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VwGH vom 20.02.1998, 96/15/0086

VwGH vom 20.02.1998, 96/15/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des F D und der I D, beide vertreten durch Mag. Dr. Oskar Wanka, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 27/6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 17-95/4004/14, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 13.010 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführer sind miteinander verheiratet. Sie erwarben mit Kaufvertrag vom Dezember 1982 um den Preis von 260.000 S eine inländische Liegenschaft. Mit Vertrag vom vermieteten sie die Liegenschaft ab dem Jänner 1984 auf unbestimmte Zeit an ihren Vater bzw Schwiegervater zum Betrieb einer Schlosserwerkstätte. Der monatliche Mietzins betrug 3.000 S. Im Mietvertrag ist festgehalten, daß eine Wertsicherung der Miete nicht vereinbart sei und daß die Vermieter nicht vor dem aufkündigen könnten. Im Mietvertrag wurde dem Mieter auf die Dauer des Mietverhältnisses, längstens jedoch bis zum , ein Vorkaufsrecht an der Liegenschaft eingeräumt. Hinsichtlich baulicher Veränderungen auf der Liegenschaft ist im Vertrag festgehalten, daß sie der Vermieter auf seine Kosten und ohne Anspruch auf "Rückersatz" durchführen dürfe.

In den Jahren 1983 und 1984 führte der Mieter umfangreiche Umbauarbeiten (Investitionskosten von ca. 926.000 S) an der auf dem Mietobjekt befindlichen Baulichkeit durch (Verstärkung der Mauern, Einbau einer Fertigbetondecke sowie von Fenstern und Toren, Errichtung von Rauchfängen, Anschlüssen an das Kanal- und Wassernetz, etc.).

Weil der Bestandnehmer seinen Schlossereibetrieb aufgab, wurde das Mietverhältnis zum beendet; die erwähnten Investitionen wurden ohne Kostenersatz den Beschwerdeführern überlassen. Mit Vertrag vom wurde das Objekt einem anderen Mieter um den Mietzins von monatlich 6.000 S überlassen.

Im Zuge der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1990 traf das Finanzamt die Feststellung, der Wert der Baulichkeit auf der vermieteten Liegenschaft habe zum (aufgrund der Mieterinvestitionen) 830.000 S betragen; zu diesem Stichtag habe der Buchwert der - von den Beschwerdeführern im Jahr 1982 erworbenen - Baulichkeit 25.950 S betragen. Der Wert der Mieterinvestition zum sei mit dem Differenzbetrag (804.050 S) anzusetzen; dieser Betrag sei als Vorteil aus dem Mietverhältnis im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Um die Mieterinvestitionen in Form des Mehrwertes des Gebäudes zu erhalten, hätten sie folgende Vermögenseinbußen bzw. Vermögensminderungen in Kauf nehmen müssen: die Einräumung eines grundbücherlichen Liegenschaftsvorkaufsrechtes an den Mieter, die Vereinbarung eines Verzichtes auf Kündigung des Mietverhältnisses bis zum und schließlich den Ausschluß einer Wertsicherungsvereinbarung für die Miete. Die Beschwerdeführer hätten die Wertsteigerung an der vermieteten Baulichkeit als adäquate Gegenleistung für die aufgezählten Vermögensminderungen und nicht als Vorteil aus dem Mietverhältnis erhalten. Im übrigen sei das Finanzamt bei der Bewertung des Vorteils aus den Mieterinvestitionen nicht richtig vorgegangen. Es habe zu Unrecht rein steuerliche Werte ("Buchwert") herangezogen. Maßgeblich seien aber die Verkehrswerte. Aus einem Gutachten des Ing. T ergebe sich, daß der Wert (zum ) der Umbauarbeiten 600.000 S, jener des Altgebäudes 297.500 S, der Mehrwert sohin lediglich 302.500 S betrage.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführer hätten nicht vor, sondern erst bei der Beendigung des Mietverhältnisses im Jahr 1990 das wirtschaftliche Eigentum an den Mieterinvestitionen erlangt, weshalb ihr Vermögen mit dem zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Wert der Investitionen gemehrt worden sei. Mit Beendigung des Mietvertrages seien die werterhöhenden Investitionen als Vorteile aus der Vermietung steuerlich zu erfassen. Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, sie hätten Vermögenseinbußen auf sich genommen, um dafür bei Beendigung des Mietverhältnisses die Mieterinvestitionen entschädigungslos zu erhalten, übersähen sie, daß der Kündigungsverzicht und der Ausschluß einer Wertsicherungung kein Abfließen von Vermögen bei ihnen bewirkten. Jene Punkte des Mietvertrages, die nach Ansicht der Beschwerdeführer Vermögenseinbußen bzw Vermögensbeschränkungen bewirken sollten, seien frei vereinbarte Bestandteile eines Mietvertrages, und zwar durchaus übliche Bedingungen für die Überlassung einer Sache zur Nutzung; diese Vereinbarungen führten aber nicht zu Vermögenseinbußen. Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sei der Mehrwert des Mietobjektes im Zeitpunkt der Zurückstellung an die Vermieter zu erfassen; dieser ergebe sich aus der Gegenüberstellung des Gebäudes mit und ohne Mieterinvestition. Der Wert des Gebäudes sei vom Finanzamt mit 830.000 S angesetzt worden. Im Berufungsverfahren seien den Beschwerdeführern die Berechnungsgrundlagen dieses Wertes zur Kenntnis gebracht worden, die Beschwerdeführer hätten der Berechnung nicht widersprochen. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, daß das Finanzamt die Einkünfte in der richtigen Höhe festgestellt habe. Das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten des Ing. T entspreche nicht jenen Erfordernissen, die bei der Verkehrswertermittlung unumgänglich seien. Aus dem Gutachten sei nämlich nicht erkennbar, welche Fakten zugrundegelegt worden seien.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften gehören gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 u.a. auch Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, also insb von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen usw. Darunter versteht man in der Regel alle Einkünfte, die dem Bestandgeber im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung von (unbeweglichen) Bestandobjekten zufließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , SlgNr. 2510/F, zur entsprechenden Bestimmung des EStG 1953).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis vom und auch im Erkenntnis vom , 92/15/0116, ausgeführt hat, kommt es bei der Frage, ob neben dem eigentlichen Entgelt für die Nutzungsüberlassung ein bestimmtes Entgelt den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen ist, entscheidend darauf an, ob das betreffende Entgelt eine Gegenleistung für die im Einzelfall dem Mieter eingeräumten Rechte darstellt, die mit dem Mietverhältnis in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen; hiebei muß maßgebendes Kriterium sein, ob die betreffenden Leistungen unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Beurteilung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als im Rahmen des mit dem Bestandvertrag begründeten Austauschverhältnisses erbracht anzusehen oder ob diese Leistungen wirtschaftlich selbständig in dem Sinn sind, daß sie neben dem Bestandverhältnis bestehen.

Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind auch Investitionen des Mieters zu erfassen, die dem Vermieter als Eigentümer unentgeltlich zukommen. Derartige Vorteile fließen dem Vermieter erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses zu, wenn der Mieter zur Vornahme der Investitionen berechtigt, aber nicht verpflichtet ist und sohin die Investition regelmäßig bis zur Räumung des Mietobjektes zurücknehmen kann (vgl. Hofstätter/Reichel, § 28 EStG 1988, Tz 16.2; Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, § 28 Tz 15; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 28 Tz 12 und 31; Doralt, EStG3, § 28 Tz 51).

Im gegenständlichen Fall war der Mieter aufgrund des Mietvertrages nicht verpflichtet, aber berechtigt, bauliche Veränderungen am Mietobjekt vorzunehmen. Im Mietvertrag wurde festgelegt, daß der Mieter auch insoweit keinen Anspruch auf Ersatz seiner Investitionen hat, als diese bei Beendigung des Mietverhältnisses im Mietobjekt verbleiben und dessen Wert erhöhen.

Die Beschwerdeführer wenden sich nicht gegen die Rechtsauffassung, daß Mieterinvestitionen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen sind. Nach Ansicht der Beschwerdeführer liege aber im Beschwerdefall ein Zusammenhang zwischen ihren Vorleistungen (Vermögensminderungen) in Form der Einräumung eines Kündigungsverzichtes und eines Vorkaufsrechtes sowie des Verzichtes auf eine Wertsicherung und der Überlassung der Mieterinvestitionen vor, was einer Erfassung im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entgegenstehe.

In der Beschwerde wird - wie bereits im Verwaltungsverfahren - in steter Wiederholung von Vermögensminderungen und Vermögenseinbußen gesprochen, offenkundig aber gemeint, daß die Überlassung der Mieterinvestition nicht eine Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung am Bestandobjekt, sondern die Gegenleistung für andere von ihnen erbrachte Leistungen sei (Vorkaufsrecht, Kündigungsverzicht, Wertsicherungsverzicht).

Die Beschwerdeführer wollen die Überlassung der Mieterinvestitionen sohin einerseits als Entgelt für das Zugestehen des Kündigungsverzichtes (bis zum Jahr 1995) und des Verzichts auf die Wertsicherung des Mietzinses verstanden wissen. Es ist ihnen entgegenzuhalten, daß die beiden genannten Zugeständnisse nicht losgelöst vom Mietverhältnis eingeräumt werden könnten und sohin untrennbar mit der Nutzungsüberlassung verbunden sind.

Die Beschwerdeführer sprechen andererseits auch die Einräumung des Vorkaufsrechtes an. In der Tat kann es unabhängig von einem Bestandverhältnis zu einer solchen Rechtseinräumung kommen. Im Beschwerdefall wurde allerdings das Vorkaufsrecht am Bestandobjekt im Zusammenhang mit der Begründung eines Bestandverhältnisses, und zwar auf die Dauer des Bestandverhältnisses eingeräumt. Solcherart kann im Beschwerdefall kein Zweifel an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Mietverhältnis bestehen.

Schon daraus ergibt sich, daß das Beschwerdevorbringen nicht geeignet ist, Zweifel daran zu wecken, daß die Erfassung der überlassenen Mieterinvestitionen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Grunde nach nicht der Rechtslage entspräche. Die Stichhaltigkeit des Beschwerdevorbringens betreffend den Zusammenhang zwischen der Überlassung der Mieterinvestitionen einerseits und der Einräumung des Vorkaufsrechts sowie der Vereinbarung des Kündigungsverzichtes und des Verzichts auf die Wertsicherung andererseits braucht daher nicht geprüft zu werden.

Die Beschwerde wendet sich auch gegen die Höhe der Einkünfte aus der Überlassung der Mieterinvestitionen.

Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der maßgebliche Betrag durch Gegenüberstellung des Verkehrswertes des Gebäudes mit und ohne Mieterinvestition zu ermitteln ist.

Das Finanzamt hat den Beschwerdeführern mit Schreiben vom die Berechnung des Verkehrswertes des Gebäudes unter Berücksichtigung der Mieterinvestitionen (Wert von 830.000 S) vorgehalten. Die Beschwerdeführer haben auf dieses Schreiben nicht reagiert. Aus dem von den Beschwerdeführern bereits im Dezember 1993 vorgelegten Gutachten des Ing. T ergibt sich der Betrag von ca. 900.000 S

(297.500 S + 600.000 S) als Wert für das umgebaute Gebäude. Solcherart kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den sich aus den Berechnungen des Finanzamtes ergebenden und somit niedrigeren Wert des umgebauten Gebäudes als den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend angesehen hat.

Bei der Ermittlung des Verkehrswertes des Gebäudes ohne Mieterinvestitionen ist der belangten Behörde allerdings ein relevanter Verfahrensfehler unterlaufen. Das Finanzamt hat diesen Gebäudewert in der Weise errechnet, daß es den von den Beschwerdeführern im Jahr 1982 geleisteten Kaufpreis (260.000 S) um den geschätzten Bodenwert (230.000 S) gekürzt und von diesem Differenzbetrag die AfA für die Jahre 1984 bis 1989 in Abzug gebracht hat, sodaß sich ein Gebäudewert von 25.950 S ergeben hat. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Aufteilung von Anschaffungskosten einer bebauten Liegenschaft auf die Bodenfläche und die Baulichkeiten nach streng objektiven Maßstäben zu erfolgen hat; der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß jeweils der Verkehrswert des bloßen Grund und Bodens einerseits und des Gebäudes andererseits zu schätzen und der Kaufpreis im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen ist. Eine Differenzrechnung, bei welcher der Wert des Bodens vom Gesamtkaufpreis in Abzug gebracht wird, führt in der Regel nicht zu einer den Wertverhältnissen entsprechenden Aufteilung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 93/14/0175, und vom , 84/14/0019). Im Beschwerdefall ist zudem entscheidend, daß die Beschwerdeführer in ihrer Berufung zum Ausdruck gebracht haben, der "Buchwert" entspreche nicht dem Verkehrswert. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit diesem Vorbringen in keiner Weise auseinandergesetzt, sondern ohne nähere Begründung den vom Finanzamt für das Gebäude ohne Mieterinvestition errechneten Wert ("Buchwert") übernommen. Damit hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, deren Einhaltung zu einem anders lautenden Bescheid hätte führen können.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Der Ersatz der Stempelgebühren steht zu für drei Ausfertigungen der Beschwerde (360 S) und eine Kopie des angefochtenen Bescheides (150 S).