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VwGH vom 31.01.2002, 96/15/0261

VwGH vom 31.01.2002, 96/15/0261

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des Dr. H in M, vertreten durch Hügel Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, Lerchengasse 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 8 - 1818/95, betreffend Jahresausgleich für 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 938,52 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist strittig, ob vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Behinderung seines Sohnes beantragte Aufwendungen bei der Einkommensermittlung im Rahmen des Jahresausgleiches für das Jahr 1993 als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG 1988 zu berücksichtigen sind. Die geltend gemachten Ausgaben für den im Jahr 1970 geborenen Sohn, für den die erhöhte Familienbeihilfe für behinderte Kinder gewährt wurde, betrugen insgesamt 63.980 S und setzten sich einerseits aus Kosten für die Unterbringung in einem Vollinternat und andererseits aus Aufwendungen für die Pflege im Haushalt zusammen.

Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid, in dem die beantragte außergewöhnliche Belastung keine Berücksichtigung fand, den Standpunkt, unter Mehraufwendungen iS des § 34 Abs. 6 EStG 1988 und des § 5 der dazu ergangenen Verordnung vom könnten nur Aufwendungen verstanden werden, die "höher sind als der gesetzliche Unterhaltsanspruch eines unbehinderten Kindes". Ausgehend vom Nettoeinkommen des Beschwerdeführers errechne sich bei dem anzuwendenden Unterhaltssatz von 15 % für den behinderten Sohn ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch von 81.825 S, der über den geltend gemachten Aufwendungen von 63.980 S liege. Es seien daher Mehraufwendungen iS der zitierten Bestimmungen nicht gegeben, weshalb dem Berufungsantrag, die in Rede stehenden Kosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, nicht entsprochen werden könne (vgl. "Verwaltungsgerichtshof vom , 90/14/0138").

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene

Beschwerde erwogen:

Nach § 34 Abs. 7 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 312/1992 gilt für

Unterhaltsleistungen Folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein haushaltszugehöriges Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.


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2.
....
3.
....
4.
Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. ...
Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung BGBl Nr. 400/1988 können u. a. Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes nach Abs. 4 leg. cit. als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.
Die zu den §§ 34 und 35 EStG 1988 ergangene, für das Streitjahr gültige Verordnung vom , BGBl Nr. 675/1988, normiert in ihrem § 5, dass Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 3.600 S gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.
In den ErläutRV zum § 34 EStG 1988 in der Stammfassung (621 BlgNR 17. GP) wird zur im § 34 Abs. 7 EStG 1988 enthaltenen Einschränkung, wonach Unterhaltsleistungen nur mehr insoweit absetzbar sind, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen, ausgeführt, dass Aufwendungen, die z.B. durch Krankheit oder Behinderung von Kindern erwachsen, weiterhin abzugsfähig bleiben, weil in diesen Fällen beim Unterhaltsberechtigten selbst - würde er die Kosten tragen - die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Belastung vorlägen.
Bereits daraus ergibt sich, dass Ausgaben für eine Krankheit bzw. Behinderung von Kindern unabhängig von der Höhe des laufenden Unterhaltsanspruches als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind (vgl. dazu auch Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, Tz 6 zu § 34 Abs. 3). Der Begriff "Mehraufwendungen" im § 34 Abs. 6 EStG 1988 stellt in diesem Sinn lediglich klar, dass nur Aufwendungen, die aus der Behinderung des Kindes erwachsen, der begünstigten Behandlung als außergewöhnliche Belastung (kein Abzug des Selbstbehaltes) unterliegen. Nur solche Aufwendungen und nicht Aufwendungen schlechthin (Unterhaltskosten) werden auch durch die im § 5 der Verordnung BGBl Nr. 675/1988 vorgesehenen Pauschbeträge abgedeckt (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 37 zu § 34).
Mit der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht, wonach die für die Behinderung des Sohnes geltend gemachten Aufwendungen deshalb keine Anerkennung finden könnten, weil sie von der Höhe her auch im gesetzlichen Unterhaltsanspruch eines unbehinderten Kindes Deckung fänden, hat die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt. Der von ihr vertretene Standpunkt konnte auch nicht aus dem angeführten - zum § 34 Abs. 8 EStG 1972 ergangenen - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0138, abgeleitet werden. Der Vergleich mit dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch eines unbehinderten Kindes diente in diesem Beschwerdefall lediglich zur Beurteilung der Frage, ob die damals erbrachten Unterhaltsleistungen für ein außereheliches Kind überhaupt Mehraufwendungen wegen einer Behinderung dieses Kindes darstellten (und nicht nur den gesetzlichen Unterhaltsanspruch an sich des außerehelichen Kindes abdeckten). Unabhängig davon wurde in dem bezogenen Erkenntnis im Übrigen ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass geltend gemachte Krankenhauskosten als Mehraufwendungen nach § 34 Abs. 8 EStG 1972 zu berücksichtigen seien, wenn diese mit der Behinderung des Kindes in einem Zusammenhang stünden und nicht auch ungeachtet dieser Behinderung anfielen.
Der angefochtene Bescheid war somit nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen, das u.a. auch mangelnde Sachverhaltsfeststellungen zur Frage der vom Beschwerdeführer insgesamt für seinen Sohn getragenen Unterhaltsaufwendungen rügt, näher einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verordnung BGBl II Nr. 501/2001. Stempelgebühren waren nur für die in dreifacher Ausfertigung
vorzulegende Beschwerde und die Beilage des angefochtenen Bescheides im Gesamtbetrag von 420 S (d.s. 30,52 EUR) zuzuerkennen.
Wien, am