VwGH vom 12.08.1994, 94/02/0168
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-KO-92-153, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der H-GesmbH (in H. etabliert) nicht dafür gesorgt, daß die Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes eingehalten werden, obwohl der Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigter verpflichtet seien, den Arbeitsinspektoren auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsichtnahme vorzulegen, die mit dem Schutz der Arbeitnehmer des Betriebes im Zusammenhang stehen. Dies gelte auch für Lohn-, Gehalts- und Urlaubslisten sowie für alle Verzeichnisse, Vormerke oder Aufstellungen, die auf Grund von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu führen seien; die Arbeitsinspektoren seien befugt, Abschriften dieser Unterlagen oder Auszüge aus denselben anzufertigen oder solche bzw. Ablichtungen anzufordern. Dieser Verpflichtung sei insofern nicht nachgekommen worden, da die H. GesmbH vom Arbeitsinspektorat mit Schreiben vom aufgefordert worden sei, die gemäß § 26 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes zu führenden Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden für jeden in einer örtlich umschriebenen Filiale beschäftigten Arbeitnehmer für näher angeführte Zeiträume vorzulegen. Der Beschwerdeführer habe daher die Erfüllung der Aufgaben des Arbeitsinspektorates vereitelt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 und § 26 Arbeitszeitgesetz begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer beruft sich zunächst auf die Vorschrift des § 51 Abs. 7 VStG und bringt dazu vor, der angefochtene Bescheid sei ihm außerhalb der dort angeführten Frist zugestellt worden. Das im § 9 Abs. 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 normierte Berufungsrecht des Arbeitsinspektorates sei im Beschwerdefall nicht zum Tragen gekommen, da das Arbeitsinspektorat nicht entsprechende Anträge hinsichtlich des Strafausmaßes gestellt habe.
Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. § 51 Abs. 7 VStG lautet:
"Wird eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb von 15 Monaten ab der Einbringung der Berufung erlassen, so gilt der angefochtene Bescheid als aufgehoben und das Verfahren ist einzustellen. Dies gilt nicht in Sachen, in denen nicht nur der Beschuldigte das Recht der Berufung hat."
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es bei der Auslegung des zweiten Satzes des § 51 Abs. 7 VStG nicht darauf an, ob im konkreten Fall auch noch andere Parteien ein Berufungsrecht haben, sondern nur darauf, daß in der betreffenden Verwaltungsangelegenheit - abstrakt gesehen - neben dem Beschuldigten noch andere Parteien ein Berufungsrecht haben (vgl. zutreffend in diesem Sinne Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, Seite 332, und die dort zitierten Belegstellen). Daraus folgt, daß es im vorliegenden Beschwerdefall nicht darauf ankommt, ob dem Arbeitsinspektorat gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom ein Berufungsrecht zustand oder nicht. Vielmehr kommt es allein darauf an, daß dem Arbeitsinspektorat "abstrakt" gesehen in einer Verwaltungsangelegenheit dieser Art eine Berufungsmöglichkeit eingeräumt ist, was auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor.
Nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 sind der Arbeitgeber und dessen Bevollmächtigter verpflichtet, den Arbeitsinspektoren auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Schutz der Arbeitnehmer des Betriebes im Zusammenhang stehen ...
Gemäß § 26 Abs. 2 des Arbeitszeitgesetzes haben die Arbeitgeber der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich aus diesen beiden Vorschriften kein Anhaltspunkt, daß das Arbeitsinspektorat verpflichtet gewesen wäre, jene Dienstnehmer namentlich zu bezeichnen, für welche die geforderten Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt werden sollten. Zutreffend verweist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, daß es dem Arbeitgeber durchaus zuzumuten ist, die in einer bestimmten Filiale beschäftigten Arbeitnehmer namentlich zu kennen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "häufigen Rotationen" ändern daran nichts. Schließlich sei vermerkt, daß es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer in der Folge einer (neuerlichen) diesbezüglichen Aufforderung des Arbeitsinspektorates nachkam.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.