TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 24.07.2002, 2002/18/0112

VwGH vom 24.07.2002, 2002/18/0112

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2002/18/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerden

1. der S, geboren 1965 (hg. Zl. 2002/18/0112) und 2. des Z, geboren 1986 (hg. Zl. 2002/18/0113), beide vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien je vom , Zlen. SD 266/02 (bezüglich Erstbeschwerdeführerin) und SD 270/02 (bezüglich Zweitbeschwerdeführer), je betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) je vom wurden die Erstbeschwerdeführerin und deren Sohn, der Zweitbeschwerdeführer, jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

In den Begründungen dieser Bescheide führte die belangte Behörde zusammengefasst Folgendes aus:

Die Erstbeschwerdeführerin sei im August 1995 mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist. Der Zweitbeschwerdeführer sei im Jahr 1996 gemeinsam mit seiner Schwester ebenfalls mit einem Touristensichtvermerk eingereist. Beide Beschwerdeführer seien nach Ablauf ihres Touristensichtvermerks nicht ausgereist, sondern rechtswidrig im Bundesgebiet verblieben. Der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG sei somit erfüllt.

Die Erstbeschwerdeführerin sei verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig. Diese beiden Kinder - darunter der Zweitbeschwerdeführer - befänden sich ebenfalls unrechtmäßig im Bundesgebiet. Gegen beide sei ein aufenthaltsbeendendes Verfahren anhängig. Gegen den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweitbeschwerdeführers bestehe ein aufrechtes Aufenthaltsverbot. Angesichts dieser Umstände sei die Ausweisung zwar mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer verbunden. Der Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Einhaltung komme ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses öffentliche Interesse hätten die Beschwerdeführer durch ihren mehrjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt maßgeblich verstoßen. Unter den gegebenen Umständen seien sie nicht in der Lage, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Unüberwindliche Hindernisse, die einer gemeinsamen Ausreise der Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Die Ausweisung sei daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Die Umstände, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern eine ortsübliche Unterkunft bewohne und behauptetermaßen über hinreichende Unterhaltsmittel verfüge sowie dass der Zweitbeschwerdeführer in Österreich die Schule besucht habe, hätten die Behörde nicht dazu veranlassen können, von der Ausweisung im Rahmen des Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die beiden Beschwerden mit den Anträgen, den jeweils angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

1. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, jeweils mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Sichtvermerks ohne Einreise- oder Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verblieben zu sein. Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG jeweils erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.

2. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisungen im Grund des § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin seit August 1995 und des Zweitbeschwerdeführers seit 1996 berücksichtigt. Die daraus ableitbare Integration wird in ihrem Gewicht dadurch entscheidend gemindert, dass der Aufenthalt jeweils fast zur Gänze rechtswidrig ist, wobei es unerheblich ist, ob der Zweitbeschwerdeführer, wie die belangte Behörde festgestellt hat, erst im Jahr 1996 oder, wie er selbst vorbringt, im August 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist. Eine Tochter der Erstbeschwerdeführerin (und Schwester des Zweitbeschwerdeführers) befindet sich unstrittig ebenfalls seit Ablauf des bei ihrer Einreise gültigen Touristensichtvermerks ohne Einreise- oder Aufenthaltstitel im Bundesgebiet. Die aus den familiären Beziehungen zum jeweils anderen Beschwerdeführer und zu der erwähnten Tochter bzw. Schwester ableitbaren persönlichen Interessen der Beschwerdeführer im Verbleib im Bundesgebiet werden durch den Umstand, dass sich die jeweiligen Familienangehörigen ebenfalls unrechtmäßig im Bundesgebiet befinden, relativiert. Unstrittig besteht gegen den Gatten der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweitbeschwerdeführers ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Der nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer anhängige Antrag auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbots kann an der Rechtswirksamkeit dieser Maßnahme nichts ändern. Im Hinblick auf den jeweils fast zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt der Beschwerdeführer fallen auch die vorgebrachten Umstände, dass der Zweitbeschwerdeführer seine Schulausbildung in Österreich abgeschlossen habe und beide Beschwerdeführer in Österreich eine ausreichende Wohnmöglichkeit sowie den "Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen" hätten, nicht entscheidend ins Gewicht. Die weiters vorgebrachten Umstände, dass die Beschwerdeführer über einen gesicherten Unterhalt verfügten und nicht straffällig geworden seien, bewirken keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen, vielmehr stellen das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme dar.

Diese persönlichen Interessen werden jedenfalls durch die schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/18/0251), auf Grund des nahezu zur Gänze unberechtigten Aufenthalts der Beschwerdeführer überwogen. Dabei ist es unerheblich, ob dem Zweitbeschwerdeführer die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthalts von Anfang an bewusst war.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die jeweilige Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher im Grund des § 37Abs. 1 FrG zulässig sei, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte. Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführer jeweils mit einem Touristensichtvermerk eingereist sind und sich seit Ablauf dieses Sichtvermerks bereits mehrere Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, stellen weder die vorgebrachte Absolvierung der Schulausbildung durch den Zweitbeschwerdeführer noch der gesicherte Wohn- und Unterhaltsbedarf einen Umstand dar, der eine derartige Ermessensübung indizierten. Andere besondere Umstände, die eine derartige Ermessensübung indizierten, ergeben sich weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid.

4. Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am