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VwGH vom 18.12.1996, 96/15/0155

VwGH vom 18.12.1996, 96/15/0155

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

96/15/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichthof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Zorn, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde 1. des Dr. X und 2. der Dr. Y, beide in S, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide des Vorsitzenden des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde

II. Instanz vom , 1. Zl. 16/8/1-GA6-ZoW/96, und

2. 16/9/1-GA6-ZoW/96, jeweils betreffend Hausdurchsuchung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin betreiben als Kanzleigemeinschaft eine Rechtsanwaltskanzlei in Salzburg. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz erließ an jeden der Beschwerdeführer einen mit datierten Bescheid, mit dem sie anordnete, in den Kanzleiräumlichkeiten sowie in der Privatwohnung jedes der Beschwerdeführer eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Begründet wurde dies damit, daß gegen jeden der Beschwerdeführer der Verdacht bestehe, daß er (sie) 1. vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht a) im Zusammenwirken durch Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen für die Kanzleigemeinschaft hinsichtlich der Jahre 1989 bis 1993 (Nichterfassung von Honoraren) und b) durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1993 Umsatz- und Einkommensteuer (für 1989 bis 1993) in noch festzustellendem, aber erheblichem Umfang verkürzt und 2. im Zusammenwirken vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 bzw. 1994 entsprechenden Voranmeldungen für die Kanzleigemeinschaft, nämlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum Jänner 1994 bis September 1995, Verkürzungen von Umsatzsteuervorauszahlungen in noch festzustellendem Umfang wissentlich bewirkt und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a FinStrG begangen habe.

Der Behörde sei durch eine detaillierte, schriftliche und fundierte Aussage zur Kenntnis gebracht worden, daß die Beschwerdeführer in den letzten Jahren Honorare in der Höhe von jährlich rund 600.000 S nicht versteuert hätten und diese "schwarz" vereinnahmten Honorare anhand der Aufzeichnungen auf der Innenseite der jeweiligen Aktenumschläge (der Handakten) und auf den Karteikarten nachvollziehbar seien. Es sei oft vorgekommen, daß Honorarnoten nur über einen Teil der Leistung gelegt worden seien und der Großteil des Entgelts ohne Beleg entrichtet worden sei. Es sei auch vorgekommen, daß das gesamte Honorar ohne Beleg vereinnahmt worden sei. Die Person, die diese Wahrnehmungen der Finanzstrafbehörde mitgeteilt habe, verfüge zweifellos über konkrete Kenntnisse vom inneren Ablauf des Unternehmens; ihre Aussagen erschienen glaubwürdig. Es bestehe daher der begründete Verdacht der Abgabenhinterziehung durch die Beschwerdeführer. Die für die Durchführung der Finanzstrafverfahren erforderlichen Feststellungen könnten offensichtlich nur durch Hausdurchsuchungsmaßnahmen getroffen werden. Als Beweismittel kämen Unterlagen und Aufzeichnungen über die erzielten Einnahmen für die Jahre 1989 bis zur Gegenwart sowie Unterlagen über die Einkommen- und Vermögenssituation der Beschwerdeführer (insbesondere Sparbücher, Bankkonten und Hinweise auf sonstige Veranlagungsformen) in Betracht.

Mit Bescheiden vom wurde gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG gegen jeden der Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren eingeleitet.

Jeder der Beschwerdeführer brachte Administrativbeschwerde gegen den an ihn ergangenen Hausdurchsuchungsbefehl ein. Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, die Einleitung des Finanzstrafverfahrens sei zu Unrecht erfolgt; wegen der Umgehung des Beweisthemenverbotes seien nämlich sämtliche auf Grundlage dieser Umgehung erlassenen behördlichen Akte, sohin auch die gegenständlichen Hausdurchsuchungsbefehle, rechtswidrig. Im übrigen seien die Hausdurchsuchungsbefehle im Hinblick auf die Formulierung betreffend die gesuchten Beweismittel zu weit gefaßt. Die im Hausdurchsuchungsbefehl aufgestellten Behauptungen seien durch die rechtswidrig zustandegekommene Anzeige nicht gedeckt. Die Anzeigerin habe zugestanden, daß sie Beweise über die von ihr pauschal ausgesprochenen Verdächtigungen nicht habe. Der Betrag von 600.000 S für die angeblich jährlich "schwarz" kassierten Einnahmen ergebe sich aus der Anzeige vom nicht. Es wäre aufgrund der Anzeige nicht erforderlich gewesen, sämtliche Akten, die den verfahrensgegenständlichen Zeitraum betreffen, zu beschlagnahmen. Es hätte genügt, nur jene Akten zu suchen und zu beschlagnahmen, die in der Mitteilung der Anzeigerin vom konkret angeführt seien. Allerdings werde auch die Zulässigkeit dieser Hausdurchsuchungsbeschlagnahme, die vom Hausdurchsuchungsbefehl im Prinzip nicht umfaßt sei, bestritten. Die Beschlagnahme sämtlicher Akten gehe jedenfalls über die in den Hausdurchsuchungsbefehlen getroffene Anordnung hinaus. Sollte dies nicht der Fall sein, so sei die Hausdurchsuchung und die damit zusammenhängende Beschlagnahme insofern rechtswidrig, als auch Akten erfaßt worden seien, die zweifellos der Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Die Bescheide betreffend die Anordnung der Hausdurchsuchung seien auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als Eingriffe in das Recht auf Privatsphäre rechtswidrig.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde des Erstbeschwerdeführers ab, mit dem zweitangefochtenen Bescheid jene der Zweitbeschwerdeführerin. Zur Begründung wird in den Bescheiden wortgleich ausgeführt:

Die Beschwerdeführer betrieben seit 1989 eine Kanzleigemeinschaft. Dem Finanzamt sei durch eine detaillierte, schriftliche und fundierte Aussage zur Kenntnis gebracht worden, daß die Beschwerdeführer in den letzten Jahren Honorare von jährlich rund 600.000 S vereinnahmt hätten, ohne die entsprechenden Steuern abzuführen. Aus dieser Anzeige ergebe sich, daß die Schwarzeinnahmen anhand der Aufzeichnungen auf der Innenseite der Aktenumschläge und auf den Karteikarten nachvollziehbar seien. Es sei vorgekommen, daß Honorarnoten bloß über einen Teil des Entgeltes oder gar nicht erstellt worden seien. Da die Person, die diese Auskünfte erteilt habe, konkrete Kenntnisse vom inneren Ablauf des Unternehmens der Beschwerdeführer habe und die Aussagen der Anzeigerin glaubwürdig erschienen, bestehe der begründete Verdacht der Abgabenhinterziehung. Dieser konkrete Verdacht habe die Behörde gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG zur Erlassung der Hausdurchsuchungsbefehle berechtigt. Die Beschwerdeführer hätten nicht konkret dargetan, inwieweit diese Anordnungen zu weit gefaßt seien; die vorliegenden Anzeigeninhalte erforderten nämlich eine umfangreiche Beschlagnahmeanordnung. Da der begründete Verdacht bestehe, daß die Beschwerdeführer selbst Beteiligte der Finanzvergehen sind, bestehe kein generelles Beschlagnahmeverbot hinsichtlich ihrer Unterlagen als Rechtsanwälte; ein solches - normiert in § 89 Abs. 4 FinStrG - beziehe sich lediglich auf Unterlagen iSd § 89 Abs. 3 lit. b FinStrG. Im Verfahren über eine Administrativbeschwerde gegen einen Hausdurchsuchungsbefehl sei lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 93 FinStrG vorlägen. Es sei nicht zu prüfen, ob die im Zuge der Hausdurchsuchung aufgefundenen Akten zu Recht der Beschlagnahme unterlägen; eine solche Prüfung habe im Verfahren nach § 89 Abs. 5 FinStrG zu erfolgen. In jenem Verfahren sei auch das Vorbringen betreffend den Umfang der einzusehenden Akten(teile) und Unterlagen und betreffend die Verschwiegenheitspflicht der Beschwerdeführer zu behandeln.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , B 1588, 1589/96, die Behandlung der gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerde abgelehnt. Mit Beschluß vom hat er die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zu Behandlung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer im Recht auf Nichterlassung von Hausdurchsuchungsbefehlen verletzt. Die Behörde stützte ihren Verdacht auf die Anzeige vom einer ehemaligen Kanzleiangestellten der Beschwerdeführer. In dieser Anzeige werde dargetan, daß die Beschwerdeführer jährlich rund 600.000 S "schwarz" kassierten. Die Kanzleiangestellte habe bei Dienstantritt eine schriftliche Verschwiegenheitserklärung unterfertigt. Die Beschwerdeführer hätten die Angestellte nicht von ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden. Die Finanzstrafbehörde habe gewußt, daß die Anzeige vom für sich allein die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nicht rechtfertige; sie habe daher die Anzeigerin für den zu einem "Gespräch" eingeladen und sie dabei davon überzeugt, daß hinsichtlich ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung keine Probleme bestünden. Aufgrund dieses "Gespräches" habe die Anzeigerin ihre Anzeige konkretisiert und das Schreiben vom verfaßt, in welchem ausgeführt werde:

"Bezugnehmend auf unser gestriges Gespräch in obiger Angelegenheit übersende ich ihnen in der Beilage die gegenständliche Liste. Hinzu fügen möchte ich noch, daß diese Aufstellung keinesfalls vollständig ist, sondern nur einige Namen nennt, die mir zum Zeitpunkt der Erstellung gerade eingefallen sind." Als Beilage zu diesem Schreiben finde sich eine Aufstellung, die Namen von Klienten samt Behauptungen über nicht erfaßte Honorarzahlungen dieser Personen enthalte. Erst diese Konkretisierung habe die Finanzstrafbehörde zur Einleitung der Finanzstrafverfahren und zur Erlassung der Hausdurchsuchungsbefehle veranlaßt. Voraussetzung für einen Hausdurchsuchungsbefehl sei gemäß § 93 Abs. 2 FinStrG ein begründeter Verdacht. Der begründete Verdacht liege deshalb nicht vor, weil die Anzeige vom nicht ausreichend konkret gewesen sei, die späteren Aussagen der Anzeigerin aber einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 9 RAO darstellten. Auch sei die Anzeigerin von der Verschwiegenheitsverpfichtung, die sich aus der von ihr unterschriebenen Verpflichtungserklärung ergebe, nicht entbunden worden. Die unsubstantiierten Ausführungen in der Anzeige vom wären für die Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehles nicht ausreichend konkret gewesen, weil andere Gründe, wie wirtschaftlich auffälliger Lebenswandel, "nennenswerte Mehrergebnisse bei Betriebsprüfungen" oder finanzstrafrechtliche Vorstrafen, nicht vorgelegen seien. Erst die Konkretisierung der Anzeige habe die Finanzstrafbehörde zur Einleitung des Finanzstrafverfahrens und zur Erlassung des Hausdurchsuchungsbefehles veranlaßt. Es sei damit aber die Verschwiegenheitsverpflichtung der Anzeigerin durch Organe des Finanzamtes nicht beachtet worden. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe damit das durch § 104 FinStrG und § 9 Abs. 3 RAO normierte Beweisthemenverbot umgangen und auf dieser Grundlage die Hausdurchsuchungsbefehle erlassen. § 104 FinStrG normiere für Rechtsanwälte und deren Angestellte ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses umfasse nicht nur solche Tatsachen, die dem Rechtsanwalt und folglich seinen Hilfskräften von seinem Klienten selbst mitgeteilt worden seien, sondern alles, was im Rahmen der dem Rechtsanwalt übertragenen Vertretung vorgehe. Es erstrecke sich auch auf den Namen des Klienten und auf Art und Umfang der Vertretungstätigkeit. Es spiele keine Rolle, daß § 104 FinStrG in § 98 Abs. 4 FinStrG nicht erwähnt sei; aus den gesetzlichen Vorschriften über Zeugnisverweigerungsrechte sei nämlich ein entsprechendes Beschlagnahme- und Verwertungsverbot abzuleiten. Zudem sei zu beachten, daß der Eingriff im Lichte des Art. 8 Abs. 2 EMRK dem verfolgten Zweck angemessen sein und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen müsse. Die im Hausdurchsuchungsbefehl getroffene Umschreibung der Beweismittel sei wesentlich zu weit gefaßt. Jedenfalls wäre es nicht erforderlich gewesen, sämtliche Akten der Kanzlei zu beschlagnahmen. Es hätte vollkommen genügt, jene Akten zu suchen und zu beschlagnahmen, die in der Mitteilung der Anzeigerin vom genannt sind. Die belangte Behörde habe übersehen, daß dort, wo ein Rechtsanwalt von derartigen Maßnahmen betroffen sei, ein Eingriff in das Berufsgeheimnis vorliege. Sie habe im übrigen Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen in der Administrativbeschwerde auseinandergesetzt habe; sie hätte sich nämlich mit dem Argument betreffend das Beweismittelverbot beschäftigen müssen und die Anordnung zur Hausdurchsuchung insbesondere auf die Suche von anonymisierten Aktenteilen, wie insbesondere Abrechnungen, Honorarnoten beschränken müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG bedarf die Durchführung einer Hausdurchsuchung eines mit Gründen versehenen Befehls des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde.

Hausdurchsuchungen, das sind Durchsuchungen von Wohnungen

und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von

Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen, dürfen nach § 93

Abs. 2 FinStrG nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter

Verdacht besteht, daß sich ... daselbst Gegenstände befinden,

... die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht

kommen.

Werden im Zuge der Hausdurchsuchung die gesuchten Beweismittel vorgefunden, so sind sie zufolge § 96 FinStrG zu beschlagnahmen, ohne daß es hiezu einer besonderen Anordnung bedarf. Andere Beweismittel, die auf die Begehung eines Finanzvergehens schließen lassen, sind nur dann in Beschlag zu nehmen, wenn Gefahr im Verzug ist. Im übrigen sind die für die Beschlagnahme geltenden Bestimmungen anzuwenden.

Gemäß § 104 Abs. 2 FinStrG können die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen und ihre Hilfskräfte die Zeugenaussage darüber verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Vertreter der Partei über diese zur Kenntnis gelangt ist.

Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0122).

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer hätte die Behörde deshalb nicht von einem begründeten Verdacht ausgehen können, weil sie die Informationen, aus denen sich diese Verdachtsgründe ergeben, entgegen den Vorschriften des § 104 FinStrG und des § 9 RAO erhalten habe und daher nicht hätte verwerten dürfen.

Mit diesem Vorbringen kann eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aufgezeigt werden. Während § 103 FinStrG Beweiserhebungsverbote (Vernehmungsverbote) enthält - diese sind zum Teil durch das Beweisverwertungsverbot des § 98 Abs. 4 FinStrG abgesichert -, normiert § 104 FinStrG Entschlagungsrechte. § 104 FinStrG regelt sohin Fälle, in denen ein Zeuge die Aussage verweigern darf. Ein solcher Fall von Aussageverweigerung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Anzeigerin, die früher in der Rechtsanwaltskanzlei der Beschwerdeführer als Dienstnehmerin beschäftigt gewesen ist, vor der Behörde als Zeugin oder allenfalls als Auskunftsperson ausgesagt hat oder ob sich die Dienstnehmerin einer Rechtsanwaltskanzlei in Fragen betreffend die allfällige Abgabenhinterziehung des Rechtsanwaltes überhaupt auf ein Entschlagungsrecht nach § 104 FinStrG berufen könnte.

Gemäß § 9 Abs. 2 RAO ist der Rechtsanwalt zur

Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und

die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt

gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner

Partei gelegen ist, verpflichtet. Er hat in ... behördlichen

Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften

das Recht auf diese Verschwiegenheit. Nach Abs. 3 leg. cit.

darf das Recht des Rechtsanwaltes auf Verschwiegenheit durch

... behördliche Maßnahmen, insbesondere ... dadurch, daß die

Herausgabe von Schriftstücken ... aufgetragen wird oder diese

beschlagnahmt werden, nicht umgangen werden; besondere Regelungen zur Abgrenzung dieses Verbotes bleiben unberührt.

§ 9 Abs. 2 und 3 RAO regelt eine Verschwiegenheitspflicht, enthält aber jedenfalls keine Regelung, nach welcher die Behörde die Aussage einer (ehemaligen) Kanzleiangestellten nicht heranziehen dürfte, um darauf den Verdacht der Abgabenhinterziehung durch den Rechtsanwalt zu stützen. Diese Norm dient nicht der Behinderung oder Erschwerung der Erhebung von Abgaben eines Rechtsanwaltes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0216).

Daß schließlich eine zivilrechtliche Vereinbarung der Beschwerdeführer mit ihrer ehemaligen Angestellten, in welcher sich letztere zur Geheimhaltung verpflichtet hat, selbst wenn diese Vereinbarung zivilrechtlich verbindlich sein sollte, für Erhebungen der Finanzstrafbehörde unbeachtlich ist, liegt auf der Hand.

Der Inhalt des Beweisverwertungsverbotes, welches § 98 Abs. 4 FinStrG normiert, besteht im übrigen lediglich darin, daß ein unzulässig gewonnenes Beweismittel bei der Fällung des Erkenntnisses bzw der Strafverfügung nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder des Nebenbeteiligten herangezogen werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0238). Die Anordnung einer Hausdurchsuchung ist nicht der Fällung eines Erkenntnisses (einer Strafverfügung) gleichzuhalten und kann auch zur Entlastung des Beschuldigten (Nebenbeteiligten) führen.

Daß in der Begründung der angefochtenen Bescheide auf das Vorbringen in der Administrativbeschwerde betreffend die gegen § 104 FinStrG und § 9 RAO verstoßende Verwertung der Aussagen der Anzeigerin nicht eingegangen worden ist, stellt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Da aber in den Beschwerdefällen eine Anwendung dieser Normen - wie oben dargestellt - nicht in Betracht kommt, fehlt es an der in § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG geforderten Relevanz dieses Verfahrensfehlers.

In welchem Umfang im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit erstreckt, bei dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten der Beschlagnahme unterliegen, regelt § 89 Abs. 3 und 4 FinStrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0159). Im Erkenntnis vom , 92/15/0090, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgesprochen, der Umstand, daß auf Unterlagen auch Namen von Mandanten sowie für diese erbrachte Leistungen enthalten sind, führe noch nicht dazu, diese als zur Information des Rechtsanwaltes hergestellt und damit iSd § 89 Abs. 4 erster Satz FinStrG der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegend anzusehen.

Im gegenständlichen Fall konnte die belangte Behörde aufgrund der Aussagen der ehemaligen Dienstnehmerin der Beschwerdeführer vom begründeten Verdacht ausgehen, daß in den Aktendeckeln der Handakten jene Vermerke über Honorare angebracht sind, aus denen sich darauf schließen lasse, daß die Beschwerdeführer Honorare steuerlich nicht erfaßt hätten. Diesbezüglich liegen daher Gegenstände vor, die iSd § 93 Abs. 2 FinStrG als Beweismittel in Betracht kommen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der von der ehemaligen Dienstnehmerin konkret bezeichneten Akten; die Behörde konnte aufgrund der Aussagen dieser Dienstnehmerin davon ausgehen, daß sie lediglich eine unvollständige Liste von Beispielsfällen vorgelegt habe.

Der begründete Verdacht, daß durch strafbare Handlungen der Allgemeinheit in beträchtlichem Ausmaß Schaden zugefügt worden ist, läßt im gegenständlichen Fall in der Anordnung der Hausdurchsuchungen auch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Rechtswidrigkeit erkennen. Daran ändert nichts, daß die Beschwerdeführer Rechtsanwälte sind, ist doch von Angehörigen dieses Berufsstandes in besonderem Ausmaß zu erwarten, daß sie strafrechtlich geschützte Rechtsgüter respektieren. Aus der Regelung des § 89 Abs. 3 bis 6 iVm § 96 letzter Satz FinStrG ergibt sich, daß das Gesetz Beschlagnahmen und Hausdurchsuchungen auch bei Geheimnisträgern vorsieht. Der Anordnung der Hausdurchsuchung steht auch Art. 8 EMRK nicht entgegen.

Ob die Beschlagnahme der Handakten im Grunde des § 89 Abs. 3 und 4 iVm § 96 letzter Satz FinStrG rechtmäßig war, ist Gegenstand eines Verfahrens nach §§ 89 Abs. 5 und 6 FinStrG. Die gegen die gemäß § 89 Abs. 6 FinStrG ergangenen Bescheide des Vorsitzenden des Berufungssenates erhobene Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof unter Zlen. 96/15/0225, 0226 anhängig.

Auch mit dem Vorbringen, in den beiden Hausdurchsuchungsbefehlen sei die Umschreibung der zu suchenden Beweismittel zu weit gefaßt, zeigen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit nicht auf. Es liegt in der Natur von Hausdurchsuchungen, daß oftmals das konkrete Aussehen und die konkrete Stückzahl der Beweismittel, auf deren Suche die Hausdurchsuchung abzielt, nicht bekannt ist. Deshalb ist es der Behörde nicht verwehrt, eine Umschreibung nach allgemeinen Kriterien vorzunehmen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.