VwGH vom 23.01.1997, 96/15/0107
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der H in A, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7 - 723/96, betreffend Haftung für Umsatzsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am über das Vermögen der A-KG eröffnete Konkurs wurde mit Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom nach Vollzug der Schlußverteilung gemäß § 139 Abs. 1 KO aufgehoben. Geschäftsführende Komplementärin der KG ist eine GmbH, deren Geschäftsführer die Beschwerdeführerin ist.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug als Haftungspflichtiger gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der A-KG im Betrag von S 105.008,11 herangezogen. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen Rechtsvorschriften ausgeführt: Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der A-KG stehe aufgrund der Aufhebung des Konkursverfahrens fest. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Sache der Beschwerdeführerin als Vertreterin der Gesellschaft, die Gründe anzuführen, die sie ohne ihr Verschulden daran gehindert hätten, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Der Umstand, daß Kundenforderungen an die Hausbank der Gesellschaft zediert worden seien und letztlich nur die Bank darüber bestimmen habe können, welche Verbindlichkeiten aus den Forderungseingängen befriedigt würden, vermöge die Beschwerdeführerin nicht zu exculpieren. Die Beschwerdeführerin habe vielmehr schon durch die Genehmigung der Zession gegen die Pflicht verstoßen, die Benachteiligung von Abgabenforderungen zu vermeiden, weil nicht mit Sicherheit damit zu rechnen gewesen sei, daß über Barmittel zur Bezahlung der in den abgetretenen Forderungen enthaltenen Umsatzsteuerbeträge verfügt werden könne. Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Beschwerdeführerin könne die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, daß die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese betreffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Bei einer GmbH & Co KG, bei welcher die KG durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer, vertreten wird, haben diese Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG betreffen, zu erfüllen. Sie haften bei schuldhafter Pflichtverletzung für die Abgaben der KG (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 93/15/0229, und vom , 94/13/0069).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Im Abschluß eines (globalen) Mantelzessionsvertrages, durch den einerseits die Bank als andrängender Gläubiger begünstigt, andererseits andere andrängende Gläubiger - insbesondere der Bund als Abgabengläubiger - benachteiligt werden, ist eine dem Geschäftsführer vorzuwerfende Pflichtverletzung zu erblicken (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/14/0088). Der Abschluß eines Mantelzessionsvertrages stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Geschäftsführer damit rechnen muß, durch die Zession der GmbH ihre liquiden Mittel zur Berichtigung anderer Schulden als der Bankschulden, insbesondere der Abgabenforderungen, zu entziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0193).
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, die A-KG sei im Jahr 1985 gegründet worden, nachdem vorher ihr Ehegatte ein Einzelunternehmen geführt hatte. Ab dem Jahr 1987 seien keine Gewinne mehr erzielt worden. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren weiters vorgebracht, in der Zeit, als der Zahlungsverzug gegenüber dem Finanzamt eingetreten sei, seien von der Hausbank der A-KG keine Überweisungen mehr durchgeführt worden, da der Rahmen des Kontos bereits ausgereizt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe auch keine Gelder aus Verkäufen lukrieren können, weil sämtliche Rechnungen seit langem an die Bank zediert gewesen seien und die Erträge daher der Bank zugeflossen seien.
Im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde davon aus, daß in der Genehmigung der Zession die Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin bestehe. Die Beschwerdeführerin habe nämlich nicht mit Sicherheit damit rechnen können, über Barmittel zur Bezahlung der in den abgetretenen Forderungen enthaltenen Umsatzsteuerbeträge zu verfügen.
In der Beschwerde wird vorgebracht, der Abschluß eines Zessionsvertrages beinhalte dann keine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Geschäftsführers, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses die Gefahr, nicht über ausreichende Mittel zur Befriedigung der Abgabenschulden zu verfügen, nicht absehbar gewesen sei. Im gegenständlichen Fall sei der Zessionsvertrag im Jahr 1985 abgeschlossen worden; zu diesem Zeitpunkt habe sich die A-KG noch in einer prosperierenden wirtschaftlichen Lage befunden. Die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie keine Ermittlungen über die wirtschaftliche Lage der A-KG bei Abschluß des Zessionsvertrages angestellt habe.
Der Abschluß eines Zessionsvertrages ist dem Vertreter der Körperschaft dann vorzuwerfen, wenn er es unterlassen hat - insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung - vorzusorgen, daß auch im Falle einer Änderung der Verhältnisse, wenn diese bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt als nicht unvorhersehbar zu werten ist, die Bedienung der anderen Schulden, insbesondere der Abgabenschulden, nicht durch diesen Vertrag beeinträchtigt wird. Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde nicht vor, daß sie bei Abschluß des Zessionsvertrages, sollte dieser Abschluß auch bei wirtschaftlich guter Lage der A-KG erfolgt sein, für die künftige Bedienung anderer als Bankschulden Sorge getragen hätte. Sie zeigt damit die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensfehlers nicht auf.
Dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin ist entgegenzuhalten: Es trifft nicht zu, daß sich der angefochtene Bescheid auf die vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 91/13/0038, aufgegebene Rechtsansicht, vereinnahmte Umsatzsteuer müsse stets zur Begleichung der Umsatzsteuerschuld zur Verfügung stehen, stützt. Weiters trifft es nicht zu, daß die Beschwerdeführerin dadurch einen Nachweis für die Gleichbehandlung aller Verbindlichkeiten erbracht hat, daß sie aufgezeigt hat, einen - aus Barverkäufen erzielten - Betrag von S 50.000,-- als Umsatzsteuernachzahlung entrichtet zu haben. Ein solcher Nachweis könnte nur erbracht werden durch eine Aufstellung sämtlicher Verbindlichkeiten und Zahlungen für alle relevanten Zeitpunkte.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994.