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VwGH vom 28.02.2002, 96/15/0248

VwGH vom 28.02.2002, 96/15/0248

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des T in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Strasser, Rechtsanwalt in 4300 St. Valentin, Hauptplatz 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 6-96/5155/10, betreffend Umsatzsteuervorauszahlung Juli 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter dem Begriff "Vorsteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.

Der Beschwerdeführer betreibt eine Handelsagentur. Für den Zeitraum Juli 1995 machte er Vorsteuern von S 441.273,-- aus einer Eingangsrechnung der Lieferfirma M. Versand GmbH geltend. Gegenstand der Rechnung waren Parfumöle Aurela mit den Einzelbezeichnungen "Synus, Scutum, Andromeda und Pupis". Das Finanzamt anerkannte den Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung gemäß § 151 BAO folgend die Vorsteuer nicht .

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Darin führte das Finanzamt aus, die Firma Intertrade Ltd. in Brasilien habe per Telefax Parfumöle Aurelia verschiedener Sorten bestellt. Dem Beschwerdeführer, der den Auftrag übernommen habe, sei mittels Telefax mitgeteilt worden, dass M. Versand GmbH mit solchen Stoffen handle. Der Beschwerdeführer habe daraufhin bei dieser Gesellschaft 30 Liter Parfumöle bestellt. Die Verrechnung sei derart erfolgt, dass die Firma Intertrade einen Orderverrechnungsscheck in Höhe von S 2,363.770,-- direkt an den Zulieferer geschickt habe. M. Versand GmbH habe die Öle an den Beschwerdeführer verkauft und die gegenständliche Ausgangsrechnung ausgestellt. Der Beschwerdeführer habe sodann die Ware ordnungsgemäß ins Ausland geliefert.

Nach Hinweisen auf die Rechtslage führte das Finanzamt aus, im vorliegenden Fall sei eine Rechnung über hochwertige Parfumöle ausgestellt worden, was sich insbesondere aus dem hohen Preis des Produktes ergebe. Tatsächlich sei aber wertloses, mit Rapsöl vermischtes Öl geliefert worden. Die Lieferung von wertlosem Parfumöl habe weder der Art noch dem Wesen der abgerechneten Lieferung entsprochen. Da keine Lieferung von wertvollem Parfumöl stattgefunden habe, sei die geltend gemachte Vorsteuer nicht anzuerkennen.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Gesetzeszitaten aus, Parfumöle würden, soweit sie nicht durch ihre Marke bereits spezifiziert seien, durch Angabe ihrer Inhaltsstoffe, ihrer Verarbeitung, vor allem aber ihrer Herkunft bestimmt. Eine im Beschwerdefall vorliegende, nicht einmal Mindestangaben aufweisende Bezeichnung in der Rechnung sei nicht branchenüblich. Demnach existiere keine hinreichende Beschreibung der Produkte; die in der Rechnung angeführte Bezeichnung wie "Sinus", "Andromeda", "Pupis", "Scutum" für Aurela Parfumöle könne nicht als hinreichend konkretisiert angesehen werden. Es liege somit keine handelsübliche Bezeichnung der Ware vor. Die Lieferung irgendeiner Ware - im gegenständlichen Fall wertloser gestreckter Öle minderer Qualität -, die nicht als Kaufgegenstand angesehen werden könne, reiche für den Vorsteuerabzug nicht aus. Im vorliegenden Fall seien Rechnungen über hochwertige Produkte ausgestellt worden, was sich insbesondere aus dem hohen Preis der Produkte ergebe. Tatsächlich sei jedoch wertloses Material geliefert worden, das in keiner Weise für die in seiner Warenbeschreibung genannten Zwecke verwendet werden könne. Für die Nichtanerkennung des Vorsteuerabzuges sei es ausreichend, dass keine Lieferung von Waren, die den Fakturen entsprechen, stattgefunden habe. Hiebei komme es nicht auf ein Verschulden bzw. ein Wissen über das Nichtvorliegen einer der Rechnung entsprechenden Ware an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen u.a. gemäß Z. 3 die Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung enthalten.

Der Vorsteueranspruch setzt somit gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 eine Übereinstimmung zwischen gelieferter und in der Rechnung ausgewiesener Ware voraus. Diese Voraussetzung ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 96/15/0220, ausgesprochen hat, dann nicht erfüllt, wenn die in der Rechnung gewählte Bezeichnung des Liefergegenstandes eine solche Vorstellung vom Liefergegenstand hervorruft, die mit dem tatsächlich gelieferten Gegenstand nicht in Einklang zu bringen ist. Selbst wenn daher die auf den Rechnungen ausgewiesene Bezeichnung der jeweils gelieferten Ware eine handelsübliche Bezeichnung für - wie sich aus diesen Rechnungen ergibt - hochwertige Parfumöle wäre, könnte der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei der tatsächlichen Lieferung von weitgehend wertlosen Produkten, bei denen es sich auf Grund ihrer Minderwertigkeit geradezu offensichtlich um anders geartete Produkte als in den Rechnungen ausgewiesen handelt, von der Lieferung eines "aliud" und somit von einer fehlenden Übereinstimmung zwischen Rechnung und gelieferter Ware ausgegangen ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung seit dem Erkenntnis vom , 96/15/0220, etwa die Erkenntnisse vom , 96/15/0132, vom , 98/15/0026, und vom , 96/15/0228).

Es kommt somit im Beschwerdefall entscheidend auf den inhaltsbestimmenden Wert der Lieferung an. Dazu hat die belangte Behörde festgestellt, dass es sich bei der Lieferung um wertlose gestreckte Öle minderer Qualität gehandelt habe. Der Beschwerdeführer bekämpft diese Feststellungen nicht. Er führt vielmehr aus, er handle mit diversen Waren und sei nicht auf den Handel mit Parfumölen spezialisiert. Ohne aufwändige Prüfungsgutachten sei er sicherlich nicht in der Lage, eine Angemessenheitsprüfung von Preis - Leistung durchzuführen, bzw. den ideellen Wert der Leistung richtig einzuschätzen. Wenn der Preis, zu dem eingekauft werde, und der Preis, zu dem weiterverrechnet werde, von vornherein feststehe und von allen Beteiligten akzeptiert werde, weil er in einem angemessenen Verhältnis stehe, erscheine es doch verständlich, dass dem Beschwerdeführer, der die Funktion eines Zwischenhändlers innegehabt habe, keine Bedenken im Hinblick auf den Warenwert gehabt habe.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Die Ausführungen über den Wissensstand des Beschwerdeführers um die tatsächlich gelieferten Waren sind für das rechtliche Ergebnis ohne Bedeutung. Die belangte Behörde hat zutreffend ausgeführt, dass es auf ein Verschulden bzw. ein Wissen um das Nichtvorliegen von der Rechnung entsprechenden Waren für die Nichtanerkennung der Vorsteuer nicht ankommt.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am