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VwGH vom 30.09.1999, 99/02/0102

VwGH vom 30.09.1999, 99/02/0102

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des MF in L, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS-3/4603/9-1997, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom , mit welchem dieser der Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 für schuldig erkannt worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge und setzte die verhängte Geldstrafe unter Anwendung von § 20 VStG auf S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Tage) herab.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 22/98, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese mit Beschluss vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, das erstinstanzliche Straferkenntnis vom sei ihm persönlich zugestellt worden, obwohl er die Behörde erster Instanz bereits mit Schriftsatz vom davon informiert habe, dass er seinen nunmehrigen Rechtsvertreter mit seiner Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren betraut habe. Seinem Rechtsvertreter habe er das Straferkenntnis nicht übermittelt, weil er der Ansicht gewesen sei, dass diesem das Straferkenntnis ohnedies zugestellt worden sei. Der Rechtsvertreter habe das Straferkenntnis erst anlässlich einer Akteneinsicht am eingesehen. Da der in der direkten Zustellung an den Beschwerdeführer gelegene Verfahrensmangel nicht geheilt sei, sei das Straferkenntnis vom noch nicht rechtmäßig zugestellt worden, sodass die belangte Behörde zur Erlassung einer Sachentscheidung über die Berufung nicht zuständig gewesen sei, sondern mit einer Zurückweisung dieses Rechtsmittels hätte vorgehen müssen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß der hg. Rechtsprechung kann die Kenntnisnahme von einem Bescheid im Zuge einer Akteneinsicht durch einen Parteienvertreter bzw. der Umstand, dass diesem tatsächlich eine Kopie eines Bescheides zukommt, der im Original nicht dem im Verfahren ausgewiesenen Vertreter der Partei sondern der Partei selbst zugestellt wurde, den in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegenen Verfahrensmangel nicht heilen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/11/0289, und vom , Zl. 99/02/0083, mit weiteren Nachweisen).

Nach Ausweis des in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Postrückscheines wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis vom am dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt. Ein Nachweis darüber, dass dieses Straferkenntnis auch dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden wäre, kann den Verwaltungsakten nicht entnommen werden und wird solches von der belangten Behörde auch nicht behauptet. Ebensowenig kann den Verwaltungsakten entnommen werden, dass der Beschwerdeführer seinem Rechtsvertreter das Original des Straferkenntnisses etwa übermittelt hätte. Damit ist aber entsprechend den Beschwerdebehauptungen davon auszugehen, dass eine rechtsgültige Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bisher nicht erfolgt ist. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift kann aus dem Umstand, dass sich - den Angaben der belangten Behörde zufolge - der Vertreter des Beschwerdeführers anlässlich der Akteneinsicht vom eine Kopie des Straferkenntnisses angefertigt habe, - entsprechend der zitierten Judikatur - nicht davon ausgegangen werden, dass damit das Straferkenntnis diesem tatsächlich zugekommen sei.

Im Einparteienverfahren (als solches stellt sich das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren dar) setzt die Erhebung einer Berufung zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Wien 1996, S. 516 ff, zitierte hg. Judikatur). Die gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers war daher mangels rechtsgültiger Erlassung eines zugrundeliegenden Bescheides als unzulässig anzusehen, sodass die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, die Berufung zurückzuweisen. Für die Erlassung einer meritorischen Entscheidung über die Berufung mangelte es der belangten Behörde somit an der sachlichen Zuständigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am