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VwGH vom 26.11.1993, 90/17/0402

VwGH vom 26.11.1993, 90/17/0402

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des OW und der FW, beide in Z, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom ,

A 8-K-94/1989-11, betreffend Aufschließungsbeitrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz - Magistrat Graz, Baupolizeiamt - den Beschwerdeführern die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf dem Grundstück Nr. 189/5, EZ 158 (neu: EZ 2431) KG N. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, der gemäß § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 anläßlich der erstmaligen Baubewilligung für ein schon gewidmetes Grundstück zu erhebende Aufschließungsbeitrag werde mit gesondertem Bescheid zur Vorschreibung gelangen.

Wann der Baubewilligungsbescheid vom den Beschwerdeführern zugestellt wurde, ist den Akten des Verwaltungsverfahrens nicht zu entnehmen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde den Beschwerdeführern "gemäß § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, i.d.F. LGBl. Nr. 130/1974, in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz, A 8 - 565/71 - 1983, vom " aus Anlaß der Baubewilligung vom für die Liegenschaft Graz, X-Hang 28a, GstNr. 189/5, EZ 158 (neu: EZ 2431) KG N, unter Zugrundelegung einer Berechnungslänge von 38,730 m, eines Anrechnungsfaktors von 0,6 und eines Einheitssatzes von S 2.200,--, ein Aufschließungsbeitrag von S 51.124,-- vorgeschrieben. Weiters wurde ausgesprochen, daß der Eintritt der Fälligkeit gesondert bekanntgegeben werde. In der Begründung dieses Bescheides beruft sich die Abgabenbehörde inhaltlich auf § 6a Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 idF. der Novelle LGBl. Nr. 130/1974.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung und brachten darin vor, für die Herstellung der öffentlichen Zufahrtsstraße seien für das Grundstück vom Voreigentümer Dr. P. etwa im Jahre 1973 an den Magistrat Graz S 17.000,-- bezahlt worden. Die Beschwerdeführer bäten, den valorisierten Betrag auf den Aufschließungsbeitrag anzurechnen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab der Stadtsenat der Berufung (teilweise) Folge und setzte den Aufschließungsbeitrag unter Anrechnung von Eigenleistungen in Höhe von S 17.206,-- mit S 33.918,-- fest. Seitens der zuständigen Fachabteilung sei festgestellt worden, daß anläßlich der Erklärung des "X-Hanges" zum öffentlichen Interessentenweg im Jahre 1973 der damalige Eigentümer der Grundstücke Nr. 189/2 und .831 Dr. P. zum staubfreien Ausbau des Weges einen Kostenbeitrag von S 17.849,-- geleistet habe. Entsprechend dem Flächenmaß der angrenzenden Grundstücke sei dieser Beitrag aufgeteilt worden. Das Gesamtausmaß der Liegenschaft des Dr. P. habe 3.796 m2 betragen. Auf die von den Beschwerdeführern erworbene Fläche von 1.500 m2 entfalle somit ein Betrag von S 7.053,--. Eine Aufwertung dieses Betrages nach dem Straßenbauindex ergebe S 17.206,--.

Die Beschwerdeführer beantragten, ihre Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, und brachten im Vorlageantrag weiters vor, sie hätten nun festgestellt, daß für das ganze Grundstück der Aufschließungsbeitrag (geleistet) und zur Verbreiterung der Straße auch noch kostenlos Grund zur Verfügung gestellt worden sei.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom wurde der Berufung (gleichfalls) dahin teilweise stattgegeben, daß der Aufschließungsbeitrag auf S 33.918,-- herabgesetzt wurde. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/17/0269, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben, weil ihm zufolge Aufhebung des § 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom ,

Zlen. V 116-132/89-5, V 97-109/90-5, V 112-149/90-5 (VfSlg. Nr. 12291), kein rechtmäßig zustandegekommener Kollegialbeschluß des Gemeinderates zugrundelag.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom entschied der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz über die Berufung abermals so wie im oben zitierten Bescheid vom . Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, im Jahre 1974 sei von Dr. P. ein Betrag von S 17.849,-- für die Herstellung des öffentlichen Interessentenweges geleistet und gleichzeitig der kostenlosen und lastenfreien Abtretung einer Grundfläche in das öffentliche Gut zugestimmt worden. Die von Dr. P. anteilig für die Straßenherstellung entrichteten Kosten seien für ein Grundstück im Ausmaß von 3.796 m2 berechnet worden. Die Beschwerdeführer hätten jedoch nur eine Baufläche von 1.500 m2 erworben. Es könnten daher nur die auf die genannte Baufläche entfallenden Eigenleistungen im aufgewerteten Betrag von S 17.206,-- berücksichtigt werden.

Dem Berufungsvorbringen, wonach die von Dr. P. kostenlos und unentgeltlich in das öffentliche Gut abgetretene Baufläche ebenfalls bei der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages berücksichtigt werden solle, könne nicht "stattgegeben" werden. Wie aus dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Bescheid vom ersichtlich sei, seien die im privaten Eigentum befindlichen Grundflächen bzw. Grundstücksteile auf Grund von Zustimmungserklärungen von den damaligen Eigentümern kostenlos und lastenfrei in das öffentliche Gut der Stadt Graz abgetreten worden. Da nur mit Zustimmung der Gemeinde erbrachte Eigenleistungen auf den Aufschließungsbeitrag angerechnet werden könnten, würde eine Anrechnung der Grundabtretung dem Spruch des zitierten Bescheides widersprechen, weil in diesem die unentgeltliche Abtretung des Grundstückes ausgesprochen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, den vorgeschriebenen Aufschließungsbeitrag nicht entrichten zu müssen. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, erkennbar auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Frage der vermeintlichen Unzuständigkeit der belangten Behörde bringen die Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Gemeinderat habe offenbar die rechtsirrige Ansicht vertreten, er könne trotz Aufhebung des "§ 19" der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz auf Grund dieser Bestimmung weiterhin, wenn auch durch Abstimmung der Gemeinderatsmitglieder, entscheiden. Dies sei ihm jedoch mit Rücksicht auf das oben genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verwehrt gewesen.

Zutreffend verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hiezu auf den Umstand, daß lediglich Abs. 4 des § 19 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz durch das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehoben wurde. Diese Bestimmung hatte es ermöglicht, über eine Berufung ohne förmlichen, auf einer Abstimmung beruhenden Beschluß des Kollegiums durch (bloße) Auflage des Geschäftsstückes zur Einsicht durch die Mitglieder des Gemeinderates zu entscheiden. Der Gemeinderat war also zufolge des erwähnten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht nur nicht daran gehindert, sondern vielmehr dazu verpflichtet, über die Berufung im Sinne der §§ 1 und 22 ff der Geschäftsordnung zu beraten und durch Abstimmung zu entscheiden. Dies ist, wie sowohl aus dem Abstimmungsvermerk vom aus dem im Akt erliegenden "Bericht an den Gemeinderat" vom selben Tage als auch aus dem von den Beschwerdeführern unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift hervorgeht, tatsächlich geschehen.

§ 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der von der belangten Behörde angewendeten Fassung der Bauordnungsnovelle 1974, LGBl. Nr. 130, lautet auszugsweise:

"(1) Für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke hat die Gemeinde aus Anlaß der erstmaligen Widmungsbewilligung, soweit nicht eine Verpflichtung nach anderen gesetzlichen Bestimmungen besteht, einen Aufschließungsbeitrag für Fahrbahnherstellung, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung zu erheben. Der Aufschließungsbeitrag ist gleichzeitig mit der Erteilung der Widmungsbewilligung vorzuschreiben. ...

(2) Für die im Bauland gelegenen Grundstücke, für die eine Widmungsbewilligung, jedoch keine Baubewilligung vorliegt, ist der Aufschließungsbeitrag gleichzeitig mit der Baubewilligung vorzuschreiben ... Der Aufschließungsbeitrag darf für dasselbe Grundstück nur einmal vorgeschrieben werden.

...

(7) Mit Zustimmung der Gemeinde erbrachte Eigenleistungen sind auf den Beitrag anzurechnen ..."

Dieselbe Gesetzesstelle in der am in Kraft getretenen Fassung der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Die Baubehörde hat gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung einen Aufschließungsbeitrag für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke vorzuschreiben. Dieser Beitrag, der für die Errichtung der Fahrbahn und der Straßenbeleuchtung sowie für die Oberflächenentwässerung zu verwenden ist, wird zur Hälfte mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig ...

(2) Der Aufschließungsbeitrag darf für dasselbe Gebäude nur einmal vorgeschrieben werden ...

...

(5) Mit Zustimmung der Gemeinde erbrachte Eigenleistungen sind auf den Aufschließungsbeitrag anzurechnen.

..."

Art. II Abs. 1 der Bauordnungsnovelle 1988 sieht vor, daß dieses Gesetz mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme mit dem seiner Kundmachung folgenden Monatsersten - das war im Hinblick auf die Ausgabe und Versendung im Landesgesetzblatt für die Steiermark am wie erwähnt der - in Kraft tritt.

Gemäß Abs. 2 dieses Artikels ist für Berufungen gegen Bescheide, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen worden sind, jedoch die bisherige Rechtslage maßgeblich. Daraus folgt kraft Umkehrschlusses, daß über Berufungen gegen nach dem erlassene erstinstanzliche Bescheide jedenfalls die neue Rechtslage anzuwenden ist. Richtigerweise wäre daher die durch den angefochtenen Bescheid im Instanzenzug ergangene Abgabenfestsetzung auf § 6a Abs. 1 Stmk BauO idF. der Novelle 1988 zu stützen gewesen. Dies verschlägt jedoch nichts, weil auch die von der belangten Behörde (durch Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides) herangezogene Bestimmung des § 6a Abs. 2 leg. cit. idF. der Novelle 1974 auf die BAUbewilligung abstellt. Die Anknüpfung an die BAUbewilligung war daher jedenfalls rechtens.

Aber auch für die Frage der Anrechnung von Eigenleistungen ergibt sich aus der Anwendung der Bauordnungsnovellen 1974 oder 1988 kein Unterschied, weil die Bestimmungen des § 6a Abs. 7 leg. cit. in der Fassung der Novelle 1974 und des § 6a Abs. 5 in der Fassung der Novelle 1988 inhaltlich übereinstimmen.

Davon ausgehend erweist sich auch das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer als unbegründet.

Die Beschwerdeführer vertreten weiterhin die Auffassung, die von Dr. P. an die Gemeinde abgetretene Grundfläche müsse berücksichtigt werden. Weiters sei die von ihm erbrachte Barzahlung von S 17.849,-- insofern zu berücksichtigen, als der Aufschließungsbeitrag nur ein einziges Mal vorgeschrieben werden dürfe. Beides trifft nicht zu.

Richtig ist zwar, daß, wie die Beschwerdeführer mit Recht betonen, auch die seinerzeit erfolgte unentgeltliche Grundabtretung durch Dr. P. an die Stadtgemeinde Graz mit deren Zustimmung erfolgt sein mußte und daher das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang gebrauchte Argument in der Tat nicht schlüssig ist.

Damit ist jedoch für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil eine - hier offenbar vorliegende - Grundabtretung nach § 6 der Stmk BauO dem Zweck der Herstellung von Verkehrsflächen (als solchen) dient. Hingegen müssen, wie sich aus dem Regelungszusammenhang ergibt, Eigenleistungen nach § 6a Abs. 7 bzw. 5 leg. cit. für die im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle jeweils genannten Zwecke ("Fahrbahnherstellung, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung" nach der Novelle 1974 bzw. "Errichtung der Fahrbahn und der Straßenbeleuchtung sowie ... Oberflächenentwässerung" nach der Novelle 1988) erbracht worden sein, um auf den Beitrag angerechnet werden zu können.

Nun schafft zwar eine Grundabtretung nach § 6 leg. cit. u. U. die Möglichkeit, auf diesem Grundstück eine VERKEHRSFLÄCHE herzustellen, bedeutet aber noch keinen Beitrag zur Errichtung der auf dieser Grundfläche erst aufzubringenden FAHRBAHN.

Aber auch dem Grundsatz der Einmaligkeit der Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages wurde seitens der belangten Behörde nicht zuwidergehandelt. Zutreffend verweist sie in ihrer Gegenschrift nämlich darauf, daß erst mit der Bauordnungsnovelle 1974 Bestimmungen über die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages in das Gesetz aufgenommen wurden, während die Geldleistungen des Dr. P. ihm bereits mit dem im Akt erliegenden Bescheid des Stadtsenates vom , und zwar auf Grund des § 45 Abs. 1 und 2 des Steiermärkischen Landesstraßenverwaltungsgesetzes 1964, LGBl. Nr. 154, vorgeschrieben wurden. Sie können daher schon aus diesem Grunde nicht als "Aufschließungsbeitrag" im Sinne der Novelle 1974 angesehen werden.

Schließlich belastete auch der (von den Beschwerdeführern nicht geltendgemachte) Umstand, daß die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages nicht gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung erfolgte, den angefochtenen Bescheid nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0001).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.