VwGH vom 10.09.1998, 96/15/0257
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des K Z in W, vertreten durch Dr. Kurt Lux, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 22, gegen den Bescheid der Abgabenberurufungskommission Wien vom , MD-VfR-Z 1 und 6/95, betreffend u.a. Vergnügungssteuer und Vergnügungssteuer-Pauschsteuer für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Vergnügungssteuer-Pauschsteuer im Betrag von S 54.412,-- wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Gastronomiebetriebes, in welchem er auch Publikumstanz veranstaltet.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer für die Zeit vom bis zum die Getränkesteuer im Betrag von S 891.716,--, die Gefrorenessteuer in der Höhe von S 14.949,-- sowie der Säumniszuschlag von S 2.175,-- vorgeschrieben. Mit einem weiteren Bescheid des Magistrates vom wurde dem Beschwerdeführer für Publikumstanzveranstaltungen im Zeitraum bis die Vergnügungssteuer für die anläßlich der Veranstaltungen verabreichten Konsumationen im Betrag von S 292.770,-- und eine Vergnügungssteuer-Pauschsteuer im Betrag von S 54.412,-- samt Säumniszuschlag in der Höhe von S 539,-- vorgeschrieben.
Die gegen die genannten Bescheide des Magistrates eingebrachte Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom , MD-VfR-Z 8 und 9/92, als unbegründet ab.
Der Bescheid der belangten Behörde wurde mit den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/16/0105, und vom , 95/17/0051, hinsichtlich Getränkesteuer, Gefrorenessteuer, Vergnügungssteuer (in Höhe von S 292.770,--) und Säumniszuschläge wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Mit dem Erkenntnis 95/17/0051 wurde die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Vergnügungssteuer-Pauschsteuer im Betrag von S 54.412,-- gerichtet hat, als unbegründet abgewiesen.
Die Teilaufhebung des Bescheides der belangten Behörde begründete der Verwaltungsgerichtshof mit der Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung sowie der unzureichenden Ermittlung des Sachverhaltes hinsichtlich der im Schätzungsweg ermittelten Einnahmen. Die Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Vergnügungssteuer-Pauschsteuer nach § 3 Abs. 5 bis 7 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1987 - VGSG ergab sich daraus, daß diese Abgabe nach der Größe des Raumes berechnet wird und nicht vom Entgelt der im Rahmen der Veranstaltung verkauften Waren (§ 8 in Verbindung mit § 3 VGSG) abhängt. Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf die beiden zitierten hg. Erkenntnisse verwiesen.
Im fortgesetzten Verfahren führte die belangte Behörde ergänzende Ermittlungen durch und wies die Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid neuerlich als unbegründet ab. Sie gehe davon aus, daß der Beschwerdeführer von der A-GmbH zusätzlich zu den in seinem Rechnungswesen erfaßten Einkäufen von nicht alkoholischen Getränken auch eine Reihe von weiteren Einkäufen getätigt habe, die keinen Eingang in das Rechnungswesen gefunden hätten. Über solche "Schwarzeinkäufe" aus dem Jahre 1989 lägen Lieferscheine vor, auf welchen nicht der Name des Beschwerdeführers, sondern "HD-F 3" (für "Heimdienst") sowie die Ortsangabe 1000 Wien und die Kundennummer 46450 ausgewiesen seien. Die durch "Schwarzeinkäufe" erworbene Ware habe der Beschwerdeführer auch ohne Erfassung der entsprechenden Einnahmen verkauft. Aufgrund der nunmehr durchgeführten, im einzelnen dargestellten Ermittlungen gelange die belangte Behörde zur Feststellung, daß die Angaben "HD-F 3", "1000 Wien" und die Kundennummer 46450 keine Zuordnung der Lieferungen an bestimmte Abnehmer zuließen. Die belangte Behörde habe in Erfahrung gebracht, daß die Nummern für die Lieferscheine nach Zusammenstellung der Waren und der Fahrtstrecke der jeweiligen Auslieferungstour des Lieferanten (der A-GmbH) in aufsteigender Reihenfolge vergeben würden. Die Liefertätigkeit sei sohin in zeitlicher Hinsicht der Reihenfolge der Lieferscheinnummern entsprechend erfolgt. Den sechsstelligen aufsteigend vergebenen Lieferscheinnummern sei allerdings jeweils als 7. Stelle eine Prüfziffer für EDV-Zwecke hinzugefügt worden. Soweit Lieferscheine über den Kauf nichtalkoholischer Getränke an den Beschwerdeführer adressiert seien und ein Lieferschein mit demselben Datum und gleichartigen Waren die nächste laufende Nummer aufweise und an "HD-F 3" gerichtet sei, halte die belangte Behörde "Schwarzeinkäufe" für erwiesen. Aufgrund dieser (für 1989) erwiesenen Vorgänge gehe die belangte Behörde auch hinsichtlich anderer Zeiträume und Warengruppen von nichterklärten Erlösen aus. Sie nehme auch an, daß eine Verabreichung der "schwarz" bezogenen Waren auch anläßlich der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltungen erfolgt sei, weshalb bei der Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer eine entsprechende Berücksichtigung erfolgen müsse.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdepunkt wird dahingehend umschrieben, daß über eine entschiedene Sache, nämlich die Vergnügungssteuer-Pauschsteuer im Betrag von S 54.402,--, neuerlich entschieden worden sei. Im übrigen sei der Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verletzt und der angefochtene Bescheid direkt dem Beschwerdeführer zugestellt worden, obwohl er rechtsanwaltlich vertreten sei.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird zunächst darauf verwiesen, daß der angefochtene Bescheid direkt dem Beschwerdeführer zugestellt worden sei, obwohl die anwaltliche Vertretung im Akt ausgewiesen gewesen sei.
Aus der Aktenlage ist nicht zu erkennen, daß gegenüber der Verwaltungsbehörde ein Vollmachtsverhältnis für das verwaltungsbehördliche Verfahren erklärt worden wäre. Aber selbst wenn der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auch der belangten Behörde gegenüber (zum Empfang von Schriftstücken) bevollmächtigt gewesen sein sollte, ist dennoch von einem wirksam gewordenen (angefochtenen) Bescheid auszugehen; der angefochtene Bescheid ist nämlich vom Vertreter des Beschwerdeführers als Beilage zur gegenständlichen Beschwerde vorgelegt worden, sodaß die Voraussetzungen für die Zustellwirkung im Sinn des § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz erfüllt wären.
Der Formulierung des Beschwerdepunktes in der gegenständlichen Beschwerde läßt sich konkret nur entnehmen, der Beschwerdeführer erachte sich dadurch verletzt, daß ihm mit dem angefochtenen Bescheid neuerlich Vergnügungssteuer (Pauschsteuer) im Ausmaß von S 54.412,-- vorgeschrieben werde. Insoweit ist der Beschwerdeführer in der Tat durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt.
Entscheidet die Berufungsbehörde auf Abweisung der Berufung, so ist dieser Spruch dahingehend zu verstehen, daß ein Bescheid erlassen wird, der mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmt (vgl. die bei Ritz, BAO-Kommentar, § 289 Tz 3, und Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Auflage, Seite 591, Nr. 199c, angeführte hg. Rechtsprechung). Solcherart hat die belangte Behörde mit ihrem Berufungsbescheid vom (im Instanzenzug) Vernügungssteuer - Pauschsteuer im Betrag von S 54.412,-- (für die Veranstaltungen im Zeitraum vom bis zum ) festgesetzt. Dieser die Festsetzung der Vergnügungssteuer-Pauschsteuer betreffende Spruchteil des Berufungsbescheides ist durch die hg. Erkenntnisse 94/16/0105 und 95/17/0051 nicht aufgehoben worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde neuerlich die Berufung des Beschwerdeführers in vollem Umfang abgewiesen. Damit wurde wiederum (im Instanzenzug) Vergnügungssteuer-Pauschsteuer von S 54.412,-- (für idente Veranstaltungen) vorgeschrieben. Es ist also in derselben Sache eine neuerliche Entscheidung ergangen. Hinsichtlich dieses Spruchteiles ist sohin der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Soweit die Beschwerde dahingehend zu verstehen sein sollte, daß sie sich auch gegen die Vorschreibung der entgeltsabhängigen Vergnügungssteuer wendet, vermag sie eine Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht aufzuzeigen.
Die belangte Behörde ist in freier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, daß bestimmte Lieferungen des Jahres 1989, hinsichtlich derer in den Lieferscheinen "HD-F 3" ausgewiesen ist, an den Beschwerdeführer gegangen sind und daß dieser weitere Einkäufe, aber auch Verkäufe getätigt hat, die keinen Eingang in sein Rechenwerk gefunden haben.
Ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist, hat die Behörde gemäß § 128 Abs. 2 WAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabeverfahrens nach freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 94/16/0105).
Die Beschwerde vermag einen Mangel an Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht aufzuzeigen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die auf den Lieferscheinen ausgewiesenen Lieferungen würden Getränke in 0,2-Literflaschen betreffen, während er ab Oktober 1990 derartige Getränke nur mehr in 1-Literflaschen eingekauft habe, so übersieht er, daß die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Lieferscheine ausschließlich Vorgänge im Zeitraum vor dem Oktober 1990 betreffen.
Nicht stichhaltig ist schließlich die Beschwerdebehauptung betreffend der bereits eingetretenen Bemessungsverjährung:
Gemäß § 154 Abs. 1 und 2 WAO verjährt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, in der Regel nach Ablauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren. Gemäß § 155 lit. a WAO beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Gemäß § 156 Abs. 1 WAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, durch jede Selbstbemessung sowie durch jedes auf Festsetzung der Abgaben gerichtete Anbringen unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
In Anbetracht der oben angeführten erst- und zweitinstanzlichen Bescheide - die Erlassung solcher Bescheide stellt jeweils eine Unterbrechungshandlung dar - kommt im Beschwerdefall der Eintritt der Verjährung nicht in Betracht.
Soweit die Beschwerde nicht die Vergnügungssteuer-Pauschsteuer betrifft, war sie daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Pauschalsatz für den Schriftsatzaufwand beinhaltet auch die Umsatzsteuer.
Wien, am