VwGH vom 28.05.1998, 96/15/0229
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der A-Bekleidungswerk Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Viktor Wolczik, Dr. Alexander Knotek u.a., Rechtsanwälte in Baden, Pergerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. GA 6-95/5114/08, betreffend Umsatzsteuer 1988 bis 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin verkauft Konfektionsbekleidung. Sie bietet den Kunden die Möglichkeit, beim Einkauf eine Rabattkarte zu verwenden. In den Anträgen auf Ausstellung einer solchen Karte wird ausgeführt:
"Mit der X-Karte erhalten Sie 3% Rabatt bei Barzahlung - auf alle Mode-Einkäufe bei (der Beschwerdeführerin). Falls Sie noch keine X-Karte haben, füllen Sie einfach dieses Formular deutlich und lesbar aus. Wenn Sie es gleich an der Information im Markt abgeben, erhalten Sie regelmäßig Ihren Rabatt-Konto-Auszug zugesandt.
...
Die Gutschrift bekommen Sie per Post
Sie erhalten nun in regelmäßigen Abständen einen Rabatt-Konto-Auszug, der Sie über den aktuellen Stand Ihres Rabatt-Guthabens bei (der Beschwerdeführerin) informiert. Sie können sich Ihr Rabatt-Guthaben dann in bar auszahlen oder mit dem nächsten Einkauf bei (der Beschwerdeführerin) verrechnen lassen. Legen Sie dafür bitte Ihre (X-Karte) und den letzten gültigen Rabatt-Konto-Auszug vor. Der Rabatt gilt längstens bis zum 31.12. des folgenden Jahres.
...
3% Barzahlungs-Rabatt
Sie erhalten auf Ihren Einkauf bei (der Beschwerdeführerin) 3% Rabatt bei Barzahlung oder Zahlung per Scheck. Dieser Vorteil gilt für alle Ihre Mode-Einkäufe. Ihr persönliches Rabatt Guthaben wird Ihnen in regelmäßigen Abständen schriftlich mitgeteilt.
Einfach
Ihr Guthaben können Sie sich jederzeit auch nach dem ersten Einkauf in bar auszahlen oder bei Ihrem nächsten Einkauf direkt verrechnen lassen. Bitte bringen Sie dazu ihren Rabatt-Konto-Auszug und ihre (X-Karte) einfach bei Ihrem nächsten Besuch mit.
Aktuelle Informationen
Mit Ihrem Rabatt-Konto-Auszug erhalten Sie Infos über aktuelle Modetrends und die neuesten Angebote."
Kunden, die sich eine Rabatt-Karte ausstellen lassen, erhalten in regelmäßigen Abständen (ca. drei- bis viermal pro Jahr) eine Mitteilung über den Stand ihres Rabattkontos.
Auf der Rückseite dieser Mitteilung wird jeweils ausgeführt:
"Bitte lösen Sie Ihr umseits ausgewiesenes Guthaben bis spätestens 31.12.XX (bei der Beschwerdeführerin) ein. Bringen Sie dazu diese Rabatt-Gutschrift und ihre Rabatt-Karte mit."
Die Beschwerdeführerin bildete zum jeweiligen Bilanzstichtag eine Rückstellung für "noch nicht eingelöste Kundenrabatte". Dabei wurden Rabatte von Kunden, die in den letzten zwei Jahren bei der Beschwerdeführerin eingekauft haben, mit 80 % des Nominales, angesetzt. Lag der letzte Einkauf der Kunden länger zurück, fand das Rabattguthaben mit einem geringeren Prozentsatz in die Rückstellung Eingang.
Nach den Sachverhaltsfeststellungen des Finanzamtes minderte die Beschwerdeführerin zur Ermittlung der steuerpflichtigen Umsätze die Kassaeinnahmen aus den tatsächlichen Verkäufen einerseits um die eingelösten Rabatte und andererseits um den Betrag, welcher den genannten Rückstellungen für die nicht eingelösten Kundenrabatte entspricht.
Das Finanzamt erließ - nach Wiederaufnahme der Verfahren - Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1988 bis 1992. Dabei ging es davon aus, daß die gutgeschriebenen Rabatte erst im Zeitpunkt und nur im Ausmaß ihrer tatsächlichen Einlösung eine Minderung der Umsatzsteuerbelastung bewirken dürften.
In der Berufung gegen diese Bescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, daß der Kunde mit Bezahlung der Ware den Anspruch auf die Rabattvergütung erwerbe. Bei Barzahlung und Vorlage der Rabattkarte schreibe die elektronische Kasse automatisch 3% des Einkaufswertes dem Rabattkonto gut. Auf Wunsch des Kunden würde der Rabatt auch unmittelbar nach dem Einkauf ausgezahlt. Der Kunde müßte dafür nach der Bezahlung an der Kasse zum Informationsschalter gehen und sich eine Rabattgutschrift ausdrucken lassen. Sodann könnte er das Guthaben bei der Kassa beheben. Daß der Rabatt nicht sofort bei der Bezahlung abgezogen werde, habe selbstverständlich Marketinggründe. Die Beschwerdeführerin sei bestrebt zu bewirken, daß der Kunde erneut zum Einkauf komme. Der Kunde erhalte in regelmäßigen Abständen einen Auszug über den Stand seines Rabattkontos. In umsatzsteuerlicher Hinsicht bewirke die gewählte Gestaltung, daß das Entgelt unmittelbar nach dem Einkauf um den Rabatt von 3 % gemindert sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Kunden der Beschwerdeführerin müßten zunächst den vollen Kaufpreis zahlen. Gemäß § 4 UStG 1972 sei das volle Entgelt der Umsatzsteuer zu unterziehen. Erst bei Einlösung der Rabattgutschrift komme es in der Folge zu einer Änderung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage. Ändere sich durch die Gewährung eines Rabattes nachträglich die Bemessungsgrundlage, so liege ein Anwendungsfall des § 16 UStG vor. Die Kunden hätten zwar die Möglichkeit, sich bereits "eine Sekunde" nach dem Kauf den Rabatt auszahlen zu lassen; in den meisten Fällen werde der Rabatt allerdings durch Gegenverrechnung beim nächsten Einkauf geltend gemacht. Unmaßgeblich sei im gegebenen Zusammenhang, ob die Kunden einen Rechtsanspruch auf Rabattgewährung hätten. Sie müßten jedenfalls zunächst den ungekürzten Kaufpreis aufwenden, um die Ware zu erlangen. Die Änderung der Bemessungsgrundlage trete erst ein, wenn der jeweilige Kunde durch Einlösung der Gutschrift bei der Kassa bzw durch Verrechnung mit den Preisen von nachfolgenden Einkäufen nach außen in Erscheinung trete.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerdeschrift wird der Beschwerdeführer
als A-Bekleidungswerk GmbH, als
A-Bekleidungswerk GmbH & Co OHG, aber auch als
A Modemärkte GmbH & Co OHG bezeichnet. Der angefochtene Bescheid ist an die A-Bekleidungswerk GmbH ergangen; diese hat nach der Aktenlage die strittigen Umsätze getätigt. Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes hat der Rechtsvertreter mitgeteilt, er sei von der A-Bekleidungswerk GmbH bevollmächtigt worden und habe in deren Namen die Beschwerde erhoben. In der Verwendung der beiden anderen Bezeichnungen sei ein Vergreifen im Ausdruck zu erblicken, welches auf einen Fehler seiner Computer-Anlage zurückzuführen sei. Bei dieser Sachlage kann der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehen, daß die Beschwerde im Namen der A-Bekleidungswerk GmbH erhoben und damit zulässig ist.
Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1972 wird der Umsatz im Fall der Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahmen).
Gemäß § 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1972 entsteht die Steuerschuld für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung).
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 UStG 1972 geändert, so hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. den dafür geschuldeten Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.
Durch § 4 Abs. 1 UStG 1972 soll zum Ausdruck gebracht werden, daß grundsätzlich die vereinbarten Entgelte die Steuerbemessungsgrundlage darstellen (vgl. Kranich/Siegl/Waba, UStG, § 4 Anm. 3). Aus § 16 UStG läßt sich ableiten, daß das Entgelt maßgebend ist, das im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld relevant ist. Nur spätere Änderungen sind nach § 16 UStG zu korrigieren (vgl. Ruppe, UStG 1994, § 19 Tz 44).
Im gegenständlichen Fall hat der jeweilige Kunde zunächst beim Einkauf den ungekürzten Kaufpreis zu entrichten. Soweit es bis zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld zu einer Minderung der Kaufpreises durch die tatsächliche Geltendmachung einer Rabattgutschrift kommt, schmälert dies die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage und bewirkt, daß die Steuerschuld nur auf Basis der geminderten Bemessungsgrundlage entsteht.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß darüber hinaus eine Kürzung der Bemessungsgrundlage hinsichtlich der noch nicht geltend gemachten Rabatte eintritt, weil dem jeweiligen Kunden bereits mit Abschluß des Bargeschäftes ein Rechtsanspruch auf Rückerstattung des entsprechenden Teiles des Kaufpreises eingeräumt ist.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:
Ist der Kaufvertrag zustandegekommen und der Kaufgegenstand geliefert, kann eine Minderung des umsatzsteuerlichen Entgelts iSd § 16 Abs. 1 UStG angenommen werden, wenn durch eine Willensäußerung beider Vertragsparteien des Kaufgeschäfts eine Vereinbarung über die Absenkung des Kaufpreises zustandekommt. Ein bloßes Anerbieten des Verkäufers reicht hiezu nicht aus. Ist zusätzlich auch der Kaufpreis in voller Höhe bereits entrichtet, hat eine Entgeltsminderung im umsatzsteuerlichen Sinn nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zur Voraussetzung, daß das genannte Angebot des Verkäufers durch die Einlösung der Gutschrift in Anspruch genommen wird.
Wenn die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, die Änderung der Bemessungsgrundlage trete in den in Rede stehenden Fällen erst ein, wenn der jeweilige Kunde durch Einlösung der Gutschrift eine entsprechende Handlung setze, befindet sie sich somit im Einklang mit dem Gesetz.
Die Beschwerdeführerin wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.