VwGH vom 07.09.1990, 90/18/0100
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler,
Dr. Degischer, Dr. Domittner und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde der Ärztekammer für Vorarlberg gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IVb-112-28-2/1990, betreffend Errichtungsbewilligung für ein Zahnambulatorium (mitbeteiligte Parteien: 1) Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 2) Österreichische Dentistenkammer), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat an Aufwandersatz binnen zwei
Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen:
Dem Land Vorarlberg S 2.760,--,
der Vorarlberger Gebietskrankenkasse S 10.110,--.
Begründung
Auf die Sachverhaltsdarstellung und auf die rechtlichen Ausführungen im hg. Beschluß vom ,
Zlen. 88/18/0344, 0377, wird hingewiesen. Mit Bescheid vom erteilte die Vorarlberger Landesregierung der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 9 des Spitalgesetzes (SpG) in der Fassung der Wiederverlaubarung, Vorarlberger LGBl. Nr. 1/1990, die spitalbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Zahnambulatoriums mit vier Behandlungsstühlen in Feldkirch nach Maßgabe bestimmter Plan- und Beschreibungsunterlagen sowie nach Maßgabe der Erfüllung bestimmter Auflagen. Hinsichtlich des Vorliegens des Bedarfes berief sich die Landesregierung auf ihren früheren Bescheid vom .
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der Ärztekammer für Vorarlberg.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die erstmitbeteiligte Partei hat primär die Zurückweisung der Beschwerde mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin beantragt, allenfalls möge die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden. Die zweitmitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin im Verfahren über die Errichtungsbewilligung war zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides am zufolge § 9 Abs. 4 SpG in der oben zitierten Fassung (in Kraft getreten mit ) gegeben, so daß die Beschwerde entgegen dem Antrag der Vorarlberger Gebietskrankenkasse nicht zurückzuweisen war.
Im übrigen erweist sich die Beschwerde aus folgenden Gründen als nicht gerechtfertigt:
Zunächst ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, daß es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig ist, in einem Beschwerdeverfahren auf den Inhalt von Schriftsätzen anderer Verfahren zu verweisen, mögen diese Verwaltungsverfahren oder andere Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof sein (Erkenntnisse vom , Zl. 85/10/0083, vom , Zl. 87/04/0150, vom , Zl. 88/18/0032). Demgemäß ist der mehrmals vorkommende Verweis auf anderweitige Schriftsätze (z.B. Seite 2 und Seite 29 der Beschwerde) unbeachtlich.
Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, daß mit weiterem Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom der Vorarlberger Gebietskrankenkasse auch die Betriebsbewilligung hinsichtlich des oben genannten Zahnambulatoriums unter bestimmten Auflagen erteilt wurde; unter einem wurde ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Versagung dieser Betriebsbewilligung "wegen fehlerhafter Bedarfsfeststellung bzw. Verfahrensweise" abgewiesen. Dieser Bescheid ist nicht Gegenstand der vorliegenden, sondern einer anderen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Daraus folgt, daß auf das an mehreren Stellen dieser Beschwerde aufscheinende Vorbringen (so z.B. Seite 15, Seite 17, Seite 29), die Betriebsbewilligung hätte nicht erteilt werden dürfen, hier nicht einzugehen war. Dem weiteren Beschwerdevorbringen sei im einzelnen folgendes erwidert:
Die "Schaffung vollendeter Tatsachen" (Seite 15 der Beschwerde), nämlich die tatsächliche Errichtung des Zahnambulatoriums, hat mit der Frage der Rechtswidrigkeit des hier angefochtenen Bescheides nichts zu tun. Die drei letzten Sätze des § 9 Abs. 9 SpG sollen einen zu langen Zeitraum zwischen Errichtungsbewilligung und Betriebsbewilligung vermeiden helfen; nichts spricht aber nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes dagegen, daß Errichtungs- und Betriebsbewilligung zeitlich nahe aneinandergerückt werden. Wird der Bescheid über die Errichtungsbewilligung aufgehoben und das diesbezügliche Parteienbegehren abgewiesen, so fällt auch die Grundlage für die Betriebsbewilligung weg.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Bedarfsfrage sei im vorliegenden Verfahren deshalb nicht neuerlich zu prüfen, weil darüber bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom mit bindender Wirkung auch gegenüber der Beschwerdeführerin abgesprochen wurde. Daß die Bedarfsfeststellung nach § 9 Abs. 3, dritter Satz SpG mit abgesondertem Bescheid zu erfolgen hat, daß dies ein förmlicher Zwischenabspruch der Landesregierung ist und daß damit über die Bedarfsfrage verbindlich abgesprochen wurde, entspricht der Rechtsprechung dieses Gerichtshofes (Erkenntnis vom , Zlen. 983, 2301/78, auszugsweise veröffentlicht in Soziale Sicherheit 1981, S 129 ff). Dieser Bescheid der Landesregierung könnte nur unter den Voraussetzungen der §§ 68, 69 AVG 1950 abgeändert oder aufgehoben werden. Seine materielle Rechtskraft bindet, entgegen der auf Seite 20 ausgesprochenen Ansicht der Beschwerdeführerin, auch diese:
Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf den hg. Beschluß vom , Slg. N.F. Nr. 11632/A, und auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 12188/A, geht deshalb fehl, weil zwischen den dort gegenständlich gewesenen wasserrechtlichen Verfahren und dem Verfahren nach dem Vorarlberger Spitalgesetz folgender wesentlicher Unterschied bestand (die wasserrechtlichen Bestimmungen werden nach der Rechtslage der Jahre 1985, 1986 zitiert, weil die von der Beschwerdeführerin genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund dieser Rechtslage ergingen):
Wie der oben erstzitierte Beschluß vom ausführte, gliedert sich das Verfahren über einen bevorzugten Wasserbau in drei Abschnitte, nämlich die Erklärung zum bevorzugten Wasserbau gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959, das Bewilligungsverfahren nach den §§ 114 bis 116 WRG 1959 und schließlich das Enteignungs- und Entschädigungsverfahren, das gemäß § 114 Abs. 1 WRG 1959 nach Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gesondert vom zuständigen Landeshauptmann zu führen ist. Wie das oben zweitzitierte Erkenntnis vom darlegte, erschöpft sich der Rechtsgehalt der Erklärung eines Wasserbaues als bevorzugt darin, daß damit eine Rechtsgrundlage für ein künftiges, der Realisierung des Bauvorhabens dienendes, von dem sonstigen wasserrechtlichen Verfahren abweichendes Verfahren geschaffen wird. Mit einer solchen Erklärung könne daher noch nicht in die Rechte jener Personen eingegriffen werden, die durch den Wasserbau berührt werden. Wohl könne aber der Bescheid über die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung eines als bevorzugt erklärten Wasserbaues von den durch diesen Wasserbau berührten Personen auch aus dem Grunde angefochten werden, daß zu Unrecht die für bevorzugte Wasserbauten geltenden Verfahrensbestimmungen angewendet wurden, weil die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 WRG für die Bevorzugungserklärung nicht gegeben gewesen seien. Dem könne die Rechtskraft des Bevorzugungsbescheides nicht entgegengehalten werden, denn diese erstrecke sich nicht auf die an dem Verfahren über die Bevorzugungserklärung unbeteiligten, jedoch von dem bevorzugten Wasserbau berührten Personen.
Demgegenüber unterscheidet sich das Verfahren zur Errichtung und zum Betrieb eines Ambulatoriums eines Krankenversicherungsträgers nach dem Vorarlberger Spitalgesetz insofern vom allgemeinen Verfahren zur Errichtung und zum Betrieb von Krankenanstalten allein dadurch, daß mangels eines Einvernehmens zwischen dem Krankenversicherungsträger und der Ärzte - bzw. Dentistenkammer der Errichtungsbewilligung eine Bedarfsfeststellung durch die Landesregierung voranzugehen hat. Irgendwelche Verfahrensvereinfachungen oder Verkürzungen, wie nach dem WRG seinerzeit möglich, sind im Verfahren nach dem Spitalgesetz nicht vorgesehen.
Nach der Absicht des Bundes-Grundsatzgesetzgebers sollte der Ärztekammer für Vorarlberg zur Zeit der Erlassung des Bedarfsfeststellungsbescheides vom durchaus Parteistellung zukommen, trat doch § 3 Abs. 6 KAG in der Fassung der Novelle vom , BGBl. Nr. 282, mit in Kraft und sollte doch die Ausführungsgesetzgebung der Länder bis spätestens die entsprechenden Bestimmungen erlassen. Wie im eingangs zitierten hg. Beschluß vom dargetan, war es die ausdrückliche Absicht dieses Novellengesetzgebers, eine bestimmte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dahin zu korrigieren, daß den Interessenvertretungen der Ärzte, allenfalls der Dentisten, das Recht der Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich zuerkannt werden sollte. Nun blieb aber der Vorarlberger Landesgesetzgeber auch über den mit der Ausführungsgesetzgebung säumig; auch der Bundesgesetzgeber wurde nicht im Sinne des Art. 15 Abs. 6 B-VG tätig. Die Nichtzuerkennung der Parteistellung an die Beschwerdeführerin zur Zeit der Erlassung des Bedarfsfeststellungsbescheides geht also auf Versäumnisse der beiden Gesetzgeber, des Landes-Ausführungsgesetzgebers und des Bundes-Grundsatzgesetzgebers auf Grund seiner Zuständigkeit nach Art. 15 Abs. 6 B-VG zurück; es kann nicht Aufgabe des Gerichtshofes sein, solche Versäumnisse der Gesetzgeber im Wege freier Rechtsfindung zu korrigieren. Diese damalige Rechtslage wurde auch durch die spätere Novellierung des § 9 Abs. 4 SpG nicht rückwirkend geändert, so daß der damalige Ausschluß der Beschwerdeführerin von der Parteistellung als zu Recht erfolgt anzusehen ist. Aus diesem Grund sind die aus dem sogenannten Hainburgerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes von der Beschwerdeführerin gezogenen Schlußfolgerungen hier nicht zutreffend.
Zum Vorbringen auf Seite 18/19 der Beschwerde ist zu sagen, daß überschießende Verfahrensergebnisse, z.B. unnötige Beweisaufnahmen, als solche keine Rechtswidrigkeit des zu prüfenden Bescheides begründen. Es ist unerfindlich, inwiefern die behauptete gleichzeitige Stellungnahme des Amtssachverständigen zu Fragen der Errichtungs- und der Betriebsbewilligung einen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG begründen könnte.
Schließlich ist zum Vorbringen auf Seite 29 der Beschwerde zu bemerken, daß Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Prüfung der angefochtene Bescheid und nicht allfällige tatsächliche Mißstände im Ambulatorium der erstmitbeteiligten Partei sind; solche Mißstände können durch andere Maßnahmen, z. B. Anzeige an die zuständigen Behörden, bekämpft werden.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom , BGBl. Nr. 206.