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VwGH vom 23.09.1994, 94/02/0258

VwGH vom 23.09.1994, 94/02/0258

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

94/023/0259

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen die beiden Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.11/76/93-8, betreffend Übertretung des § 5 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung, sowie Zl. UVS 303.11/4/93-10, betreffend Übertretung des § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung,

Spruch

I. den Beschluß gefaßt:

Soweit sich die Beschwerde gegen den Bescheid, betreffend Übertretung des § 5 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung, richtet, wird ihre Behandlung abgelehnt.

II. zu Recht erkannt:

Soweit sich die Beschwerde gegen den Bescheid, betreffend Übertretung des § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung, richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt G vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei als gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß die S. AG auf einer örtlich näher umschriebenen Baustelle am zwei namentlich genannte Arbeitnehmer in einer Künette in einer Tiefe von 2,5 m beschäftigt habe, a) obwohl diese Künette, die eine Länge von über 10 m aufgewiesen habe, nicht gepölzt gewesen und auch eine der örtlichen Standfestigkeit des Materials entsprechende Abböschung nicht gegeben gewesen sei; b) weiters sei diese Baustelle, die am begonnen worden sei, bis nicht dem zuständigen Arbeitsinspektorat gemeldet worden, obwohl dies bei der länger als sechs Tage dauernden Baustelle bei Beschäftigung von Dienstnehmern erforderlich gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen, und zwar zu a) nach § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954) in Verbindung mit § 33 Abs. 7 und § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes sowie zu b) nach § 5 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung in Verbindung mit denselben Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes begangen. Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen und zwar zu a) S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und zu b) S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheiden der belangten Behörde vom hinsichtlich Punkt a) (durch die Kammer) sowie hinsichtlich Punkt b) (durch das Einzelmitglied) jeweils als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Zu I. (Übertretung nach § 5 Abs. 1 der Bauarbeiterschutzverordnung):

Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Es wurde weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt auch von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Zu II. (Übertretung des § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung):

Gemäß § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung müssen Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden. Bei Vorliegen von schlechten Bodenverhältnissen oder besonderen Einflüssen, wie Erschütterungen durch Straßenverkehr oder ähnlichen Einwirkungen, ist auch schon bei geringerer Tiefe zu pölzen. Ausgehend vom klaren Wortlaut dieser Bestimmung verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, in dem er vermeint, an Stelle der erforderlichen Pölzung hätte auch mit der - von ihm behaupteten - Abschrägung der Seitenränder der Künette das Auslangen gefunden werden können. Die von ihm in diesem Zusammenhang vorgetragene Verfahrensrüge ist daher schon vom Ansatzpunkt her verfehlt. Auch braucht sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, die Arbeiter seien im gegenständlichen Fall nicht am Fuße der Künette, sondern auf Rohren in einer Tiefe von rund 1 bis 1,10 m aufhältig gewesen, nicht weiter auseinanderzusetzen, weil es sich dabei - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend hervorhebt - um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Bestellung eines Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes beruft, ist zu bemerken: Nach § 31 Abs. 5 leg. cit. sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0119) ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber (bzw. in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ) etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen, wobei dem Arbeitgeber dabei die Verpflichtung obliegt, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend dieser Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist. Von der Darlegung eines solchen Kontrollsystems durch den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren kann allerdings keine Rede sein. Insbesondere entspricht es auch der ständigen hg.

Rechtsprechung (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom ), daß stichprobenartige Besuche keine ausreichende Kontrolle im beschriebenen Sinn darstellen, wobei die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht hervorgehoben hat, der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, im Zeitraum Juni 1991 bis November 1991 nur einmal die in Rede stehende Baustelle besucht zu haben. Mit einer "Bespitzelung" des Bevollmächtigten - so die Ausführungen in der Beschwerde - hat eine wirksame Kontrolle nichts zu tun.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er im Jahre 1991 1000 Baustellen zu beaufsichtigen hatte, gibt Anlaß zu der Bemerkung, daß die Möglichkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gerade unter anderem deshalb geschaffen wurde, um bei Unternehmen größeren Umfanges mit zahlreichen Betriebsstätten oder Geschäftszweigen einen verantwortlichen Vertreter für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Gebiete zu bestellen; eine Person, die ihrer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zustimmt (vgl. § 9 Abs. 4 VStG), muß sich bewußt sein, daß dies der Sicherstellung der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften auf dem entsprechenden Gebiet dienen soll. Wollte man dieser Person nicht ein entsprechendes Maß der Möglichkeit der Sorge für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zumuten, so hieße dies den Sinn der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zu negieren. Dem Beschwerdeführer wäre es daher oblegen, sich vor seiner Zustimmung zu seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für einen derart großen räumlich-organisatorischen Geltungsbereich über die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, für die Sicherstellung der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften effektiv zu sorgen, klar zu werden und allenfalls seiner Bestellung nicht zuzustimmen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0345).

Schließlich vermag der Beschwerdeführer auch mit der Behauptung, die (in der Künette angetroffenen) Arbeiter hätten "aus eigenem Antrieb" gehandelt, gleichfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil eben gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften das entsprechende Kontrollsystem Platz zu greifen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0181), welches aber - wie oben dargelegt - im Beschwerdefall nicht vorhanden war.

Die Beschwerde erweist sich sohin in diesem Umfang als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Kostenzuspruch in der Beschwerdesache zu I. (Ablehnung der Behandlung der Beschwerde) findet nicht statt. Aus dem selben Grund ist der belangten Behörde lediglich die Hälfte des Vorlageaufwandes zuzusprechen, zumal die Aktenvorlage für beide Beschwerden gemeinsam erfolgte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 94/02/0006, 0007).