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VwGH vom 27.02.1997, 96/16/0011

VwGH vom 27.02.1997, 96/16/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der B-GmbH in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 155/4-9/Mü-1995, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erwarb zur Errichtung von

21 Arbeiterwohnstätten mit Kaufvertrag vom aus dem Gutsbestand der Liegenschaft EZ 266 insgesamt

23 Bauparzellen in einem Gesamtausmaß von 10.597 m2. Für diesen Erwerbsvorgang wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 beantragt.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern der Beschwerdeführerin für den angeführten Rechtsvorgang gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 4,070.000,-- und einem Steuersatz von 8 v.H.

Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 325.600,-- vor. In dem Prüfungsbericht des Finanzamtes vom , auf den in der Begründung des Bescheides verwiesen wurde, wurde festgehalten, es seien auf den von der Beschwerdeführerin erworbenen Grundstücken zum Teil Häuser errichtet worden. Bei Abschluß der Werkverträge mit den künftigen Erwerbern habe für diese die Möglichkeit bestanden, ein sogenanntes "Ausbauhaus" zu wählen. Das "Ausbauhaus" beinhalte den gesamten Rohbau mit Zwischenwänden, Kanalisierung, Außenputz, Dachstuhl mit Eindeckung sowie alle Fenster und Außentüren. Das Haus sei innen im Rohbau. "Ausbauhäuser" kosteten rund S 1,2 Mio und fertige Häuser ca. 1,6 Mio je nach Sonderwünschen. Als Ergebnis des Berichtes ergab sich die Feststellung, daß insgesamt

6.201 m2 dieser Grundstücksfläche im Sinne der beantragten Steuerbefreiung nicht begünstigt und 4.396 m2 begünstigt verwendet worden seien. Die Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 könne daher nicht zuerkannt werden, da der begünstigte Zweck (Errichtung von Arbeiterwohnstätten) zum überwiegenden Teil nicht erfüllt worden sei.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Tatsache, daß nach den vertraglichen Bestimmungen die Variante "Ausbauhaus" gewählt worden sei, bedeute noch nicht, daß von einer Errichtung durch die Erwerber auszugehen sei. Es müsse vielmehr für jeden Einzelfall ermittelt werden, welche Leistungen von der Beschwerdeführerin erbracht worden seien, damit festgestellt werden könne, ob die Schaffung der Arbeiterwohnstätten von der Beschwerdeführerin oder allenfalls erst von den Erwerbern erfolgt sei. Bei der Parzelle Nr. 12 sei das Haus außen vollständig einschließlich aller Fenster und Außentüren und innen einschließlich aller Installationen samt Zwischenwänden im Rohbau errichtet worden. Die Schlußrechnung habe S 1,420.000,-- und damit lediglich um 17,3 % weniger betragen, als die Errichtung des Normhauses mit S 1,713.559,-- durchschnittlich gekostet habe. Dies zeige, daß der Aufwand, den der künftige Erwerber des Hauses auf dieser Parzelle auf sich genommen habe, als geringfügig anzusehen sei. Bezüglich des Hauses auf Parzelle Nr. 13 hätten die späteren Erwerber die Fenster selbst beigestellt und eingebaut. Es liege ein bloß geringfügiger Eigenaufwand vor. Alleine bei Anerkennung dieser beiden Grundstücke im Gesamtausmaß von 1.003 m2 wären dann insgesamt 5.399 m2, somit mehr als die Hälfte der angekauften Grundstücke begünstigt verwendet worden.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und nach dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung keine Folge. Dies mit der Begründung, bei der Variante "Ausbauhaus" könne bei einer Preisdifferenz von ca. 17 % zu einem fertig errichteten Wohnhaus nicht von einer Geringfügigkeit der noch fehlenden Fertigstellungsarbeiten gesprochen werden. Aus der Präambel des Kaufvertrages gehe hervor, daß die Beschwerdeführerin beabsichtigt habe, 21 Arbeiterwohnstätten zu errichten. Schon daraus ergebe sich, in welcher Art und Weise das erworbene Grundstück genutzt bzw. verbaut werden sollte. Die nicht erfolgte Verwertung durch Verbauung und anschließenden Verkauf, wie auch der Verkauf von unbebauten Parzellen zur Nutzung als Gartenfläche hätten zur Folge, daß die Beschwerdeführerin das gesamte erworbene Grundstück nicht überwiegend dem begünstigten Zweck zugeführt habe. Es sei eine Grundstücksfläche von

6.201 m2, somit der überwiegende Teil, nicht begünstigt verwendet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden GrEStG 1955 unterliegt u.a. ein sich auf ein inländisches Grundstück beziehender Kaufvertrag der Grunderwerbsteuer.

Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz leg. cit. sind unter Grundstücken im Sinne des GrEStG 1955 Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen.

Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, so werden diese Grundstücke gemäß § 2 Abs. 3 erster Satz leg. cit. als ein Grundstück behandelt.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen.

Nach § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 unterliegt der im Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 bezeichnete Erwerbsvorgang mit dem Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn das Grundstück vom Erwerber nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist.

Das aus 23 Parzellen bestehende Grundstück bildet - im Verfahren unbestritten - eine wirtschaftliche Einheit gemäß § 2 Abs. 3 GrEStG 1955, die grunderwerbsteuerrechtlich einheitlich ohne Aufteilung auf wirtschaftliche Untereinheiten - wie dies in der Beschwerde gefordert wird - zu beurteilen ist. Eine Zerlegung des einheitlichen Erwerbsvorganges in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil kommt nicht in Betracht (vgl. Erkenntnis vom , 16/3023/80).

Der in Rede stehende Erwerbsvorgang unterliegt mit Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn vom Erwerber keine Arbeiterwohnstätten geschaffen wurden.

Wesentliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Erwerber des Grundstückes, der für seinen Erwerb die genannte Steuerbefreiung in Anspruch genommen hat, SELBST den steuerbegünstigten Zweck erfüllt, also auf diesem Grundstück selbst Arbeiterwohnstätten errichtet (vgl. Erkenntnis vom , 84/16/0011, 84/16/0012). Der Erwerber darf also die Schaffung der Arbeiterwohnstätten nicht einem Dritten überlassen.

Eine Arbeiterwohnstätte ist dann geschaffen bzw. errichtet, wenn die baulichen Arbeiten daran beendet sind. Dies wird in der Regel dann anzunehmen sein, wenn das Wohnhaus benützbar bzw. seinem Zweck entsprechend bewohnbar fertiggestellt ist (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer 1955, § 4 Abs. 1 Z. 2, 20/6H).

Die Beschwerdeführerin verkennt die Rechtslage, wenn sie die Auffassung vertritt, unter den Begriff "verwendet" im § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 falle auch die Weiterveräußerung an den künftigen Erwerber der Arbeiterwohnstätte, unabhängig davon, ob dieser Erwerber mehr oder weniger große Eigenleistungen erbringe, wenn im Ergebnis nur überhaupt eine Arbeiterwohnstätte errichtet werde. Das Gesetz fordert vielmehr, daß der Abgabenbegünstigte selbst den steuerbegünstigten Zweck erfüllt. Voraussetzung für die Abgabenbefreiung war somit die Errichtung der Arbeiterwohnstätten durch die Beschwerdeführerin selbst. Wird ein innen noch im Rohbau befindliches Haus als sogenanntes "Ausbauhaus" von der zur Errichtung verpflichteten Beschwerdeführerin weiterverkauft, dann kann von einer Schaffung einer Arbeiterwohnstätte durch die Beschwerdeführerin keine Rede sein, weil kein benützbares und fertiggestelltes Wohnhaus übergeben wurde. Die Beschwerdeführerin ist auch den im Abgabenverfahren getroffenen Feststellungen der Abgabenbehörden, die auf den Parzellen Nr. 12 und 13 errichteten "Ausbauhäuser" seien nicht als fertiggestellte Arbeiterwohnstätten weitergegeben worden, in der Beschwerde nicht konkret entgegengetreten.

Im Falle eines Erwerbes von 23 Parzellen, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören und nach § 2 Abs. 3 GrEStG 1955 grunderwerbsteuerrechtlich als ein Grundstück zu behandeln sind, kann der Erwerber den steuerbegünstigten Zweck nur dann erfüllen, wenn auf den jeweils vorgesehenen Bauparzellen Arbeiterwohnstätten errichtet werden. Bleibt eine solche Parzelle unverbaut oder wird sie als Garten weiterverwendet, dann ist der begünstigte Zweck hinsichtlich dieser Parzelle nicht als erfüllt anzusehen.

Die übrigen Feststellungen der Abgabenbehörden über den Umfang der nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 zu begünstigten bzw. nicht begünstigten Zwecken verwendeten Parzellen blieben im Verfahren unbestritten. Demnach kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall unter Einbeziehung, insbesondere auch der auf den Parzellen 12 und 13 errichteten "Ausbauhäuser" und der als Garten verwendeten Parzellen zu dem Ergebnis kam, die Beschwerdeführerin habe die erworbene Grundfläche, die gemäß § 2 Abs. 3 GrEStG 1955 als ein Grundstück zu behandeln ist, nicht überwiegend zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten verwendet und somit den begünstigten Zweck nach § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 nicht erfüllt.

Die Beschwerdeführerin rügt ferner in Verkennung der Rechtslage die Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes und das Vorliegen eines Begründungsmangels. Die Wesentlichkeit dieser Verfahrensmängel wurden im Beschwerdefall jedoch nicht konkret dargetan.

Da sohin das Beschwerdevorbringen weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch eine solche infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzeigen konnte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.