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VwGH vom 23.10.1997, 96/15/0117

VwGH vom 23.10.1997, 96/15/0117

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der G-Ges.m.b.H., gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , 1549-2/94, betreffend Körperschaftsteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Vier Geschwister sind zu gleichen Teilen an der beschwerdeführenden GmbH - sie betreibt ua ein Bauunternehmen - und an der Wohn-GmbH - sie ist die Hauptgesellschafterin der Beschwerdeführerin - beteiligt und sind auch die Geschäftsführer dieser Gesellschaften.

Im Zuge der Körperschaftsteuerveranlagung für 1991 stellte das Finanzamt fest, daß die auf einem Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber der Wohn-GmbH (3,170.764 S) nicht verzinst werde. Es erblickte in der Unverzinslichkeit eine verdeckte Gewinnausschüttung und erhöhte aus diesem Grund bei Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides an die Beschwerdeführerin den erklärten Gewinn um die mit 8% pa berechneten Zinserträge aus der Verrechnungsforderung.

Die Beschwerdeführerin bekämpfte mit Berufung die vom Finanzamt vorgenommene Gewinnerhöhung. Die Wohn-GmbH wickle für sie Wohnbauprojekte ab; darin bestehe ihre einzige Tätigkeit. Die Wohn-GmbH verfüge über kein Personal und keine "Infrastruktur". Ihr Vermögen bestehe lediglich in der Beteiligung an der Beschwerdeführerin. Zwischen dem Ankauf von Baugrund und der Fertigstellung von Wohnungen vergingen zumeist mehrere Jahre. Es wäre daher nicht zu verantworten, daß die Wohn-GmbH Grundstücke mit Fremdmitteln anschaffte. Es müßte vielmehr die Beschwerdeführerin als Baufirma und eigentliche Nutznießerin der Wohnbauprojekte die Grundstücke anschaffen und sie erst vor der "Realisierung" an die Wohn-GmbH übertragen. Diese Vorgangsweise würde aber zusätzliche Kosten für Anwälte, Notare, unnötige Verwaltungsarbeiten und schließlich Grunderwerbsteuern hervorrufen. Eine Vorteilszuwendung an die Gesellschafter sei ausgeschlossen, weil keine Wertabgabe an die außerbetriebliche Sphäre erfolge und kein Zusammenhang mit der Anteilsinhaberschaft der Gesellschafter-Geschäftsführer bestehe. Im übrigen habe das Finanzamt anläßlich der letzten Betriebsprüfung (im Jahr 1989) festgehalten, daß zwischen "nahen Gesellschaften" bei laufenden Geschäftsbeziehungen keine Verzinsung vorzunehmen sei. Wenn dieselben natürlichen Personen an zwei auf dem gleichen Gebiet tätigen und sich ergänzenden Kapitalgesellschaften beteiligt seien, ergebe sich für diese Personen aus der Gesellschafterstellung kein Vorteil aus dem Umstand, daß in einer der beiden Gesellschaften ein Aufwand abgesetzt worden sei, der zur Gänze oder teilweise auf die andere Gesellschaft überrechnet gehörte. Gleich bei welcher der Gesellschaften der Aufwand abgezogen werde, er werde in Summe nur einmal berücksichtigt, weshalb eine Wertabgabe in den außerbetrieblichen Bereich ausgeschlossen sei.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt ua aus, laufende Geschäftsbeziehungen, wie sie bei der Betriebsprüfung für die Jahre 1984 bis 1986 angenommen worden seien, setzten einen regelmäßigen planmäßigen Leistungsaustausch voraus. Ein solcher bestehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Wohn-GmbH nicht.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zinsen, die einer Kapitalgesellschaft durch die Hingabe eines zinsenlosen Darlehens an einen Gesellschafter oder durch eine unverzinsliche Verrechnungsforderung entgingen, bewirkten eine verdeckte Gewinnausschüttung. Bei unverzinslichen Verrechnungsforderungen würden einem Gesellschafter Geldmittel kreditiert, ohne daß er zur Zahlung von Zinsen verpflichtet wäre. Es treffe nicht zu, daß ein Vorteil aus dem Gesellschaftsverhältnis ausgeschlossen sei, wenn in einer Gesellschaft ein Aufwand abgesetzt werde, der in eine andere Gesellschaft überrechnet gehörte. Jede Kapitalgesellschaft sei ein eigenständiges Steuersubjekt. Die Beschwerdeführerin und die Wohn-GmbH könnten daher nicht als Einheit angesehen werden. Im gegenständlichen Fall sei der Gewinn der Beschwerdeführerin durch den Verzicht auf Zinserträge entsprechend gemindert worden, während die Zinsaufwendungen bei der Wohn-GmbH angesichts ihrer Verlustsituation nicht verwertbar gewesen wären. Der Beschwerdeführerin seien gegenüber der Wohn-GmbH Verrechnungsforderungen in folgender Höhe zugekommen:

1986: 5,716.221 S 1987: 5,543.204 S 1988: 5,544.369 S 1989: 3,218.324 S 1990: 3,225.044 S 1991: 3,170.764 S. Einer gesellschaftsfremden Person wären Beträge dieser Größenordnung nicht über Jahre hinweg zinsenlos zur Verfügung gestellt worden. Es wären zumindest jene Zinsen verrechnet worden, der durch die Veranlagung bei einem fremden Dritten hätte erzielt werden können. Das Fehlen der angemessenen Verzinsung sei nur durch die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der beiden Kapitalgesellschaften erklärbar. In der Nichtverzinsung sei sohin eine verdeckte Gewinnausschüttung zu erblicken. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, anläßlich der im Jahr 1989 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung habe das Finanzamt zum Ausdruck gebracht, eine Verzinsung des Verrechnungskontos könne unterbleiben, werde darauf verwiesen, daß die Abgabenbehörde die Beschwerdeführerin nicht zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert habe. Es sei im Zuge der Prüfung lediglich zur rechtlichen Würdigung eines bereits bestehenden tatsächlichen Geschehens gekommen. Zusätzlich werde bemerkt, daß zwischen der Beschwerdeführerin und der Wohn-GmbH laufende Geschäftsbeziehungen, wie etwa laufende gegenseitige Warenlieferungen, nicht bestünden; nur bei solchen, zu gegenseitigen Verrechnungen führenden Geschäftsbeziehungen wäre eine Nichtverzinsung denkbar. Im gegenständlichen Fall habe die Beschwerdeführerin die bei der Wohn-GmbH aufgelaufenen Kosten verrechnet erhalten und deren laufende Geschäftsführung besorgt. Von einer Verrechnung laufender Geschäftsfälle zwischen den Gesellschaften könne keine Rede sein, weil über Jahre hinweg Forderungen der Beschwerdeführerin gegenüber der Wohn-GmbH in Millionenhöhe bestanden hätten, sodaß den kreditierten Geldmitteln ein darlehensähnlicher Charakter beizumessen sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich als verletzt im Recht, daß eine Gewinnerhöhung aus dem Titel der verdeckten Gewinnausschüttung nicht vorgenommen werde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter verdeckten Gewinnausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben, zu verstehen. Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern zuwendet, die sie aber anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleich günstigen Bedingungen zugestehen würde, sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0015, 0016). Auch Zinsen, die einer Kapitalgesellschaft durch die Hingabe eines zinsenlosen Darlehens an einen Gesellschafter entgehen, bewirken eine verdeckte Gewinnausschüttung; dies gilt auch für eine unverzinsliche Verrechnungsforderung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 96/15/0015, 0016 sowie vom , 94/13/0228, vom , 94/13/0249 und vom , 88/14/0111).

Die Beschwerde bringt hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttung im wesentlichen vor, die Wohn-GmbH sei ausschließlich zur Abwicklung von Wohnbauprojekten für die Beschwerdeführerin gegründet worden und tätig gewesen. Die auf dem in Rede stehenden Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung ergebe sich daraus, daß die Beschwerdeführerin die Liegenschaftskäufe der Wohn-GmbH vorfinanziert habe. Die Wohn-GmbH habe "über keinen eigenen finanziellen Rückhalt verfügt". Die Beschwerdeführerin sei als Baufirma der eigentliche Nutznießer der Wohnbauprojekte gewesen, daher hätte sie die Grundstücke anschaffen und finanzieren müssen. Wenn die belangte Behörde die Ansicht vertrete, in der Nichtverzinsung des kreditierten Betrages liege eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Wohn-GmbH in Höhe der bei einer Alternativveranlagung erzielbaren Zinsen, so übersehe sie, daß die Beschwerdeführerin, hätte sie selber die Grundstücke angeschafft, an Stelle der Verrechnungsforderung an die Wohn-GmbH einen entsprechenden Grundstücksbestand hätte ausweisen müssen, weshalb keine Geldmittel für eine Alternativveranlagung zur Verfügung gestanden wären. Der Wohn-GmbH komme nur Ergänzungsfunktion zu; der Grund für die gewählte Gestaltung liege ausschließlich im betrieblichen Bereich.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Die Körperschaftsteuer beruht auf der Anerkennung der Trennung der Sphäre der juristischen Person von der ihrer Gesellschafter (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I5, 247). Diese Trennung besteht dabei nicht bloß im Verhältnis zwischen einer juristischen Personen und den natürlichen Personen, in deren Eigentum sie steht, sondern - vom Fall der Organschaft iSd § 9 KStG 1988 abgesehen - auch im Verhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft. Die Körperschaftsbesteuerung ist von der Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Rechtsform beherrscht.

Die Neutralisierung verdeckter Gewinnausschüttungen dient der Entflechtung von betrieblich veranlaßten Vorgängen einerseits und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Vorgängen andererseits. Es soll der Gewinn der Körperschaft ausgewiesen werden, der sich aus den betrieblich veranlaßten Vermögensänderungen ergibt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 96/15/0015, 0016).

Die belangte Behörde konnte zu Recht davon ausgehen, daß die Beschwerdeführerin einem fremden Dritten gegenüber nicht unentgeltlich darlehensweise Gelder überlassen hätte. Die in der Beschwerde angesprochene Unentgeltlichkeit der "Vorfinanzierung" hält einem Fremdvergleich nicht stand und ist sohin im Hinblick auf die Gesellschafterstellung der Wohn-GmbH erfolgt. Es wird zutreffen, daß es im wirtschaftlichen Interesse der Beschwerdeführerin als Bauunternehmerin gelegen ist, auf Grundstücken (auch der Wohn-GmbH) Baulichkeiten zu errichten. Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß die Beschwerdeführerin dem jeweiligen Grundstückseigentümer zum Zwecke der Finanzierung des Grundstücksankaufes unentgeltlich in Vorlage tritt. Soweit sie vorbringt, sie hätte die entsprechenden Grundstücke selber anschaffen müssen, wenn die Anschaffung nicht durch die Wohn-GmbH erfolgt wäre, sodaß Geldmittel für eine Alternativveranlagung nicht vorhanden gewesen wären, übersieht sie, daß der Ankauf von Immobilien bereits eine Form der Alternativveranlagung darstellt: die Beschwerdeführerin wäre Eigentümerin der Grundstücke geworden, sie hätte Wertsteigerungen lukrieren und die Möglichkeit der Nutzung der Grundstücke verwerten können. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin die bei ihrer Hauptgesellschafterin getätigten Grundstücksanschaffungen unentgeltlich finanziert, die wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten der Grundstücke sind bei der Gesellschafterin verblieben. Bei dieser Gestaltung konnte die belangte Behörde die Unentgeltlichkeit der Finanzierung unbedenklich der Gesellschaftssphäre zuordnen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, anläßlich der Buch- und Betriebsprüfung für 1984 bis 1986 habe der Betriebsprüfer festgestellt, "daß keine Verzinsung von Verrechnungskonten von nahen Gesellschaften bei laufenden Geschäftsbeziehungen vorzunehmen sei". Es liege ein Verstoß gegen Treu und Glauben vor, wenn die Behörde nunmehr für die Folgejahre in der Unverzinslichkeit eine verdeckte Gewinnausschüttung erblicke.

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung; die Behörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Es müßten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung als unbillig erscheinen ließen, wie dies etwa der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Behörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/14/0013). Daß aber die Beschwerdeführerin von der Behörde aufgefordert worden wäre, diese und nicht eine andere Vorgangsweise zu wählen, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Im übrigen kann der Grundsatz von Treu und Glauben den Betroffenen keinesfalls in eine Lage versetzen, die günstiger ist als jene, in welcher er sich bei Unterbleiben einer rechtswidrigen Auskunft bzw Verwaltungspraxis befunden hätte (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 114 Tz 11 und 13). Mit dem angefochtenen Bescheid wird aber ohnedies lediglich jene steuerliche Belastung herbeigeführt, die bei Verzinslichkeit der Verrechnungsforderung gegeben gewesen wäre. Das Beschwerdevorbringen zeigt daher keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf. Solcherart erübrigt es sich darauf einzugehen, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, daß im Streitjahr laufende Geschäftsbeziehungen iSd im Zuge der Betriebsprüfung für die Jahre 1984 bis 1986 vorgenommenen Beurteilung nicht vorgelegen sind, und ob der Betriebsprüfer überhaupt für das Finanzamt verbindlich Rechtsauskünfte erteilen konnte.

Die Beschwerden erweisen sich sohin als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.