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VwGH vom 18.12.1997, 96/15/0259

VwGH vom 18.12.1997, 96/15/0259

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. A in B, vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, Alpenstraße 102, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 120-GA8BK-DWa/95, betreffend Einkommensteuer 1991 und 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den Streitjahren erzielte der - ledige - Beschwerdeführer neben anderen Einkünften solche aus nichtselbständiger Arbeit als Steuerberater-Berufsanwärter. Er machte in seinen Einkommensteuererklärungen Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung (Mietaufwendungen für eine Wohnung in SA von 62.400 S für 1991 und 69.600 S für 1992) und Familienheimfahrten von SA nach B (8.340 S für 1991) geltend. Er beabsichtige, nach Ablegung der Steuerberaterprüfung in seinem Wohnort B eine Steuerberatungskanzlei zu eröffnen oder eine Kanzleigemeinschaft mit einem Steuerberater einzugehen; es gebe hiezu bereits konkrete Gespräche. Als Steuerberater-Berufsanwärter sei er bei einem Arbeitgeber in SA tätig, wo er aus beruflichen Gründen eine Wohnung gemietet habe.

Die genannten Werbungskosten berücksichtigte das Finanzamt bei Erlassung der Einkommensteuerbescheide für 1991 und 1992 nicht. Der Beschwerdeführer bewohne am Beschäftigungsort SA eine Wohnung im Ausmaß von 80 m2, wobei ca. 26 m2 vom Vermieter als "Speicher" benützt würden. Laut Auskunft des Meldeamtes habe er dort seinen Hauptwohnsitz. Im Ort B stünden ihm hingegen lediglich ein Schlafzimmer, ein Wohnraum sowie Bad und WC, nicht aber eine Küche zur Verfügung. Sohin sei der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in SA gelegen, weshalb die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Fahrten nach B keine steuerliche Berücksichtigung finden könnten.

Der Beschwerdeführer berief gegen diese Bescheide. In B bewohne er eine Wohnung im Haus seiner Eltern. Diese Wohnung verfüge über ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer sowie Bad und WC. Das derzeitige Schlafzimmer sei als Küche geplant gewesen; der Einbau einer Küche sei aber aus Kostengründen unterblieben, zumal sich im Parterre des Hauses in den Wohnräumen der Eltern deren voll eingerichtete befinde. Melderechtlich habe der Beschwerdeführer sowohl in SA als auch in B einen Hauptwohnsitz gehabt, er scheine im Wählerverzeichnis von B auf. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befinde sich in B, weil sich dort seine Familie, sein Freundeskreis und seine gesellschaftlichen Anknüpfungspunkte befänden. In SA stehe ihm eine Wohnung im Ausmaß von 52,72 m2 zur Verfügung, wovon allerdings ca. 8 m2 auf den Gang entfielen. Der Mietzins liege mit 5.200 S im Jahr 1991 und 5.800 S im Jahr 1992 unter jenem durchschnittlicher Garconnieren in SA. Im übrigen komme es auf die Größe der Wohnung in SA nicht an, weil sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in B befinde.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Der Beschwerdeführer stehe seit in einem Dienstverhältnis zur T-GmbH in SA. Dort bewohne er eine Kleinwohnung. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers befinde sich sein Hauptwohnsitz in B im ersten Stock eines seinen Eltern gehörenden Gebäudes, wo ihm eine Wohnung zur Verfügung stehe, die aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und WC bestehe. Er habe dem Finanzamt auf telefonische Anfrage vom mitgeteilt, daß sein Vater die Betriebskosten für diese Wohnung trage. Sohin könne von Mehrkosten der doppelten Haushaltsführung nicht gesprochen werden. Die Beibehaltung der Wohnung in B sei mit keinen Kosten verbunden gewesen. Die vom Beschwerdeführer benützten Räume gehörten zum Wohnungsverband der Eltern, im ersten Stock bestehe kein eigener Haushalt. Dies ergebe sich daraus, daß die Wohnung im ersten Stock über keine Küche verfüge.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er brachte vor, die Betriebskosten für die Wohnung in B seien nicht ausschließlich von seinen Eltern getragen worden. Aufgrund von Betriebskosten, aber auch wegen der mit der Wohnung verbundenen Arbeiten im Garten und wegen Instandhaltungsarbeiten seien ihm Aufwendungen erwachsen. Er wohne zwar im selben Haus wie seine Eltern, jedoch in einem eigenen Haushalt, in einer vollends abgeschlossenen Wohneinheit. Eine voll eingerichtete Küche sei keine Voraussetzung für die Annahme eines eigenen Haushaltes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Abzug von Werbungskosten aus dem Titel der doppelten Haushaltsführung komme nur insoweit in Betracht, als ein Mehraufwand gegeben sei. Wenn die Wohnmöglichkeit bei den Eltern mit keinen Kosten verbunden sei, liege ein Mehraufwand nicht vor. Die belangte Behörde schenke dem ersten und zeitnäheren Vorbringen des Beschwerdeführers, nach welchem sein Vater die Betriebskosten für die Wohnung in B bezahle, mehr Glauben als der Behauptung im Vorlageantrag. Aber selbst wenn geringfügige Betriebskosten vom Beschwerdeführer getragen worden wären, würde dies nicht die hohen Werbungskosten für Wohnungsmiete und Heimfahrten rechtfertigen. Für die Beibehaltung des Doppelwohnsitzes in den Jahren 1991 und 1992 - für das Jahr 1990 seien entsprechende Aufwendungen als Werbungskosten anerkannt worden - liege keine berufliche Veranlassung vor. Der Beschwerdeführer sei, nachdem er seine Ausbildung zum Wirtschaftstreuhänder erfolgreich abgeschlossen hatte, nicht zur Berufsausübung nach B zurückgekehrt, sondern habe seine berufliche Tätigkeit in SA fortgesetzt; er habe dies in der Einkommensteuererklärung 1993 damit begründet, daß ihm der Arbeitgeber die Erteilung der Prokura und die Aufnahme in die Geschäftsleitung in Aussicht gestellt habe, wodurch sich seine Pläne für die Berufsausübung in B verschoben hätten.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen bzw. Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muß und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit eigenem Hausstand können "für eine gewisse Übergangszeit" Fahrkosten und Aufwendungen für ein möbliertes Zimmer am Beschäftigungsort als Werbungskosten anerkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0081).

Fahrtkosten eines alleinstehenden Arbeitnehmers zum Besuch seiner Eltern sind grundsätzlich keine Werbungskosten, sondern der privaten Lebensführung zuzurechnen. Aufwendungen für Heimfahrten wird allerdings für eine Übergangszeit auch bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einer Wohnung im Heimatort Rechnung zu tragen sein, weil diesem zuzubilligen ist, in gewissen Zeitabständen, etwa monatlich, in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 88/14/0081).

Im genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof für den Fall eines Wirtschaftstreuhänder-Berufsanwärters - er wohnte in einem Untermietzimmer am Tätigkeitsort - zu Recht erkannt, die zunächst für vier Jahre geplante, aber doch nur vorübergehende Berufsausübung außerhalb des bisherigen Wohnsitzes und die beabsichtigte ständige Berufsausübung nach Beendigung der Ausbildungszeit am Ort des Familienwohnsitzes, für welche bereits Vorbereitungen getroffen worden seien, sprächen gegen die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer in SA eine Wohnung genommen, bei welcher nicht erkennbar ist, daß sie seinen Wohnbedürfnissen weniger entspräche als die (eigenständige) Wohnung im Haus seiner Eltern in B. Solcherart liegt es nahe, daß die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes nach SA bereits erfolgt ist, und schon aus diesem Grund die Kosten der Haushaltsführung in SA und der Fahrten zur Wohnung in B nicht zu Werbungskosten führen können.

Sollte aber der (Familien)Wohnsitz noch in B gelegen sein, ist entscheidend, daß im Beschwerdefall keine Umstände auszumachen sind, aufgrund derer es unzumutbar gewesen wäre, die Wohnung in B aufzugeben. Abgesehen davon, daß konkrete Vorbereitungen für eine Berufsausübung des Beschwerdeführers in B nicht dargetan worden sind, behauptet der Beschwerdeführer auch nicht, er hätte im Bedarfsfall nicht jederzeit erneut im elterlichen Haus Wohnung nehmen können. Der Freundeskreis in B und die dortigen - nicht näher konkretisierten - gesellschaftlichen Anknüpfungspunkte sind jedenfalls keine im gegebenen Zusammenhang beachtenswerten Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes in B.

Der Beschwerdeführer ist sohin durch die Versagung des Werbungskostenabzuges nicht in subjektiven Rechten verletzt worden.

Die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe für die Wohnung im Haus seiner Eltern nicht einmal Betriebskosten getragen, ist unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen worden. Ein Aktenvermerk ist zwar als Beweismittel nach den allgemeinen Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/13/0274). Die belangte Behörde hat es jedoch unterlassen, sich mit dem gegen die inhaltliche Richtigkeit des Aktenvermerkes gerichteten Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Da es allerdings im Beschwerdefall nicht von Bedeutung ist, ob der Beschwerdeführer Betriebskosten getragen hat, mangelt es dem Verfahrensfehler an der Relevanz iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG.

Bei der gegebenen Sachlage kommt es auch nicht darauf an, ob den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit Gartenarbeiten, Instandhaltungstätigkeiten oder der Abnutzung von Einrichtungsgegenständen Aufwendungen für die Wohnung in B getroffen haben.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die tägliche Fahrt von der Wohnung in B zum Arbeitsort in SA hätte höhere Aufwendungen verursacht als die doppelte Haushaltsführung. Auch dieses Vorbringen zeigt die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung nicht auf.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.