VwGH vom 12.08.1994, 94/02/0123
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M, dzt. in der Türkei, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-01/04/00202/93, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer - ein Staatsangehöriger der Türkei kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit - reiste am unter Umgehung der Grenzkontrolle in Österreich ein. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Asylgewährung abgewiesen und einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Am wurde der Beschwerdeführer ferner von Organen der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 85 Abs. 2 in Verbindung mit § 82 Abs. 1 Z. 3 des Fremdengesetzes (FrG) festgenommen. Ihm wurde noch am selben Tag ein Schubhaftbescheid dieser Behörde zugestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die auf § 51 FrG gestützte Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen und die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtmäßig erklärt.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , B 2147/93, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, mitgeteilt, daß von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen wird, und für den Fall der Abweisung der Beschwerde Zuspruch von Vorlageaufwand beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, die Verhängung der Schubhaft sei rechtswidrig gewesen, weil ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 zugekommen sei. Über seinen Asylantrag vom sei noch nicht erkannt worden.
Dieses Vorbringen ist schon deswegen unbegründet, weil es einen Asylantrag vom der Aktenlage gar nicht gibt. Mit diesem Datum ist lediglich die Berufung gegen den erwähnten Bescheid des Bundesasylamtes vom versehen (der die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war), in welcher er den Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG stellte, ihm in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides Asyl zu gewähren und festzustellen, daß ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukomme.
Davon abgesehen hätte ein am gestellter Asylantrag nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Wirkung, weil dies gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes nur bei einem innerhalb der Frist von einer Woche ab Einreise bzw. ab Kenntnis der Gefahr einer Verfolgung der Fall ist.
2. Soweit der Beschwerdeführer die Unzulässigkeit der Abschiebung in die Türkei geltend macht, ist ihm zu erwidern, daß diese Frage im Hinblick auf die Möglichkeit einer Antragstellung im Sinne des § 54 FrG in einem über eine Beschwerde nach § 51 FrG durchgeführten Verfahren nicht zu prüfen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/18/0410).
3. Daß die Abschiebung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides nicht möglich gewesen sei, weil die erforderlichen, die Person des Beschwerdeführers betreffenden Dokumente nicht vorgelegen wären, ist schon deswegen unerheblich, weil die Verhängung der Schubhaft nach § 41 Abs. 1 FrG u.a. zur Sicherung einer künftigen Abschiebung dient.
4. Aus § 9 Abs. 1 Asylgesetz ergibt sich entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers keine Zuständigkeit des Bundesasylamtes zur Entscheidung über eine Schubhaftbeschwerde anstelle der - vom Beschwerdeführer angerufenen - belangten Behörde.
5. Was die Behauptung anlangt, die Verhängung der Schubhaft sei zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers nicht erforderlich gewesen, ist folgendes auszuführen:
Der Beschwerdeführer brachte in diesem Zusammenhang vor, er sei polizeilich gemeldet und sein Aufenthalt sei den Behörden daher bekannt; ein Freund habe ferner eine Verpflichtungserklärung betreffend Sicherung seines Unterhaltes abgegeben. Die belangte Behörde erachtete dies für nicht ausreichend, weil der Beschwerdeführer sich wiederum dem Zugriff der Behörde entziehen könnte, "wie dies auch bereits in der Zeit vom 3.11. bis erfolgt ist".
Der Beschwerdeführer legte am einen Meldezettel vom und eine mit datierte Verpflichtungserklärung eines anderen türkischen Staatsangehörigen betreffend Bereitschaft zur Unterhaltsgewährung vor. In seinem Asylantrag vom hatte er - anwaltlich vertreten - keine Anschrift angegeben. In seiner Einvernahme vom vor dem Bundesasylamt hatte er ferner angegeben, "zur Zeit keine feste Unterkunft" und letzte Nacht in einem Ort in der Nähe von Ybbs "bei Türken" übernachtet zu haben.
Es ist daher keineswegs so, daß die Annahme, der Beschwerdeführer habe sich vom bis dem Zugriff der Behörde entzogen, jeder Grundlage entbehre.
6. Die Geltendmachung von Verfahrensmängeln beruht auf Rechtsansichten, die in den vorstehenden Punkten als unzutreffend qualifziert wurden.
7. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des nach deren Inkrafttreten gestellten Begehrens.
Fundstelle(n):
NAAAE-54042