführer sei in seiner Freizeit auch politisch aktiv und sei seit mehreren Jahren Gemeinderat in der Marktgemeinde N., wo er auch zum Bürgermeister gewählt worden sei.

Die Einordnung der Funktion eines gewählten Gemeinderates und Bürgermeisters in einen Typus "Beschäftigungsverhältnis" gemäß § 12 AlVG sei nicht möglich. Es werde wohl niemand behaupten können, dass diese Funktionsausübung ein Dienstverhältnis - allenfalls ein freies Dienstverhältnis - sei. Es gebe dazu auch keinen Dienstvertrag. Es handle sich auch nicht um eine gewerbliche selbstständige Tätigkeit. Niemand werde behaupten wollen, dass die Funktion eines Gemeinderates und auch die eines Bürgermeisters einen Betrieb darstelle. Auch gebe es hinsichtlich dieser gewählten Funktion keinen Werkvertrag, auf Grund dessen eine Beschäftigung im Sinne des § 12 AlVG abgeleitet werden könnte. Die Ausübung des Mandates stehe auch der Vermittlung des Beschwerdeführers auf dem Arbeitsmarkt nicht entgegen, weil er diese Funktion schon bisher neben seinem Beruf in der Freizeit ausgeübt habe und dies auch in Zukunft so handhaben werde.

Gemäß " 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Nach § 12 Abs. 3 AlVG gilt als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 insbesondere nicht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
wer in einem Dienstverhältnis steht;
b)
wer selbstständig erwerbstätig ist;
c)
.....
d)
wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist....
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientiert sich der Begriff der die Arbeitslosigkeit ausschließenden "Beschäftigung" im Verständnis des § 12 Abs. 1 AlVG nicht an den entsprechenden einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen, sondern zum Einen an der Ausgestaltung der Tätigkeit, aus der das Einkommen erzielt wird, und zum Anderen am Begriffsverständnis des (anspruchshindernden) Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach dem ASVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0012, m.w.N.).
Nach § 3 Abs. 1 Stmk. GBezG beginnt der Anspruch auf Bezüge mit dem Tag der Angelobung und endet mit dem Tag des Ausscheidens aus der Funktion.
Gemäß § 4 leg. cit. gebührt außer den Bezügen dem Organ der Gemeinde für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von einem Sechstel der Summe der Bezüge, die ihm nach diesem Landesgesetz für das betreffende Kalendervierteljahr tatsächlich zustehen (13. und 14. Monatsbezug).
In § 6 leg. cit. wird der Bezug des Bürgermeisters (abgestuft nach der Einwohnerzahl der Gemeinde) näher geregelt.
Nach § 18 Abs. 1 leg. cit. gebührt den Mitgliedern der Organe der Gemeinden, mit Ausnahme der Landeshauptstadt Graz, die Vergütung der tatsächlichen, mit der Geschäftsführung verbundenen Barauslagen.
Gemäß § 24 leg. cit. dürfen die Organe der Gemeinden auf Geldleistungen nach diesem Landesgesetz nicht verzichten.
Nach § 14 Abs. 1 der Stmk. Gemeindeordnung 1967 (kurz: GO), LGBl. Nr. 115, ist der Bürgermeister ein Organ der Gemeinde. Er wird gemäß § 19 GO vom Gemeinderat gewählt; er muss unbeschadet der Bestimmungen des § 23 GO nicht dem Gemeinderat angehören, jedoch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und in den Gemeinderat wählbar sein. Seine Funktionsdauer beginnt mit der Angelobung (§ 26) und endet mit der Angelobung des neuen Bürgermeisters. Seine Aufgaben sind im Wesentlichen in den §§ 45 ff GO geregelt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , VwSlg. Nr. 13.308/A im Zusammenhang mit der Ausübung der Funktion eines Bürgermeisters nach der NÖ. Gemeindeordnung näher ausgeführt hat, kann die Ausübung einer derartigen Funktion weder unter den Tatbestand des § 12 Abs. 3 lit. a, noch unter jenen des § 12 Abs. 3 lit. d AlVG subsumiert werden. Diese Tätigkeit ist aber auch nicht als selbstständige oder sonstige unselbstständige Erwerbstätigkeit zu werten. Dies kann sinngemäß auch auf den Beschwerdefall übertragen werden, zumal die Gemeinde, deren Bürgermeister der Beschwerdeführer ist, keine Stadt mit eigenem Statut ist und daher die Bezüge auch nicht über den durch die 44. ASVG-Novelle in § 253a Abs. 2 ASVG eingefügten Satz, welcher anordnete, dass auch die im § 23 Abs. 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezüge als Erwerbseinkommen auf Grund einer Erwerbstätigkeit gelten, als derartiges Erwerbseinkommen zu werten sind (vgl. dies diesbezüglichen Ausführungen im vorzitierten Erkenntnis vom ).
Da der Beschwerdeführer seine Funktion als Bürgermeister vor dem angetreten hat, war auf ihn auch nicht § 91 Abs. 1 dritter Satz ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997 zufolge der Übergangsbestimmung des § 572 Abs. 8 ASVG (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/19/0048) anwendbar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits in dem vorzitierten Erkenntnis vom darauf hingewiesen, dass die Aufzählung der Tatbestände des § 12 Abs. 3 AlVG nur veranschaulichende Bedeutung für die Definition der Arbeitslosigkeit durch § 12 Abs. 1 leg. cit. zukommt (arg.: "insbesondere") und unter den Begriff "Beschäftigung" im Sinne des zuletzt genannten Absatzes nicht nur die im § 12 Abs. 3 lit. a, b und d leg. cit. angeführten Tätigkeiten fallen.
Insoweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das , vermeint, dieser habe die Aussage getroffen, dass bei Funktionären von Gemeinden, die nicht unter § 23 Abs. 2 des Bezügegesetzes fielen, nach expliziter Auffassung dieses Gerichtshofes die für diese Funktion erhaltenen Leistungen nicht als Einkommen zu qualifizieren seien, sondern als Entschädigungen, die den Aufwand in Ausübung eines Ehrenamtes zustünden, übersieht er, dass diese Entscheidung noch auf der früheren Rechtslage nach § 35 Abs. 1 der Stmk. Gemeindeordnung aufbaut, die die Ausübung des Amtes eines Bürgermeisters ausdrücklich als Ehrenamt definierte, und der damals zu beurteilenden Aufwandsentschädigung vom Kläger nachgewiesene erhebliche monatliche Aufwendungen gegenüberstanden, sodass der Gerichtshof zu dem Schluss kam, dass "bei dieser Sachlage" nicht anzunehmen sei, dass die Aufwandsentschädigung dazu bestimmt sei, einen angemessenen Lebensunterhalt des politischen Mandatars sicherzustellen.
Der erstmals in der Beschwerde enthaltene - betragsmäßig nicht näher konkretisierte - Hinweis auf Aufwendungen, die der Beschwerdeführer aus den Bezügen als Bürgermeister zu leisten habe, stellt eine nach § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar.
Angesichts des Entfalls des Hinweises, dass die Ausübung eines Amtes eines Organs der Gemeinde ein Ehrenamt ist (ehemaliger § 35 Abs. 1 der Stmk. Gemeindeordnung), und angesichts der dargelegten Neuregelung der Bezüge durch das Stmk. Gemeinde-Bezügegesetz (regelmäßige Monatsbezüge und Sonderzahlungen, separate Vergütung von Aufwendungen) und der festgestellten Höhe der vom Beschwerdeführer regelmäßig für seine Tätigkeit als Bürgermeister nach diesem Gesetz bezogenen Geldleistungen sind diese Bezüge - anders als etwa in den den vorzitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs vom und des zu Grunde liegenden Fällen - als Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit zu werten, weshalb die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht den Anspruch des Beschwerdeführers auf Bezug des Arbeitslosengeldes abgewiesen hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am