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VwGH vom 26.02.1990, 90/19/0042

VwGH vom 26.02.1990, 90/19/0042

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom , Zl. 5-212 Ze 12/13-89, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Bestätigung der lit. b) bis d) und f) der Ziffer 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sowie der (sämtlichen) Aussprüche über die Strafen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Judenburg richtete mit Datum an den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

"Wie eine am vom Arbeitsinspektorat Leoben durchgeführte Erhebung ergeben hat, haben Sie als verantwortlicher Lehrherr im Gasthaus S, V-Straße 1.) den Lehrling E, geb. , beschäftigt und hatte die Genannte

a) in der 2. (5. bis ), 3. (12. bis ), 4. (19. bis ), 5. (26. bis und ),

6. (2. bis ) und 7. (9. bis ) Woche des Jahres 1987 eine tägliche Arbeitszeit vom 10.00 bis 15.00 Uhr und von 17.00 bis 23.00 Uhr zu verfahren.

Täglich betrugen die Pausen für das Einnehmen der Mahlzeiten höchstenfalls 1 Stunde.

aa) Unter Berücksichtigung der Zimmerstunden und der Essenspausen ergibt sich daraus eine tägliche Arbeitszeit von 10 Std. und eine wöchentliche von 60 Std.

Die im KJBG vorgeschriebene tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden wurde um 2 Stunden und die wöchentliche von 40 Std. um 20 Std. überschritten.

b) Dem genannten Lehrmädchen wurde in der og. Zeit die nach § 16 KJBG vorgeschriebene Ruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit von mind. 12 Std. vorenthalten, da es bis 23.00 Uhr arbeiten mußte und am nächsten Tag um 10.00 Uhr bereits wieder mit der Arbeit beginnen mußte.

c) Das gen. Lehrmädchen mußte in der obg. Zeit täglich bis 23.00 Uhr arbeiten, obwohl es nach § 17 Abs. 2 KJBG nur bis 22.00 Uhr beschäftigt werden durfte.

d) Dem gen. Lehrmädchen wurde die nach § 19 Abs. 2 KJBG vorgeschriebene Wochenfreizeit im Ausmaß von 43 Std. vorenthalten, da es ausschließlich nur am Dienstag frei hatte.

e) Dem gen. Lehrmädchen wurde die nach § 18 Abs. 3 KJBG vorgeschriebene Sonntagsruhe, die den Jugendlichen jede zweite Woche zu gewähren ist, vorenthalten.

f) Die geleistete Mehrarbeit wurde nicht, wie es der § 14 Abs. 1 und 2 KJBG, vorschreibt, entlohnt.

Weiters haben Sie 2.) den Koch-Kellner-Lehrling M geb. , im oben angeführten Gasthaus beschäftigt und hatte die Genannte a) in der 2. (5. bis ), 3.) (12. bis ), 4. (19. bis ), 5. (26. bis und ), 6. (2. bis ) und 7. (9. bis ) Woche des Jahres 1987 eine tägliche Arbeitszeit von 08.00 bis 14.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr zu verfahren. Bei Berücksichtigung eines freien Tages in der Woche und einer Zeit von einer halben Stunde zum Einnehmen der Mahlzeiten (die Genannte hat ausdrücklich erklärt, daß sie im Gesamten nur eine halbe Stunde zum Einnehmen der Mahlzeiten zur Verfügung hat),

aa) ergibt sich eine tägliche Arbeitszeit von 9 1/2 Stunden und eine wöchentliche von 57 Stunden,


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b)
Der Genannten wurden die geleisteten Überstunden nicht entlohnt.
c)
Sie hatte auch nicht jeden zweiten Sonntag arbeitsfrei und
d)
die 43-stündige Wochenfreizeit wurde ihr ebenfalls vorenthalten, da sie ausschließlich nur am Dienstag frei hatte.


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Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) a) § 11/1, aa) § 11/1, b) § 14/1 u. 2, c) § 16, d) § 17/1 u. 2, e) § 18/3, f) 19/2 d. Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen BGBl. Nr. 146/48 i. d.g.F. BGBl. Nr. 331/1973

2.) a) § 11/1, aa) 11/1, b) § 14/1 u. 2, c) § 18/3 d) § 19/2 d. Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen BGBl. Nr. 146/48 i.d.g.F. BGBl. Nr. 331/1973.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese un- gemäß §

Schilling einbringlich ist,

Ersatzarrest von

1.) S 35.000,-- 1.) 52 1/2 Tg. § 30

KJBG 1948

2.) S 25.000,-- 2.) 37 1/2 Tg.

(pro S 5.000,-- = 7 1/2 Tage)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

6.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 66.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

Der dagegen vom Beschwerdeführer rechtzeitig erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom mit der Maßgabe keine Folge, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Straftaten als Arbeitgeber begangen habe und die Bestrafung gemäß § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG, BGBl. Nr. 599, zu erfolgen habe. Weiters wurden dem Beschwerdeführer Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 KJBG darf die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen 8 Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird. Nach § 14 Abs. 1 leg. cit. gilt als Überstunde jede Arbeitsleistung, die über die nach § 11 Abs. 1 und 3 festgelegte Wochenarbeitszeit hinausgeht. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen gebührt den Jugendlichen für Überstunden ein Zuschlag. Er beträgt 50 v.H. des auf die Zeit der Überstundenleistung entfallenden Normallohnes (Lehrlingsentschädigung). Gemäß § 16 KJBG ist den Jugendlichen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren. Nach § 17 Abs. 1 leg. cit. dürfen Jugendliche in der Nachtzeit von 20.00 bis 6.00 Uhr nicht beschäftigt werden. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen dürfen im Gastgewerbe Jugendliche über 16 Jahre bis 22.00 Uhr beschäftigt werden. Im Grunde des § 18 Abs. 1 KJBG dürfen Jugendliche an Sonntagen und an den gesetzlichen Feiertagen (§ 1 des Feiertagsruhegesetzes 1957, BGBl. Nr. 153, in der geltenden Fassung) nicht beschäftigt werden. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen gilt das Verbot des Absatzes 1 u.a. nicht im Gastgewerbe. Gemäß § 18 Abs. 3 KJBG muß in den Fällen des Abs. 2 jeder zweite Sonntag arbeitsfrei bleiben. Nach § 19 Abs. 1 KJBG ist den Jugendlichen wöchentlich eine ununterbrochene Freizeit von 43 Stunden zu gewähren, in die der Sonntag zu fallen hat; diese Wochenfreizeit soll nach Möglichkeit spätestens um 14 Uhr am Samstag beginnen. Nach § 19 Abs. 2 leg. cit. gilt Abs. 1 nicht, soweit die Beschäftigung Jugendlicher an Sonntagen aufgrund des § 18 zugelassen ist. In den Fällen des § 18 Abs. 2 muß den Jugendlichen in der der Sonntagsarbeit folgenden Arbeitswoche eine ununterbrochene 43-stündige Freizeit gewährt werden.

Der Beschwerdeführer wendet sich unter dem Blickwinkel einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides gegen die kumulative Verhängung der Strafe, da die Überschreitung der täglichen Arbeitszeit und die Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Nichtgewährung der 12-stündigen Ruhezeit als fortgesetztes Delikt anzusehen seien, zumal eine zeitliche, örtliche und sachliche Einheit gegeben sei. Dieser Ansicht kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil Voraussetzung für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes wäre, daß jede der gesetzten Handlungen den Tatbestand "desselben" Delikts erfüllt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/03/0145). Im übrigen sei darauf verwiesen, daß nach § 22 Abs. 1 VStG 1950 die Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Strafdrohungen schließen einander dann aus, wenn nicht jedes Tatbild für sich allein und beide gleichzeitig verwirklicht werden können, also die Verwirklichung des einen Tatbestandes die Verwirklichung des anderen zwingend nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9366/A). Solcherart hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0168, die Rechtsansicht vertreten, daß das Überschreiten der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit keineswegs auch die Nichteinhaltung der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit zur Folge hat. Die gleichen Überlegungen haben in Hinsicht auf die im Beschwerdefall in Betracht kommenden Vorschriften des § 11 Abs. 1 und des § 16 KJBG (letzteres betreffend die Nichteinhaltung der Ruhezeit) zu gelten.

Allerdings ist der angefochtene Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, als die belangte Behörde den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides in Hinsicht auf die Subsumtion der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten zu lit. b) bis d) und f) der Ziffer 1 aufrechterhalten hat. In Ansehung der Tatanlastung zu Ziffer 1 lit. b) kam als übertretene Verwaltungsvorschrift nur § 16, bezüglich lit. c) nur § 17 Abs. 2, bezüglich lit. d) nur § 19 Abs. 2, und bezüglich der lit. f) nur § 14 Abs. 1 und 2 KJBG in Frage.

Eine weitere Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ergibt sich daraus, daß die belangte Behörde im Instanzenzug nur zwei Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt hat, obwohl der Schuldspruch sieben Verwaltungsübertretungen umfaßt (vgl. dazu näher etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/02/0016). Der angefochtene Bescheid war daher im aufgezeigten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, daß die belangte Behörde einem von ihm gestellten Beweisantrag zu Unrecht nicht gefolgt ist. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Schriftsatz vom u.a. vorgebracht, der Lehrling E. habe sich vom 5. bis zum im Krankenstand befunden, aber auch hinsichtlich anderer Zeiträume sei es unrichtig, daß dieser Lehrling bis 23.00 Uhr arbeiten hätte müssen, da er niemals über 22.00 Uhr hinaus gearbeitet habe.

Bezüglich des Lehrlings M. hatte der Beschwerdeführer u.a. ausgeführt, dieser habe sich vom bis im Krankenstand befunden und habe im gesetzlichen Ausmaß auch Sonntage frei gehabt.

Zum Beweis hiefür berief sich der Beschwerdeführer u.a. auf die Einvernahme dreier namentlich genannter Zeugen (offenbar gleichfalls seine Dienstnehmer).

Die belangte Behörde hat die Einvernahme dieser Zeugen, ohne dies näher zu begründen, unterlassen, offenbar weil sie - was der Beschwerdeführer zu Recht rügt - fälschlich davon ausging, der Beschwerdeführer habe in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis den objektiven Tatbestand nicht in Abrede gestellt. Tatsächlich ergibt sich aus dieser Berufung, daß der Beschwerdeführer die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses als so mangelhaft gerügt hat, daß diese nicht überprüft werden könne; insbesondere brachte er dazu vor, die Erstbehörde habe sich mit keinem Wort damit auseinandergesetzt, warum die zur Last gelegten Tatbestände als gegeben anzunehmen seien. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift war aber auch das Beweisthema durchaus genügend konkretisiert, sodaß die belangte Behörde verpflichtet war, den Beweis durch die Einvernahme der erwähnten Zeugen aufzunehmen, was sie jedoch unterlassen hat. Dieser - wesentliche - Verfahrensmangel wird noch verstärkt durch die Zeugenaussagen der beiden erwähnten Lehrlinge: E. erklärte anläßlich ihrer Aussage am , sie könne sich zwar an einen Krankenstand im "Tatzeitraum" vom 5. Jänner bis nicht erinnern, schließe dies aber auch nicht aus. Am Abend habe sie "fast immer" bis ca. 23.00 Uhr gearbeitet, "äußerst selten" habe sie um 22.00 Uhr die Arbeit beenden können. Die Zeugin M. führte in ihrer Aussage vom aus, die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich ihres Krankenstandes vom 30. Jänner bis entsprächen der Wahrheit. Zum "Tatzeitraum" 5. Jänner bis gebe sie an, daß sie (gemeint: außerhalb des Krankenstandes) von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 16.00 bis 22.00 Uhr gearbeitet habe. Länger habe sie nie arbeiten müssen, außer bei Veranstaltungen, dies sei selten vorgekommen.

Diese beiden Zeugenaussagen hat die belangte Behörde zwar in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnt, jedoch, obwohl sie teilweise mit dem Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht in Einklang zu bringen sind (vgl. die beiden Zeiträume der Krankenstände sowie die Angaben über die tägliche Arbeitszeit) nicht entsprechend gewürdigt.

Die aufgezeigten Verfahrensmängel führen, da die belangte Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG, soweit nicht im Sinne des oben Gesagten eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes desselben vorliegt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.