VwGH vom 27.01.1995, 94/02/0407
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-220531/30/Kon/Fb, betreffend Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch über die Strafe und der Vorschreibung von Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher angeführten Kommanditgesellschaft mit dem Sitz in S zu verantworten, daß am auf einer örtlich umschriebenen Baustelle in Linz drei Arbeitnehmer mit dem Eindecken der kuppelförmigen Dachfläche mit verzinktem Eisenblech beschäftigt worden seien, ohne daß die gesetzlichen Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen hintanzuhalten geeignet seien, eingehalten worden seien. Der Beschwerdeführer habe eine Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954) in Verbindung mit § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes begangen. Gemäß § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Weiters wurden Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Verfehlt ist die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Unzuständigkeit der eingeschrittenen Erstbehörde nicht beachtet. Es entspricht nämlich der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0246), daß bei Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften als Ort, an dem die Übertretung begangen wurde, jener Ort anzusehen ist, an dem die gesetzlich gebotene Vorsorgehandlung unterlassen wurde; dies ist der Sitz der Unternehmensführung. Daß aber unter diesem Blickwinkel das Straferkenntnis von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei, wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Der in der "Gegenäußerung" des Beschwerdeführers vom geltend gemachte Verstoß gegen die Vorschrift des § 51 Abs. 7 VStG liegt nicht vor: In Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes kommt dem Arbeitsinspektorat ein Berufungsrecht zu (§ 11 Abs. 3 ArbIG 1993), sodaß die Frist des § 51 Abs. 7 VStG im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kam (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0168).
Weiters war die belangte Behörde im Sinne der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12 375/A) auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist berechtigt, jene Gesellschaft, als dessen Geschäftsführer dem Beschwerdeführer die Tat zur Last gelegt wurde, richtig zu stellen.
Auch war es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht erforderlich, die fehlenden Sicherheitsmaßnahmen konkret anzuführen. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0163, und die dort zitierte Vorjudikatur) Tatumschreibungen in Hinsicht auf erforderliche, aber nicht vorhanden gewesene Sicherungseinrichtungen mit dem Wortlaut "Sicherungsmaßnahmen, die ein Abstürzen hintanhalten hätten können", "Einrichtungen ..., die geeignet gewesen wären, ein Abstürzen der Arbeitnehmer zu verhindern" und "Absturzsicherung" für unbedenklich befunden.
Was die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde habe zu Unrecht den Entlastungszeugen Johann M. nicht vernommen, so vermag der Beschwerdeführer auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Dies deshalb, weil er es unterläßt, die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen, obwohl ihm dies nach der ständigen hg. Rechtsprechung oblegen wäre.
Der Beschwerde ist dennoch - teilweise - Erfolg beschieden:
Die belangte Behörde oblag nämlich hinsichtlich der angewendeten Gesetzesbestimmung, auf welche die verhängte Strafe gestützt wurde (§ 44a Z. 3 VStG) einem Rechtsirrtum, weil nur § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes ohne Bezugnahme auf § 33 Abs. 7 leg. cit. angeführt wurde (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0043). Insoweit ist der Beschwerdeführer somit - sollte sein Vorbringen so zu verstehen sein - im Recht.
Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Schuldspruches gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, doch war ihr insoweit Folge zu geben, als der Strafausspruch samt der damit verbundenen Vorschreibung von Kosten des Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Für das fortgesetzte Verfahren sei der Beschwerdeführer darauf verwiesen, daß die belangte Behörde nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 92/03/0021) nicht gehindert ist, die Strafbestimmung auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zu berichtigen bzw. zu ergänzen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren für Schriftsatzaufwand war abzuweisen, da der Ersatz derselben nur einmal - pauschaliert - gebührt.