VwGH vom 29.01.1996, 96/16/0015
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 13-1/B-342/1/94, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid vom leitete das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, daß er im Jahre 1990 im Bereich des Zollamtes Wien vorsätzlich Sachen, nämlich im Bescheid näher angeführte Schmuckstücke, hinsichtlich derer zuvor von einer nicht näher bekannten Täterin das Finanzvergehen des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG begangen worden sei, in Kenntnis dieser Herkunft an sich gebracht und hiemit ein Finanzvergehen nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Administrativbeschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, er sei davon ausgegangen, bei dem gesamten Schmuck handle es sich sowohl um tatsächlich ererbten als auch aus Erbschaftsgeld angeschafften und daher von der Zollpflicht ausgenommenen Schmuck. Dieser Irrtum beseitige jede Schuldform. Der Beschwerdeführer habe weder fahrlässig geschweige den vorsätzlich gehandelt. Berücksichtige man den Lebenslauf des Beschwerdeführers, insbesondere das Aufwachsen in Rußland in einer russischen Großfamilie, dann zeige sich, daß es für ihn durchaus normal und selbstverständlich gewesen sei, den Schmuck als Familienschmuck anzusehen, der durch Erbschaft nun auf ihn übergegangen sei. Damit falle die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Hehlerei weg.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Finanzstrafbehörde erachte auf Grund der Feststellungen bei der Vollziehung eines Hausdurchsuchungsbefehles des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , der Aussagen von I.B. vor dem Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz und der Verantwortung des Beschwerdeführers sowie der schriftlichen Eingabe vom den Tatvorwurf als hinreichend begründet. Demnach habe der Beschwerdeführer am zur Niederschrift erklärt, die in Rede stehenden Schmuckstücke seien teils von seiner Gatttin teils von der Schwester seiner Gattin für ihn als Eigentümer aus dem Zollausland eingebracht worden. Er habe gewußt, daß die Schmuckstücke keiner Zollbehandlung zugeführt worden seien, und habe sie aufgeteilt in seiner Wohnung, im Geschäftstresor der Firma und in seinem Banksafe verwahrt. Daraus ergebe sich zunächst, daß der Beschwerdeführer über ausländische unverzollte Sachen im Sinne des § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG verfügt habe. Wenn er zur subjektiven Tatseite einwende, er sei immer davon ausgegangen, es handle sich um geerbten, somit von der Zollpflicht ausgenommenen Schmuck, und er erblicke darin einen entschuldbaren Irrtum, der jede Schuldform beseitige, dann habe er diese Ansicht nicht glaubhaft zu untermauern vermocht, sodaß diese Behauptung nicht geeignet sei, von vornherein sein Verschulden auszuschließen. Auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse bestünden somit schwerwiegende Verdachtsgründe für den Tatvorwurf gegen den Beschwerdeführer.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich, aus der Beschwerde erkennbar, in seinem Recht auf Nichteinleitung des Finanzstrafverfahrens verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg. cit. zugekommenen Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt sich, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung des Strafverfahrens hat sie unter anderem dann abzusehen, wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann oder der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.
Es ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG sich stellende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.
Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigten genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Er ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/15/0061).
Wenn - wie von der belangten Behörde in der Beschwerde unwidersprochen festgestellt wird - ein Geschäftsmann ausländische eingeführte Waren, die für ihn als Eigentümer bestimmt waren und von denen er wußte, daß sie keiner Zollbehandlung zugeführt worden sind, übernimmt und sie dann anschließend in seiner Wohnung, im Geschäftstresor der Firma und in seinem Banksafe verwahrt, dann durfte die belangte Behörde ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes zu belasten, schon deswegen von einem begründeten Verdacht eines vorsätzlichen Finanzvergehens ausgehen. Das Beschwerdevorbringen, wonach die Legaldefinition des Vorsatzes im § 8 Finanzstrafgesetz zwingend die Voraussetzung fordere, daß der Beschwerdeführer wissen MUßTE - und nicht etwa hätte wissen können oder wissen müssen -, daß seine Handlung gegen abgabenrechtliche Pflichten verstößt, ist genausowenig geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, wie das weitere Beschwerdevorbringen wonach kein einziger Verdachtsgrund vorliege, der die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens rechtfertige.
Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Beschuldigte das Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den § 115 ff FinStrG vorbehalten. Verbleiben allenfalls nach Durchführung der Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten, dann hat nach dem Grundsatz von "in dubio pro reo" ein Freispruch zu erfolgen. Bei der Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist jedoch nicht erforderlich, daß das Finanzvergehen bereits zweifelsfrei nachgewiesen ist, sondern es genügen hinreichende Verdachtsgründe.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.