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VwGH vom 24.06.1994, 94/02/0146

VwGH vom 24.06.1994, 94/02/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 25.14-2/94-10, betreffend Schubhaft (mitbeteiligte Partei: P, zuletzt in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der auf § 51 des Fremdengesetzes (FrG) gestützten Beschwerde der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Folge gegeben und die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seit bis zum Zeitpunkt der Entlassung nach Bescheidverkündung für rechtswidrig erklärt.

Dies mit der auf näher zitierte Ermittlungsergebnisse gestützten Begründung, es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß dem Mitbeteiligten im Falle seiner Abschiebung nach Zaire Gefahren für seine Freiheit und für sein Leben drohen würden. Es lägen "zweifellos stichhaltige Gründe" im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG vor; der Abschiebung des Mitbeteiligten nach Zaire stünde daher ein Abschiebungshindernis entgegen. Da dieses von vornherein bestanden habe, sei die Schubhaft zur Absicherung der Abschiebung von Anfang an objektiv rechtswidrig gewesen, sodaß der Schubhaftbeschwerde stattzugeben und auszusprechen gewesen sei, daß die Schubhaft des Mitbeteiligten seit ihrem Beginn bis zur formlosen Aufhebung mit Bescheidverkündung rechtswidrig gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf

§ 53 FrG gestützte Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Mitbeteiligte in seiner Gegenschrift die Rechtzeitigkeit der vorliegenden Beschwerde bezweifelt, vermag ihm der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten. Insoweit wird vom Beschwerdeführer im Einklang mit der Aktenlage darauf verwiesen, daß er am vom angefochtenen Bescheid Kenntnis erlangt habe; die Beschwerde wurde am , sohin innerhalb der sechswöchigen Frist des § 26 Abs. 1 VwGG, eingebracht. Was aber die vom Mitbeteiligten vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen "§ 36" (richtig wohl: § 26) Abs. 1 Z. 4 VwGG betrifft, so werden sie vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0321, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, der Anregung des Mitbeteiligten zu folgen, einen diesbezüglichen Antrag gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, die belangte Behörde habe in Verkennung der Rechtslage im Rahmen des bei ihr anhängigen Beschwerdeverfahrens geprüft, ob ein Abschiebungshindernis im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG vorliege.

Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0082, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur) daß im Hinblick auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land nicht im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde zu erfolgen hat.

Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift für ihren - gegenteiligen - Standpunkt zunächst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 1084/92, Bezug nimmt, genügt der Hinweis, daß dieses Erkenntnis nicht zum FrG, sondern (noch) zum Fremdenpolizeigesetz ergangen ist.

Es ist richtig, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0486, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 364/93, ausgesprochen hat, daß der unabhängige Verwaltungssenat bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft in jenen gemäß dem FrG zu entscheidenden Fällen, in denen die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 Abs. 1 FrG nicht bestanden habe, dann, wenn die Fremdenpolizeibehörde bereits das Zielland festgelegt habe, gehalten sei, sich mit dem Einwand des Fremden auseinanderzusetzen, daß eine Abschiebung in dieses Land nicht zulässig sei, und daher in einem solchen Fall vom unabhängigen Verwaltungssenat die Zulässigkeit der Abschiebung in dieses Land unter dem Aspekt des § 37 FrG geprüft werden müsse. In dem soeben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes wurde darauf Bezug genommen, daß gemäß § 54 Abs. 2 FrG ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden könne, diese Bestimmung sei aber geeignet, infolge des Fehlens entsprechender Übergangsregelungen des FrG zu dessen § 54 eine rechtzeitige Antragstellung durch die betroffene Person vor dem zu verhindern.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat auch die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf verwiesen, daß - auf Grund eines diesbezüglichen Antrages des Mitbeteiligten vom - mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom im Instanzenzug gemäß § 54 FrG festgestellt worden sei, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Mitbeteiligte in Zaire gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf verweist, der erwähnte Antrag des Mitbeteiligten vom sei im Zuge eines irrtümlich eingeleiteten zweiten Aufenthaltsverbotsverfahrens (nach dem FrG) gestellt worden, der ursprüngliche Aufenthaltsverbotsbescheid sei noch nach der alten Rechtslage (nach dem Fremdenpolizeigesetz) ergangen, so genügt der Hinweis, daß es darauf nicht ankommt. Vielmehr ist hier allein die rechtliche Existenz einer (rechtskräftigen) Feststellung nach § 54 Abs. 1 FrG entscheidend, hatte doch der Mitbeteiligte in dem dieser Feststellung zugrundeliegenden Verfahren Gelegenheit, die Unzulässigkeit der Abschiebung geltend zu machen, sodaß seinem diesbezüglichen Rechtsschutzbedürfnis Rechnung getragen wurde. Weiters war der belangten Behörde eine inhaltliche Prüfung des soeben erwähnten Bescheides verwehrt. Soweit aber die belangte Behörde vorbringt, es sei ihr eine Prüfungskompetenz jedenfalls dahin zugekommen, als es um Umstände gehe, die sich nach Erlassung des Feststellungsbescheides nach § 54 FrG eingestellt hätten, so ist dies nicht geeignet, einen Anlaß für ein Abgeben von der im obzitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0082, dargelegten ständigen hg. Rechtsprechung zu bilden. Dies deshalb, weil § 36 Abs. 2 FrG einen Abschiebungsaufschub unter anderem für den Fall vorsieht, daß die Abschiebung gemäß § 37 leg. cit. unzulässig ist. Den von der belangten Behörde dargelegten Rechtsschutzüberlegungen ist damit Rechnung getragen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.