VwGH vom 31.01.2002, 96/15/0271
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde der J GmbH in N, vertreten durch Dr. Johann Mayerhofer und Dr. Herbert Handl, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 12/D 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7 - 1553/96, betreffend Sicherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt gemäß § 232 BAO in das Vermögen der Beschwerdeführerin die Sicherstellung näher bezeichneter Umsatzsteuerbeträge für die Zeiträume Juni 1994 bis November 1995 im Gesamtbetrag von 5,079.183 S an. Zur Begründung stützte sich das Finanzamt auf ein am begonnenes Prüfungsverfahren gemäß § 151 BAO betreffend Umsatzsteuer. Das Finanzamt gab dazu die bisherigen Prüfungsfeststellungen im Einzelnen wieder. Demnach sei auf Grund näher dargestellter Umstände zu schließen, dass die Beschwerdeführerin aus Eingangsfakturen einer T & T GmbH Vorsteuerbeträge deshalb zu Unrecht geltend gemacht habe, weil den Eingangsrechnungen vorgetäuschte Geschäfte (Scheingeschäfte) zu Grunde gelegen seien. Auch seien bisher als steuerfreie Ausfuhrlieferungen behandelte Umsätze wegen Fehlens der dafür erforderlichen Voraussetzungen als steuerpflichtig zu behandeln. Nach einer Auflistung der betroffenen Geschäftsfälle wird auf Seite 14 der Begründung zum Sicherstellungsauftrag unter Bezugnahme auf die angeführten Verbindlichkeiten laut Bilanz zum in Höhe von insgesamt rd. 9, 3 Mio. S ausgeführt, dass nach Ansicht des Finanzamtes eine erhebliche Gefährdung der Einbringung der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträge bzw. der nicht abgeführten Umsatzsteuer in Höhe von rd. 5 Mio. S bestehe. In Verbindung mit den von der Beschwerdeführerin angegebenen übrigen Einkünften sei nicht mit einer zeitnahen Abstattung des aus der zu erwartenden Vorsteuerrück- bzw. Umsatzsteuerforderung resultierenden Rückstandes zu rechnen.
In der Berufung vom brachte die Beschwerdeführerin vor, das Finanzamt gehe in der Begründung des Sicherstellungsauftrages davon aus, dass sie wegen unterstellter Scheingeschäfte nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Tatsache sei aber, dass "es sich um keine Scheingeschäfte gehandelt hat", und dass die Lieferfirma, die Firma T & T, diese an die Beschwerdeführerin durchgeführten Lieferungen nicht an das Finanzamt gemeldet bzw. nicht die entsprechende Zahllast an das zuständige Finanzamt abgeführt habe. Diese Sachlage sei dem für die UVA-Prüfung zuständigen Finanzamt bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung des Sicherstellungsbescheides bekannt gewesen. Da das Recht auf Vorsteuerabzug für die Beschwerdeführerin auch dann bestehen bleibe, wenn die Vorlieferanten die Umsätze nicht erklärten bzw. die entsprechenden Zahllasten nicht abführten, werde die UVA-Prüfung kein wesentliches Mehrergebnis erbringen. Aus diesem Grund werde daher um sofortige Aufhebung des Bescheides ersucht.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren richteten sich gegen das Entstehen des Abgabenanspruches, indem die Beschwerdeführerin das Vorliegen von Scheingeschäften bestreite und sich daher als vorsteuerabzugsberechtigt erachte. Auf Grund der bisherigen Feststellungen der UVA-Prüfung, welche in der Begründung zum Sicherstellungsauftrag vom im Einzelnen sehr deutlich und schlüssig dargelegt worden seien, seien die Lieferungen der T & T GmbH an die Beschwerdeführerin jedoch als absolute Scheingeschäfte zu qualifizieren. Die Geltendmachung der Vorsteuerbeträge seitens der Beschwerdeführerin sei damit unzulässig gewesen. Wegen der hohen Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin gegenüber Banken und anderen Darlehensgläubigern sowie auf Grund der schwer wiegenden Mängel in der Buchführung und des Verdachtes einer Abgabenhinterziehung sei die Voraussetzung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung nach § 232 Abs. 1 BAO erfüllt. Die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Beschwerdeführerin sei damit zu Recht erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Absatz 2 dieser Gesetzesstelle normiert, dass der Sicherstellungsauftrag u.a. die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld sowie die Gründe zu enthalten hat, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt.
Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid iS des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0217, mwN).
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde im Wesentlichen mangelnde Sachverhaltsfeststellungen in Bezug auf die Frage der Erschwernis der Einbringlichkeit der Abgaben vor. Dazu ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in der Berufungsschrift vom die im Sicherstellungsauftrag unter Hinweis auf die Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin dargestellte Gefährdung der Einbringung mit keinem Wort bekämpft hat. Mit welchem "Vorbringen des Steuerpflichtigen, vor allem was seine wirtschaftliche Lage anlangt", sich die belangte Behörde nicht in ausreichender Weise auseinander gesetzt hätte, verschweigt die Beschwerde. Eine erst in der Beschwerde erhobene Kritik an einer fehlenden "Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen" unterliegt dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG. Im Übrigen konkretisiert auch die Beschwerde nicht, warum zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages keine wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin gegeben gewesen wäre, die eine Gefährdung der Einbringlichkeit der - hohen - Abgabenschulden rechtfertigte.
Zur Frage der "unterstellten Scheingeschäfte" hat sich die Berufung im Wesentlichen auf die Behauptung beschränkt, es sei Tatsache, dass es sich um keine Scheingeschäfte gehandelt habe. Da dieses Vorbringen in keiner Weise eine Auseinandersetzung mit den ausführlichen Darlegungen im Sicherstellungsauftrag vom (den darin wiedergegebenen Feststellungen der Umsatzsteuervoranmeldungsprüfung) enthielt, konnte sich die belangte Behörde darauf beschränken, auf diese zu verweisen. Die Beschwerde vermag daher auch hier keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Dass durch "diverse Fotos und Unterlagen" belegt worden wäre, dass tatsächlich keine Scheingeschäfte vorgelegen seien, und "Zeugen genannt und Unterlagen vorgelegt" worden wären, welche jedoch von der Behörde nicht zur Kenntnis genommen worden seien, ist eine Beschwerdebehauptung, die in der Beschwerde weder näher erläutert wird noch in der Aktenlage Deckung findet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am